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Veröffentlicht von:Ros Nein Geändert vor über 9 Jahren
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Psychologische Aspekte in der ärztlichen Anamnese und Diagnostik
Dipl.- Psych. Eva Seigerschmidt Psychologische Psychotherapeutin Schmerzambulanz Klinikum Großhadern der LMU München
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Gliederung Vorbereitungen Basisverhalten
Biopsychosziales Schmerzverständnis Barrieren und Lösungen Anamnesethemen Von der Anamnese zur Hypothese Mögliche Diagnosen
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Vorbereitungen Anamnesefragebogen, z.B. Schmerzfragebogen der DGSS- Arbeitsgruppe „Dokumentation“ Evtl. psychosomatisches Screening, z.B. SOMS (Rief et al, 1997) Vorbefunde sammeln
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Basics: kooperative Arbeitsbeziehung aufbauen
Setting: Zeit Angenehmer Raum Keine Störungen (Telefon? „Bitte nicht Stören“- Schild) Aktives Zuhören (PC/ Mitschrift minimal halten)
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Basics: Gesprächsverhalten
Carl Rogers, Klientenzentrierte Gesprächsführung: Empathie Wertschätzung Echtheit → Reformulieren, in anderen Worten wiedergeben → Nonverbale Signale senden
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Empathische Grundhaltung
Perspektive des Patienten einnehmen „Entdeckerhaltung“, „Columbotechnik“ „in dubio pro reo“ Sich eigene Vorurteile bewusst machen Mit Anamnese erst beginnen, wenn man den Patienten „im Boot“ hat
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Biopsychosoziales Schmerzverständnis
? oder
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Bitte Umdenken! Weg von monokausalen medizinischen oder psychologischen Theorien! Hin zu komplexem biopsychosozialem Schmerzverständnis!
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biopsychosoziales Schmerzmodell
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Schmerzanamnese: Probleme und Barrieren
Einseitig somatisch betontes Krankheitsverständnis Konzept der „Einbildung“ Überweisung durch Arzt „am Ende seiner Weisheit“ Negative Vorerfahrungen mit medizinischem System, insbesondere (pseudo-) psychologischen Ansätzen („Chronic lack of physician understanding“) Schwieriges Interaktionsverhalten „Flucht in die Psyche“, Pseudokooperation
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Barrieren: Lösungen Bedenken explorieren
Mit Exploration der körperlichen Beschwerden beginnen, Schmerz ernst nehmen! Psychosoziale Beeinträchtigungen fokussieren Informationen geben: z.B. Mobile- Metapher Somatisches Schmerzmodell ERGÄNZEN, nicht ersetzen wollen; Erfahrungen des Patienten einbeziehen
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Probleme während der Anamnese
Patient beginnt zu weinen: keine Angst vor Tränen! Validieren, entpathologisieren, evtl. auf positive Themen umlenken (bes. gegen Ende des Gesprächs) Pat. spricht „ohne Punkt und Komma“: unterbrechen, strukturieren, keine Angst vor „Unhöflichkeit“. Patient ist offen oder latent entwertend: eigene Gefühle bewusst wahrnehmen, diagnostisch verwerten, Pat. ausgiebig validieren, besonders ressourcenorientiert vorgehen (loben, Komplimente machen). Patient lehnt psychologische Ansätze pauschal ab: Vorbehalte explorieren/ verstehen, als Angebot darstellen, nicht überreden, freie Wahl lassen, Informationen geben.
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Anamnesethemen Aktuelle Beschwerden Entwicklung der Chronifizierung
Subjektive Krankheitskonzepte Einflussfaktoren und –bedingungen Sonstige Beschwerden Persönliche Entwicklung und aktuelle Lebenssituation Persönlichkeit, Bewältigungsstrategien
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Aktuelle Beschwerden Lokalisation Schmerzstärke Schmerzqualität
Häufigkeit und Dauer Beginn und zeitlicher Verlauf Auslöser
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Entwicklung der Chronifizierung
Schmerzbeginn vs. Behandlungsbeginn Beginn der chronischen Phase Einfluss von problematischen Arzt- Patient- Interaktionen („Damit müssen Sie leben“) Art und Anzahl der Behandlungen Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem (Stichwort Eigenverantwortung) Entwicklung des Medikamentenkonsums/ mögliche Suchtproblematik Unfallentschädigung/ Rentenantrag/ Arbeitslosigkeit
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Einflussfaktoren und -bedingungen
Exploration von Leistungs- und Stressverhalten: Arbeit, Hausarbeit, Freizeit, Tagesablauf Exploration vorhandener Bewältigungsstrategien Schmerzverhalten Fremdeinschätzung des Schmerzverhaltens Reaktionen der Umwelt
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Subjektive Krankheitsmodelle
„vom Arzt verpfuscht worden“ -> laufende Prozesse? „Nerv eingeklemmt“, „Entzündung“, „Knochen reiben aufeinander“, „Nerven liegen blank“ Angst vor Krebs, MS o.ä. „keine Ahnung“ -> Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Gefühl des Ausgeliefertseins
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Sonstige Beschwerden Aktuelle und frühere körperliche Beschwerden
Beschwerden ohne organischen Befund (z.B. SOMS, Rief et al. 1997) Operationen/ Eingriffe und deren emotionale Verarbeitung Schwere Krankheiten (Krebs, Herzinfarkt) und deren emotionale Verarbeitung Psychopathologischer Befund: insbesondere Depression, Ängste und posttraumatische Symptomatik
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Psychopathologischer Befund
Äußere Erscheinung/ Psychomotorik Bewusstsein Orientierung Formales & inhaltl. Denken, Gedächtnis & Konzentration Psychotische Symptome: Ich- Erleben, Wahnideen/ Wahnwahrnehmung, katatone Symptome Affekte, Antrieb Schlaf, Appetit, Libido Substanzkonsum Suizidalität
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Posttraumatische Symptomatik
Die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen beinhalteten. Die Reaktion der Person umfaßte intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen. Beharrliches Wiedererleben des traumatischen Ereignisses auf unterschiedliche Arten (z.B. wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen, wiederkehrende Alpträume, körperliche Reaktionen bei bestimmten Hinweisreizen). Anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind, oder eine Abflachung der allgemeinen Reaktionsfähigkeit (vor dem Trauma nicht vorhanden; z.B. Vermeiden von Gedanken, Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen; vermindertes Interesse an unterschiedlichen Dingen; Gefühl der Entfremdung von anderen). Anhaltende Symptome erhöhter Erregung (vor dem Trauma nicht vorhanden; z.B. Schwierigkeiten ein- oder durchzuschlafen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten). Das Störungsbild dauert länger als einen Monat. Das Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
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Chronische Traumatisierung
Krieg, Flucht, Not Verlust/ Fehlen einer konstanten Bezugsperson Alkoholmissbrauch in der Herkunftsfamilie Gewalt und Misshandlungen (Opfer oder Beobachter) in der Herkunftsfamilie/ Ehe/ Partnerschaft Sexueller Missbrauch (Cave: Suizidalität!) Emotionaler Missbrauch/ Vernachlässigung invalidierende Umgebung/ chronische Abwertung/ überzogene Leistungsanforderungen
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Biographie Beruf der Eltern/ Stiefeltern Geschwister
Andere signifikante Bezugspersonen Persönlichkeit der Eltern/ Stiefeltern/ anderen signifikanten Bezugspersonen/ Geschwister Beziehungen zu Eltern/ Stiefeltern/ anderen signifikanten Bezugspersonen/ Geschwistern Emotionale Atmosphäre im Elternhaus Umgebungs-/ historische Bedingungen (ländliche Gegend, Nachkriegszeit) Schulzeit: Leistungsverhalten, Beziehungen zu MitschülerInnen Partnerschaften/ Sexualität Beruflicher Werdegang Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten
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Vulnerabilitäts- Stress- Modell
Kritische Schwelle Stress Stress Stress Vulnerabilität Vulnerabilität Vulnerabilität
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Mögliche psychologische Diagnosen Nach ICD- 10; Kapitel F:
F54: psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Erkrankungen F 62.80: Chronischer Schmerz mit biopsychoszialen Konsequenzen F45.4: anhaltende somatoforme Schmerzstörung F43.2: Anpassungsstörungen F43.1: posttraumatische Belastungsstörung F32: depressive Episode F60: spezifische Persönlichkeitsstörungen (Cave: Etikettierung) F45.0: Somatisierungsstörung F45.2: hypochondrische Störung F45.3: somatoforme autonome Funktionsstörung F68.1: artifizielle Störung
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Somatoforme Störungen im Überblick
F45.0 Somatisierungsstörung F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung F45.2 hypochondrische Störung F45.3 somatoforme autonome Funktionsstörung F45.4 anhaltende somatoforme Schmerzstörung
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F 45.0: Somatisierungsstörung: Hauptkriterien
Min. 2 Jahre Multiple und wechselnde Beschwerden Bekannte körperliche Erkrankungen erklären nicht Schwere, Ausmaß, Vielfalt, Dauer der Beschwerden sowie die damit verbundene soziale Behinderungen Ständige Beschäftigung, andauerndes Leiden führen zu min. 3 Arzt-/ Therapeuten- Konsultationen Hartnäckige Weigerung zu akzeptieren bzw. nur vorübergehende Akzeptanz, dass keine ausreichende körperliche Ursache für Symptome Insgesamt min. 6 Symptome, Symptome aus min. 2 verschiedenen Gruppen: Gastrointestinale Kardio- vaskuläre Urogenitale Haut- und Schmerzsymptome
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Hypochondrische Störung: Hauptkriterien
Min.6 Monate Überzeugung, an einer (max.2) schweren Erkrankung zu leiden Ständige Sorge -> andauerndes Leiden, Störung des alltäglichen Lebens, Nachsuche von medizinischen Behandlungen/ Untersuchungen Hartnäckige Weigerung zu akzeptieren bzw. nur vorübergehende Akzeptanz, dass keine ausreichende körperliche Ursache für Symptome
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Somatoforme autonome Funktionsstörung: Kriterien
Symptome der autonomen Erregung, welche der Pat. einer körperlichen Krankheit zuordnet: Herz/ kardiovaskuläres System Oberer/ unterer Gastrointestinaltrakt Respiratorisches System Urogenitalsystem Min. 2 vegetative Symptome (Palpitationen, Schweißausbrüche, Mundtrockenheit, Hitzewallungen/ Erröten, Druckgefühl im Epigastrium, Kribbeln oder Unruhe in der Magengegend). Min 1 Symptom wie Brustschmerzen, Dyspnoe, häufiger Stuhlgang, Völlegefühl u.a. Keine organische Störung
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F45.4 anhaltende somatoforme Schmerzstörung
Andauernder, schwerer, quälender Schmerz Durch physiologischen Prozess/ körperliche Störung nicht vollständig erklärbar In Verbindung mit emotionalen Konflikten und psychosozialen Belastungen auftretend Beträchtlich gesteigerte persönliche/ medizinische Hilfe
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