Corporate Governance bei börsennotierten Aktiengesellschaften WS 2016

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Corporate Governance bei börsennotierten Aktiengesellschaften WS 2016 RA MMag. Dr. Stefan Fida, LL.M (LSE)

Überblick über die 5. Einheit I. Haftung des Vorstandes II. Abschlussprüfer und Abschlussprüfung III. Anlassbezogene Publizitätspflichten am Kapitalmarkt

I. Determinanten des Handelns des Vorstands Entscheidungsspielraum Befolgung von „Weisungen“ Pflichtgemäßes Ermessen Zielvorgaben des § 70 Abs 1 AktG Sorgfaltsvorschrift des § 84 Abs 1 AktG Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit

I. Haftung des Vorstandes - Sorgfaltsmaßstab Objektiver Sorgfaltsmaßstab („Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers“ gem § 84 Abs 1 AktG) Rsp stellt auf folgende Kriterien ab: Branche des Unternehmens Größe des Unternehmens Marktposition

I. Haftung des Vorstandes - Schadenersatz Inanspruchnahme nach allgemeinem Schadenersatzrecht Schaden, Kausalität, Rechtswidrigkeit und Verschulden Verletzung des Sorgfaltsmaßstabs → Rechtswidrigkeit des Verhaltens Beweislast AG: Schaden, Kausalität, Tatsachen, von denen auf die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens geschlossen werden kann Vorstandsmitglied: Kein Vorliegen einer rechtswidrigen oder schuldhaften Handlung

I. Haftung des Vorstandes - Ressortverteilung Grundregel: Solidarhaftung aller schuldhaft handelnder Vorstandsmitglieder (§ 84 Abs 2 AktG) Ressortverteilung: Primäre Verantwortung bei zuständigem Vorstandsmitglied Übrige Mitglieder haben angemessene Kontrollpflicht Kein Ausschluss der Haftung

I. Haftung des Vorstandes – Innenhaftung Unterscheidung zwischen Innen- und Außenhaftung Haftung des Vorstands idR nur im Innenverhältnis Beispielhafter Katalog für Haftungsfälle (§ 84 Abs 3 AktG) Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr Zahlung von Zinsen oder Gewinnanteilen an Aktionäre entgegen dem AktG Verteilung von Gesellschaftsvermögen entgegen dem AktG Leistung von Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, sofern diese nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind

I. Haftung des Vorstandes – Innenhaftung Haftungsbefreiung möglich: Neu seit 1.1.2016: § 84 Abs 1a AktG (sogenannte „Business Judgement Rule“) Keine sachfremden Interessen Angemessene Information Zum Wohle der Gesellschaft Vorstandsmitglied agiert aufgrund eines gesetzmäßigen HV-Beschlusses gegenüber der AG (§ 84 Abs 4 AktG) Voraussetzung: umfassende Information der Aktionäre über den Gegenstand die Risiken Keine Haftungsbefreiung: wenn nur der AR und nicht die HV das Handeln billigen

I. Haftung des Vorstandes – Außenhaftung Außenhaftung gegenüber Gläubigern zB bei: Vorsätzlicher Falschinformation (§ 163a StGB) Grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB) Insolvenzverschleppung (§ 69 Abs 2 IO)

I. Haftung des Vorstandes – Ersatzansprüche der Gesellschaftsgläubiger Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Gläubiger der AG Fehlende Befriedigung ihrer Ansprüche durch AG Voraussetzung für die Geltendmachung idR grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz Bei Verletzung einer in § 84 Abs 3 AktG aufgezählten Pflicht ist Inanspruchnahme auch bei leichter Fahrlässigkeit möglich

I. Handeln zum Schaden der Gesellschaft (§ 100 AktG) Besonderer Haftungstatbestand Tatbestandselemente Vorsätzliches Ausnützen des Einflusses auf die AG Bestimmung eines Mitglied des Vorstandes oder AR Zur Erlangung gesellschaftsfremder Sondervorteile Solidarische Haftung des Anstifters mit dem Vorstands- oder AR-Mitglied, das seine Pflichten verletzt Anstifter: jeder, der einen entsprechenden Einfluss auf die AG hat (zB Großaktionäre) Kann auch unmittelbaren Ersatzanspruch der Gesellschaftsgläubiger auslösen Ausnahme: Ausnutzung des Einflusses dient schutzwürdigen Interessen

I. Haftung des Vorstandes – Verjährungsregelungen Frist: 5 Jahre (§ 84 Abs 6 AktG) Beginn der Verjährungsfrist: Kenntnis von Schaden und Schädiger Möglichkeit des Verzichts bzw. Vergleichs zwischen AG und Vorstandsmitglied Zulässigkeit erst nach 5 Jahren nach Entstehung des Anspruchs (§ 84 Abs 4 AktG) Zustimmung der HV notwendig Widerspruchsrecht einer Minderheit von mind. 20% Verzichte oder Vergleiche der AG lassen die Ersatzansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegenüber Vorstandsmitgliedern unberührt (§ 84 Abs 5 AktG)

I. Haftung des Vorstandes – Wirkung der Entlastung HV beschließt jährlich über Entlastung des Vorstands (§ 104 Abs 2 Z 3 AktG) Zwingendes Recht Entlastung ist idR reiner Vertrauensbeweis

I. Haftung des Vorstandes – Fallbeispiel I Da der Vorstand X eher chaotisch veranlagt und überdies durch private Dinge abgelenkt ist, vergisst er, die Kündigung eines nicht mehr benötigten Leasingvertrages. Der AG entsteht dadurch ein Schaden iHv EUR 100.000,-. Kann X von (i) der AG, (ii) von Gläubigern bzw. (iii) von einzelnen Aktionären der AG in Anspruch genommen werden? (vgl Karollus/Huemer/Harrer, Casebook Allgemeines Unternehmens- und Gesellschaftsrecht5, Bsp 290)

I. Haftung des Vorstandes – Fallbeispiel II Das Vorstandsmitglied X tätigt ein risikoreiches Geschäft, welches in der Folge zu hohen Verlusten bei der AG führt. Die Aktionäre sind über den Wertverlust ihrer Aktien entsetzt. Können sie gegen X vorgehen? Können sie gegebenenfalls auch das für ein anderes Ressort zuständige Vorstandsmitglied Y belangen? (vgl Karollus/Huemer/Harrer, Casebook Allgemeines Unternehmens- und Gesellschaftsrecht5, Bsp 383)

I. Haftung des Vorstandes – Fallbeispiel III Das Vorstandsmitglied A hat gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen. Der Aufsichtsrat hat dies gebilligt. Kann der Gläubiger G trotzdem A belangen? Wie ist dies, wenn die Handlung des A auf einem Beschluss der Hauptversammlung beruhte? (vgl Karollus/Huemer/Harrer, Casebook Allgemeines Unternehmens- und Gesellschaftsrecht5, Bsp 385)

II. Abschlussprüfer – Überblick Themen Grundlagen EU-Abschlussprüferreform 2014 Abschlussprüferbestellung Abschlussprüferbestellung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse Unabhängigkeit des Abschlussprüfers Erbringung von Prüfungs- und Nichtprüfungsleistungen Abschlussprüfer-Ersatzbestellung Abschlussprüfer-Notbestellung Abberufung des Abschlussprüfers Berichtspflichten des Abschlussprüfers Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht Jahresfinanzbericht bei börsennotierten Gesellschaften

II. Abschlussprüfer – Grundlagen I Abschlussprüfer prüft den Jahresabschluss und den Lagebericht von Kapitalgesellschaften (§ 268 Abs 1 UGB) Abschlussprüfung erfolgt durch Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Inhalt der Prüfung des Abschlussprüfers Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Einhaltung von Gesetz und Satzung (§ 269 Abs 1 UGB) Sonstige Tätigkeiten von Wirtschaftsprüfern – Nichtprüfungsleistungen, zB Steuerliche Beratung Bewertungsleistungen (zB Kreditwürdigkeit) Abschlussprüfer spielt bedeutende Rolle im aktienrechtlichen Überwachungssystem. Korrekt erstellter Jahresabschluss dient… … der Kontrolle des Unternehmens durch der Aktionäre, Gläubiger der Gesellschaft und der Öffentlichkeit … als Bemessungsgrundlage für die Auszahlung der Dividenden … der Information des Aufsichtsrats zur Unterstützung seiner Überwachungsfunktion

II. Grundlagen II – Einzel- vs. Konzernabschluss Einzelabschluss: Alle AG Konzernabschluss: „Konzern“

II. EU-Abschlussprüfungsreform 2014 I Abschlussprüfer-RL 56/2014/EU, im Folgenden AP-RL In nationales Recht umzusetzen bis 17.06.2016 Abschlussprüfer-VO 537/2014/EU über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public- interest entities, PIE), im Folgenden AP-VO Inkrafttreten mit 17.06.2016 Reformziele Qualität der Abschlussprüfung heben, Anforderungen an Prüfer klarer und vorhersehbarer gestalten Unabhängigkeit der Abschlussprüfer gewährleisten, Prüferauswahl erweitern und Prüferwechsel erleichtern Prüfungsstandards europaweit harmonisieren Information der Anleger verbessern, Anlegerschutz fördern Interessenkonflikte bei Erbringung von Nichtprüfungsleistungen verhindern Änderungen im nationalen Recht durch das Abschlussprüfungsrechts- Änderungsgesetz 2016 (APRÄG 2016) umgesetzt

II. EU-Abschlussprüfungsreform 2014 II Änderungen durch die Abschlussprüfer-RL 56/2014/EU Besondere Anforderungen an Bestätigungsvermerk Klarstellung der Reichweite der Abschlussprüfung Erweiterte Pflichten des Prüfungsausschusses Änderungen durch die Abschlussprüfer-VO 537/2014/EU Externe Rotationspflicht – Begrenzung der Höchstlaufzeiten der Prüfungsmandate Zusätzliche Beschränkungen bei der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch Abschlussprüfer Zusätzlicher Bericht an Prüfungsausschuss (enthält ua Informationen hinsichtlich erbrachter Nichtprüfungsleistungen)

II. Abschlussprüfer – Bestellung bei Nicht-PIEs I Wahl des Abschlussprüfers Vor Ablauf eines Geschäftsjahres Bestellung nach hM für mehr als ein Jahr unzulässig Erstattung eines Wahlvorschlags durch den Aufsichtsrat (AR) Exklusive (Überwachungs-)Kompetenz des AR, Geschäftsführung soll keinen Einfluss auf Bestellung haben Vorschlag des AR bindet die HV nicht (§ 119 Abs 1 AktG) Wahl des Abschlussprüfers durch die Aktionäre in HV (§ 270 Abs 1 UGB) Einfache Mehrheit als Beschlusserfordernis Bei Konzernabschlussprüfung: Wahl durch Aktionäre des Mutterunternehmens Vertretung der AG gegenüber dem Abschlussprüfer Gesamt-AR Dazu ermächtigter Ausschuss Dazu ermächtigter AR-Vorsitzende

II. Abschlussprüfer – Bestellung bei Nicht-PIEs II Unverzüglich nach der Wahl Vertragsabschluss über die Durchführung der Abschlussprüfung Vereinbarung des Entgelts Einzuhaltende Grundsätze Bei Durchführung einer (Konzern-)Abschlussprüfung hat der AR festzulegen, dass diese nach internationalen Prüfungsgrundsätzen (ISAs) zu erfolgen hat (C-Regel 77 ÖCGK) Das Entgelt hat in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des (Konzern-) Abschlussprüfers und dem voraussichtlichen Prüfungsumfang zu stehen Prüfungsvertrag und Entgelthöhe dürfen an keine Voraussetzungen geknüpft werden und nicht davon abhängen, ob der (Konzern-)Abschlussprüfer zusätzliche Leistungen für die AG erbringt (L-Regel 81 ÖCGK)

II. Abschlussprüfer – Bestellung bei PIEs I Unternehmen von öffentlichem Interesse, Definition (§ 189a Abs 1 UGB, Art 2 Abs 13 AP-RL) Unternehmen, deren übertragbare Wertpapiere auf einem geregelten Markt zugelassen sind  börsennotierte Unternehmen Kreditinstitute Versicherungsunternehmen Einladung geeigneter Abschlussprüfer (Art 16 Abs 3 lit a AP-VO) Beliebige Abschlussprüfer können eingeladen werden Kein Ausschluss kleinerer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die im vorausgegangenen Kalenderjahr weniger als 15 % der von Unternehmen von öffentlichem Interesse gezahlten Gesamthonorare erhalten haben  Erstellung der Ausschreibungsunterlagen (Art 16 Abs 3 lit b AP-VO) Transparent und diskriminierungsfrei Auswahlkriterien zB Prüfungsansatz, Kompetenz, Branchenkenntnis, geografische Abdeckung, Honorar

II. Abschlussprüfer – Bestellung bei PIEs II Freie Gestaltung des Auswahlverfahrens (Art 16 Abs 3 lit a AP-VO) Keine öffentliche Ausschreibung iSd VergG 2006 notwendig Beauty contest und bei größerer Bewerberzahl short listing Evaluation (Art 16 Abs 3 lit f AP-VO) Anhand der Kriterien aus den Ausschreibungsunterlagen Empfehlung des Prüfungsausschusses an den AR Vorschlag des Gesamt-AR an die HV und Beschlussfassung Abschluss des Prüfungsvertrages durch AR Nachweis der ordnungsgemäßen Auswahl muss an der (neu geschaffenen) Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) erbracht werden können (Art 16 Abs 3 lit f AP-VO)

II. Abschlussprüfer – Bestellung bei PIEs III Bestellungsdauer 1 Jahr Wiederbestellung zulässig Höchstdauer 20 Jahre (wenn nach 10 Jahren durch neue Vergabe selbe Prüfungsgesellschaft bestellt wird) Wiederbestellung Innerhalb von 10 Jahren (Grundrotationszeit) zulässig Ausschreibungspflicht Bei Wechsel des Abschlussprüfers Bei Verlängerung der Höchstlaufzeit desselben Mandats (über 10 Jahre hinaus)

II. Unabhängigkeit des Abschlussprüfers I Prüfung, ob Ausschluss- oder Befangenheitsgründe (§ 271 f UGB) vorliegen (L-Regel 78 ÖCGK) Ausgeschlossen, wenn Wirtschaftsprüfer zB an der Aufstellung des Jahresabschlusses mitgewirkt hat Befangen, wenn zB ein Wirtschaftsprüfer eine leitende Funktion im Unternehmen ausübt Bei fünffach großen Gesellschaften (über EUR 100 Mio. Bilanzsumme und über EUR 40 Mio. Umsatzerlös) befangen, wenn der WP zB im zu prüfenden Geschäftsjahr Rechts- und Steuerberatungsleistungen erbracht hat Prüfung von Befangenheit und Ausgeschlossenheit im Rahmen eines gerichtlichen Enthebungsverfahrens Rechtsfolgen bei Ausgeschlossenheit des Prüfers oder bei Befangenheit (§ 271 Abs 6, § 275 Abs 2 UGB) kein Vergütungsanspruch des Abschlussprüfers, der Ausgeschlossenheit kennen musste oder Befangenheit grob fahrlässig nicht erkannt hat keine Beschränkung seiner Haftung im Fall der groben Fahrlässigkeit

II. Unabhängigkeit des Abschlussprüfers II Zahlreiche zusätzliche Regelungen im ÖCGK und im UGB Überblick: Sperrfrist von 2 Jahren nach Zeichnung des Bestätigungsvermerks zur Ausübung von Organfunktionen bzw. leitenden Stellungen in AG (§ 271c UGB, L-Regel 78 ÖCGK) Prüfungsausschuss hat die Unabhängigkeit des (Konzern-) Abschlussprüfers zu überwachen (§ 92 Abs 4a Z 4 lit d AktG, L-Regel 78 ÖCGK) Abschlussprüfer hat vor der Erstattung des Vorschlags und der Wahl einen umfassenden schriftlichen Bericht in Bezug auf seine Unabhängigkeit vorzulegen (§ 270 Abs 1a UGB, L-Regel 80 ÖCGK) Abschlussprüfer hat den AR-Vorsitzenden und den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unverzüglich über alle Umstände zu informieren, die seine Ausgeschlossenheit oder Befangenheit begründen könnten (L-Regel 79 ÖCGK) Bericht an den Prüfungsausschuss über Schutzmaßnahmen, die getroffen sind, um eine unabhängige und unbefangene Prüfung sicherzustellen (L-Regel 79 ÖCGK)

II. Erbringung von Nichtprüfungsleistungen an PIEs Verbot dient der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, Vermeidung von Interessenkonflikten Richtigkeit des geprüften PIE-Jahres- bzw Konzernabschlusses Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen (Art 5 AP-VO), umfasst Nichtprüfungsleistungen an PIE dessen Mutter- und Tochtergesellschaften Verbotene Nichtprüfungsleistungen (Art 5 Abs 1 UAbs 1 AP-VO), zB Steuerberatungsleistungen Lohn- und Gehaltsabrechnung Juristische Beratung Bewertungsleistungen Ausnahme § 271a Abs 6 UGB für Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen, dürfen erbracht werden, wenn sie keine direkten oder nur unwesentliche Auswirkungen auf Jahresabschluss haben der Prüfungsausschuss sie genehmigt der Abschlussprüfer Nichtprüfungsleistungen im zusätzlichen Bericht an Prüfungsausschuss erläutert

II. Erbringung von Nichtprüfungsleistungen – Beispiele Bsp 1: Abschluss des PIEs wird geprüft. Darf der WP eine Steuerberatungsleistung an die D-AG erbringen? Bsp 2: Abschluss der B-AG wird geprüft. Darf der WP eine Steuerberatungsleistung an das PIE erbringen? A-AG B-AG PIE C-AG D-AG Antworten: Bsp 1: Ja, unter den Voraussetzungen des § 271a Abs 6 UGB, Genehmigung durch PA etc Bsp 2: PIE ist Schwestergesellschaft des geprüften Unternehmens. Steuerberatungsleistung darf erbracht werden. Keine Gefährdung der Unabhängigkeit des AP bei der Abschlussprüfung des Nicht-PIE-Unternehmens.

II. Abschlussprüfer – Gerichtliche Ersatzbestellung Das FB-Gericht hat auf Antrag einen anderen als den gewählten Prüfer zu bestellen (§ 270 Abs 3 UGB) Voraussetzung: wichtiger Grund (zB Befangenheit oder Ausgeschlossenheit) Antragsberechtigte Gesetzliche Vertreter Aufsichtsrat Gesellschafter, deren Anteile zusammen 5 % der Stimmrechte (Neuregelung durch APRÄG 2016) oder des Nennkapitals erreichen der Abschlussprüferaufsichtsbehörde (Neuregelung durch APRÄG 2016), Unterliegt die Gesellschaft einer staatlichen Aufsicht, auch diese Behörde Gesellschafter, deren Anteile den anteiligen Betrag von EUR 350.000,- erreichen → Gesellschafter haben den Anspruch nur, wenn sie gegen die Wahl des Abschlussprüfers bei der Beschlussfassung Widerspruch erklärt haben Frist: binnen 1 Monat nach dem Tag der Wahl des Abschlussprüfers, längstens bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks

II. Abschlussprüfer – Gerichtliche Notbestellung Bei Fehlen eines Abschlussprüfers kann das Gericht eine Notbestellung vornehmen Voraussetzungen einer gerichtlichen Bestellung (§ 270 Abs 4 UGB) Abschlussprüfer wurde nicht rechtzeitig gewählt Abschlussprüfer hat den Prüfauftrag nicht angenommen und ein anderer Prüfer wurde nicht gewählt Abschlussprüfer ist am rechtzeitigen Abschluss verhindert und ein anderer Prüfer wurde nicht gewählt Antragsberechtigte Vorstand Zwei AR-Mitglieder Jeder Gesellschafter Vor der gerichtlichen Bestellung kann die Hauptversammlung eine Bestellung nachholen

II. Abschlussprüfer – Abberufung Beendigung durch die zu prüfende AG Keine Kündigung des Prüfungsvertrags von Seiten der AG möglich Nur Enthebung nach einem gerichtlichen Verfahren gem § 270 Abs 3 UGB auf Initiative der AG kommt in Betracht Kündigung des Prüfungsauftrages durch Abschlussprüfer Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich Schriftform und Begründung erforderlich Pflicht über bisherige Prüfung zu berichten (§ 270 Abs 7 UGB) Unverzügliche Bestellung eines neuen Abschlussprüfer Einvernehmliche Auflösung Nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig

II. Berichtspflichten des Abschlussprüfers Berichtspflichten des Abschlussprüfers (L-Regel 82 ÖCGK) in Form des gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungsberichts in Form der Berichterstattung im Rahmen der Redepflicht des (Konzern-)Abschlussprüfers durch den Bericht an den Prüfungsausschuss

II. Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht I Feststellung des Jahresabschlusses ohne die erforderliche Prüfung ist nichtig (§ 202 Abs 1 Z 4 AktG) Alle Mitglieder des Vorstandes müssen Jahresabschluss, Lagebericht, gegebenenfalls Konzernabschluss und Konzernlagebericht sowie Corporate Governance-Bericht unterzeichnen (§ 222 Abs 1 UGB) Fehlende Unterzeichnung berührt die Gültigkeit des Jahresabschlusses nicht

II. Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht II Nach Abschluss der Konzernabschlussprüfung hat der Vorstand dem AR eine Aufstellung vorzulegen (C-Regel 82a ÖCGK), aus der die gesamten Aufwendungen für die Prüfungen in sämtlichen Konzerngesellschaften ersichtlich sind Bericht des Abschlussprüfers über die Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Risikomanagements auf Grundlage der vorgelegten Dokumente und der zur Verfügung gestellten Unterlagen (C-Regel 83 ÖCGK) Bericht an den Vorstand Bericht an den AR-Vorsitzenden, der dafür zu sorgen hat, dass der Bericht im Prüfungsausschuss behandelt und im AR darüber berichtet wird

II. Aufstellung, Prüfung und Veröffentlichung des II. Aufstellung, Prüfung und Veröffentlichung des Jahresfinanzberichts bei börsennotierten Gesellschaften 31.12.15 30.04.16 Stichtag Veröffentlichung des Jahresfinanzberichts Aufstellung Prüfung 4-Monats-Frist (§ 82 Abs 4 BörseG) Jahresfinanzbericht umfasst Geprüften Jahresabschluss Lagebericht Erklärung der gesetzlichen Vertreter

III. Anlassbezogene Publizitätspflichten am Kapitalmarkt Publizität = Offenlegung unternehmensbezogener Daten Sicherstellung ausreichender Information für Anlageentscheidung „Anlassbezogene Publizität“ Ad-hoc-Meldungen (Art 17 Marktmissbrauchsverordnung) Directors` Dealing Meldungen (Art 19 Marktmissbrauchsverordnung) Meldung von Stimmrechtsanteilen (§ 91 BörseG)

III. Ad-hoc Publizität I Insider-Information kann auch ohne Organbeschluss vorliegen Insider-Information muss Emittenten unmittelbar betreffen Unverzügliche Veröffentlichung = ohne schuldhaftes Zögern (unabhängig von den Börsenhandelszeiten) Vorabinformation von FMA und Wiener Börse Möglichkeit des Aufschubes der Bekanntgabe einer Insider-Information: Voraussetzungen (kumulativ): Bekanntgabe könnte den berechtigten Interessen des Emittenten schaden Unterlassung ist nicht geeignet, die Öffentlichkeit irrezuführen Emittent ist in der Lage, die Geheimhaltung zu gewährleisten Inanspruchnahme des Aufschubs setzt Beschluss des Emittenten voraus FMA ist nach Offenlegung/Veröffentlichung (dh. nachträglich) über den Aufschub zu informieren Maßnahmen für eine unmittelbare Veröffentlichung sind vorzubereiten

III. Ad-hoc Publizität II Beispiele: Bestellung eines neuen Vorstandsvorsitzenden? Bestellung eines neuen einfachen Vorstandsmitglieds? Vorzeitiger Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden? Beginn einer forensischen Untersuchung über einen „verdächtigen“ Geschäftsvorfall? Einleitung eines Verfahrens zur Überprüfung des Jahresabschlusses durch die FMA?

III. Ad-hoc Publizität III – Beispiele aus der Praxis Lufthansa beabsichtigt Übernahme der Austrian Airlines (05.12.2008) FACC AG: Opfer von cyperkriminellen Aktivitäten (19.01.2016) Oberbank AG: Änderung im Vorsitz des Aufsichtsrats per 18. Mai 2016 (18.04.2016) (unterlassene) Ad-hoc Meldung von Verbund über Memorandum of Understanding (MoU) mit Energiekonzern E.On (vgl BvWG W148 2014668-1)

III. Ad-hoc Publizität IV – Fallbeispiel Der Vorstand V der börsennotierten AG stellt während der Sanierungsphase der AG fest, dass infolge eines Wegfalls von Lieferantenkrediten ein zusätzlicher Liquiditätsbedarf entstanden ist, der durch die von den Banken eingeräumten Kreditlinien nicht mehr gedeckt ist. Um die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nicht noch mehr zu gefährden und im Hinblick darauf, dass die Aktien offenbar nur noch von Spekulanten gehandelt werden, unterlässt der Vorstand V eine Ad-hoc-Meldung. Wie ist das Vorgehen von V zu bewerten?

III. Ad-hoc Publizität IV – Fallbeispiel (fortgesetzt) Im Hinblick auf die Unternehmenssituation verhandelt der Vorstand V mit den Banken über die Fortsetzung der Kreditlinie. Die Banken machen die Fortsetzung der Kreditlinie davon abhängig, dass das derzeitige Kreditobligo auf einer unbelasteten Liegenschaft hypothekarisch sichergestellt wird. Dies wird in der Folge umgesetzt. Besteht ein Haftungsrisiko für V?

III. Director‘s Dealings I Führungskräfte müssen Transaktionen in Wertpapieren des Emittenten, bei dem sie Führungsaufgaben wahrnehmen, melden (Art 19 Abs 1 Marktmissbrauchsverordnung; § 48d Abs 1 Z 4 BörseG) Zwecke Markttransparenz und – integrität Prävention von Missbrauch von Insider-Informationen Meldepflichtige Personen Führungskräfte in enger Beziehung zu Führungskräften stehende natürliche/juristische Personen Meldepflichtige Finanzinstrumente Durch Marktmissbrauchsverordnung: Meldepflicht für weiteres Spektrum an Geschäften in Bezug auf Emittenten: (ua) Anteile oder Schuldtitel des Emittenten oder damit verbundene Derivate weiters (ua) Meldung von Geschäften mit Emissionszertifikaten

III. Director‘s Dealings II Schwellenwert: Die Meldepflicht entsteht erst, wenn innerhalb eines Kalenderjahres ein Gesamtvolumen von EUR 5.000,- erreicht wurde (wobei dieser Schwellenwert eine Addition der Finanzinstrumente sämtlicher Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen sowie in enger Beziehung zu ihnen stehenden Personen ohne Netting darstellt) Meldung an die FMA: innerhalb von 3 Geschäftstagen nach Vertragsabschluss

III. Beteiligungspublizität (§§ 91 ff BörseG) I Grundtatbestand Erreichen, Über- oder Unterschreiten der Meldeschwellen löst eine Meldepflicht gegenüber dem Emittenten, der FMA und der Wiener Börse aus Zweck: Erhöhung des Vertrauens der Anleger durch Transparenz über Beteiligungsverhältnisse Meldeschwellen 4, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 35, 40, 45, 50, 75, 90% der stimmberechtigten Aktien Schwelle von 3% kann in der Satzung festgelegt werden Adressaten der Meldepflicht: insbesondere Aktionäre Meldung muss innerhalb von 2 Handelstagen ab Beteiligungserwerb erfolgen Emittent muss Mitteilung veröffentlichen

III. Beteiligungspublizität II § 92 BörseG: Erweiterung der Meldepflicht um Konstellationen, in denen jemand Einfluss auf fremde Aktien ausüben kann Verschiedene Zurechnungstatbestände in § 92 angeführt Generalklausel in § 92 Z 5 BörseG: Meldepflicht von Personen, die Stimmrechte ausüben können, ohne Eigentümer zu sein Zurechnungstatbestand nach § 92 Z 7 BörseG: Gemeinsames Vorgehen iS des § 1 Z 6 ÜbG § 91a BörseG: Erweiterung der Meldepflicht auf Finanzinstrumente (v.a. Optionen) Meldepflicht wird bereits durch Verpflichtungsgeschäft ausgelöst Grundsatz der Mehrfachzurechnung

III. Beteiligungspublizität III Praxisbeispiel 1: Aktionär T erwirbt über die Börse mehr als 5% am Emittenten AMAG. Wer hat wem was zu melden?

III. Beteiligungspublizität IV Praxisbeispiel 2: Aktionär A kauft von Aktionär B am 5.10. 19,1% Wienerberger-Aktien. Am 8.10. schließen Aktionär A und Aktionär C, der 16% an Wienerberger hält, einen Syndikatsvertrag mit folgendem Inhalt ab: A und C beabsichtigen in Zukunft die Wienerberger gemeinsam industriell zu führen vor der nächsten HV sollen A und C jeweils 3 AR-Kandidaten nominieren A und C sollen in der nächsten HV gemeinsam für die nominierten Kandidaten stimmen Wer hat wem was zu melden?