Übungen im Obligationenrecht Besonderer Teil Fall 5 - Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant 24. März 2016 PD Dr.iur. Michael Hochstrasser.

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Übungen im Obligationenrecht Besonderer Teil Fall 5 - Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant 24. März 2016 PD Dr.iur. Michael Hochstrasser

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Sachverhalt (Chronologie) 2 9. Dez. 2015Herr Zemp erhält Urteil (Eingangsstempel) 31. Dez (abends)Herr Zemp schreibt an Anwältin Bunt 1. Jan. 2016Neujahr (Freitag) 2. Jan. 2016Berchtoldstag (Samstag) 3. Jan. 2016Sonntag 4. Jan. 2016Anwältin Bunt liest (Montag) 25. Jan. 2016Frist für Einreichung der Beschwerde Varianten 1.a) 11. Jan. 2016Anwältin Bunt lehnt Mandat ab 1.b) 31. Dez. 2015Autoantwort «bis 11. Jan abwesend» 2)4. Jan. 2016Einladung zur Besprechung: Bunt und Zemp 2)24. Jan. 2016Bunt legt Beschwerde auf Pult der Sekretärin

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Herr Zemp: Ansprüche gegen Bunt 3 A.Anspruch auf Schadenersatz (CHF 100'000) aus OR 398 II i.V.m. OR 97 I 1. Qualifikation des Vertrags 2. Vertragsverletzung 3. Schaden 4. Kausalzusammenhang 5. Verschulden 6. Fazit B.Anspruch auf Minderung des Honorars und Ersatz der Auslagen

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Beweismass 4 strikter BeweisNormalfall  zur vollen Überzeugung des Gerichts überwiegende Wkt. beim natürlichen und beim hypothetischen KZH  das Gericht muss es für überwiegend wahrscheinlich halten, dass sich der Sachverhalt so zugetragen hat (Anforderungen an Beweismass unklar) Glaubhaftmachungv.a. im summarischen Verfahren (z.B. vorsorgliche Massnahmen, ZPO 261; Einwendungen bei provisorischer Rechtsöffnung, SchKG 82 II)  für das Vorhandensein einer Tatsache sprechen gewisse Elemente, auch wenn das Gericht es für möglich hält, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (mehr als behaupten, weniger als Beweis)

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Überwiegende Wahrscheinlichkeit 5 « Die Möglichkeit, dass es sich auch anders verhalten könnte ...  darf aber für die betreffende Tatsache weder eine massgebende Rolle spielen noch vernünftigerweise in Betracht fallen. » (130 III 321 E. 3.3) « wenn für die Richtigkeit  einer Behauptung  derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen ...  » (BGE 132 III 715 E. 3.1) « 60% ...  vraisemblance prépondérante ...  » (BGE 133 III 462 E 4.3) « Aus dem ...  Urteil muss nicht abgeleitet werden, dass eine 51%-ige Wahr- scheinlichkeit als überwiegend zu betrachten ist. » ( BGer. 4A_397/2008 E. 4.3 ) « ...  dass er der wahrscheinlichste aller in Betracht fallenden Geschehens- abläufe – bei zwei möglichen Sachverhaltsvarianten: der wahrscheinlichere ist. ...  ein Wahrscheinlichkeitsgrad von generell 75% ist damit offensichtlich nicht vorausgesetzt. » (BGer. 9C_717/2009 E. 3.3)

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Alles-oder-Nichts oder "es bitzeli"? 6 Hypothetischer KZH überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der eingetretene Schaden bei rechtmässigem Handeln hätte vermieden werden können? falls ja: KZH gegeben → voller Schadenersatz (CHF 100'000) falls nein: KZH nicht gegeben → kein Schadenersatz (CHF 0) anderer Ansatz: "perte d'une chance“ der Chance (hier: Prozessgewinn) wird ein Vermögenswert zugemessen Prozesschance 25% → Anspruch auf 25% Prozessgewinn (25‘000) Prozesschance 60% → Anspruch auf 60% Prozessgewinn (60'000) (vom BGer. abgelehnt in BGE 133 III 462 ff. = Pra 97/2008 Nr. 27)

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Honoraranspruch 7 voller Honoraranspruch richtige Erfüllung grds reduzierter Honoraranspruch (soweit brauchbar)  „Minderung“ Äquivalenzgedanken: voller Honoraranspruch, wenn Ausgleich über Schadenersatz mangelhafte Erfüllung kein Honoraranspruch Äquivalenzgedanken: voller Honoraranspruch, wenn Ausgleich über Schadenersatz vollständige Nichterfüllung bzw. unbrauchbare Erfüllung

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Hilfsperson / Substitution (I) 8 generell: keine persönliche Leistungspflicht (OR 68) beim Auftrag: grds. persönliche Leistungspflicht (OR 398 III) Arten von Hilfspersonen Im Auftragsrecht: Substitut (OR 399), (sonst Hilfsperson) 1)Personen, die den Beauftragten nur unterstützen 2)Personen, die das Geschäft grds. alleine erfüllen, wobei sie aber in die Arbeitsorganisation des Beauftragten eingegliedert sind 3)Personen, die das Geschäft selbständig erfüllen

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Hilfsperson / Substitution (II) 9 Hilfsperson (OR 101)Substitut (OR 399) Beizugerlaubt, wenn keine persönli- che Leistungspflicht (OR 68); bei persönlicher Leistungs- pflicht erlaubt für untergeord- nete Aufgaben, unter Aufsicht Beizug erlaubt, wenn (OR 398 III): ermächtigt durch Umstände genötigt oder übungsgemäss zulässig Abgrenzung wird vom Beauftragten geleitet und überwacht Beizug im Interesse des Beauftragten erfüllt die ihm übertragenen Aufgaben selbständig Beizug im Interesse des Auftraggebers HaftungOR 101Befugter Beizug: für sorgfältige Auswahl + Instruktion (OR 399 II) Unbefugter Beizug: OR 399 I BeispielSchreibarbeiten durch Anwaltssekretärin Anwalt beauftragt für eine Steuer- frage einen Steuerexperten

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Frau Mundi (Frage 1) 10 Anspruch von Mundi gegen Bunt auf Schadenersatz (OR 398 II i.V.m. OR 97 I und 101) 1. Abgrenzung Hilfsperson/Substitut 2. Vertragsverletzung Beizug von Praktikant Hans Kuraufenthalt (CHF 10‘000) Haushaltschaden (CHF 50‘000) 3. Schaden 4. Kausalzusammenhang 5. Verschulden 6. Fazit

Übungen OR BT – Fall 5: Die kranke Sekretärin und der schusselige Praktikant Frau Mundi (Frage 2) 11 A.Anspruch von Mundi gegen Bunt aus OR 398 II i.V.m. OR 97 I und OR 399 II 1. Abgrenzung Hilfsperson/Substitut 2. Sorgfalt bei Auswahl und Instruktion 3. Weitere Haftungsvoraussetzungen B.Anspruch von Mundi gegen Schnell aus OR 399 III i.V.m. OR 398 II und OR 97 I 1. Voraussetzungen des Direktanspruchs (OR 399 III) 2. Weitere Haftungsvoraussetzungen