Synästhesie Ein Vortrag im Rahmen der Veranstaltung

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 Präsentation transkript:

Synästhesie Ein Vortrag im Rahmen der Veranstaltung „Die Welt im Gehirn – Einführung in die kognitive Neurobiologie“ Von Charlotte Klein & Heike Tammen am 07.02.2008

Der Begriff der Synästhesie Die unterschiedlichen Ausprägungen Inhalt Der Begriff der Synästhesie Die unterschiedlichen Ausprägungen Verschiedene Nachweismethoden (Test-Retest, Pop-out, Stroop-Interferenz) Lokalisierung der beteiligten Gehirnstrukturen Erklärungsansätze - Hypothesen Charlotte Klein und Heike Tammen

Der Begriff der Synästhesie: Herkunft und Definition Begriff stammt aus dem Griechischen: „syn“ = „zusammen“ oder „gleichzeitig“ „aesthesis“ = „Empfinden“ Synästhesie ist ein Phänomen, bei dem ansonsten normale Menschen die Vermischung zweier oder mehrerer Sinne erleben Charlotte Klein und Heike Tammen

Der Begriff der Synästhesie: Häufigkeit und Verteilung nach großangelegter Studie (J. Simner) 1 von 20 durch alle Formen der Synästhesie bei Graphem-Farb-Synästhesie 1 von 100 Mehrheit (bisher) Frauen sehr wahrscheinlich genetisch bedingt, da vermehrtes Auftreten in einer Familie Vermutung, dass es X-chromosomal vererbt wird aber: Begabung überspringt Generationen Charlotte Klein und Heike Tammen

Die unterschiedlichen Ausprägungen: Ein Erfahrungsbericht „Ich erinnere mich noch gut an ein Erlebnis, als ich zwei Jahre alt war. Mein Vater stand auf einer Leiter und strich eine Mauer. Die frische Farbe roch blau, aber die Wand wurde weiß. Ich denke immer wieder an diesen Tag und frage mich, warum die Farbe weiß war, während sie doch einen blauen Geruch verströmte.“ Charlotte Klein und Heike Tammen

Die unterschiedlichen Ausprägungen Farbwahrnehmung bei Klängen, gelesenen oder gehörten Buchstaben und Zahlen oder ganzen Wörtern, taktilen Empfindungen, olfaktorischen Reizen, Geschmack Geruchswahrnehmung bei Farben, Worten Formwahrnehmung bei Geschmack, Geruch uvm. Charlotte Klein und Heike Tammen

Die unterschiedlichen Ausprägungen bekannteste und am intensivsten untersuchte Form: Graphem-Farb-Synästhesie, bei der das Anschauen von Buchstaben oder Zahlen die Wahrnehmung einer Farbe auslöst Abb.1: aus www.farbimpulse.de Charlotte Klein und Heike Tammen

Verschiedene Nachweismethoden: Pop-out-Test (Ramachandran & Hubbard, 2003) Abb.2: aus www.bbc.co.uk, 2008 Charlotte Klein und Heike Tammen

Pop-out-Test (aus der Sicht eines Graphem-Farb-Synästhetikers) für Synästhetiker ist das farbige Zahlendreieck sofort sichtbar, da es aus dem andersfarbigen Hintergrund heraussticht Abb.3: aus www.bbc.co.uk, 2008 Charlotte Klein und Heike Tammen

Verschiedene Nachweismethoden: Test-Retest (Baron-Cohen et al., 1993) bewies damit, dass Synästhetiker zuverlässig immer dieselben Wörter und Farben miteinander verknüpfen => diese und andere Tests zeigen, dass Synästhesie ein reales Phänomen des menschlichen Bewusstseins ist Charlotte Klein und Heike Tammen

Verschiedene Nachweismethoden: Stroop-Interferenz-Test für Nicht-Synästhetiker (Dixon et al., 2000) Abb.4: aus www.neander-regiert.de, 2008 Charlotte Klein und Heike Tammen

=> das Lesen des Wortes ist automatisch Verschiedene Nachweismethoden: Stroop-Interferenz-Test für Nicht-Synästhetiker (Dixon et al., 2000) Ergebnis: Antworten (Nennen der Druckfarbe) sind im inkongruenten Fall viel langsamer als im kongruenten => das Lesen des Wortes ist automatisch Charlotte Klein und Heike Tammen

Verschiedene Nachweismethoden: Stroop-Interferenz-Test für Synästhetiker (Dixon et al., 2000) Zahlen oder Buchstaben werden entweder kongruent oder inkongruent zum individuellen synästhetischen Empfinden des Probanden dargestellt Ergebnis: Antworten sind im inkongruenten Fall langsamer als im kongruenten => synästhetische Farben werden automatisch empfunden, können nicht kontrolliert werden Charlotte Klein und Heike Tammen

Lokalisierung der zuständigen Gehirnstrukturen Messung der Hirnaktivität von Synästhetikern mittels Positronen-Emissionstomographie (PET; Paulesu et al., 1995), während ihnen Wörter vorgesprochen wurden Ergebnis: aktivierte Sehrinde, und zwar die Assoziationsregionen des visuellen Systems bei Nicht-Synästhetikern keine Aktivierung Charlotte Klein und Heike Tammen

Lokalisierung der zuständigen Gehirnstrukturen ähnliche Untersuchung mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT; Gray et al., 2002) Probanden hörten Reihe von Wörtern und sinnlosen Lauten Vergleich der dabei gemessenen Hirnaktivität mit Aktivierung des Gehirns durch reale Farben Ergebnis: Wörter mobilisierten bei Synästhetikern das visuelle System, bei Vergleichsgruppe aus Nicht-Synästhetikern nicht Charlotte Klein und Heike Tammen

Lokalisierung der zuständigen Gehirnstrukturen aktiviertes Areal: V4-Region in der fusiformen Windung des Schläfenlappens, die u.a. für die Analyse von Farben zuständig ist Abb.5: aus Scientific American, Ramachandran & Hubbard, 2003 Charlotte Klein und Heike Tammen

Lokalisierung der zuständigen Gehirnstrukturen Abb.6: aus Spektrum der Wissenschaft – Spezial: Bewusstsein Charlotte Klein und Heike Tammen

Erklärungsansätze - Hypothesen Ursache assoziatives Lernen? Experiment zur Überprüfung: Training mit Nicht-Synästhetikern, Assoziationen zwischen Wörtern und Farben herzustellen (Gray et al., 2002) Ergebnis: mit fMRT gemessene Aktivität der Hörrinde und andere Sprachregionen, aber nicht der V4/V8-Region Fazit: Synästhesie nicht durch assoziatives Lernen bedingt Charlotte Klein und Heike Tammen

Erklärungsansätze – Hypothesen (Ramachandran & Hubbard, 2003) mögliche physische Quervernetzung von sensorisch-verarbeitenden Hirnregionen z.B. findet Zahlenerkennung ebenfalls in einer Region in der fusiformen Windung im Schläfenlappen statt weil beide, Farben und Zahlen, zunächst in der fusiformen Windung verarbeitet werden, wird eine Quervernetzung zwischen V4 und der Zahlenerkennungsregion vermutet andere Formen der Synästhesie gehen evtl. auf ähnliche Quervernetzung zurück z.B. liegt das Hörzentrum im Schläfenlappen nahe der höheren Hirnregion (im TPO), die Farbsignale von V4 erhält, was die Ton-Farb-Synästhesie erklärt Charlotte Klein und Heike Tammen

Erklärungsansätze – Hypothesen (Ramachandran & Hubbard, 2003) Quervernetzung vermutlich auf Mutation zurückzuführen: Entstehung von Verbindungen zwischen Hirnregionen, die normalerweise voneinander getrennt sind defekte Eliminierung von Verbindungen, die normalerweise während der Gehirnentwicklung wieder beseitigt werden Charlotte Klein und Heike Tammen

Erklärungsansätze – Hypothesen (Ramachandran & Hubbard, 2003) möglich ist auch ein gestörtes Gleichgewicht von Molekülen, die zwischen verschiedenen Hirnregionen diffundieren benachbarte Regionen hemmen oft die Aktivität der jeweils anderen eine solche Hemmung könnte gestört sein, z.B. durch Blockierung der Wirkung eines inhibitorischen Transmitters oder fehlerhafte Produktion eines Inhibitors => Aktivität in einer Region würde Aktivität in einer Benachbarten auslösen Charlotte Klein und Heike Tammen

Erklärungsansätze – Hypothesen (Ramachandran & Hubbard, 2003) eine physische Quervernetzung zwischen sensorisch-verarbeitenden Hirnregionen und ein Ungleichgewicht von zwischen solchen Regionen diffundierenden Molekülen sind zwei wahrscheinliche Mechanismen möglicherweise liegen den zahlreichen Ausprägungen der Synästhesie aber ebenso viele Mechanismen zugrunde, die es zu erforschen gilt es bleiben viele offene Fragen, die auf Antworten warten Charlotte Klein und Heike Tammen

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und schöne Semesterferien! Charlotte Klein und Heike Tammen