Nagel Schlösser Prof. Dr. Michael Nagel Fachanwalt für Strafrecht/ Richter am Anwaltsgericht.

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 Präsentation transkript:

Nagel Schlösser Prof. Dr. Michael Nagel Fachanwalt für Strafrecht/ Richter am Anwaltsgericht

 Warum besteht ein „Spannungsverhältnis zwischen Arbeits- und Strafrecht“? o wegen möglicher Verwertungsverbote? o notwendiger Verhaltensregeln bei Durchsuchungen? o immer bedeutsam werdender Verhaltensregeln oder Anforderungen im Rahmen unternehmensinterner Ermittlungen?  Gibt es folglich „Tipps und Tricks“, die ein Strafverteidiger einem Arbeits- und damit i.d.R. Zivilrechtler mit auf den Weg geben könnte?

I.Gegenstand des Arbeitsstrafrechts? o Schutz des Interessenkreises des Arbeitnehmers? o Summe aller Strafnormen des Arbeitsrechts? o Schattenwirtschaft – Arbeitsrechtsakzessorietät! II.Grundbegriffe? o Arbeitgeber? o Arbeitnehmer und Beschäftigte? III.Haftungsrisiken für Unternehmen? o Straf- und bußgeldrechtliche Verantwortung? o Organ- und Vertreterhaftung nach §§ 14 StGB/9 OWiG? IV.Prozessuale Besonderheiten? o Ermittlungsaufnahme o Typischer Ermittlungsverlauf?

A. Verfahrensrecht I.Arbeitsrecht: reines Parteiverfahren - Dispositionsmaxime Privatautonomie! o D.h. Beginn, Umfang und Ende eines Verfahrens bestimmen die Parteien! o Es geht um die Durchsetzung subjektiver Rechte! o Das Gericht ist an die von den Parteien vorgegebenen Tatsachenbehauptungen und Beweismittel gebunden (Verhandlungsgrundsatz)!

II.Strafrecht: Es gilt das Amtsverfahren, das Legalitätsprinzip, Staat – Bürger – Verhältnis - Sicherheit! o D.h. Beginn, Umfang und Ende eines Verfahrens bestimmen ausschließlich die Ermittlungsbehörden bzw. Gerichte! o Es geht um die Durchsetzung eines ev. bestehenden staatlichen Strafanspruchs bzw. die „Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege“ (!) o Die Behörden und die Gerichte sind verpflichtet, die „Wahrheit“ zu ermitteln und deshalb nicht an die durch die Beteiligten vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel gebunden.

III.Bedeutung dieser prozessualen Unterschiede? Der Rechtsanwalt ist an die Wahrheitspflicht gebunden (§§ 1, 43a BRAO) und  im Privat- und damit Arbeitsrecht zudem an § 138 ZPO! o Der Arbeitsrechtler muss sich über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß erklären – d.h. zu allen wesentlichen Punkten - auch soweit diese vom Gegner vorgetragen wurden oder die eigenen Ansprüche vernichten oder hindern könnten! o Der Strafverteidiger aber darf sich nur zu Tatsachen äußern, die den Interessen des Mandanten dienen, er ist trotz Wahrheits- pflicht auch insoweit an die Schweigepflicht gebunden!

IV.Auswirkungen für die Mandatsführung?  Woher erhalten wir als Rechtsanwälte unsere Informationen? o Im Arbeitsprozess durch den Mandanten und den Gegner! o Im Strafprozess durch Akteneinsicht – und wenn wir es richtig machen?  erst durch weitere Informationsquellen, zum Beispiel Zeugen oder Kollegen, eben z.B. den Arbeitsrechtler!  ERST DANN DURCH DEN MANDANTEN UND NUR IN DEM UMFANG, DER ERFORDERLICH IST!

V. Fazit: Die Arbeit eines Rechtsanwalts im Zivil- und Arbeitsrecht unterscheidet sich von Beginn an – Begründung des Mandats, Informationsgewinnung – bis zu deren Beendigung – Durchsetzung eines arbeitsrechtlichen Anspruchs/ Abwehr eines staatlichen Strafanspruchs – grundlegend. Strafrechtliche und dem folgend zivilrechtliche Haftungsrisiken können für den Mandanten bei Mandatsübernahme nicht ausgeschlossen werden (und sind möglicherweise unterschiedlich verteilt). Die Interessenlage muss daher sehr genau bestimmt werden, ihr folgen die Informationen, die der Rechtsanwalt von dem Mandanten erfragt. Der Gesetzgeber hat sowohl dem Arbeitsrechtler als auch dem Strafverteidiger eindeutige gesetzliche Pflichten im Umgang mit der Schweigepflicht auferlegt. JEDER – OB NUN STRAF- ODER ARBEITSRECHTLER – SOLLTE SICH SEHR GUT ÜBERLEGEN, OB ER BEIDE MANDATE IN PERSONA DURCHFÜHRT!

B. Materielles Recht Arbeits- und Strafrecht: Ausgang ist der konkrete Lebenssachverhalt, Arbeitsvertrag und die darauf anzuwendenden Gesetze und Tarifverträge etc. Das sog. materielle Arbeitsstraf- und Ordnungswidrigkeiten- recht wird anhand einiger Beispiele durch RA Dr. Hülsemann vorgestellt und ist nicht Gegenstand dieses Vortrages. Fazit: Im materiellen Recht decken sich die Fragestellungen teilweise und unterscheiden sich nur durch ihre Ausrichtung und die für den Mandanten zu erreichenden Ziele: Fristlose oder ordentliche Kündigung, Knast oder Geldstrafe oder sogar Entschädigung? Deshalb weiteres anhand von Beispielen...

Fall: F wird als AN des Telekommunikationsunternehmens T fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die vier Kündigungen werden als Tatkündigungen, hilfsweise als Verdachtskündigungen ausgesprochen. Der Vorwurf lautet „Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“ – T behauptet, F habe als AN von T die Auftragsvergabe an eine Fa. A beeinflusst, die wiederum Unteraufträge an eine Fa. C vergeben habe, an der F wirtschaftlich beteiligt sei. Das Ermittlungsverfahren läuft. F erhebt fristgerecht Kündigungsschutzklage. T erhebt eine Widerklage auf Schadensersatz über 3,6 Mio. Euro. Ergebnis Vergleich: - ordentliche Kündigung - ordnungsgemäße Abrechnung des ArbV - berufsförderndes qualifiziertes Arbeitszeugnis nach Entwurf des AN - KEIN Schadensersatzanspruch für T gegenüber F Wie das ?

Wirksamkeitsvoraussetzungen für die fristlosen Kündigungen, 626 II BGB: Die Ausschlussfrist von 2 Wochen beginnt zu laufen, wenn der AG eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Liegt ein SV vor, der den AG zu einer fristlosen Kündigung berechtigen könnte, hat der AG zwei Möglichkeiten: o Er wartet den Ausgang des Ermittlungsverfahren ab und kündigt ggf. dann oder o er stellt eigene Ermittlungen an und hört den AN bei Verdachtskündigungen an – zunächst ohne den Lauf der 2-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Entscheidet sich der AG - so wie hier - für eigene Ermittlungen, muss er dennoch zügig handeln. Die Ermittlungen dürfen nicht hinausgezögert werden. Die 2- Wochen-Frist (innerhalb derer auch der BR angehört werden muss) wird zwar durch die für eine Verdachtskündigung notwendige Anhörung des AN gehemmt, der durch die Ausschlusswirkung des § 626 II BGB vorgesehene Schutz des AN darf aber nicht durch die Hinauszögerung der Anhörung umgangen werden. Die Anhörung des AN muss laut BAG (Urteil vom , 2 AZR 46/05) innerhalb einer kurzen Frist erfolgen, die regelmäßig nicht länger als eine Woche betragen darf.

Die Ermittlungsakte ergab, dass: o der AG über den Erhalt eines umfangreichen Durchsuchungsbeschlusses vom die aus seiner Sicht für die Kündigungen ausreichenden Kenntnisse hatte und bereits am ausführliche persönliche Informationen zu dem Stand der Ermittlungen von der StA erhalten hatte, o ein leitender Mitarbeiter der Abteilung Wirtschaftsstrafrecht des AG den Ermittlungsbehörden erklärt hatte, dass mit der Beauftragung der Fa. A die im Wettbewerb stehende günstigste Fa. beauftragt worden war – eine Auswahlentscheidung unter mehreren Anbietern erfolgt war, o ein weiterer Mitarbeiter dieser Abteilung erklärte, dass die Vergabeentscheidung des Einkaufs (zu dieser Abteilung zählte der gekündigte AN nicht) aufgrund des günstigen Angebots und eines von dort eingeräumten Sonderkündigungsrechts zugunsten der Fa. A ausfiel und o auch vom Einkauf im Zuge der Ermittlungen bestätigt wird, dass der Einkauf selbst die Vergabeentscheidung getroffen hat. o Die vorgeworfene Pflichtverletzung, Straftatbegehung oder eine anderweitige schadensersatzauslösende Handlung des AN ergibt sich aus der gesamten mehrbändigen Ermittlungsakte hingegen nach Prüfung o durch den Strafverteidiger nicht.

„Versäumnisse“ des AG im vorliegenden Fall: o Die Kündigungen erfolgten aufgrund der Inhalte eines Durchsuchungsbeschlusses vom Mit der Kenntnis vom Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses meinte der AG eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen zu haben – er begründete die Kündigung ausschließlich mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen. Dennoch erfolgte die BR Anhörung erst am ; der AN sollte am angehört werden. Die Kündigungen wurden am und ausgesprochen. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung hätte die Anhörung des AN aber spätestens am erfolgen müssen; die BR-Anhörung hätte in die dann laufende 2-Wochen-Frist ( ) fallen müssen. Die fristlosen Kündigungen waren damit bereits unwirksam. o Sowohl die fristlose, als auch die ordentliche Tatkündigung war aufgrund der Ermittlungsergebnisse nicht begründbar. o Selbst die Wirksamkeit der Verdachtskündigung, für die „lediglich“ eine auf Beweiszeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Pflichtverletzung (Tat) des zu kündigenden AN gegeben sein muss, gab zu Zweifeln Anlass. o Schadensersatzansprüche (§§ 823 II i.V.m. §§ 299, 300 StGB; 826 BGB und §§ 280 I, 241 II BGB) des AG scheiterten daran, dass es dem AG nicht gelang, eine Eigentumsverletzung, eine Verletzungshandlung, eine sittenwidrige Schädigung oder die Erfüllung des Straftatbestandes durch den AN darzulegen. Der Vortrag bestand wahlweise aus Vermutungen und Verdächtigungen.

V beschließt, die Aufgaben von Telefonistinnen, die Gespräche weitervermitteln, nicht mehr durch freie Mitarbeiter seines Betriebes ausführen zu lassen, sondern dafür eine weitere Gesellschaft zu gründen. Es wird eine GmbH gegründet, die Geschäftsführung wird einer „Ehefrau“ (G) übertragen, die keine besonderen wirtschaftlichen Kenntnisse hat. In der Folge werden verschiedene Personen eingestellt, wobei G nur die bereits vorgefertigten Verträge unterzeichnet; die Einstellungsgespräche werden durch V bzw. dessen Personalvorstand geführt. G hat keine Möglichkeit, auf die Einstellung und den Inhalt der Verträge irgendwie Einfluss zu nehmen. Die so gewonnenen „ersten Mitarbeiterinnen“ übernehmen dann – wie angedacht – die weitere Geschäftsleitung zusammen mit V und bestimmen die konkreten Arbeitsabläufe. Anweisungen werden direkt durch V erteilt. G selbst greift in das operative Geschäft des Unternehmens überhaupt nicht ein – sie unterschreibt nur Dokumente, die man ihr vorlegt und bringt Unterlagen vom Unternehmen zum Steuerberater. Weitere – selbstständige – Tätigkeiten entfaltet sie nicht für die Gesellschaft. Nach einigen Jahren wird durch den DRB festgestellt, dass es sich bei den für die GmbH tätigen Mitarbeiterinnen um Scheinselbständige handelt und entsprechende Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nachgefordert. Haftet dafür die G oder der V?

I. Der Arbeitgeberbegriff 1. Arbeitsrechtlicher Arbeitgeberbegriff? 2. Sozialrechtlicher Arbeitgeberbegriff? 3. Steuerrechtlicher Arbeitgeberbegriff? 4. Natürliche und juristische Personen als Arbeitgeber? Eine juristische Person kann Partei eines Verfahrens, aber niemals Beschuldigte eines Strafverfahrens sein!  Wer ist der „strafrechtlich verantwortliche Arbeitgeber?“

Ein Unternehmen/ eine Firma beschäftigt freie Mitarbeiter. Die freien Mitarbeiter tragen Dienstkleidung der Firma und sind gemeinsam z.B. auf Baustellen oder im Betrieb tätig. Arbeitsbeginn und -ende werden durch die zu erbringenden Tätigkeiten und den Unternehmer/ den Betrieb vorgegeben. Als Selbstständige haben alle z.B. einen Gewerbeschein für ein eigenes Gewerbe oder sind als Handelsvertreter tätig. Sie stellen selbst Rechnungen – allerdings werden immer nur die Stunden, die erbracht worden sind, abgerechnet. Weitere Auftraggeber hat fast keiner. Machen sie Fehler, droht ihnen eine Schadensersatzpflicht, d.h. sie werden durch ihren Auftraggeber in Anspruch genommen etc.

II. Der Arbeitnehmerbegriff 1. Arbeitsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff? 2. Sozialrechtlicher Arbeitnehmerbegriff? 3. Steuerrechtlicher Arbeitnehmerbegriff? 4. Was sind sonstige Beschäftigte? arbeitnehmerrechtliche Beschäftigte freie Mitarbeiter/ geringfügig Beschäftigte/ leitende Angestellte etc.  strafrechtliches Problem der „Scheinselbstständigkeit“  Konkrete Beispielsfälle?

I. Haftung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen? 1. Präventive Beratung? 2. Repressive Beratung? II. Unternehmen als Opfer von Straftaten? o arbeitsrechtliche Fragestellungen? o strafrechtliche Fragestellungen? III. Im Kontext der prozessualen Besonderheiten?

o Verantwortungsvolle Interessenwahrnehmung erfordert jenseits sog. Standardfälle eine Trennung von arbeitsrechtlichem und strafrechtlichem Mandat. o Nur beim Strafverteidiger wird durch die Schweigepflicht die Wahrheitspflicht limitiert, d.h. rechtlich zulässigen Grenzen unterworfen! o „Erfolgreiche“ Anwaltstätigkeit hängt zudem von der Erfahrung im Umgang mit dem „Gegner“ und insoweit eben auch mit dem jeweiligen Prozessrecht ab. „Tipps und Tricks“ können ohne diese Erfahrung nicht helfen! Das im Einzelfall notwendige „Fingerspitzengefühl“ kann jeder nur in seinem Fachbereich entwickeln! o Ein Strafrechtler „denkt und handelt“ anders!

Beispiele: 1. Die „Verteidigungsschrift“? 2. Die „Erörterung des Sachverhalts“ mit dem Gegner/ Behörde/ Gericht? 3. Die Informationsquelle „Mandant“? 4. Die möglichen Strategien?

Nagel Schlösser Prof. Dr. Michael Nagel Fachanwalt für Strafrecht/ Richter am Anwaltsgericht Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!