Medizinethische Prinzipien und Konzepte Alfred Dilch G. v. Preyer´sches Kinderspital.

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 Präsentation transkript:

Medizinethische Prinzipien und Konzepte Alfred Dilch G. v. Preyer´sches Kinderspital

Medizinethische Prinzipien I Fürsorgeprinzip - „Principle of Beneficence“ - „salus aegroti suprema lex“ - Die Gesundheit des Patienten ist oberstes Gebot Das Prinzip der Schadensverhütung - „Principle of Nonmaleficence“ - „primum nil nocere“ Beide Prinzipien sind im Hippokratischen Eid verankert

Medizinethische Prinzipien II Vor Einsatz medikamentöser oder medizinisch technischer Maßnahmen muß eine kritische Abwägung des voraussichtlichen Heilerfolges der ins Auge gefaßten Maßnahmen und deren potentieller Nebenwirkungen erfolgen. Vor allem bei Einsatz sehr aggressiver intensivtherapeutischer Verfahren sollten die potentiellen Belastungen und Nebenwirkungen in einem angemessenen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen.

Medizinethische Prinzipien III Autonomie im Bereich der Kinderheilkunde: Eltern oder rechtlich bestellte Stellvertreter definieren die Behandlungsziele auf Basis eines „Informed Consent“ Die behandelnden ÄrztInnen treffen die konkreten medizinischen Entscheidungen Handlungsweisen, die die Autonomie des kranken Kindes untergraben: Auf Seiten der Eltern: das unbedingte Verlangen nach einem zu viel oder zu wenig an Therapie als medizinisch indiziert wäre Auf Seiten der ÄrztInnen: ein, wenn auch gut gemeinter Paternalismus

`Parental Authority´: Da ein Kind nicht für sich selbst entscheiden kann, ob es bestimmte therapeutische Optionen wahrnehmen will oder nicht (Unmündigkeit), wurden die Eltern von der Gesellschaft zu den rechtmäßigen Entscheidungsträgern ihrer Kinder bestimmt. Die Zuneigung der Eltern für ihre Kinder wird als gegeben angenommen und gilt als Basis dafür, dass Eltern für ihre Kinder am Besten Entscheidung treffen können.

`Parental Authority´: Bedenken, wenn Eltern bei Therapieeinschränkung an ihren Kindern mitbestimmen sollen: 1. Können Laien die Situation eines schwer kranken Kindes überhaupt abschätzen? 2. Sind Eltern aufgrund ihrer starken emotionalen Belastung durch die frustrane Situation ihres Kindes in der Lage gute Entscheidungen für ihre Kinder zu treffen? 3. Könnte eine Entscheidung der Eltern zu einer Therapieeinschränkung, sie ein Leben lang belasten? 4. Gehen solche Entscheidungen nicht weit über das elterliche Sorgerecht hinaus?

Medizinethische Konzepte „Best Interests“ - Ein mündiger kompetenter Stellvertreter evaluiert die Benefits und Belastungen eines therapeutischen Eingriffs aus der Sicht eines unmündigen Patienten. Stärken: individuell ausgerichtet - erfasst den hohen Wert menschlichen Lebens, anerkennt aber auch Umstände, die eine aggressive medizinische Behandlung nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen. Schwächen: Entscheidung aus Sicht eines schwer gehandicappten Kindes für einen gesunden Erwachsenen überhaupt möglich? Definiert keine menschl. Qualtiäten, die ein moralisches Verlangen nach Überleben annehmen lassen müssen.

Medizinethische Konzepte „Personhood“ - Konzept: versucht basale Fähigkeiten zu definieren, die einen Menschen zur Persönlichkeit machen, wie Selbstbewußtsein, rationales und vorausplanendes Denken und seine Kommunikationsmöglichkeiten Nur eine menschliche Persönlichkeit, die zumindest minimale Möglichkeiten besitzt, mit seiner Umwelt zu kommunizieren und in deren Leben die Zeiten relativen Wohlbefindens die Zeiten des Unwohlseins und der Schmerzen deutlich überwiegen, kann ein Interesse daran haben (Präferenz), leben zu wollen. Aussage:

„Personhood“ - Konzept: Wesentlich für Entscheidungsfindungen ist das Potential eines Neugeborenen oder Kindes zur Entwicklung eines Individuums mit zumindest minimalen Persönlichkeitsmerkmalen (Fähigkeit, sich als rationales Wesen zu erkennen - bewußte Entscheidungen und bewußte Beziehungen zu seinen Mitmenschen eingehen zu können - Entwicklung basaler Kommunikationsmöglichkeiten) Unabhängig von familiären Wünschen ist die Behandlung eines Ngb./Kindes mit dem Potential zur Entwicklung von minimalen Persönlichkeitsmerkmalen moralisch zwingend.

„Proximate Personhood“ – Konzept a. Die aktuelle Situation: Hier liegt der Focus auf der bereits erreichten Entwicklung des Kindes im Vergleich zu einem gesunden Kind derselben Altersstufe. b. Das zukünftige Persönlichkeitspotential: Das Potential eines Neugeborenen zur Entwicklung zumindest minimaler Persönlichkeitsmerkmale c. Zeitfaktor: zunehmende sozial geprägte Akzeptanz der Präsenz des (wenn auch schwer behinderten) Neugeborenen durch Eltern und Gesellschaft

`Value of Life´ - Position Sie argumentiert, dass menschliches Leben einen absoluten Anspruch auf Leben hat. Sekundär ist, welcher Grad an menschlichen Potential ausgeschöpft werden kann. „Auch nur einen minimalen Grad an menschlichen Leben zu besitzen ist besser als gar nicht zu leben.“ Für Vertreter dieser Position ist jegliche Form einer Therapieeinschränkung, außer, wenn der Sterbeprozess zweifelsfrei irreversibel eingesetzt hat, undenkbar.

Medizinethische Prinzipien IV Gerechtigkeit der Ressourcenverteilung: AG der Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie Empfehlungen zur Betreuung von Frühgeborenen an der Grenze der Lebensfähigkeit - Wenn eine Rationierung der eingesetzten Mittel durchgeführt werden muss, ist es gerechter, nicht bestimmte Patientenkategorien von einer Therapie auszuschliessen, sondern bestimmte Therapien mit sehr ungünstigem Kosteneffektivitätsverhältnis für alle Patientenkategorien nicht zuzulassen.

Welche Position beziehen wir in Bezug auf das menschliche Recht auf Leben? Wie weitreichend/stark ist das elterliche/mütterliche Recht über das Schicksal des Feten zu bestimmen? Inwieweit dürfen/wollen/sollen wir Eltern in therapeutische Entscheidungen einbeziehen? Ist das Persönlichkeitsprinzip geeignet, Entscheidungen für oder gegen eine Therapieoption zu treffen? Inwieweit sind rechtliche Bestimmungen hilfreich in Entscheidungen im medizinischen Grenzbereich?