Vorlesung 1 Psychosomatische Medizin Psychotherapeutisches Propädeuticum WS 2006 / 07 am Institut für Erziehungswissenschaften Uni Salzburg Alexandra.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dr. Peter Dobmeier Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH
Advertisements

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie Spezifische Ansätze
Emotion und Motivation
bei nahestehenden Menschen
Schizophrenie und Seelsorge
Kompetenzfeld Tod und Trauer
Referentinnen: Julia Michalewski, Birte Stapperfend, Elisa Remde
Einführung in die psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Medizinische Psychologie
Medizinische Psychologie
Bereich psychosomatischer Erkrankungen und/oder Störungen
Pädagogische Beobachtung und diagnostische Gesprächsführung
Grundkonzepte der Bindungstheorie
Klinische Bedeutung somatoformer Störungen
Hauptvorlesung Psychiatrie und Psychotherapie
Tagung in den Bliestal Kliniken
Was ist eigentlich Psychologie????
Modul 3 Stressbewältigung.
Persönlichkeits-entwicklung
FH Düsseldorf Psychologie Johanna Hartung Torsten Ziebertz
Resilienz die innere Kraft zu gedeihen.
Familiendynamik bei schwerer Erkrankung
7 d Ursachen und Behandlung Angst - Sozialisation
Die präventive Psychomotorik nach Bernard Aucouturier
Kleine psychiatrische Krankheitslehre
Gespräch und Untersuchung
Dissoziation: Definition
Die psychoanalytischen Konzepte
Trauma und Bindung Auswirkungen erlebter Traumatisierung
Vorlesung 2 Psychosomatische Medizin Propädeuticum WS 2006 / 07 am Institut für Erziehungswissenschaften Uni Salzburg Alexandra Kostrba-Steinbrecher.
Patienten sind Menschen. Die Krankheit ist Teil ihrer Biografie
Psychosomatik & Arbeitswelt
Schadensminderung im Justizvollzug Zusatzmodul:
 Videoverweis: Referat Trauma  Videoverweis:
WECHSELWIRKUNG GYNÄKOLOGISCHER SYMPTOME UND WEIBLICHER SEXUALITÄT
„There is no such thing as a baby“,
Cluster 3 – Psychische Erkrankungen und Pension (inkl. Begutachtungen)
Burnout Dr. Margot Peters FÄ f. Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin.
Vernetzung in der Gewaltprävention
Ambulante Psychotherapie und weitere psychotherapeutische Ansätze
(„Aktueller Vortrag“)
Selektive Sprachlosigkeit –
Psychosen By Kevin und Oliver.
Schritte im Prozess der Betreuung in der hausärztlichen Praxis
Schmerzaspekte aus psychosozialer Sicht
Ethische Aspekte der Diagnostik und Therapie depressiver Störungen
Klinische Psychosomatik – bio-psycho-soziale Medizin
Psychotherapie bei MS P. Calabrese.
3. Vorlesung: Neurosenlehre
Die psychotherapeutischen Methoden
5. Vorlesung Affektive Störungen
Prüfungskonsultation
Von kranken Gesunden und gesunden Kranken
11. Vorlesung Neurosenlehre II.
Konfliktlösung durch Konfrontation
Psychologische Aspekte in der ärztlichen Anamnese und Diagnostik
„Hängen Gesundheit und Leistungs-fähigkeit unweigerlich zusammen?“
Es gibt nichts Gutes außer man tut es!
Einsamkeit aus hausärztlicher Sicht
Ziele /Aufgaben der Psychologie
Dissoziative Störungen, Konversionsstörungen
Ausbildung in Psychologischer Psychotherapie
Kinder- und jugendpsychiatrische Institutsambulanz Ambulanzzentrum
KRISENINTERVENTION IN DER PRÄNATALDIAGNOSTIK Karin Tordy AKH Wien, Univ. Klinik f. Frauenheilkunde Abt. pränatale Diagnostik und Therapie.
Gesundheitliche Folgen von h ä uslicher Gewalt. Was interessiert wen? Beispiel ÄrztInnen  22% aller Frauen erleiden im Laufe ihres Lebens Gewalt in einer.
Eltern und Fachpersonen «eine interdisziplinäres Team Drehtage 2016 Mehr als eine Klientin Eltern- Kind- Institution Einladung zur Kooperation Definition.
ALBERT-LUDWIGS- UNIVERSITÄT FREIBURG Einführung „Klinische Psychologie“ Tobias Stächele - Vertiefendes Seminar zur Vorlesung Klinische Psychologie - Institut.
Psychologische und psychotherapeutische Behandlung bei Krebs Birgit Hladschik-Kermer Univ. Ass.,Mag.phil., Dr.rer.nat. Klinische und Gesundheitspsychologin/
Gesundheit - Von der Pathogenese zur Salutogenese -
01 Grundlagen der Psychiatrie
 Präsentation transkript:

Vorlesung 1 Psychosomatische Medizin Psychotherapeutisches Propädeuticum WS 2006 / 07 am Institut für Erziehungswissenschaften Uni Salzburg Alexandra Kostrba-Steinbrecher OÄ im SA für Psychosomatische Medizin Der Universitätsklinik für Psychiatrie I Im St.Johanns-Spital A.Kostrba-Steinbrecher, SA für Psychosomatik Sbg

Vorlesungsplan 09.01.: Grundlagen, Konzepte 16.01.: Psychosomatische Anamnese und Gesprächsführung 23.01.: Spezielle Psychosomatik: Psychosomatik in der Inneren Medizin und anderen Fächern Psychoonkologie, Essstörungen 30.01.: Psychosomatische Grundversorgung

Vorlesung Psychosomatische Medizin Grundlagen: was ist Psychosomatische Medizin? Psychosomatische – somatopsychische Prozesse Psychosomatische Gesprächsführung und biopsychosoziale Anamnese Psychophysiologie / Herz-Kreislauferkrankungen Psychoneuroimmunologie / Magen-Darm-Erkrankungen Verhaltensfaktoren / Essstörungen Krankheitsverarbeitung / somatopsychische Prozesse, Anpassungs- und Belastungsstörungen, Psychoonkologie

Grundlagen was ist Psychosomatische Medizin? Definitionen, Theorien, Entwicklung der PS – Medizin Prävalenz psychosomatischer Erkrankungen Störungsmodelle der Psychosomatik Biopsychosoziale Anamnese und psychosomatische Gesprächsführung

Was ist Psychosomatik „die Wissenschaft und Heilkunde von den wechselseitigen Beziehungen psychosozialer und körperlicher Vorgänge in Ihrer Bedeutung für Gesundheit und Krankheit von Menschen“ (v.Rad) Es geht dabei darum, nicht dem Körper weniger, sondern der Seele mehr Aufmerksamkeit zu schenken!

Psychosomatik ist…. Eine Grundhaltung im Umgang mit Patienten jedweder Fachrichtung ( psychosomatisches Basiswissen, psychosomatische Grundversorgung in der Allgemeinpraxis) Spezialgebiet in der Erkennung und Behandlung von krankheitswertigen Störungen leibseelischer Vorgänge ( FÄ für Psychiatrie und ÄrztInnen mit „Psy-Diplom“, klinische PsychologInnen, speziell fortgebildete PsychotherapeutInnen)

Sokrates in Plato ( 428-348 v-Chr.), Charmides „….so wie man nicht unternehmen dürfe, die Augen zu heilen ohne den Kopf, noch den Kopf ohne den ganzen Leib, so auch nicht den Leib („soma“) ohne die Seele („psyche“); sondern dieses eben wäre auch die Ursache, weshalb bei den Hellenen die Ärzte den meisten Krankheiten noch nicht gewachsen wären, weil sie nämlich das Ganze verkennten….“ ( Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006)

Antikes Psychogenese- und Psychotherapieverständnis bei Sokrates „Denn alles entspränge aus der Seele, das Böse und das Gute dem Leibe und dem ganzen Menschen…Jenes also müsse man zuerst und am sorgfältigsten behandeln… Die Seele aber…werde behandelt durch gewisse Besprechungen…. Denn durch solche Reden entstehe in der Seele Besonnenheit, und wenn diese entstanden und da wäre, würde es leicht, Gesundheit auch dem Kopf und dem übrigen Körper zu verschaffen.“ Sokrates in Plato: Charmides / Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006

Die cartesianische Wende René Descartes (1596-1650) „Iatrophysik“ - Rationalismus Giovanni Alfonso Borelli (1608-1679) „Iatromathematik“ - Körper als triviale Maschine Julien Offray de la Mettrie (1709-1751) „L‘homme machine“ (Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006)

Lehrbuch der Störungen des Seelenlebens J.C.A.Heinroth, Leipzig 1818 „…wir versuchen vergebens den Leib von der Seele, die Seele vom Leibe zu trennen. Mit dem Begriffe: Ich, Mensch, Individuum, ist unabänderlich die Unzertrennlichkeit des Leibes und der Seele verbunden. Wir unterscheiden erst dann einen Leib an uns, wenn wir etwas innerliches, ein Ich, diesem, als Uns selbst wiefern wir auch ein Äußeres sind, entgegensetzen. Das Innerliche unseres Wesens, unser Selbst als Inneres, nennen wir Seele, das Äußerliche unseres Wesens, unser äußeres Selbst, nennen wir Leib. Und so ist der Mensch ein Einziges Selbst oder Ich (Individuum), aus Seele und Leib, aus Innerem und Äußerem bestehend; als wovon sich keines ohne das andere denken läßt.“ Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006

Mitte des 19.Jh. / Dominanz der Naturwissenschaften Naturwissenschaftliche Orientierung in der Medizin ohne Einbeziehung der Psyche Psychosomatik wird zu einer Gegenbewegung mit 3 Traditionen: holistische psychogenetische psychophysiologische

Der holistische Ansatz Jede Krankheit hat psychosoziale Aspekte Behandlung von Kranken, nicht von Krankheiten Berücksichtigung chemischer, physikalischer, biologischer und psychosozialer Ursachen Psychosomatik kein Spezialfach, eher ein Grundlagenfach, eine Beurteilungs-Handlungsdimension

Psychogenetischer Ansatz Bei organischen Erkrankungen wirken psychische Kofaktoren mit (z.B. C.Ulcerosa) Konversionsneurotisches Modell nach S.Freud Franz Alexander: „Heiligen Chicago7“- somatische Erkrankungen, bei denen unbewusste Konflikte beschrieben werden (Ulcus, Colitis ulc., Neurodermitis, Asthma bronchiale, Hypertonie...) Das Subjekt im Krankheitsprozess (v.Weizäcker) Arzt-Patientenbeziehung (Balint)

Psychophysiologischer Ansatz „Stress“-Begriff von Canon 1914 eingeführt Stresstheorie von H.Selye (1907-1922): Bewältigung von Belastungsanforderungen durch den Organismus, Adaptation an die durch den stress hervorgerufenen Zustände („Adaptationskrankheiten“) Psychoneuroendokrinologie Psychoneuroimmunologie Neuroplastizität

Das späte 19.Jahrhundert Jean Martin Charcot (1825-1893): Psychopathologie der Hysterie Sigmund Freud (1856-1939) Psychogenese-Konzept

Psychosomatik im 20.Jh Georg Groddeck (1866-1934) Psychoanalytische Psychosomatik Helen Flanders Dunbar (1902-1959) „Emotions and Bodily Changes“ (1935) American Psychosomatic Society Franz Alexander (1891-1964) Organneurosen Spezifitätstheorie Hans Selye (1907-1982) Vater der Stressforschung

Perspektiven in der Psychosomatik Die salutogenetische Perspektive nach Antonovsky Die pathogenetische Perspektive

Salutogenese Sinnstiftende Konzepte Kohärenzgefühl: Comprehensibility oder Überschaubarkeit (Ereignisse sind vorherschaubar und in Kontext einzuordnen) Manageability oder Handhabbarkeit ( Vertrauen in die eigene Bewältigungskraft gegenüber Anforderungen) Meaningfulness oder Sinnhaftigkeit (Bewältigung der Anforderungen / Ereignisse lohnen sich)

Pathogenetische Perspektive Was macht krank? Verslust der Passung zwischen Organismus und Umwelt, Verlust von Copingstrategien –(Stress) Krankheiten Überweisungsmotivation: Erleben von Handlungsunfähigkeit, Verlust an Verstehbarkeit, was zwischen Arzt/Patient oder mit dem Patienten geschieht Krankheitssymptome als Narrativum der Patienten (Leibgefühl / Körperwahrnehmung / Krankheit)

Leib / Körper Leibgefühl: Sensibilität Empfindung Gefühle Intuition Kommunikation Körpergefühl: Sensorik Wahrnehmung Koordination Befindlichkeit - Befund

Komorbidität psychosomatische – somatopsychische Prozesse

ICD - Diagnosen im Rahmen der Psychosomatischen Medizin F40 Phobische Störungen F41 Andere Angststörungen z.B. Panikstörungen F42 Zwangsstörungen F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen F44 Dissoziative Störungen (Konversionsstörung) F45 Somatoforme Störungen F48 andere neurotische Störungen

F45 somatoforme Störungen F 45.0 Somatisierungsstörung F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung F45.2 hypochondrische Störung F45.3 somatoforme autonome Funktionsstörung – H-KL, oGI, uGI, RespS, UrogenS, sonstige Organe oder Organs. F45.4 anhaltende somatoforme Schmerzstörung F45.8 sonstige somatoforme Schmerzstörung F 45.9 nicht näher bezeichnete somatoforme Schmerzstörung

Diagnosen im Rahmen der Psychosomatischen Medizin F50 Essstörungen F51 Nichtorganische Schlafstörungen F52 Sexuelle Funktionsstörungen F54 Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Krankheiten F55 Missbrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen F58 nicht näher bezeichnete Verhaltensauffälligkeiten bei körperlichen Störungen und Faktoren

Diagnosen im Rahmen der Psychosomatischen Medizin F32 Depressive Episode F33 Rezidivierende depressive Störung F34 Anhaltende Affektive Störungen F60 Spezifische Persönlichkeitsstörungen

DSS

Prävalenz Psychischer / Psychosomatischer Störungen (Wittchen etal Aktuelle Prävalenz: 30-40% hausärztlicher oder internistischer Patienten ( w: 37% , m: 25%) Lebenszeitprävalenz: 48% Arbeitsunfähigkeitszeiten: 41% wegen psychischer Erkrankungen

Hintergründe somatoformer Störungen Maier B. et al, 1999: Der chronische Unterbauchschmerz

Häufige konfliktträchtige Lebensbereiche (nach Dührssen 1981) Partnerwahl / Bindung / Familienleben Herkunftsfamilie ( Drei-Generationen-Konzept) Eigene Elternrolle Berufs-, Arbeits-. Leistungsverhalten Einkommens- und Besitzverhältnisse Soziokultureller Lebensraum

Entstehungstheorien Konversionstheorie nach S. Freud: Ein Konversionssymptom entsteht, wenn ein Triebwunsch mit inneren und äußeren Normen in Konflikt gerät und so zu einer unerträglichen Vorstellung führt, die aus dem Bewußtstein verdrängt wird.

Entstehungstheorien De- und Resomatisierung nach M. Schur Vegetative Neurose nach F. Alexander Stresskonzept nach Selye H.

Modelle zur Entstehung psychogener Symptome Konflikt - Modell Defizit - Modell Trauma - Modell Lern - Modell Diathese – Modell Vulnerabilität - Modell

Das Konfliktmodell (nach Ch.Herrmann-Lingen,2006) Auslöser aktueller Konflikt Aktualis. Kindlicher Lösungs- Krankheits- Konflikt versuch gewinn Angst Regression missglückte Abwehr Kompromiss- Symptom bildung

Das Defizitmodell (nach Ch.Herrmann-Lingen,2006) Versagungen, Ich-/ Überich- Erlebens / Veranlagung Misshandlungen Schwäche Verhaltensstörung

Das Traumamodell (nach Ch.Herrmann-Lingen,2006) Gesunde Entwicklung Schweres Psychotrauma Hilf-/Hoffnungslosigkeit Angst, veg.Symptome Retraumatisierung Reizgeneralisierung

Das Lernmodell (nach Ch.Herrmann-Lingen,2006) Lerngeschichte Verfehlte Lernvorgänge Psychosomatische Krankheits- Symptome erleben Chronifizierung Lernen Symptomerhalt

Bio-psycho-soziales Modell Genetik Bewältigung/ Gesundung Kindliche Entwicklung Schwellensit., Prägung Reifung Krisen, Altern Umwelt Krankheit Erleben Psychophysiologie Verhalten Folgeprobleme

Unsicherer Bindungsstil Bindungsstil, Morbiditätsrisiko und Krankheitsverhalten ( nach Maunder u. Hunter) Unsicherer Bindungsstil gesteigerte Stressreaktion (z.B.funktionelle Symptome) beeinträchtigte individuelle Stressregulation fehlende „soziale Modulation“ von Stress Neigung zu externen „Regulatoren“( Alkohol, Nikotin, excess.Essen, Sexualverhalten…) ungünstige Nutzung protektiver Faktoren (Hilfesuchverhalten, soz.Unterstützung, Compliance, Selbstfürsorge, …) Krankheit

Neurobiologie erworbener Stressanfälligkeit (nach Ch Neurobiologie erworbener Stressanfälligkeit (nach Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006) Kontingente Erfahrung und wenig Stress selektive und effektive Ausbildung synaptischer Verbindungen (incl. selekt.Kappung von Synapsen) Frühe Belastungen unselektive Beibehaltung von synaptischen Verbindungen, erhöhte Synapsendichte (Helmeke et al., Neuroscience 2001) Folge: wenig effiziente Reizverarbeitung, Irriterbarkeit

Neurobiologie erworbener Stressanfälligkeit (nach Ch Neurobiologie erworbener Stressanfälligkeit (nach Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006) Früher Stress erhöhte Cortisolausschüttung erhöhte Glucocorticoid – Rezeptoren Dichte Folge: vegetative Sensibilisierung ( Mc.Ewev, Ann Rev Neuroscienc 1999)

ACE-Scores in der Bevölkerung: Adverse Childhood Experience (ACE) Study Felitti et al.1998; Dong et al.2004 USA/ Ch.Herrmann-Lingen Ereignis-Prävalenz: Seelische Misshandlung 11% körperliche Misshandlung 11% Sexueller Missbrauch 22% Substanzabusus der Eltern 26% Psych.Kh.d.Eltern/ Suizid 19% Gewalt durch Mutter 13% Inhaftierung der Eltern 3% ACE-Scores in der Bevölkerung: Je höher der ACE-Score desto höher Risiko für: Depressionen, fam.Gewalt, Drogen, Suicide, Arbeitslosigkeit Adipositas, Geschlechtserkh, Rauchen –COPD, KHK u.a. 0:48% 1: 25% 2: 13% 3: 7%, 4: 7%

Psychosoziale Schutzfaktoren gegen psychische / somatische Krankheit („Salutogenese“) Umwelt: Individuum: Dauerhafte gute Beziehung Überdurchschnittl. Intelligenz zu mind. einer Bezugsperson Robustes, aktives und Großfamilie, kontaktfreudiges Temperament Kompensat. Beziehungen sicheres Bindungsverhalten Entlastung d. Mutter „Kohärenzgefühl“ (wenn allein erziehend) Gutes Ersatzmilieu nach Mutterverlust Soziale Förderung (Gruppen, Schule, Kirche)

Psychosomatische Diagnostik Biopsychosoziale Anamnese Psychometrische Diagnostik Somatische / psychophysiologische Diagnostik Physiotherapeutische Diagnostik Beziehungsdiagnostik (Übertragung, Gegenübertragung…) und system.Kontext

Aufgaben im Psychosomatischen Erstgespräch Begegnung mit dem Patienten Zugang finden zu psycho-somatischem Erleben des Patienten Vermittlung des Patienten vor dem Hintergrund des Fachwissens in diagnose- und therapierelevante Information übersetzen Tragfähiges Arbeitsbündnis herstellen

Wahrnehmungsebenen im Gespräch Faktisch-deskriptive Ebene Welche Fakten teilt mir der Patient mit? Empathische Ebene Was empfinde ich, wenn ich mich in den Patienten hineinversetze? Situativ-szenische Ebene Wie gestaltet der Patient die Situation und die Beziehung zu mir?

Spezielle Fragestellungen in der psychosomatischen Anamnese Warum bekommt diese Patientin / dieser Patient mit dieser biologischen Disposition mit dieser Biografie / Persönlichkeit in dieser Lebenssituation dieses Symptom?

Wahrnehmungsebenen im Gespräch Faktisch-deskriptive Ebene Welche Fakten teilt mir der Patient mit? Empathische Ebene Was empfinde ich, wenn ich mich in den Patienten hineinversetze? Situativ-szenische Ebene Wie gestaltet der Patient die Situation und die Beziehung zu mir?

Psychosomatische Anamnese aktuelle und frühere Belastungen Ressourcen, die bisher zur Gesundheitserhaltung beigetragen haben Funktion des Symptoms (Ausdruck, Krankheitsgewinn) Zeitpunkt der Konsultation/ Krankenhausaufnahme Gestaltung / Inszenierung der Gesprächssituation durch den Patienten Reaktion (emotional) des Arztes/Therapeuten auf die Situation

Ablauf der biopsychosozialen Anamnese ( nach Bräutigam und Christian) Kontaktaufnahme, Beschwerden, Gründe des Kommens: Symptomatik Beschwerdebeginn, Zeitlicher Ablauf, körperliche Untersuchung, somatischer Befund Lebenssituation, allgemeines Psychosoziales Umfeld und somatische Begleitprobleme beim Beschwerdenbeginn oder bei Rückfällen (Veränderungen, Schicksalseinbrüche), Biographische Entwicklung, frühere Beziehungen, Belastungen, Bewältigung Bild der ganzen Person, ihrer Ressourcen, Konflikte,..

Zusammenfassung ( Ch.Herrmann-Lingen, Marburg 2006) Psychosomatik als traditionsreiche ärztliche Grundhaltung und moderne Spezialdisziplin Gut belegte Pathogenesemodelle verbinden Biographie mit Stress-Vulnerabilität und Krankheit Psychosomatischer Zugang ( Anamnese / Beziehungsmedizin) bei jedem Pat. Sinnvoll Spezielle psychosomatische Krankheitsbilder

Danke für Ihre Aufmerksamkeit