LTI-Systeme, Faltung und Frequenzgang

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LTI-Systeme, Faltung und Frequenzgang Kapitel 4: LTI-Systeme, Faltung und Frequenzgang SiSy, Rumc, 4-1 Referenzen Martin Meyer, „Signalverarbeitung“, 2. Auflage, Vieweg, 2000. Martin Werner, „Signale und Systeme“, Vieweg, 2000. L. F. Chaparro, „Signals and Systems using Matlab“, Elsevier, 2010. A. Oppenheim, A. Willsky, S.H. Nawab, „Signals & Systems“, Prentice-Hall International, 1997. B.P. Lathi, „Linear Systems and Signals“, 2. Edition, Oxford University Press, 2005. In diesem Kapitel machen wir die Verbindung zwischen den Signalen und den Systemen.

Systemkonzept SiSy, Rumc, 4-2 System Ein System transformiert ein Eingangs- in ein Ausgangssignal. Die Systemfunktion f(.) beschreibt das System-Verhalten. x(t) System y(t) y(t) = f(x(t)) Modell Das System ist meist ein idealisiertes Modell von einem physikalischen Prozess! Analoge Systeme Ein- und Ausgangssignal sind zeit- und Amplituden-kontinuierlich.

RC·dy(t)/dt + y(t) = x(t) Systemklassifikation SiSy, Rumc, 4-3 Gedächtnislose (statische) Systeme Ausgangswert hängt nur vom aktuellen Eingangswert ab Beispiel: Widerstandsnetzwerk Dynamische Systeme Ausgangswert hängt vom aktuellen Eingangswert ab und von alten Ein- und Ausgangswerten enthalten ein oder mehrere Speicherelemente (z.B. L und C) Beschreibung mit einer Differentialgleichung (DGL) Beispiel: RC-Tiefpass-Filter 1. Ordnung R x(t) C y(t) RC·dy(t)/dt + y(t) = x(t)

System-Eigenschaften SiSy, Rumc, 4-4 Linearität / Superpositionsprinzip x1(t) x2(t) x(t) = k1·x1(t) + k2·x2(t) y1(t) = f(x1(t)) y2(t) = f(x2(t)) y(t) = k1·y1(t) + k2·y2(t) lineares System Linearkombination von Eingangssignalen (k1 und k2 sind Konstanten) Linearkombination der zugehörigen Ausgangssignale Beispiel Spannungsteiler k1 k2 k1 k2 R x(t) = 5·1 + 3·cos(2π·f0·t) R y(t) = 5·1/2 + 3·cos(2π·f0·t)/2 x1(t) x2(t) y1(t) y2(t) y(t) = f(x(t)) = x(t) / 2

Beispiel lineares System SiSy, Rumc, 4-5 Eine Kapazität ist ein lineares System, wenn uc(0) = 0 ic(t) C ic(t) = C·duc(t)/dt Integrator ist ein lineares System wenn Anfangswert x(0) = 0 x(t) Integrator x(t) = x1(t) + x2(t) =>

Beispiel nichtlineares System SiSy, Rumc, 4-6 Systeme mit "nichtlinearer" Systemfunktion f(.) sind nichtlinear. y-Ampl. y(t) = x2(t) x-Ampl. x1(t) x2(t) nicht-lineares System x1(t) + x2(t) y1(t) y2(t) ≠ y1(t) + y2(t)

Nichtlineare Systeme SiSy, Rumc, 4-7 Nicht-Lineare Systeme generieren neue Frequenzkomponenten, die im Eingangssignal x(t) nicht vorhanden waren. Verstärkungskennlinie mit (nicht-linearer) Sättigung periodisches Ausgangs- signal mit Oberwellen! sin-Eingangssignal Linearisierung im Arbeitspunkt Analyse nicht-linearer Systeme ist mathematisch oft komplex für Analyse von linearen Sytemen gibt es aber starke math. Tools Ingenieur-Ansatz: Linearisierung im Arbeitspunkt! Beispiel: Kleinsignal-Ersatzschaltbild des Bipolar-Transistors

System-Eigenschaften SiSy, Rumc, 4-8 Zeitinvarianz Systemeigenschaften ändern sich im Laufe der Zeit nicht Zeitvariante Aspekte: Alterung, Schaltvorgänge, … x(t) x(t-t0) zeitinvariantes System y(t) y(t-t0) x(t) = ε(t) y(t) x(t-t0) = ε(t-t0) y(t-t0) t t t0 t0 LTI-Systeme Linear, Time-invariant Systems sind linear und zeitinvariant wichtigste Systemklasse, für Analyse und Design steht ein mächtiges mathematisches Instrumentarium bereit

System-Eigenschaften SiSy, Rumc, 4-9 Kausalität Ein kausales System reagiert erst dann mit einem Ausgangssignal, wenn ein Eingangssignal anliegt. Die Stossantwort von kausalen Systemen verschwindet für t<0. Technisch realisierbare Systeme sind kausal! Kausalität ist Voraussetzung für die real-time-Signalverarbeitung δ(t) h(t) kausales System t t Stabilität zweckmässige Definition: Bounded Input => Bounded Output Ix(t)I ≤ A < ∞ => Iy(t)I ≤ B < ∞ für A und B > 0

y(t) = x(t)*h(t), siehe unten Stossantwort und Bedeutung SiSy, Rumc, 4-10 Definition Stoss- bzw. Impulsantwort h(t) System-Antwort auf Anregung auf allen Frequenzkomponenten δ(t) Anfangsbedingungen = 0 h(t) LTI- System t t Die Stossantwort h(t) beschreibt ein LTI-System vollständig x(t) y(t) LTI- System t t h(t) beliebiges Eingangssignal Ausgangssignal kann mit Hilfe von h(t) berechnet werden y(t) = x(t)*h(t), siehe unten

Herleitung der Faltung SiSy, Rumc, 4-11 x(t) LTI- System y(t) = x(t) * h(t) t Faltungsintegral Summe von gewichteten und zeitverschobenen Dirac-Impulsen x(0)·h(t) gewichtete Stossantwort LTI- System x(0)·δ(t) t t x(τ)·δ(t-τ) x(τ)·h(t-τ) gewichtete und zeit- verschobene Stossantwort LTI- System t t τ τ

Stossantwort und Bedeutung SiSy, Rumc, 4-12 Eigenschaften der Faltung Die Faltung ist kommutativ, d.h. y(t) = x(t)*h(t) = h(t)*x(t) Der Dirac-Stoss ist das Neutralelement der Faltung. Beweisen Sie, dass gilt: δ(t)*h(t) = h(t) Matlab y = conv(x,h)berechnet für jedes Eingangssignal x(t) das Ausgangssignal y(t), wenn die Stossantwort h(t) bekannt ist x und h sind (Zeilen-) Vektoren, z.B. h = [ h(0) h(Ts) ... h((N-1)·Ts) ] Variablen- Substitution x(t) * h(t) h(t) * x(t)

Visualisierung der Faltung SiSy, Rumc, 4-13 Gegeben: Stossantwort des RC-Tiefpass-Filters 1. Ordnung R δ(t) C wobei τ = RC Gesucht: Schrittantwort eines RC-Tiefpass-Filters 1. Ordnung? x(t) 1 R C = ? t τ = RC = 0.1 s

Visualisierung der Faltung SiSy, Rumc, 4-14 x(τ) h(τ) Faltung (Zeitumkehr) h( -(τ-t0) ) h(t0-τ) t0 y(t) y(t0) entspricht Faltungsintegral (= schraffierte Fläche)

Stossantwort eines stabilen Systems SiSy, Rumc, 4-15 BIBO-stabiles System Ix(t)I ≤ A < ∞ => Iy(t)I ≤ B < ∞ für A und B > 0 Bestimmung des Maximums des Ausgangssignals Die Stossantwort eines stabilen Systems ist absolut integrierbar. Dann existiert auch der Frequenzgang H(f), siehe unten.

Stoss- und Schrittantwort SiSy, Rumc, 4-16 δ(t) h(t): Stossantwort LTI- System t t Ableitung du(t)/dt Ableitung dy(t)/dt u(t) y(t): Schrittantwort 1 LTI- System 1 t t Beweis: Schrittantwort => dy(t) / dt = h(t) Die Stossantwort h(t) kann durch Ableitung der Schrittantwort bestimmt werden, die „einfacher“ gemessen werden kann!

Frequenzgang eines LTI-Systems SiSy, Rumc, 4-17 Faltungstheorem der Fouriertransformation x(t)*h(t) ○-● X(f)·H(f) Faltung im Zeitbereich LTI- System x(t) Stossantwort h(t) y(t) = x(t) * h(t) ○-● Frequenzgang H(f) = FT{h(t)} Multiplikation im Frequenzbereich X(f) Y(f) = X(f) · H(f) Fourier-Spektrum Y(f) des Ausgangssignals y(t) eines LTI-Systems = Fourier-Spektrum X(f) des Eingangssignals x(t) mal Frequenzgang H(f), d.h. Fourier-Spektrum der Stossantwort h(t).

Amplituden- und Phasengang SiSy, Rumc, 4-18 Spektrumsbeziehung Y(f) = X(f)·H(f) in Polarform Betragsbeziehung: Phasenbeziehung: Amplitudengang: Verhältnis zwischen Aus- und Eingangsamplitude @ Frequenz f Phasengang: Phasenverschiebung zwischen Aus- und Eingang @ Frequenz f

Amplituden- und Phasengang SiSy, Rumc, 4-19 Beispiel RC-Tiefpass-Filter 1. Ordnung Abfall - 6 dB / Oktave (Frequenzverdopplung) bzw. - 20 dB / Dekade (Frequenzverzehnfachung) Amplitudengang IH(f)I = 10-3 / (2π) 10 kΩ / dB -3dB 15 nF Stossantwort Phasengang φH(f) - 6° Frequenzgang - 45° - 84°

Amplituden- und Phasengang SiSy, Rumc, 4-20 Wie verändert ein LTI-System die Frequenzkomponente X(f0)? Die Frage kann mit dem Frequenzgang H(f) beantwortet werden: 1. Die Amplitude von X(f0) wird mit dem Faktor IH(f0)I multipliziert. Beispiel RC-Tiefpass-Filter 1. Ordnung mit τ = 10-3 / (2π): IH(10 kHz)I = 0.1 2. Die Phase von X(f0) wird um φH(f0) gedreht Beispiel RC-Tiefpass-Filter 1. Ordnung mit τ = 10-3 / (2π): φH(10 kHz) = - 84° 3. Das LTI-System verändert die Frequenz f0 nicht! LTI- System X(f0) ?

Amplituden- und Phasengang SiSy, Rumc, 4-21 Wie verändert ein LTI-System ein harmonisches Eingangssignal? LTI- System cos(2π·f0·t) IH(f0)I · cos(2π·f0·t + φ(f0)) ○-● ○-● H(f) 0.5·δ(f-f0)+0.5·δ(f+f0) 0.5·H(f0)·δ(f-f0)+0.5·H(-f0)·δ(f+f0) Ein LTI-System verändert nur die Amplitude und die Phase von einem harmonischen Eingangssignal, nicht aber die Frequenz! Messung des Frequenzgangs H(f) mit der „sweep-Methode“ cos(2π·f0·t) anlegen, am Ausgang IH(f0)I und φ(f0) messen LTI-System ist sowohl mit h(t) als auch mit H(f) charakterisiert

Zusammenschaltung von LTI-Systemen SiSy, Rumc, 4-22 Kaskadierung (Serieschaltung) von LTI-Systemen LTI- System 1 LTI- System 2 LTI- System x(t) y(t) = x(t) y(t) h1(t) H1(f) h2(t) H2(f) h(t) = h1(t)*h2(t) H(f) = H1(f)·H2(f) Parallelschaltung von LTI-Systemen LTI- System 1 h1(t) bzw. H1(f) LTI- System x(t) y(t) = x(t) y(t) LTI- System 2 h(t) = h1(t)+h2(t) H(f) = H1(f)+H2(f) h2(t) bzw. H2(f) Beweis: wähle x(t) = δ(t) oder löse das Problem im Frequenzbereich

abgetastete Stossantwort Ausblick Faltung im Digitalen (I) SiSy, Rumc, 4-23 Numerische Approximation der Faltung Wichtiger Spezialfall "Finite Impulse Response (FIR)" Filter => System-Stossantwort h(t) ist kausal und dauert endlich lang h’[m] abgetastete Stossantwort Blockschaltbild x[n-1] x[n-M] … x[n] Ts Ts h‘[0] h‘[1] h‘[M-1] h‘[M] + y[n] = h’[0]·x[n]+h’[1]·x[n-1] + …

Ausblick Faltung im Digitalen (II) SiSy, Rumc, 4-24 x[n] y[n] = 0.5∙x[n] + 0.5∙x[n-1] digitales System diskrete Zeit n·Ts diskrete Zeit n·Ts Das System lässt nur die langsamen Signaländerungen durch. (Tiefpass, gleitender Mittelwert, Kurzzeit-Integration) Das System unterdrückt die schnelle Signaländerungen. (Ein Tiefpass in der Bildverarbeitung macht ein Bild unscharf.) l

Ausblick Faltung im Digitalen (III) SiSy, Rumc, 4-25 x[n] y[n] = 0.5∙x[n] – 0.5∙x[n-1] digitales System diskrete Zeit n·Ts y[n] diskrete Zeit n·Ts l Das System lässt nur die schnellen Signaländerungen durch. (Hochpass, Ableitung, in der Bildverarbeitung: Kantendetektion) Das System unterdrückt die langsamen Signaländerungen (z.B. DC-Passagen).