Gruppe 180 Grad für einen neuen Realismus. Revolte ohne Wandel Die Linke in der Dialektik von Theorie und Praxis.

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 Präsentation transkript:

Gruppe 180 Grad für einen neuen Realismus

Revolte ohne Wandel Die Linke in der Dialektik von Theorie und Praxis

Was soll hier passieren? Einstieg: Problemgeschichte linker Theorie Was ist Wertkritik? Kritik der traditionellen Umverteilungspolitik Kritik der strukturalistischen Wertkritik

Traditionelle Linke Klassenkampf: Proletariat vs. Kapitalisten Ziel: Mehrwert aneignen Kapitalismus als Klassenherrschaft Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums Form des Reichtums nicht wichtig

Wer ist die Wertkritik? Kritische Theorie (Adorno, Horkheimer) Neue Marx-Rezeption (Sohn-Rethel, Backhaus) Bekanntgeworden durch: Krisis, Exit, ISF Name-Dropping: Robert Kurz, Moishe Postone, Roswitha Scholz, Michael Heinrich Wurzeln der Wertkritik:

Was will die Wertkritik Form des Reichtums in Blick nehmen: Wert Arbeit als Grundlage des Wertes Arbeit und Geldvermehrung werden zum Selbstzweck Kapital = negative Vergesellschaftung = ungesellschaftliche Gesellschaftlichkeit

Den Menschen “erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, d.h. nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten selbst, sondern vielmehr als sachliche Verhältnisse der Personen oder gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen” Karl Marx, MEW 23, 87

Was will die Wertkritik? Kapital und Arbeit auf den Prozess der Wertverwertung angewiesen Aneignung des Wertes nur, um in der Konkurrenz bestehen zu können

Der Reproduktionsprozess des Kapitals variables Capital (v) Mehrwert (m) constantes Capital (c) Der Mehrwert wird neu investiert

Der Wert “geht beständig aus der einen Form in die andre über, ohne sich in dieser Bewegung zu verlieren, und verwandelt sich so in ein automatisches Subjekt.” Karl Marx, MEW 23, 168f

Was will die Wertkritik? Folge: Alle sind an der Aufrechterhaltung des Kapitalismus beteiligt “Man kann es drehen wie man will, konstantes und variables Kapital sind elementar an die Akkumulation gebunden. Sie backen den gleichen Kuchen, Ware genannt, aber sie streiten um die Stücke, Klassenkampf geheißen” Franz Schandl, Wert und Mehrwert

“Die Personen existieren hier nur füreinander als Repräsentanten von Ware und daher als Warenbesitzer. Wir werden überhaupt im Fortgang der Entwicklung finden, daß die ökonomischen Charaktermasken der Personen nur Personifikationen der ökonomischen Verhältnisse sind, als deren Träger sie sich gegenüberstehen.” Karl Marx, MEW 23, 100

“Zur Vermeidung von Missverständnissen ein Wort. Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentüber zeichne ich keineswegs in rosigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klasseninteressen. Weniger als jeder andre kann mein Standpunkt... den einzelnen Verantwortlich machen für die Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, so sehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.” Karl Marx, MEW 23, 16

Kritik der Umverteilungspolitik ArbeiterInnen und Unternehmen haben partiell gleiche Interessen Umverteilungspolitik ist auf eine funktionierende Ökonomie angewiesen standortpatriotische Argumentationen können national- chauvinistische, autoritäre und rechts-konservative Positionen zu stärken Selbstverdinglichung: der Mensch fordert nur ein, was seiner Funktion als Nachfragefaktor entspricht

Grenzen der strukturalistischen Wertkritik Klassengegensatz & Klassenkämpfe gelten als systemimmanent Neuer Ausgangspunkt politischer Praxis: hedonistisches Individuum, das sich ohne Rücksicht auf Kapital und Vaterland durchsetzen will. Andererseits: jeder konkrete soziale Kampf um ein besseres Leben wird abgekanzelt

Autonome Antifa Frankfurt F im Rahmen des Ums Ganze Bündnis zum Opernball: „Wir können solch konstruktivem Rebellentum wenig abgewinnen... Stattdessen rufen wir die radikale Linke zum antikapitalistischen Block auf, dem es selbstverständlich und maßloserweise ums Ganze geht“.

Udo Wolter: Kritik der Globalisierungskritik „Der Kapitalismus (wird) weitgehend mit einer Wirtschaftsform identifiziert, die im Interesse der privaten Aneignung des als Mehrwert produzierten Reichtums durch »herrschende Klassen« die Interessen der Ausgebeuteten mißachtet. Mit dieser Interpretation ist unweigerlich eine Reihe von Vorstellungen verbunden, denen das Herunterbrechen hochkomplexer Zusammenhänge auf einfache dichotome Gegensätze zugrundeliegt.“

AundK Göttingen „Players im Kapitalismus sind alle. Genötigt Ware- Geld- Beziehungen einzugehen und darauf zu hoffen, möglichst viel Wert in Gestalt des Geldes in den Händen zu halten. Der Kapitalist als Ausführender der selbstzweckhaften Wertverwertung unterliegt dabei ebenso objektiven Zwängen, muss er sich doch der von ihm nicht begriffenen und nicht zu kontrollierenden Logik des Kapitals, „des automatischen Subjekts“, unterwerfen. Mit anderen Worten: Its the same game, the same rules for everybody and we are all players“

Kritik der strukturalistischen Wertkritik Dialektik von Subjekt und Objekt wird übersehen Obwohl wir alle “Player” sind, haben wir unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten und Ressourcen Ziel: Stärkung des Subjekts, nicht seine Durchstreichung

Kritik der strukturalistischen Wertkritik Wichtig: Genaue Analyse der jeweiligen Herrschaftsverhältnisse Nicht jedes politische und gesellschaftliche Handeln folgt Systemzwängen Unzulässige Verkürzung der Kritik der Politischen Ökonomie

Verhältnis von variablem Kapital zum Mehrwert

Umverteilung innerhalb des variablen Kapitalteils

Materielle Realität Klassenkampf von Oben nach Unten Verschiebungen innerhalb des variablen Kapitals drücken nicht auf die Profitrate Anstieg des UnternehmerInnenkonsums von um 15%

Materielle Realität Monetärer Reichtum, um den gekämpft werden kann, da die Sachzwänge des Kapitals keine Rolle spielen Statt dessen: “Immanent” als Chiffre, kein genaues Hinsehen mehr nötig. Problem: Individumm und Interessen im Mittelpunkt, aber konkrete Möglichkeiten illegitim

Identität und Aufklärung Interesse gefordert - gemeint ist Identität als Anti- KapitalistInnen Zerschneidung des Zusammenhangs zwischen Kampf um ein besseres Leben und einer Überwindung von gesellschaftlicher Herrschaft An die Stelle von gesellschaftlicher, sozialer Erfahrung tritt ein idealistisches Konzept von Aufklärung

Sein und Bewusstsein Konkrete Aneignung der' eigenen Lebensbedingungen Veränderung von Subjektivität

Sein und Bewusstsein Problem: im Kapitalismus müssen Interessen in kapitalistischen Kategorien artikuliert werden Real: Angewiesensein auf Geld Durch gesellschaftliche Prägung hindurch entstehen Widersprüche Ideell: Nur Geld kann gedacht werden

Protestbewegungen: das gesellschaftliche Vorstellungsgespräch Gesellschaft/Politik/Nation erklären, warum es sinnvoll ist, das eigene Interesse zum Allgemeinen zu machen Ich bin Rohstoff für unser Land! Chef erklären, warum es sinnvoll ist, das eiene Interesse zu dem des Betriebes zu machen

Das gesellschaftliche Vorstellungsgespräch Übertragung der in der Ökonomie gemachten Erfahrung, nur zu zählen, wenn es sich rechnet Nicht (nur) Nationalismus, auch instrumenteller Zugang zu gesellschaftlich akzeptiertem Jargon Rationales Verhalten in einer irrationalen Welt

Die Gesellschaft in ihrer gegenwärtigen Gestalt... beruht auf der Verfolgung des je eigenen Interesses gegen die Interessen aller anderen. Das hat im Charakter der Menschen bis in ihr Innerstes hinein sich niedergeschlagen. Was dem widerspricht, der Herdentrieb der sogenannten lonely crowd, der einsamen Menge, ist eine Reaktion darauf, ein Sich-Zusammenrotten von Erkalteten, die die eigene Kälte nicht ertragen, aber auch nicht sie ändern können. Adorno in: Erziehung nach Auschwitz

Bewegungspluralismus als Realabstraktion ● Bewegungen sind immer heterogen ● Kräftefeld, in dem um Hegemonie gekämpft wird. ● Nötig sind Versuche zu verstehen, wie das Bewusstsein und die Interessen derjenigen, die in Bewegungen aktiv sind, genau gestrickt sind

(Militante) Untersuchungen Untersuchungen, welche Analysen der Subjektivität sättigen, Ösen und Brüche finden Anhand von 3 Demotranspis das Wesen einer Bewegung ablesen wollen

Sozialer Wandel: Neues Aufbauen Bilder- und Utopienverbot in der Linken Verstärkt die Naturalisierung der Gesellschaft Suche nach alternativen Reproduktions- formen muss immer beschränkt bleiben Potential, über das Hier und Jetzt hinauszuweisen Verbesserung des Lebens

Keimformen: Beispiele Umsonstäden NutzerInnengemeinschaften Umsonstkino Squatting Freie Bildungsnetzwerke Freie Software

Sozialer Wandel: neues Aufbauen Suche nach Projekten, in denen Bruch mit Lohn, Ware, Geld ansatzweise erprobt werden können Widerstand innerhalb von sozialen Bewegungen, der sich ihnen gegenüber nicht “von außen” nähert, aber ohne die sich daraus ergebenen Widersprüche einzuebnen. Neuen Subjektivitäten Deutungsangebote vermitteln

Für eine neue Fragestellung Die Reprodukion des Kapitalismus vollzieht sich in der alltäglichen Reproduktion des Individuums. Demensprechend geht es darum, Konzepte zu entwickeln, die die alltägliche Reprodukion des Individuums als Ansatzpunkt für gesellschaftliche Veränderung fassen können Was bedeutet es konkret, das Individuum mit seinen Interessen und Bedürfnissen zum Ausgangspunkt von Veränderung zu machen?

Irgendwo sitzt im System manchmal einer, oder auch eine und dreht ganz leise daran, damit es ein wenig, menschlicher wird, in diesem, einen Fall. Dann schimpfen immer, Genossen oder Genossinen, über Verkleistern von Rissen und Alibifunktionen vielleicht mit Recht aber selten, die jeweils Betroffenen. Erich Fried

„Ein Kollege, einst Rebell sagt „Alles ist strukturell. Man lebt in Systemen, Was soll ich mich schämen, Der Kerl arrivierte sehr schnell“ Hans Paul Bardt

Revolte ohne Wandel Die Linke in der Dialektik von Theorie und Praxis Vielen Dank