Herausforderung Arbeitsrecht 4.0

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 Präsentation transkript:

Herausforderung Arbeitsrecht 4.0 Workshop Herausforderung Arbeitsrecht 4.0 Kiel – 28. Februar 2017

Auswirkungen der Digitalisierung auf das Arbeitsrecht Rationalisier-ungseffekte Kündigung Umstruktur-ierung Änderung der Arbeitsinhalte Arbeitszeit Arbeitsort Datenschutz Vertrags-modelle Gesund-heitsschutz BR-Rechte Qualifikation berufliche Bildung Lebens-langes Lernen Vertragsform: angestellt – frei – Werkvertrag

Arbeitsrecht 4.0 ist in diesem Kontext keine einheitliche (Arbeits-)Rechtsmaterie im Wesentlichen geprägt durch die anpassende Anwendung bereits bestehender Regelungen mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet, da die tatsächliche Entwicklung in der Digitalisierung wesentlich schneller verläuft als Rechtsprechung und Gesetzgebung hinterher kommen

Aktivität des Gesetzgebers und des BAG: keine eher abwehrende Haltung auf ministerialer Ebene Grünbuch „Arbeiten 4.0“ aus April 2015 Weißbuch „Arbeiten 4.0“ aus November 2016 zahlreiche singuläre Vorschläge aus der Wissenschaft, in erster Linie zum Arbeitszeitrecht keine erwähnenswerten Entscheidungen des BAG zum Themenbereich Digitalisierung

Vom Gesetzgeber gesehene Probleme: Überforderungstendenz ständige Erreichbarkeit verschwimmen zwischen Beruf und Freizeit Vom Gesetzgeber gesehene Vorteile Zeitsouveränität

starker sozialpolitischer Einschlag wenig konkrete Vorschläge zu Problemen der Digitalisierung der Arbeit Experimentierklausel zur Arbeitszeit für Tarifbetriebe „Wahlarbeitszeitgesetz“

Vorschläge für ein „Wahlarbeitszeitgesetz“: Anspruch auf befristete Teilzeit Erörterungsrecht in Bezug auf die Arbeitszeit und den Arbeitsort „konditionierte und begrenzte Abweichung“ von Höchstarbeitszeit und Ruhezeit, wenn Öffnung durch Tarifvertrag Betriebsvereinbarung über Wahlarbeitszeitkonzepte Zustimmung durch die jeweiligen Arbeitnehmer Teilnahme an Evaluation durch BMAS

Crowdsourcing: Mesh-Up aus Crowd und Outsourcing = Auslagerung nach extern auf „Digitalarbeiter“ Crowdsourcing beschreibt im Kern nur die durch Digitalisierung erweiterten Möglichkeiten zur Auslagerung immer weiterer Teilprozesse der Wertschöpfungskette Perspektive betriebsbedingter Kündigungen Prüfungskatalog wie bekannt

Crowdworking: beschreibt Arbeit in virtuellen Teams gemeinsame oder zeitversetzte Tätigkeit an einem Projekt kann Unsicherheit über Vorgesetztenstruktur mit sich bringen geprägt durch Arbeitsverhältnisse

Clickworking: beschreibt Abgabe von Arbeitspensen an virtuelle Dienstleister im Digitalbereich (z.B. Werbung, EDV) häufig Vergabe über Ländergrenzen hinweg oft vorausgehendes Bieterverfahren geprägt durch freiberufliche Tätigkeit

Bekannte Probleme neuer Beschäftigungsformen: Abgrenzung Werk-/Dienstvertrag Scheinselbständigkeit Betriebsratszuständigkeit und Mitbestimmungsrechte

§ 611 a Abs. 1 BGB – Entwurf Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17 Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17.00 Uhr keine Rückäußerung vom amerikanischen Kunden, ob dieser bestellen will oder nicht. Vereinbarungsgemäß meldet sich der Kunde um 23.00 Uhr auf dem Diensthandy des Arbeitnehmer für ein 15-minütiges Gespräch, in dem der Vertragsschluss über 1 Mio. Euro vereinbart wird.  Ruhezeitunterbrechung oder Graubereich?  Höchstarbeitszeit überschritten?

Fallbeispiel: Der Arbeitnehmer ist mit seiner Familie im 14-tägigen Urlaub auf Fuerteventura. Firmenlaptop und Handy sind ebenfalls dabei. Auf einen Anruf des Arbeitgebers wird A an zwei Vormittagen und einem Abend jeweils zwischen 2 und 3 Stunden tätig.  Urlaubsgutschrift für die jeweiligen Tage?  Stundengutschrift für die gearbeiteten Zeiten?  Zusätzlicher Lohnanspruch zum Urlaubsentgelt?

Arbeitszeitgesetz fit für Arbeit 4.0? ArbZG 1994 regelt be- und nicht entgrenzte Arbeitszeit Höchstarbeitszeiten § 3 ArbZG Ruhezeit § 5 ArbZG Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaft

Homeoffice: Arbeitsort vollständig oder teilweise zuhause grundsätzlich keine Auswirkungen auf Arbeitszeitmodell oder Arbeitsinhalte Varianten: Mobile-Office, Crowd-Working-Modelle

Rechtslage in Deutschland: kein Rechtsanspruch auf Homeoffice teilweise diskutiert aus Fürsorgepflicht oder Gesundheits-/Schwerbehindertenschutzvorschriften aber: Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst örtliche Festlegung des Arbeitsortes (kein Wahlrecht des Arbeitnehmers)  beruht auf freiwilliger Regelung

Rechtslage in Deutschland: keine eigenständigen gesetzlichen Regelungen zum Homeoffice insgesamt nur überkommene Regelungen, meist zur Definition ohne echte Regelungsinhalte („Telearbeit“, „Heimarbeit“)

Befristung einer Homeoffice-Vereinbarungen: problematisch, da wesentlicher Vertragsgegenstand/wesentliche Arbeitsbedingung BAG: Sachgrund § 14 Abs. 1 TzBfG erforderlich Ziff. 4 – Eigenarbeit der Arbeitsleistung Ziff. 5 – Erprobung (des Arbeitnehmers) Ziff. 6 – in der Person liegende Gründe

Mobile-Office: keine Vorgabe/Vereinbarung des Arbeitsortes Arbeit an beliebigen Orten möglich Wesentlicher Unterschied zum Homeoffice: keine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers (Problem)Variante: Mobile-Office mit Rooming-In

Fallbeispiel: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren Vertrauensarbeitszeit. Das Pensum beträgt zum Zeitpunkt des Abschlusses x. Nach und nach erhöht der Arbeitgeber das Pensum.  Anspruch auf höhere Vergütung?  Anspruch auf Herabsetzung des Pensums?

Renaissance der Vertrauensarbeitszeit: kein Arbeitszeitkonto – keine Zeiterfassung strikte Ergebnisorientierung Ausgangspunkt: ortgebundene Arbeit Aufzeichnungspflicht nur nach § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG einschränkende BAG-Rechtsprechung zu Kontrollbefugnissen des Betriebsrats

Berührte Mitbestimmungsrechte des BR: § 87 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG – Arbeitszeit § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG – Überstunden § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG – Technik § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG – Überwachungsrecht § 90 BetrVG – Änderung der Arbeitsverfahren pp. § 111 BetrVG - Betriebsänderung (IA/SP)

Digitalisierung bringt häufig Matrix-Strukturen: Technikeinsatz schafft Möglichkeiten für virtuelle (weltweite) Teams Vorgesetzte sitzen oft außerhalb des Standortes außerhalb des Unternehmens  Frage der Gremienzuständigkeit