Die steuerrechtlichen Folgen des “Brexit” – Auswirkungen für Unternehmen Augsburg, 27.10.2017.

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Die steuerrechtlichen Folgen des “Brexit” – Auswirkungen für Unternehmen Augsburg, 27.10.2017

Übersicht Einführung Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Wegfall der Mutter-Tochter-Richtlinie Wegfall der Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung Gewerbesteuer-Schachtelprivileg C. Verständigungs- und Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention D. Auswirkungen von BEPS Flick Gocke Schaumburg

A. Einführung Am 23.6.2016 haben sich die britischen Wähler für den Austritt aus der EU entschieden. Wann, wie und für welche Teile dieser Austritt tatsächlich wirksam wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Der Austritt eines Mitgliedsstaats aus der EU war lange nicht vorgesehen und daher nicht geregelt. Erst mit dem Vertrag von Lissabon wurde mit Art. 50 EUV eine Vorschrift eingeführt, die diese Möglichkeit erwähnt und die Modalitäten des Austritts regelt. Entscheidend ist Art. 50 Abs. 3 EUV: „Die Verträge finden auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Abs. 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr (…)“. Mögliche Austrittszenarien mit unterschiedlichen steuerrechtlichen Konsequenzen sind: UK scheidet aus der EU aus, wird aber EWR-Mitglied (Island, Liechtenstein, Norwegen). UK verhandelt Abkommen, um Zugang zum EU-Binnenmarkt zu behalten (Schweizer Modell). UK wird reiner Drittstaat mit mehr oder weniger intensiven bilateralen Verträgen (CETA). Allemal löst ein Austritt der UK aus der EU steuerliche Folgen aus. Für Unternehmen gilt dies insbesondere im Bereich der Ertrag- und Umsatzsteuer. Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Wegfall der Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR) (1/3): Die MTR dient der Beseitigung steuerlicher Mehrfachbelastungen bei Ausschüttungen im körperschaftlich verfassten Unternehmensverbund in der EU. Bislang: Ausschüttungen deutscher Kapitalgesellschaften an ihre britische Muttergesellschaft profitierten grds. vom Quellensteuerverbot nach § 43b Abs. 1 EStG. Diese konnten daher Ausschüttungen nach vorheriger Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ohne Einbehalt von Kapitalertragsteuer tätigen/Entlastung im Erstattungsverfahren erreichen (§ 50d Abs. 1, 2 EStG). Konsequenzen eines „Brexit“: Gewinnausschüttungen deutscher Kapitalgesellschaften an ihre britische Muttergesellschaft: Vollständige Quellensteuerbefreiung nach § 43b EStG entfällt. Weiterhin gilt aber Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) DBA D/UK: Besteuerungsrecht des Quellenstaats der Dividenden i.H.v. 5 %, wenn Ausschüttungsempfänger eine Kapitalgesellschaft ist, die zu mind. 10 % am Kapital der die Dividenden auszahlenden Gesellschaft beteiligt ist (ansonsten 10 % bzw. 15 %). Verschlechterung für deutsche Beteiligungserträge! Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Wegfall der Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR) (2/3): Folgen für Freistellungsbescheinigungen nach § 50d Abs. 2 EStG: Diesbezüglich ist mit Widerruf durch das BZSt zu rechnen. Offen, ob Anzeigepflicht seitens des Steuerpflichtigen besteht. Denn dieser hat keine Handlung vorgenommen, die zum Wegfall der Voraussetzungen des § 43b EStG geführt hat. Gewinnausschüttungen britischer Kapitalgesellschaften an ihre deutsche Muttergesellschaft: Vollständige Quellensteuerbefreiung nach MTR entfällt. UK erhebt derzeit jedoch keine Quellensteuer auf Dividenden. Konsequenz: Keine steuerlichen Mehrbelastungen! Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Wegfall der Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR) (3/3): Zwischenschaltung britischer Kapitalgesellschaften: Strenge Anti-Treaty/Directive-Shopping Regelung in § 50d Abs. 3 EStG: Persönliche Entlastungsberechtigung Sachliche Entlastungsberechtigung (eigene Wirtschaftstätigkeit; wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe und angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb; Börsenklausel) Negative Auswirkungen bei mittelbarer persönlicher Entlastungsberechtigung: BMF v. 24.01.2012, Tz. 4.2: „Allerdings begrenzen die fiktiven Entlastungsansprüche der in der Beteiligungskette voranstehenden Gesellschafter die Höhe des Entlastungsanspruchs nachfolgender Gesellschafter“. US-Mutter beteiligt sich über UK-Zwischenholding an Gesellschaft in D. UK-Zwischenholding erfüllt nicht die Voraussetzungen der sachlichen Entlastungsberechtigung. Bisher: MTR für D/UK: 0 %; Art. 10 Abs. 3 DBA D/USA für D/USA: 0 %. Nach „Brexit“: Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) DBA D/UK für D/UK: 5 %; Art. 10 Abs. 3 DBA D/USA für D/USA: 0 %; aber siehe oben, daher nur Entlastung auf 5 %! Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Wegfall der Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie (ZLR) (1/2): Nach der ZLR werden auf innerhalb der EU gezahlte Zinsen/Lizenzgebühren keine Quellensteuern einbehalten, wenn diese zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener EU-Mitgliedsstaaten gezahlt werden. Konsequenzen eines „Brexit“: Schutz der ZLR bzw. § 50g Abs. 1 Satz 1 EStG entfällt, da Zahlungsempfänger keine in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässige Person mehr ist. Dies ist in der Praxis jedoch nur im Konzernverbund für Lizenzvergütungen relevant. Denn Zinsen lösen aufgrund der Besonderheiten des Erfordernisses der dinglichen Besicherung i.d.R. nicht die beschränkte Steuerpflicht i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 5 c) aa) EStG aus. Weiterhin gelten Art. 11, 12 DBA D/UK: Besteuerungsrecht an Zinsen/ Lizenzgebühren wird ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers zugewiesen. Konsequenz: Absehen vom Quellensteuerabzug, d.h. vollständige Entlastung von deutscher Steuer! Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Wegfall der Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie (ZLR) (2/2): Folgen für Freistellungsbescheinigungen nach § 50d Abs. 2 EStG: Auf Basis des § 50g EStG ausgestellte Freistellungsbescheinigungen dürften grds. ihre Gültigkeit „der Höhe nach“ behalten. Fraglich, ob BZSt bereits bestehende Freistellungsbescheinigungen trotz Änderung des Rechtsgrundes des „Nullsatzes“ weiter gelten lässt oder auf Beantragung neuer Freistellungsbescheinigungen bestehen wird. Aber: Auswirkungen bei Dreiecksbeziehungen: Mutter in UK hält 100 %-Beteiligungen an Gesellschaften in D und PL. Gesellschaft in PL lizenziert Patente an Schwestergesellschaft in D. Gesellschaften in PL und D sind „verbundene Unternehmen“ i.S.d. § 50g EStG. Daher keine Quellensteuer auf Lizenzen. Nach „Brexit“ nur Anwendung des DBA D/PL: 5 % Quellensteuer gemäß Art. 12 Abs. 2 DBA D/PL. Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung (1/3): Grundsatz: Gewinne ausländischer Gesellschaften werden in den Händen ihrer im Inland ansässigen Anteilseigner erst besteuert, wenn die Gewinne als Dividende ausgeschüttet werden. Aber fiktive Ausschüttung beim inländischen Anteilseigner: Unbeschränkt Steuerpflichtige sind mit Einkünften, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, entsprechend ihrem Anteil steuerpflichtig, auch wenn eine tatsächliche Ausschüttung (noch) nicht erfolgt ist bzw. nie erfolgen wird (§ 7, 8 Abs. 1, 10 Abs. 2 AStG). Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung: Ausländische Kapitalgesellschaft (§ 7 Abs. 1 AStG). Beteiligung inländischer Gesellschafter zu mehr als 50 % (§ 7 Abs. 1 AStG). Erzielen sog. passive Einkünfte i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG. Besteuerung im Ausland von weniger als 25 % (§ 8 Abs. 3 AStG). Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung (2/3): Urteil des EuGH v. 12.9.2006 (Rs. C-196/04 „Cadbury Schweppes“, Slg. 2006, I-7995). Von der Hinzurechnungsbesteuerung sind Gesellschaften ausgenommen, sofern: Sitz oder Geschäftsleitung in einem EU/EWR-Mitgliedsstaat. Ausübung einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit. Amtshilfebedingung zur Sicherstellung der Besteuerung. Exkulpationsklausel des § 8 Abs. 2 AStG als Reaktion des deutschen Gesetzgeber („Substanztest“): Nachweismöglichkeit für inländischen Anteilseigner einer EU-/EWR-Kapitalgesellschaft, dass letztere einer „tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ in ihrem Ansässigkeitsstaat nachgeht. Bei Nachweis keine Qualifikation als Zwischengesellschaft, d.h. keine Hinzurechnungsbesteuerung! Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung (3/3): Konsequenzen eines „Brexit“: UK fällt angesichts des aktuellen Körperschaftsteuersatzes i.H.v. 20 % bzw. 23 % in den Anwendungsbereich der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung. Sofern UK nicht dem EWR beitritt, können britische Tochtergesellschaften zukünftig nicht mehr von § 8 Abs. 2 AStG profitieren. Dann fällt UK mit passiven Einkünften in Anwendungsbereich der Hinzurechnungsbesteuerung, d.h. steuerliche Mehrbelastungen (ohne entsprechenden Liquidationszufluss)! Problematischer Aktivitätskatalog in § 8 Abs. 1 AStG, z.B. Konzerninterner Handel (Nr. 4) und konzerninterne Dienstleistungen (Nr. 5): schädliche Mitwirkung Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter (Nr. 6): Ergebnisse eigener F&E-Arbeit Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Gewerbesteuer-Schachtelprivileg (1/2): Behandlung von Ausschüttungen von UK-Gesellschaften: Zwar gelten nach wie vor das nationale (§ 8b Abs. 1, 5 KStG) und das abkommensrechtliche Schachtelprivileg (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA D/UK): Daher bleiben ausländische Dividenden bei Beteiligungen i.H.v. mind. 10 % bei der Ermittlung des Einkommens der Körperschaft außer Betracht. § 8 Nr. 5 GewStG: Diese für Einkommen-/ Körperschaftsteuerzwecke erfolgten Einkommens- kürzungen für steuerfreie Dividenden sind jedoch bei Ermittlung des Gewerbeertrags zu revidieren (also hinzuzurechnen), sofern die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt sind. Konsequenz: Hinzurechnung der Schachteldividenden zum Gewinn aus Gewerbebetrieb für Zwecke der Gewerbesteuer. Flick Gocke Schaumburg

B. Ausgewählte ertragsteuerliche Implikationen Gewerbesteuer-Schachtelprivileg (2/2): Bisher: Erleichterte Version des Gewerbesteuerschachtelprivilegs nach § 9 Nr. 7 Satz 1 Hs. 2 GewStG für Tochtergesellschaften nach der MTR: Keine Tätigkeitsanforderung nach § 8 AStG. Mindestbeteiligungsquote von nur 10 %. Nach Vollzug des „Brexit“: Dividenden britischer Tochtergesellschaften werden in Deutschland nur noch unter deutlich strengeren Vorschriften von der Gewerbesteuer befreit: Aktivitätsvorbehalt für Auslandsbeteiligungen außerhalb der EU entsprechend Art. 23 Abs. 1 c) DBA D/UK bzw. § 9 Nr. 7 Sätze 1, 4 ff. GewStG. Nur Aktivitäten unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG werden anerkannt, also nicht z.B. Gewinnauschüttungen (Nr. 8) oder Veräußerungsgewinne (Nr. 9). Mindestbeteiligungsquote von 15 %. Beteiligung bereits zu Beginn des Erhebungszeitraums. Insbesondere, wenn britische Gesellschaften Holding-Funktionen ausüben, wird es somit künftig deutlich schwieriger, das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg in Anspruch nehmen zu können. Flick Gocke Schaumburg

C. Verständigungs- und Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention EU-Schiedskonvention (EU-Skon) wurde zunächst auf fünf Jahre geschlossen und verlängert sich seither jeweils automatisch um fünf Jahre, wenn kein Vertragsstaat Einwände erhebt. Im Bereich der EU-Mitgliedsstaaten kann so neben dem Verständigungsverfahren der DBA ein eigenständiges Schiedsverfahren durchgeführt werden. Der Anwendungsbereich der EU-Skon ist jedoch enger: Möglichkeit, Doppelbesteuerungen durch Gewinnberichtigungen bei verbundenen Unternehmen in Verrechnungspreisfällen oder bei der Gewinnzurechnung von Stammhaus und Betriebsstätten zu beseitigen. Anders als beim DBA-Verständigungsverfahren besteht beim EU-Schiedsverfahren unter festen zeitlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben Einigungszwang zwischen den Steuerbehörden. Konsequenzen eines „Brexit“: EU-Skon ist ein eigenständiges Übereinkommen, das u.a. auch UK ratifiziert hat. Jedenfalls bis zum Ablauf der fünfjährigen Geltungsdauer sollte EU-Skon auch mit UK fortbestehen. Fraglich allerdings, ob UK bei der weiteren Verlängerung um fünf Jahre eingeschlossen bleibt. Ungeachtet dessen gelten Verständigungsklauseln nach DBA nach wie vor. Art. 26 Abs. 5 DBA D/UK enthält sogar eine eigenständige Schiedsklausel (analog Art. 25 Abs. 5 OECD-MA). Flick Gocke Schaumburg

D. Auswirkungen von BEPS Als Mitgliedsstaat der EU muss sich UK an das Unionsrecht halten. Nach dem „Brexit“ hat UK größere Freiheiten Gesetze so auszugestalten, dass aus UK-Sicht vorzugswürdige Ergebnisse resultieren (z.B. CFC-Regeln, Gruppenbesteuerung etc.) Steuervorteile für spezifische Industrien zu gewähren, ohne die strengen EU-Vorschriften zur Beihilfe beachten zu müssen (aber: Art. 25 DBA D/UK = Gleichbehandlung; abzuschließende Handelsverträge) Gesellschaftsteuer (entgegen EU Capital Duties Directive) zu erheben. Aber: Mittlerweile hat die OECD ihre BEPS-Empfehlungen („Base Erosion and Profit Shifting“) gegen schädliche Steuerpraktiken und aggressive Steuergestaltungen international tätiger Unternehmen veröffentlicht. Das gemeinsame Projekt der OECD und G20 gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung multinationaler Unternehmen und seine Ergebnisse sind ein Meilenstein in der internationalen Steuerpolitik. Flick Gocke Schaumburg

D. Auswirkungen von BEPS – 15 Aktionspunkte des Maßnahmenplans 1. Besteuerung der digitalen Wirtschaft 2. Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen 3. Internationale Standards für die Hinzurechnungs- besteuerung 4. Verhinderung von Steuer- verkürzungen beim Zinsabzug 5. Arbeiten gegen schädlichen Steuerwettbewerb 6. Unrechtmäßige Inanspruchnahme von DBA-Vorteilen 7. Aktualisierung des Betriebsstätten- begriffs 8. Verrechnungs- preisleitlinien für immaterielle Wirtschaftsgüter 9. Verrechnungs- preisleitlinien zu Risiko- und Kapitalzu- ordnungen 10. Verrechnungs- preisleitlinien bei Risiko behafteten Transaktionen 11. Messung und Monitoring von Gewinnverkür- zung und -verlagerung 12. Verbesserung der Transparenz im Hinblick auf aggressive Steuerplanungen 13. Dokumentation für Verrechnungs- preisermittlungen 14. Zusammenarbeit in Verständigungs- und Schiedsverfahren 15. Entwicklung einer multilateralen Vertragsgrundlage für die BEPS- Umsetzung

D. Auswirkungen von BEPS – Internationale Verankerung Am 5.10.2015 hat die OECD insgesamt 13 G20/OECD-Abschlussberichte zu den 15 Maßnahmen ihres BEPS-Aktionsplans vom Juni 2013 veröffentlicht. Alle 13 BEPS-Abschlussberichte wurden am 8.10.2015 in Lima/Peru durch die G20- Finanzminister entgegengenommen und am 15./16.11.2015 einstimmig durch die G20-Staats- und -Regierungschefs in Antalya/Türkei gebilligt. Hierdurch haben die OECD- und G20-Staaten erstmals den Grundstein für einen modernen internationalen steuerrechtlichen Rahmen gelegt, indem die Gewinne zukünftig dort der Besteuerung unterworfen werden sollen, wo die wirtschaftliche Aktivität und die Wertschöpfung stattfinden. Obwohl der BEPS-Abschlussbericht die Staaten rechtlich nicht bindet, ist er dennoch steuerpolitisch bedeutsam und enthält Handlungsempfehlungen für die Steuerverwaltungen, mit deren Umsetzung zukünftig zu rechnen ist. Im Übrigen erklären sich die OECD- und G20-Staaten im BEPS-Abschlussbericht dazu bereit, zur Unterstützung einer wirksamen und konsistenten Umsetzung weiterhin im Rahmen des BEPS-Projekts zusammenzuarbeiten. Fraglich, ob UK aufgrund der Einbettung in die OECD sowie die G20-Staaten tatsächlich die erwünschten Freiheiten bezüglich der Besteuerung nutzen kann. Flick Gocke Schaumburg

Ansprechpartner Dr. Markus Greinert Diplom-Kaufmann, Steuerberater markus.greinert@fgs.de T +49/80 00 16-0