Von der Wiege bis zur Bahre

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Grundbegriffe der Pädagogik: Bildung, Sozialisation, Erziehung
Advertisements

Kinder befähigen! Anregungen aus der Entwicklungstheorie
Kapitel 8 Der Ort an dem wir leben.
Aktuelle Befunde (religionssoziologisch)
Von Christoph Drobnitza und Andreas Lenzen
Heike Wienands Schulpsychologin
Wandel privater Lebensformen
ETEP Entwicklungstherapie / Entwicklungspädagogik =
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans allemal!?
"Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss" – Über (schulische) Erziehung Referenten: Björn Anton: Andy Caspar Michael.
Referentinnen: Julia Michalewski, Birte Stapperfend, Elisa Remde
Referenten: H. Bayer V. Hagemann
Von Ina Wulfkuhle, Katja Liebmann und Björn Kaiser
Vorlesung: Einführung in die Pädagogische Psychologie
Die Pflegesituation Wer wird gepflegt? Was bedeutet Pflege?
Entstehung von Süchten und Drogenmissbrauch durch Modell-Lernen
Stadium der formalen Operationen
Begriffliche Erläuterungen
Einführung in die Entwicklungspsychologie – PD Dr. Christiane Papastefanou – WS 2002/2003 Entwicklungsaufgaben der frühen Kindheit Laufen lernen Feste.
Grundkonzepte der Bindungstheorie
Arbeitsplätze nachhaltig gestalten Das Haus der Arbeitsfähigkeit
Entwicklung des Gottesbildes aus psychologischer Sicht
Praktisches Lernen Tamara Tull Christine Neuhöfer.
Lernen im Alter – anders als in der Jugend?
Vortrag Elternabend Kinderbrücke
Vorsorge-Apéro Heinz Ernst 3. Dezember 2007
Eingewöhnung Krippe QUALITÄTSHANDBUCH
Die präventive Psychomotorik nach Bernard Aucouturier
Lebensgefühl und Wertorientierungen bei Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse der Shell Jugendstudien 2002, 2006, 2010 Dr. Thomas Gensicke Senior.
Transkulturalität Transkulturalität bezeichnet Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Kulturen. Der Begriff drückt aus 1.) Es gibt Unterschiede zwischen.
Arbeitsgruppe 6: Tagesbetreuung für Kinder C. Katharina Spieß DIW Berlin und FU Berlin Professur für Familien- und Bildungsökonomie 22. Februar 2013.
Der Spracherwerb des Kindes
Coaching in der Midlife Crisis -
Teenager brauchen mehr Liebe
Medien-sozialisation SHELL-Studie
Gesamtschule Eine Schule für alle.
Aufarbeiten oder Verdrängen? – Männer trauern anders
(„Aktueller Vortrag“)
Dipl. Sozialpädagogin Margit Bösen-Schieck
Kompetenzentwicklung in schwierigen Zeiten: Wie man Jugendlichen dabei helfen kann, die eigene Biografie zu gestalten Perspektive Berufsabschluss, Offenbach.
Betriebliche Gestaltungsfelder
Von der Fachschaft Pädagogik: Behrends, Fischer, Kussel, Reinecke
Ein starker Start für Kinder
Home BAS – JugendhilfeHome Home BAS – JugendhilfeHome Betreutes Wohnen für Kinder, Jugendliche und junge Eltern Betreutes Wohnen für Kinder, Jugendliche.
Entwicklung des Gottesbildes Überlegungen aus religions- psychologischer und religionspädagogischer Sicht.
Älter werden - Abhängig sein?
Die Rolle der Eltern im Berufswahlprozess ihrer Kinder
Individuelle Unterschiede bei Aggressionen
Trennung und Scheidung als Familienkrise und Entwicklungsprozess
„Frauen fragen Frauen“ Präsentation zum Forschungsprojekt
Meine Familie Für die Klasse 10.
Das Kind und seine Kompetenzen im Mittelpunkt - Rückblick der Entwicklungs- und Bildungsangebote 16.03– Da alle Kindergartenkinder einen Ausflug.
Pädagogische Psychologie
Lebens- und arbeitsorientierende Bildung an der Maximin-Schule
Die Angebote der Fachstelle XX
„Und plötzlich sind sie Teenager…“ Modul 3: Die Rolle der getrennt lebenden Eltern.
Die Angebote der Fachstelle …. Themen: Sucht, neue Medien, Essstörungen, Glücksspiel, Sexualität,.. Schadet mir das Kiffen? Trinke ich zu viel Alkohol?
Das Schulsystem in Deutschland.
Das Fach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ stellt sich vor
LehrplanPLUS Ethik - Was ist neu, was ist geblieben? -
Eltern im Kinder- und Jugendfussball Eine Herausforderung mit der wir uns schwer tun! Stadtzürcher Fussballverband Themenabend vom 16. November 2015.
Schule „Komplex „Harmonie“ DSD-1 Der Einfluss von Computerspielen auf Jugendliche Vorgelegt von: Klasse: 10“A“ Betreuer: Frau Grebneva, Deutschlehrerin.
We are Family! Geschwister von Kindern mit Behinderung.
Psychologische und psychotherapeutische Behandlung bei Krebs Birgit Hladschik-Kermer Univ. Ass.,Mag.phil., Dr.rer.nat. Klinische und Gesundheitspsychologin/
Eine kurze Einführung in die Entwicklungspsychologie Nach einem Vortrag von lic. phil. Jenna Müllener Gestalterische Zusammenfassung: Jacqueline Binsack.
Von der Wiege bis zur Bahre
Allgemeine Psychologie – Entwicklung
Auffrischung MD im DaF-Unterricht mit Jugendlichen
 Präsentation transkript:

Von der Wiege bis zur Bahre Stationen unseres Lebens aus Sicht der Entwicklungspsychologie

Leitlinien einer Psychologie der Lebensspanne Entwicklung kann mit Verzögerungen, Regressionen, Beschleunigungen vor sich gehen Entwicklung kann Gewinn und Verlust sein (use it or lose it) Entwicklung verläuft plastisch und flexibel (wir konstruieren uns immer wieder aufs Neue) Entwicklung ist eingebettet in einen historischen Zusammenhang (Wertewandel) Entwicklung ist abhängig vom sozialen Kontext (Milieu, gesellschaftlicher Hintergrund) Entwicklung muss interdisziplinär analysiert werden

Entwicklungsrelevante Einflussfaktoren Anlage Umwelt Epigenetik (Erfahrungen, welche Gen-Wirkungen unterdrücken oder freisetzen) Selbstregulationskräfte: Selbstbestimmung, Individuation Zwischen den Einflussfaktoren bestehen beständige Wechselwirkungen, deren Erforschung noch in den Kinderschuhen steckt

Entwicklungsphasen über die Lebensspanne Grobe Einteilung: Kindheit – Jugend – Erwachsenenalter – Höheres Alter Feinere Einteilung: Frühe (0-6), mittlere (7-10), späte Kindheit (11+12) Pubertät (13-15) und Adoleszenz (16-20) Frühes (21-35), mittleres (36-50), spätes Erwachsenenalter (51-65) Alter (66-80), Höheres Alter (81 und älter)

Aufgaben, die sich über die Lebensabschnitte stellen Begriff „Entwicklungsaufgabe (EA)“ EA des Fötus: z. B. Geschlechtsentwicklung, Organ- und Gehirnentwicklung, Sinnesentwick-lung, Kommunikation mit der Mutter, Gedächtnis- u. Lernen-Vorläufer, „I´m ready“ senden D.h. am Start ins Leben scheinen wir aktiv beteiligt zu sein (wenn die Lungen ausgereift sind, ist es soweit), was sich am Ende des Lebens biologisch abspielt, wissen wir noch nicht so genau.

Entwicklungsaufgaben für Neugeborene und Säuglinge Atmen Schlafen und Wachsein Strampeln (angeborenes spontanes Bewegungsmuster) Saugen (Nahrungsaufnahme) Schreien (Signale senden) Anwenden der von Geburt an vorhandenen Kompetenzen (Bindungsbereitschaft, Gesichter anschauen, Sprache lauschen, Mimik widerspiegeln)

Entwicklungsaufgaben im ersten und zweiten Lebensjahr Bindung aufbauen, Spannungsregulation, Greifen, Sitzen, Krabbeln, Zeigen, Stehen, Permanenz und Begriffe bilden 2. Lebensjahr: Laufen, Sprechen, „Ich“ entdecken [M1], „Als ob“-Spiel ausbauen

Entwicklungsaufgaben zwischen drittem und sechsten Lebensjahr - Aufbau des Ich und des Selbstkonzeptes Gut und Böse unterscheiden lernen („Gewissen“): Vorläufer von Moral Bindungen zu weiteren Bezugspersonen ausbauen und gestalten Zwischen (eigener und fremder) Innenwelt und Außenwelt differenzieren [M2] Schein und Sein unterscheiden Differenzierung zwischen sozialem Umfeld und physischer Umgebung Merkmale von Geschlechtsrollen erlernen

Entwicklungsaufgaben in der mittleren Kindheit (7-10 Jahre) Erwerb schulischer Kompetenzen (Schreiben, Lesen, Rechnen) Erwerb sozialer Kompetenzen (Kooperation, Teamwork, moralisches Urteilsvermögen) Selbstbewusstsein ausbilden Selbstkonzept ausdifferenzieren (z. B. fleißig, tüchtig, beliebt)

Entwicklungsaufgaben in der späten Kindheit Beziehungen mit Altersgleichen und Freundschaften aufbauen Abgrenzung vom anderen Geschlecht Männliches oder weibliches Rollenverhalten einüben Entwicklung von kognitiven Konzepten und Denkschemata einleiten (Denken wird abstrakter) Mit sozialen Systemen umgehen lernen, Rollen einüben: Schule, Verein, Peergroup Wertorientierungen und -prioritäten aufbauen

Entwicklungsaufgaben in der Pubertät (13-15 Jahre) Emotionale Abnabelung von den Eltern Akzeptierung der eigenen körperlichen Erscheinung Effektive Nutzung des Körpers Übernahme der männlichen bzw. weiblichen Geschlechtsrolle

Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz (16-20 Jahre) Neue und reifere Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts aufbauen Festere, intensivere und intimere Beziehungen und Partnerschaft eingehen Berufslaufbahn vorbereiten Wertesystem aufbauen, an dem das eigene (und fremde) Verhalten beurteilt werden kann (Weltanschauung, Ideologie)

Entwicklungsaufgaben im frühen Erwachsenenalter (21-35 Jahre) Berufswahl und Berufsfindung Partnerwahl und mit dem Partner leben lernen Familie und Haushalt gründen Eltern werden Versorgung und Betreuung der Kinder Staatsbürgerliche Verantwortung wahrnehmen Soziales Netzwerk aufbauen

Entwicklungsaufgaben im mittleren Erwachsenenalter (36-50 Jahre) Kinder aufziehen Krisen bewältigen Berufliche Karriere ausbauen Veränderungen durch das Älterwerden akzeptieren lernen Leben mit der Menopause lernen

Entwicklungsaufgaben im späten Erwachsenenalter (51-65 Jahre) Empty nest akzeptieren (die Kinder sind aus dem Haus) Midlifekrise bewältigen Auf die eigenen Eltern bezogene Verantwortung übernehmen Physisch und psychisch gesund bleiben Sich um Familie, Freundeskreis, Bekannte, Arbeitskollegen kümmern

Entwicklungsaufgaben im Alter (66-80 Jahre) Physisch und psychisch gesund bleiben insbesondere die kognitive Leistungsfähigkeit erhalten Sich um Familie, Freundeskreis, Bekannte, Arbeitskollegen kümmern Validieren der eigenen zurück-gelegten Lebensspanne (mit Angehörigen)

Entwicklungsaufgaben im höheren Alter (81 Jahre und älter) Physisch und psychisch gesund bleiben insbesondere die kognitive Leistungs-fähigkeit erhalten Sich um Familie, Freundeskreis, Bekannte, Arbeitskollegen kümmern Validieren der eigenen zurückgelegten Lebensspanne (mit Angehörigen) Sich mit der Endlichkeit des Lebens und dem Sterben/Tod auseinandersetzen

Scheitern an bzw. unvollständige Bewältigung von Entwicklungsaufgaben Scham, Schuld Selbstzweifel Verzweiflung Resignation Soziale Unterstützung!

Ein fragender Blick auf die Lebensabschnitte Von außen betrachtet: In welcher Phase passiert am meisten, in welcher Phase am wenigsten? Von innen betrachtet: Welche Phase ist die aufregendste, wel-che Phase ist die langweiligste?

Ein Blick auf die Übergänge Was versteht man unter Übergang? Welche Übergänge sind am schwierigsten zu meistern? Welche verlaufen eher problemlos?

Zeitempfinden in den Lebensphasen Zeitlosigkeit der Kinder (Leben im Hier und Jetzt) Schwankendes Zeitempfinden (in Pubertät und Adoleszenz) zwischen Keine Zeit haben und Langeweile Erwachsenalter: Zeit wird Mangelware, Innehalten findet kaum statt Mittleres EA als „rush our“ des Lebens Alter und höheres Alter: Zeit im Überfluss haben (was mache ich damit?)

Kritische Lebensereignisse und ihre Bewältigung Begriffsbestimmung „kritisches Lebensereignis“ Normative und nicht normative kritische Lebensereignisse Erfolgreiche Bewältigung kritischer Lebensereignisse Innere und äußere Ressourcen mobilisieren (Coping) Folgen positiver und negativer Erfahrungen beim Coping Resilienz, Invulnerabilität (Unverwundbarkeit), Frustrations- und Ambiguitätstoleranz

Bedeutung singulärer biografischer Ereignisse Schicksalhaftigkeit Glückspilze und Pechvögel Entscheidend ist, wie sie verarbeitet werden Eine Rolle spielt, wann sie sich ereignen Pessimismus vs. Optimismus

Komponenten des Bruttosozialglücks von Bhutan, z. B. Psychisches Wohlbefinden Zeit haben Einbettung in die Gemeinschaft Kulturelle und religiöse Wurzeln Gesundheit Bildung Genug zum Leben haben Regierungsform

Die Wege durch die Lebensphasen… …werden in unserer pluralistischen Gesellschaft immer vielfältiger Kindheit: sichere/unsichere Bindung, bildungsnah/-fern, Ausmaß der Fremdbetreuung Wege ins Erwachsenenalter: - Moden und Trends - Partnersuche und -wahl (früher o. später) - Berufseinstieg (früher o. später) - Auszug aus dem Elternhaus (früher oder später), - Gründung eines eigenen bzw. gemeinsamen Haushalts Wege ins Alter - empty nest - betagte eigene Eltern - Neujustierung der Werte (Entschleunigung, Mitmenschlichkeit, Weisheit und Güte

Erwähnenswertes aus der SHELL-Jugendstudie Drei religiöse Kulturen Lebenszufriedenheit hoch (bis auf…) Internetverwendung (Multi-User, Digitale Netzwerker, Gamer, Funktionsuser): Kinderwunschanstieg Optimismusanstieg Pragmatische Wertorientierungen

Wege durch das Erwachsenenalter Kontinuität (Konstanz) vs. Diskontinuität (Wandel) Schicht- und Milieuabhängigkeit (Soziotope) Frauen und Männer Selbstbestimmung oder Fremdbestimmung Midlife-Krise (von nun an geht´s bergab)? Umgehen mit Verlust (z. B. Gedächtnisfunktionen: Tiefschlaf!)

3 Typen des Älterwerdens bei Frauen und Männern 1. Zunahme gegengeschlechtlicher Merkmale 2. Flexibleres Umgehen mit den Rollenklischees (Distanzierung, Selbstironie) 3. Zunahme von Rigidität Geschlechtsspezifische Differen-zierungen

Annäherungen an den Begriff WEISHEIT (1)

Annäherungen an den Begriff WEISHEIT (2)

Download www.hartmut-kasten.de Die gesamte Powerpoint-Präsentation dieses Vortrags „Von der Wiege bis zur Bahre“ kann herunter geladen werden von meiner Webseite www.hartmut-kasten.de Auf dieser Webseite gibt es übrigens noch einige andere thematisch einschlägige Texte zum Downloaden!