Lars Stark; 1. März 2016; l.stark@arud.ch Medikamentöse Behandlungsoptionen bei Patienten mit einer Suchterkrankung Teil II Medikamenten- und Opioidabhängigkeit.

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 Präsentation transkript:

Lars Stark; 1. März 2016; l.stark@arud.ch Medikamentöse Behandlungsoptionen bei Patienten mit einer Suchterkrankung Teil II Medikamenten- und Opioidabhängigkeit Lars Stark; 1. März 2016; l.stark@arud.ch

Arud Zentren für Suchtmedizin Sämtliche Drogen Kokain – Alkohol – Heroin – Cannabis – Medikamente – Designerdrogen – Tabak – Mischkonsum Konsumierende aus einer Hand: Information, Beratung, Abklärung, Behandlung ambulante Therapien: Einzel-, Familien-, Gruppentherapien psychiatrische Behandlungen medizinische Behandlungen Sozialarbeit Kooperationsangebote Checkpoint Zürich, Drogeninformationszentrum Zürich, Beratungsstelle für Angehörige Fachleute ÄrztInnen, PsychologInnen, Sozialdienste, Beratungen, Justiz, usw Angehörige, Umfeld Arbeitgeber Personalverant-wortliche, Vorgesetzte Kernaussagen: Wir sind da für: Personen mit problematischem Substanz-Konsum ("Patienten", "Klienten") – Substanzen, substanzspezifische Therapie: Gesamtes Spektrum der legalen und illegalen psychoaktiven Substanzen, also Kokain – Cannabis – Designerdrogen – Heroin: Substitution mit Methadon, Buprenorphin, Morphin, Heroin – Alkohol – Medikamente – Tabak – Mischkonsum Angebot, alles "aus einer Hand" bei Bedarf ausführen, z.B. Substitutionsgestützte Behandlungen – ambulanter (Teil-)Entzug - Konsumreduktion – kontrollierter Konsum – abstinenzerhaltende Behandlung Psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung für alle Formen psychischer Problemstellungen – Somatik mit hausärztlichem und infektiologischem Schwerpunkt – HIV- und Hepatitis-Sprechstunden – Sozialarbeit mit Schwerpunkt Einzelfallarbeit) Kooperations-Angebote: "Checkpoint Zürich" (Tests, Beratung und Behandlung für schwule Männer, mit Zürcher Aids-Hilfe), "DIZ" (Drogentests und Beratung – mit Streetwork Sozialdepartement Stadt Zürich), "ada-zh" (Beratungsstelle für Angehörige, mit Angehörigenvereinigung ada) Zielgruppen: Konsumierende – Angehörige und weitere Personen im sozialen Umfeld – Fachleute (Beispiele anführen!) – Arbeitgeber und Unternehmen www.arud.ch  058 360 50 00 2

Inhalt Behandlungsansätze Benzodiazepine Einführung Ansätze bei Abhängigkeit Substitution Opioidabhängigkeit Substitutionsmittel Off-Lable-Substanzen Schmerzmittelabhängigkeit Schmerzmittel und iatrogene Opioidabhängigkeit

Benzodiazepine: Therapieprinzipien Wirkungssprktrum Benzodiazepine Anxiolytisch: Angst, Erregungszustände Hypnotisch/sedierend: Schlafstörung Muskelrelaxierend: Spasmen, motorische Spannungen Antikonvulsiv: Epileptische Ereignisse, Alkoholentzug Amnestisch: Prämedikation Operation Wirkung ist schnell, zuverlässig, gute Verträglichkeit, grosse therapeutische Breite

Toleranzentwicklung Eine Dosissteigerung zur Wirkungserhaltung ist notwendig. Eine Toleranzentwicklung ist bekannt gegenüber den Wirkungen: sedierend > myorelaxierend > antikonvulsiv Bei der Anxiolyse tritt selten eine Toleranzentwicklung auf. Royal Collage of Psychiatrists: Verordnung nur auf kurzfristigen Gebrauch empfohlen (2-4 Wochen) USA: Nur bei Sedation Vorsicht geboten

Kreuztoleranz Bei längerem Alkoholkonsum sind zur wirksamen Anxiolyse und/oder Sedierung höhere Dosen eines Benzodiazepins notwendig. Eine Kreuztoleranz wird auch bei anderen Substanzen vermutet: GHB, GBL, „3Z“ (Zolpidem/Stilnox, Zopiclon/Imovane, Zaleplon/Sonata), Opioide, Baclofen (Lioresal).

Abhängigkeit Epidemiologische Daten kontrovers (Selection Bias) Risiko einer Abhängigkeit erhöht bei längerer Behandlung hoher Dosis kurz wirksamen Substanzen Absetz- und Entzugssymptomen: Nach 4-monatiger Behandlung in therap. Dosis damit zu rechnen. Bereits nach 4 Wochen möglich (individuell)

Low-Dose-Abhängigkeit (therapeutic-dose-dependency): Langzeitbehandlung zu therapeutischer Dosis, ohne Dosissteigerung High-Dose-Abhängigkeit: Mehrfaches der Maximaldosis Gefährdete Patientengruppen: Alkohol- und Drogenabhängigkeit chronische körperliche Krankheiten (Schmerzen) Persönlichkeitsstörungen Schlafstörungen

Eisberg-Phänomen Sichtbare Probleme Nicht stark Beeinträchtigende

Benzodiazepine prescribing to the Swiss adult population: Results from a national survey of community pharmacies (Petitjean et al. 2007) Ziel der Studie: Prävalenz von Benzodiazepingebrauch in der Schweiz Verschreibungen von 520 000 Patienten während 6 Monaten untersucht 9,1 % mindestens 1 Benzo-Verschreibung in 6 Monaten Davon 44% Einzelverschreibung für kurze Zeit, niedrig/normal dosiert; 56% Langzeitverschreibung; 1,6% in sehr hoher Dosis

Entzugssymptomatik Reboundsyndrom: Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit bis einige Tage Rückfallsyndrom: wiederkehrende Angstsymptomatik längere Zeit anhaltend Eigentliches Entzugssymptom: Symptome, die vor Verordnung nicht vorhanden waren Beginn 2-10 Tage nach Absetzen Dauer 5-15 Tage Protrahierte Verläufe: bis 6 Monate

Leichte Entzugssymptome Angst, innere Unruhe Schwitzen Kopfschmerzen Tremor Muskelverspannungen Schlaflosigkeit Übelkeit, Erbrechen Reizbarkeit, Irritabilität

Schwere Entzugssymptome Verwirrtheit Depersonalisation Psychose/Delir Ängste/Depressivität Epileptische Ereignisse Faszikulationen Reizüberempfindlichkeit (Geräusche, Licht, Geruch, Berührung) Dysästhesien Bewegungsstörungen Tremor

Abbau/Entzug: Abbauschemata Schädlicher Gebrauch  absetzen ohne Bedenken Abhängigkeit oder bei zu erwartenden Absetzsymptomen  allmähliche ausschleichen Ambulante Behandlung: Abbauzeit 4-10 Wochen (Bélanger et al. 2005) Beginn: wöchentlich -10% – -25% der Ausgangsdosis Gegen Ende: kleinere Schritte AWMF-Leitlinien: www.uni-duesseldorf.de/AWMF/II/076-009.htm

Abbauschema (II) Grundregeln: (J Clin Psychiatry 2005; 66 (suppl 2)) Arzt – Patient: Gemeinsam Abbau und Schritte besprechen Aufklärung über Dauer, Symptome, Gefahr abrupten Absetzens Mindestzeit 4 Wochen (von therapeutischer Dosis) Maximal: Reduktion um ¼ der Tagesdosis / Woche

Langsamer Entzug von Diazepam www.benzo.org.uk/manual/index.htm

Ambulante Erfahrungen: abgestimmter Abbau Patient als Experte: Vorgehen gemeinsam und individuell festgelegt, Geschwindigkeit änderbar Unterstützende medikamentöse Behandlung: SSRI, Antiepileptikum Überlappende Umstellung auf Diazepam oder Clonazepam Langsamer Abbau, Pausen möglich. Bsp. Diazepam: Dosis > 40mg/die: -10mg-Schritte alle 1-2 Wochen Dosis > 20mg/die: -5mg-Schritte alle 1-2 Wochen Dosis > 10mg/die: -2mg-Schritte alle 1-2 Wochen Ab 10mg: -1mg-Schritte alle 1-2 Wochen

Umrechnungstabelle (Auswahl) Substanz Äquivalenzdosis Alprazolam (Xanax®) 0,5 mg Bromazepam (Lexotanil®) 6 mg Chlordiazepoxid (Librium®) 20 mg Clonazepam (Rivotril®) 0,5 mg Diazepam (Valium®, Stesolid®) 10 mg Flunitrazepam (Rohypnol®) 0,5 mg Flurazepam (Dalmadorm®) 30 mg Lorazepam (Temesta®) 2 mg Midazolam (Dormicum®) 7,5 mg Oxazepam (Seresta®) 25 mg Triazolam (Halcion®) 0,5 mg

Gesamtbehandlungskonzept

Gibt es ein Benzodiazepin-Mangel-Syndrom? Diabetes: Insulinmangel-Syndrom Parkinsonismus: Dopaminmangel-Syndrom Depression: Serotoninmangel-Syndrom Opioidabhängigkeit: Morphinmangel-Syndrom Benzodiazepin-Mangelsyndrom

Tal Weizman et al.: Australian and New Zealand Journal of Psychiatry 2003; 37:458-463 Treatment of benzodiazepine dependence in methadone maintenance treatment patients: a comparison of two therapeutic modalities Objective: Clonazepam (Rivotril®)-Entzug und Clonazepam-Substitution in offener klinischen Studie untersucht 66 Personen eingeschlossen: Methadon-substituiert und BZD-abhängig (3 Jahre) und nach mehreren BZD-Entzügen

Tal Weizman et al.: Australian and New Zealand Journal of Psychiatry 2003; 37:458-463 Schlussfolgerung Benzodiazepin-Erhaltungsstrategie mit Clonazepam ist sinnvolle BZD-Behandlungsform bei dieser Patientengruppe Psychiatrische Komorbidität kann eine wichtige Rolle bei der Wahl einer angemessenen Behandlungsform spielen

Faktoren für Schwere des Entzugs Dauer Einnahme (Murphy et Tyrer,1991): pos. Korrelat Dosis (Lamb et Griffiths, 1985): pos. Korrelat Eliminationshalbwertszeit: neg. Korrelat Allgemeinzustand (Poser 1996): neg. Korrelat Ko-Abhängigkeit und Ko-Morbidität: Pos. Korrelat Aber: Erfolg der Entzugsbehandlung korreliert nicht mit Schwere des Entzugs (Schweizer et Rickels, 1998) Abstinenzraten nach 1 Jahr: 30-50%

Entzugssymptomatik vs. Rückkehr einer Angstsymptomatik „Gemeinsame“ Symptome: Angst, Konzentrationsstörung Unruhe, Schlafstörung Zeitunterschied Dosisschwankungen – Symptome: Entzugssymptome: nach wenigen Tagen am stärksten, dann abnehmend Licht- und Lärmempfindlichkeit Tinitus, Tremor, Gefühlsstörungen Gefühl elektr. Entladungen, Myoklonien, Krampfanfälle Rückfall Angstsymptome: nach wenigen Tagen beginnend, Frequenz und Stärke nimmt zu

Benzodiazepinabhängigkeit und Opioidabhängigkeit Kleine aber wichtige Untergruppe von Benzodiazepinabhängigen Häufig Hochdosisabhängigkeit  Unsicherheit Methadondosis oft Einfluss auf Gebrauch von Benzodiazepin: Methadon hoch genug (> 80mg) aufdosieren Häufig mehrfache frustrane Benzodiazepin-Entzüge in Anamnese

Differenzierte Verschreibung Opioide

Opioide Volle Agonisten Non-synthetisch Semi-synthetisch Synthetisch Heroin Hydromorphon Oxycodon Fentanyl Meperidin Pethidin Hydrocodon Levacetyl-methadol Methadon L-Polamidon Pentazocin Opium Morphin Codein Partiale Antagonisten Antagonisten Naltrexon Buprenorphin Tramadol Tapentadol

Opioide: Pharmakologie 3 Hauptfamilien von Opioidrezeptoren (μ, κ, σ) Agonisten wie Morphin, Heroin, Methadon, Polamidon  μ-System Partielle Agonisten wie Buprenorphin auch partieller Antagonist auf μ- und κ-Rezeptoren Lokalisation von Opioid-Rezeptoren und Peptide: ZNS, PNS und Gastro-Intestinal-Trakt Opioid-Rezeptor: Inhibitorisch (-): Freisetzung einiger Neurotransmitter (5-HAT, GABA, Glutamat, Acetylcholin. Ermöglichen Freisetzung von Dopamin

Entzugssymptome Nicht lebensbedrohlich Beginn: 6 – 24 (+) Std. nach der letzten Einnahme Höhepunkt: Bei etwa 24 – 48 Std. Nachlassende Symptomatik: 5 – 7 Tage Existenz einer langwierigen Phase von Wochen oder Monaten mit reduziertem Wohlbefinden, Schlaflosigkeit, Dysthymie und Craving! Methadonentzug: Beginn nach 24 – 48 Std., manchmal >; Dauer 10 – 20 Tage

Entzugssymptome Objektiv Gähnen Tränenfluss, Mydriasis Schwitzen „Schnupfen“: Rhinorhoe, Niessen Tremor Piloerektion „Gänsehaut“ Durchfall, Erbrechen Tachykardie, Hypertonie Subjektiv Schlaflosigkeit Blähungen, Krämpfe, Bauchschmerzen Gelenk- und Muskelschmerzen Craving Warm-Kalt-Empfinden Appetitmangel, Übelkeit Unruhe, Ängstlichkeit

Clinical Opiate Withdrawal Scale Wesson et al. 1999

Diversifikation im Kanton Zürich, eigene Patienten Nordt C., 2015; Arud/Falcato L., 2015

Risiko-Profile und Indikationen R/S-Methadon Effektiv Bewährt (am besten erforscht) Lineare Dosis-Wirkkurve Voller Agonist Interaktionen (CyP450) Kostengünstig QTc-Verlängerung R-Methadon (Polamidon) Effektiv Weniger QTc-Verlängerung Razemat: voller Agonist, Interaktionen (CyP450) Flüssig Teuer Wikipedia

Risiko-Profile und Indikationen II Buprenorphin Effektiv Ceiling Effekt Partieller Agonist Kaum Interaktionen (CyP450) Weniger Nebenwirkungen Teurer SROM (Retardiertes Morphin) Effektiv Weniger QTc-Verlängerung Razemat: voller Agonist, Interaktionen (CyP450) Flüssig Teurer Wikipedia Wikipedia

Methadon Hohe Bioverfügbarkeit (ca. 80%) Plasmapeak nach 3-4 stunden Plasmahalbwertszeit ca. 25 Std. (13 – 47 Std.) Steady-State nach ca. 1 Woche Metabolisierung: Leber, Cytochrome P450 CYP3A4, CYP2B6 hauptsächlich CYP2D6, CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19 genetisch variabel CYP3A4: baut 50% der Medikamente ab

Methadon: Nebenwirkungen Atemdepression Schwitzen Herzreizleitungsstörung (QTc-Verlängerung) Verlangsamte Magen-Darm-Passage –> Obstipation, Übelkeit Testosteronmangel, Gynäkomastie, Amenorrhoe, Galaktorrhoe, Impotenz, Osteoporose, Dysphorie Hyperalgesie (Doverty M. et al., 2001) Kognitive und psychische Defizite (Darke S. et al. 2000) Hinweise auf strukturelle und funktionale Störungen des Gehirns (Andersen et al., 2011) Kurzfristig Langfristig

Buprenorphin (Subutex®) Bioverfügbarkeit: sublingual 50-65%; peroral 25% Kurze Plasmahalbwertszeit, aber lange Halbwertszeit in der Rezeptorbindung Hohe Affinität an Morphinrezeptor: stärkere Bindung als Heroin und Methadon Flache Dosis-Wirkungskurve. Dosen über 32mg/die: Ceiling-Effekt Metabolisierung: Leber, günstiger bei CYP450 CyP45oCYP3A4

Buprenorphin: Rezeptor-Modell Cowan A. et al. Br. J. Pharmac. (1977), 60, 537-545

SROM Slow Release Oral Morphine Retardiert: Plasmaspiegel +/- stabil über 24 Std., einmal tägliche Einnahme möglich Kurze Plasmahalbwertszeit, Akkumulationsgefahr bei Induktion gering Vergleichsstudien mit Methadon: Gleichwertige Effektivität Hinweise auf höhere Patientenzufriedenheit für SROM Weniger Nebenwirkungen: Verstopfung; Schwitzen; Potenzstörungen; Libido; Schlaf; Amenorrhoe, Osteoporose Beck T. et al. 2013

R-Methadon (L-Polamidon) Aktive Form Agonist μ-Opioid-Rezeptor (IC50 = 3 -7 μM) S-Methadon: Schwacher Agonist, (IC50 = 26 -28 μM) Nebenwirkung QTc-Verlängerung durch Methadon: Blockade hERG-Kanal (repolarisation cardiac cell) verlängert QTc-Zeit -> Risiko einer Tachyarrhythmie, Torsade de Pointe S-Methadon 3,5 mal potenter für hERG-Kanal-Blockade als R-Methadon Slow Metabolizer von CYP2B6: Konzentration von S-Methadon -> sehr hohes Risiko für QTc-Verlängerung Eap et al., 2007; Lin et al., 2000

Codein und Dihydrocodein (DHC) Wikipedia Codein: Alkaloid des Opiums Schwacher μ-Rezeptor-Agonist Dihydrocodein (Codicontin®, Makatussin®, Ecotussin®) Halbsynthetisches Opioid Stärkere Wirkung als Codein Retardierte Form (Wirkungdsauer 8-12 Stunden)

Codein und Dihydrocodein (DHC) Einnahme mehrmals täglich (mindestens 2x/Tag) Indikation: Analgetikum, Antitussivum Als Substitutionsmittel: Im Einzelfall, Off-Lable use Metabolisierung: Hoher First-Pass-Effekt –> aktiver Metaboliten mit starker individueller Variabilität Nebenwirkungen: Sedierung, Juckreiz, Kopfschmerzen 360mgDHC ≈ 90mg Morphium per os (4:1 bis 6:1)

Opioidabhängigkeit nach iatrogener Schmerzmittelbehandlung Länger dauernde Schmerzbehandlung mit Opioiden Risiko einer Abhängigkeit erhöht bei Schwierigkeiten Familie/Arbeitsplatz Abnahme der schmerzstillenden Wirkung Zunahme Nebenwirkungen Eigenständige (nicht verordnete) Dosiserhöhung Wunsch nach kurzwirksamen Opioiden Verlieren von Rezepten, Versäumnis Termine Häufiger Arztwechsel

Ausführlich: Vortrag 23. 03. 2016 https://www. fosumos

Therapieoptionen für Patienten mit Abhängigkeit von Opioiden Kontrollierter Konsum, Stabilisierung Abdosieren: schrittweise Reduktion der Dosis Entzug Opioid-Rotation Substitution

Analgetische Äquivalenzdosis bei Opioiden Morphin i.m. 1 Morphin p.o. 8 Heroin i.m. ½ Heroin p.o. 6 Codein i.m. 13 Codein p.o. 20 Methadon i.m. Methadon p.o. (1-)2 Buprenorphin sublingual (0.08) DHC (Dehydrocodein) 32 Oxycodon p.o. 4 Tramadol p.o. 40 Eigene Erfahrung sowie in Anlehnung Seidenberg A., 1998

Opioid-Risiko-Tool (ORT): «Risikopotential» erkennen Webster L. R. et Webster R., 2005

Danke für die Aufmerksamkeit! Fragen?