Theologie und Musik/ Umgang mit dem EG

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 Präsentation transkript:

Theologie und Musik/ Umgang mit dem EG

§ 1 Musik in der Bibel Der jüdisch-christliche Glaube war von Anfang an „musikalisch“: Musik war und ist Gotteslob, gleichermaßen funktional wie medial. Belegstellen: 1. Chr. 15, 16, 25; 2. Chr. 5; zahllose Psalmen; Mt. 26, 30; Eph. 5, 19; Kol. 3, 16. Mediale Wirkung von Musik: 2. Kön. 3, 15; Apg. 16, 25.26.

§ 2 Kirchenlieder als Spiegel der Theologie Lieder entstehen aus dem Wunsch nach Kommunikation mit Gott (Bitten und Dank, Befindlichkeiten, Gotteslob etc.); Sie werden häufig geprägt durch theologische Sichtweisen (Frömmigkeitshaltung, Gottesbilder, Dogmatik...); Daher kann man anhand der Kirchenlieder gut die Geschichte und Mannigfaltigkeit der Theologie erkennen.

2.1 Vorreformatorisches Liedgut Deutschsprachiges Liedgut des Hoch- und Spätmittelalters; z.B. 4, 8, 23, 99, 124-126, 421; „Böhmische Brüder“ (Mitte des 15. Jhdt., mit deutschsprachigem Zweig um Michael Weiße); z.B. 68,77 103, 104, 318; Geistliche Volkslieder (Quempas, In dulci jubilo).

2.2 Lieder Luthers Verbreitung der Lehre durch dogmatisch geprägte Lieder (vorwiegend Katechismus-lieder); z.B. 183, 202, 215, 231, 342-344); Übersetzung und Ergänzung mittelalterlicher Hymnen, Leisen und Lieder (4, 101, 126, 214, 215, 470); Kinderlieder (24, 193); => Die Verbreitung der Reformation ist in erster Linie den Liedern zu verdanken!

2.3 Gegenreformation (Mitte 16. Jh.) Durch die Wirren der Gegenreformation litt der Glaube der verbleibenden lutherischen Gemeinden bzw. Regionen unter Anfechtung. „Durchhalte- und Selbstvergewisserungs-theologie“. „Kampf-“ und Vertrauenslieder: 148,157, 345, 365-367, 397-399; Natur- und Tageszeitenlieder: 437, 443, 472-474, 500, 501.

2.4 Orthodoxie und Mystik (um 1600 bis ca. 1675) Entstehung des „meditativen Betliedes“: vom „Wir-Lied“ zum „Ich-Lied“ (individueller Gottesbezug statt Gemeinde im Mittelpunkt); Poesiereform (Opitz 1624) bewirkt eine Übernahme klassischer Vers- und Strophenformen in die Kirchenlieddichtung; Lieder von Johann Heermann (72, 81, 111, 234), Johann Rist (61, 80) und Paul Gerhardt (11, 36, 37, 83-85, 112, 133, 361, 449, 503).

2.4 Pietismus (ca. 1675-1750) Entstehung von Hauskreisen/ Hausgemeinden nach dem Vorbild Luthers Deutscher Messe 1526; Individuelle Frömmigkeit und christliches Lebenszeugnis gewinnen an Bedeutung; Forderung nach tätigem Christentum => Entstehung sozialer Einrichtungen (Franckesche Anstalten in Halle); Buße mutiert von der Lebenshaltung (Luther) zum Lebensereignis, ebenso die „Bekehrung“.

Pietismus II Der Gottesdienst und seine Musik sollen nur noch „Stimmung erzeugen“; Musik wird nach und nach praktisch auf die Begleitung des Gemeindegesangs reduziert. Philipp Jakob Spener, August Hermann Francke, württ. Pietisten, reformierter Pietismus (Neander, Tersteegen). Bekannte Lieder: 326, 372 (um Spener); 66, 200, 241, 328 (um Francke); 123, 355 (württ.); 165 317, 327 (Tersteegen/ Neander).

2.5 Aufklärung (18. Jhdt.) Zerfall und Zersplitterung: kaum gemeinsame Lieder im deutschen Sprachraum, Kirchenmusik nur noch sporadisch an Festtagen, kaum noch liturgische Formen; Verbürgerlichung der Kirchenmusik: „Singakademien“ anstelle von Schulchören; Lieder einfach (ohne Bildebenen), erbaulich, nicht polarisierend sein; beschreiben oft die Natur. (z.B. 482, 508), inhaltlich oft Überschneidungen mit Pietismus. Gütiger statt richtender Gott, Welt kein Jammertal, positive Sicht des Menschen, Jesus als Vorbild. Bedeutend: C.F. Gellert (91, 115, 506)

2.6 Kirchenlied im 19. Jhdt. Erweckungsbewegung Anfang des 19. Jhdts., Sendungs-/ Missionsbewusstsein; 136, 255, 263, 333, 406, 510; oft nur Gottvater thematisierend => theologisch indifferent; Vermehrtes Entstehen geistlicher Volkslieder (43ff., 511; Melodie zu 503); Restaurationsbemühungen, Forschung => Gesangbuch-/ Agendenreform 1854/56.

2.7 Das 20. Jahrhundert. Zwischen den Weltkriegen: Prägung durch Rückbesinnung auf das 16. Jhdt. (Singbewegung); Schröder, Klepper => 16, 65, 184, => Auswirkungen auf das EKG von 1958 (kaum „romantisches“ Liedgut); Ab den 1970er Jahren zunehmend „kirchentagsbewegte“ Lieder mit modernen Stilmitteln, mündend in den „Silberpfeil“ (1982) (Initialzündung „Danke-Lied“ 334); 182, 188, 570-573, 630, 637, 638, 644, 645 etc.). „Silberpfeil“ nimmt aber auch „unausrottbare“ Lieder mit auf (z.B. 765 „Stille Nacht“)

Aufnahme der bekanntesten Taizé-Lieder (697-702); 20. Jhdt. II Einflüsse der weltweiten Ökumene (z.B. Weltgebetstag) => Aufnahme von Liedern anderer Länder und Kulturen (116, 229, 515, 600). Aufnahme der bekanntesten Taizé-Lieder (697-702); „Kirche von unten“: „Werkstattgottesdienste“ von Teams, oft kleine Band (Schlagzeug, Gitarre/ Keyboard, Querflöte, Leadgesang) statt Orgel (oft responsoriales Prinzip: 168, 188), gerade bei Schulgottesdiensten. Einflüsse sozialer Ungleichheit (626) sowie militärischer Konfrontation (Vietnamkrieg, Kalter Krieg etc.; 628, 629) sowie Thematisierung des Zweifels (209); Spiegel der aktuellen Theologie. Ab den 1980er Jahren vielerorts Gründung von Bands und Gospelchören.

2.8 Das 21. Jahrhundert Liederheft „Kommt, atmet auf“(2011); Pendant zum „Silberpfeil“; Wiederum nicht nur „neue“ Lieder (047, 0135-0140); Beseitigung von thematischen Lücken, Aufnahme (teils illegal) verbreiteter Lieder. Planungen für neues Gesangbuch (Ende 2020er Jahre). => Theologie und Lied in stetem Wandel.

3. Die aktuellen Gesangbücher Evangelisches Gesangbuch (Bayern und Thüringen); => „Universalgesangbuch“ für alle Lebenslagen, Orte und Situationen; „Kommt, atmet auf“ – Liederheft für die Gemeinde.

3.1 Konzept und Struktur des EG Drei Leitfarben für Lied-, Gottesdienst- und Textteil, durchgehend nummeriert. Rubrizierung der Lieder nach Kirchenjahr, Gottesdienst sowie weiteren Themen und Anlässen; innerhalb der Rubriken Anordnung nach Entstehungszeit. Aufnahme von Kanons und mehrstimmigen Sätzen für den Gebrauch in Chören. Aufnahme einiger bekannter Taizé-Lieder. Ökumenische Liedtextfassungen (z.B. 262/263, 316/317).

Verschiedene Gottesdienstformen und -strukturen (679 ff.). 3.1 II Verschiedene Gottesdienstformen und -strukturen (679 ff.). „Bausteine für den Gottesdienst“ ermöglichen flexiblen Umgang mit Gottesdienstformularen (683 ff.). Ausgewählte Psalmen zum Singen und Sprechen (731ff.) Umfangreicher Textteil mit Bekenntnissen, Gebeten und Hinweisen zu „Stufen des Lebens“ und Lebensübergängen (803ff.). Liturgischer Kalender gibt Orientierung im Kirchenjahr (910). Rechteverzeichnis (911-913).

3.2 „Kommt, atmet auf“ 2011 vom Gottesdienst-Institut Nürnberg herausgegeben; Ergänzung zum EG durch in der Praxis verbreitete Lieder verschiedenster Frömmigkeitshintergründe; thematisieren oft Glaubensfragen und -praxen abseits der Traditionsgemeinden.

Teilweise mehrstimmig (z.B. Taizé-Lieder); Kaa II Buntes „Allerlei“ aus verschiedensten alten und neuen, bekannten und unbekannten Liedern; Teilweise mehrstimmig (z.B. Taizé-Lieder); Etliche Spirituals (039, 046, 061, 067, 092…) Psalmlieder (07, 010, 016, 018, Liturgische Bausteine (084-116). 05, 030, 044, 051, 052, 63, 079, 081, 096…

3.3 Nutzungsvarianten Melodien tauschen (siehe „Kompatibilitätsliste“ auf Papier); Strophen verschiedener Lieder mit gleicher (oder kompatibler) Melodie mischen; Rubrikenübergreifend suchen: Passen z.B. Strophen von Adventsliedern vielleicht auch am Ewigkeitssonntag? Gemeindegruppen strophenweise abwechseln lassen (182, 515…); Wer‘s kann: strophenweise Halbtonrückungen (z.B. 334).

3.4 Stolperfallen Dämliche Seitenumbrüche; Tonarten manchmal zu hoch (teils aufgrund von Kompromissen mit Posaunenchören); Unkommentierte Melodie- bzw. Aufführungsvarianten (100, 182 + 321, 362); Harmoniebezeichnungen im „Kaa“ passen oft nicht zur notierten Tonart (Erleichterung für Gitarrengriffe ohne Capodaster).

4. Musik im Gottesdienst …ist „funktionale Musik“, dient also zur seelischen Erhebung, Erzeugung von Transzendenz, emotionalem Ausdruck, Textausdeutung und Schaffung von „Phasen der Einkehr“; …bindet Gemeinde aktiv (singen) oder passiv (hörend) mit ein; …ist ein wesentlicher Faktor von Sinnlichkeit im Gottesdienst; …ist bedeutsam hinsichtlich der gottesdienstlichen Zielgruppe (kulturelle Selektion).

5. Zusammenarbeit mit Musiker(inne)n M. haben auch im nebenberuflichen Bereich oft eine jahrelange Ausbildung; ... leiden nicht selten unter jahrhundertelanger Demütigung durch die Kirche; ... können dementsprechend leicht empfindlich reagieren oder fühlen sich leicht angegriffen; …haben nicht selten nicht ganz einfache Persönlichkeiten.

Lösung: Wertschätzung und Kommunikation Achten Sie Ihre Musiker/-innen als ebenbürtige Partner bei der Gottesdienstvorbereitung; Nicht zum „Liednummernempfänger“ oder zur „Musicbox“ degradieren; Frühzeitige Kommunikation: lieber mal zu oft als einmal zu wenig oder zu spät anrufen; Niemals davon ausgehen, dass etwas „selbstverständlich“ ist!

Was Musiker brauchen A&O: rechtzeitige Infos! Funktionierende Instrumente, Orgelschlüssel, ggf. Strom, Licht, Verlängerungskabel, Platz. Vorbereitungszeit (bes. Chor/ Band). Verlässliche Strukturen (ritualisierter oder detailliert ausgearbeiteter Ablauf). Klare Absprachen! Nachsicht bei Fehlern. Für viele Organist(inn)en ist ihre Tätigkeit außer Freude purer Stress!

Absolute „No-gos“ Vorsicht bei Liedern aus dem Pop-Bereich! Kurzfristige Änderungen können in eine Katastrophe führen. „Mal eben einen Ton tiefer nehmen“… „Wir begrüßen den Posaunen- und den Kirchenchor…Die Orgel spielt uns jetzt…“

6. Weitere Tipps für die Praxis Es ist keine Schande, Gottesdienste und Events zu proben (Licht- und Platzverhältnisse, wo können welche Kabel liegen, wer sitzt wo, wer ist zu nahe am oder zu weit vom Mikrofon etc.); Wer muss alles Bescheid wissen (Mesner/ Hausmeister, Musiker, Jugendforum, Kirchenpfleger, Pfarrer…); Sind die Räume überhaupt frei, bes. bei Proben? Vorsicht bei öffentlicher Wiedergabe von Musik außerhalb von Gottesdiensten (Gemeindefest o.ä.): GEMA-Vorgaben beachten!

7. Hilfreiche Literatur und Software http://www.eike-fleer.de/download/kirchenjahresprogramm.zip (offline-Programm; nett und nützlich). https://kirchenjahr.bayern-evangelisch.de/kalender.php (liturgischer Kalender zum Einbinden in gängige Kalender-Software). „Klingendes Gesangbuch“ (instrumentale Vorspiele und Begleitsätze zu den EG-Liedern; CDs mit ausführlichem Booklet).

Notenmaterial „Offizielle Begleitsätze“ zum EG mitsamt Vorspielen (Strube-Verlag); EG mit Harmoniebezeichnungen; Zahlreiche „inoffizielle“ Begleitsätze; Bei Bedarf schauen bei Strube, Bärenreiter und beim Gottesdienst-Institut Nürnberg.

Literatur Endlos (siehe Papierliste)

Und nun viel Freude in der Praxis!

Sie sahen ein „work in progress“ von und mit Dr. Joachim Roller www.joachim-roller.de info@joachim-roller.de