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Der Zustand öffentlicher Finanzen, makroökonomische Stabilität, Wirtschaftswachstum * Leszek Balcerowicz Warsaw School of Economics 1 Für die Unterstützung.

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1 Der Zustand öffentlicher Finanzen, makroökonomische Stabilität, Wirtschaftswachstum * Leszek Balcerowicz Warsaw School of Economics 1 Für die Unterstützung bei der Vorbereitung dieser Präsentation danke ich Magda Ciżkowicz, Andrzej Rzońca, Aleksander Łaszek, Marcin Brycz, Andrzej Jędrzejowicz, Marek Radzikowski und Lech Kalina. Die Präsentation wurde erstmals am 7. Dezember 2011 im Bundesministerium der Finanzen in Berlin vorgestellt.

2 Inhaltsangabe: I.Der Zustand öffentlicher Finanzen. II.Öffentliche Finanzen als systematische Wachstumsbremse III.Krisen, die eine Haushaltskrise beinhalten IV.Folgen von Finanz- und Haushaltskrisen: bisherige Erfahrungen V.Zentralbanken, Staatsverschuldung, Inflation VI.Haushaltskonsolidierung und Haushaltsreformen VII.Welche sind die strukturellen Probleme der Eurozone? Auf welche Weise können sie gelöst werden? VIII.Dringende Reformen 2

3 I. Der Zustand öffentlicher Finanzen 3

4 I.1 Konventionelle Indikatoren Ausgaben Steuern Defizit (Überschuss) offene Staatsverschuldung Schlüsselelement sind die Ausgaben, insbesondere die Sozialtransfers Diagramm 1. Regierungsausgaben insgesamt in Prozent des BIP Quelle: V. Tanzi, L. Schulknecht, „Public spending in 20th century”, Cambridge University Press 2000; World Economic Database Diagramm 2. Sozialausgaben (Sach- und Geldleistungen) in Prozent des BIP Quelle: Magisterarbeiten z. T. der Entwicklung von Wohlstandsstaaten (Magda Ciżkowicz, Jarosław Kantorowicz, Piotr Pękała, Wiktoria Rak, Seweryn Szwarocki). 19131920193719601980199020002007 Frankreich 17,027,629,034,646,149,851,652,3 Deutschland 14,825,034,132,447,945,1 43,6 Italien 17,130,131,130,142,153,446,247,9 GB 12,726,230,032,243,039,939,044,2 USA7,512,119,727,031,432,834,536,6 1913 1920193719601980199020002007 Frankreich 1,23,713,726,129,332,0 Deutschland 21,130,427,631,828,9 Italien 2,23,316,425,428,429,631,5* GB 7,110,515,322,924,726,329,9 USA 8,69,718,118,419,621,4 4

5 I.2. Konventionelle Indikatoren liefern kein vollständiges Bild vom Zustand öffentlicher Finanzen, da sie verdeckte Verbindlichkeiten (Schulden) nicht berücksichtigen 1.1 Offene Verbindlichkeiten (Schulden) kontra 2. 1 Öffentliches Vermögen 1.2 Verdeckte Verbindlichkeiten (gesetzliche Zusagen, vor allem von Sozialleistungen) 2.2 Zukünftige Steuern Überalterung der Gesellschaft 5 In praktisch allen hochentwickelten Ländern besteht ein deutliches Ungleichgewicht zwischen dem aktuellen Wert der Elemente 1.1 und 1.2 sowie dem Wert der Elemente 2.1 und 2.2 Mögliche Auswege aus dieser Lage (gute und schlechte): 1. Privatisierung von Staatseigentum zwecks Reduzierung der offenen Staatsverschuldung. 2. Einführung von Reformen, die folgendes bewirken würden: Reduzierung von verdeckten Verbindlichkeiten (Reform des Sozialstaates), Beschleunigung des Wirtschaftswachstums. 3. Steuererhöhungen – werden das Gegenteil des beabsichtigten Zwecks bewirken, da das Verhältnis der Steuern zum BIP bereits jetzt hoch ist. Weitere erhebliche Steuererhöhungen könnten das Wirtschaftswachstum gefährden. 4. Reduzierung von offenen Verbindlichkeiten: in sichtbarer Weise (Schuldenrestrukturierung), in versteckter Weise (Inflation) – möglich nur im Fall von Schulden in Landeswährung.

6 I.3. Zwei Arten schlechter Haushaltspolitik 1.Staatsfinanzen als systematische Bremse des Wirtschaftswachstums 2.Staatsfinanzen als Quelle eines Wachstums- einbruchs (Krisenquelle) 6

7 II. Öffentliche Finanzen als systematische Bremse des Wirtschaftswachstums (Folge eines überbordenden und falsch konstruierten Sozialstaates – [welfare state – WS]) 7

8 Auswirkungen des Sozialstaates (effects of the welfare state, Ews = E (WS; E)) Da der Sozialstaat eine komplexe institutionelle Variable ist, sind die Auswirkungen seines Funktionierens vom Zustand dieser Variablen abhängig, d. h. von seiner Größe und Struktur. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass die Größe von der Struktur beeinflusst wird. Die Auswirkungen des Sozialstaates hängen auch vom Umfeld ab, in welchem dieser funktioniert, so würde zB. das dänische Modell in den USA eine wesentlich höhere Arbeitslosenrate als in Dänemark nach sich ziehen, da das Arbeitsangebot in den USA wesentlich rascher wächst. Unterschiedliche Modelle sollten stets im Kontext der gleichen Bedingungen verglichen werden.. Vier Phänomene sind mit dem Funktionieren großer und falsch konstruierter Sozialstaaten verknüpft: 1) eine Verzerrung von Anreizen, die auf den Einzelnen einwirken – und als Folge dessen – eine Verzerrung seiner Verhaltensmuster (z. B. der Bereitschaft, zu arbeiten, eine Beschäftigung zu suchen, zu sparen); 2) eine Verzerrung von Verhaltensmustern führt zu einer Verringerung der Arbeitsfähigkeit (Hysterese); 3) eine massenhaft auftretende Verzerrung von Verhaltensmustern führt zu Veränderungen von sozialen Normen (z. B. der Arbeitsethik, des Familienzusammenhalts (A. Lindbeck, 2003)); 4) eine Ausdehnung des Sozialstaates bewirkt eine Verdrängung von bestehenden oder potentiellen Formen von nichtstaatlicher Sozialhilfe oder Nachbarschaftshilfe (mehr hierzu in späterer Folge). Als Ergebnis dieses Verdrängungseffekts sind die nichtstaatlichen Mechanismen (sowohl die marktbezogenen als auch die nicht marktbezogenen) in größeren Sozialstaaten schwächer als in kleinen. Zu den Folgen überbordender Sozialstaaten ist somit u. a. auch der Verdrängungseffekt nichtstaatlicher Mechanismen hinzuzurechnen. 8

9 Diagramm 3. Analytisches Schema Wachsende Sozialtransfers Erhöhung der Besteuerung Haushalts- situation des Staates Anwachsen „sozialer“ Regelungen: übermäßiger Schutz von Arbeitsplätzen überhöhte Mindestlöhne (Frankreich) Abschwächung des Wirtschafts- wachstums Steigerung von Langzeitarbeitslosigkeit Langsamere Steigerung des Lebensstandards Schwächere Position auf der internationalen Arena Armut Soziale Ausgrenzung generationen- übergreifende Folgen 9

10 Weitere Konsequenzen des Funktionierens großer und falsch konstruierter Sozialstaaten Steigerung sozialer Ungleichheit 1. Opfer einer hohen strukturellen Arbeitslosigkeit sind Frauen und junge Menschen (OECD). 2. Ein starker Schutz von Arbeitsplätzen bewirkt eine Aufteilung in privilegierte „Insider“ und diskriminierte „Outsider“ (dualer Arbeitsmarkt). 3. Sozialtransfers sind in vielen Ländern, insbesondere in der Dritten Welt, regressiv, dh. sie kommen in hohem Maße reichen Menschen zugute. Schlechte Zuerkennung von Sozialtransfers – Schweden: Krankengeld: 1955: 12 Tage/Person/Jahr, 2001: 32 Tage/Person/Jahr. – Deutschland - „Sozialbetrug”. Steile Steuerprogression – Schwächung der Anreize zu längerer Arbeit. – Stimulierung der Grauzone des Arbeitsmarktes und/oder Schwächung der Arbeitsteilung in der Bevölkerung (kostspielige Dienstleistungen). 10

11 Das Anwachsen des Sozialstaates bewirkt eine Verdrängung bestehender oder potenzieller Formen nichtstaatlicher Sozialhilfe oder Nachbarschaftshilfe Großbritannien – Friendly societies (Nachbarschaftshilfe, Selbstorganisation): 1877: 2,8 Mio Mitglieder, 1897: 4,8 Mio Mitglieder, 1910: 6,6 Mio Mitglieder. – Nach 1948 gab es einen starken Rückgang der Mitgliederzahl (P. Green, 1988). – Bildungsausgaben in Großbritannien: 1833: 1 Prozent des Nationaleinkommens, 1920: 0,7 Prozent des Nationaleinkommens (E. West, 1991). Vereinigte Staaten von Amerika – Die Einschränkung der staatlichen Sozialausgaben gegen Ende des 19. Jh. ging mit dem Ansteigen der Zahl außerstaatlicher Initiativen einher. – Eine 1%-ige Steigerung – pro Einwohner gerechnet – der Sozialleistungen des Bundesstaates für Bildung, Gesundheitsfürsorge und Sozialhilfe in den Jahren 1950-70 führte zu einem 0,28%- igen Rückgang der für wohltätige Zwecke gespendeten Mittel (R.D. Roberts, 1984). – Sozialhilfetransfers, Arbeitslosengelder, Entschädigungszahlungen für Arbeitsunfälle sowie Zahlungen von Sozialversicherungsleistungen haben die privaten Transfers von Geld und Zeit in den Haushalten eingeschränkt (D. Lam, R. Schoeni, 1993). 11

12 Sozialtransfers, Arbeitskräfte, Ersparnisse privater Haushalte Schlussfolgerungen: Öffentl. Sozialtransfers bringen die ökonomischen Verhaltensmuster des Einzelnen durcheinander. Sozialhilfezahlungen schwächen den Arbeitswillen: eine Erhöhung der Beträge sowie der Bezugsdauer führt zu einer Verminderung des Arbeitsangebots. Öffentl. Sozialtransfers beeinflussen auch den Sparwillen privater Haushalte. Giovanni Mastrobuoni, „Labor Supply Effects of the Recent Social Security Benefit Cuts: Empirical Estimates Using Cohort Discontinuities”, Princeton University CEPS Working Paper No. 136, 2006. Der Autor analysiert den Einfluss des Kongressbeschlusses der USA betr. die Anhebung des regulären Pensionsalters (NRA) um 2 Monate jährl. auf die Entscheidung, in Pension zu gehen. Die Analyse der Kohorte 1938, 1939 u. 1940 zeigt, dass das tatsächliche Pensionseintrittsalter um 50% der Steigerung des NRA gestiegen ist. Gary V. Engelhardt; Anil Kumar, „The Repeal of the Retirement Earnings Test and the Labor Supply of Older Men”. Journal of Pension Economics and Finance, 1-22, 2009. Die Autoren analysieren den Einfluss der Abschaffung der Einkommensgrenze, die bei Personen im Alter von 65-69 J. zum Bezug einer Pension in voller Höhe berechtigt, auf das Arbeitsangebot für ältere Männer. Auf der Basis von Daten des Health and Retirement Study aus 1996-2004 zeigte das Modell, dass die Abschaffung der Einkommensgrenze das Arbeitsangebot in der geprüften Altersgruppe um 12-17% steigern würde. David Neumark, Elizabeth T. Powers, „The Effects Of Changes In State SSI Supplements On Preretirement Labor Supply”, Public Finance Review, vol. 33 (1 stycznia 2005), 3-35. In der Arbeit wurde der Einfluss der Großzügigkeit des Sozialhilfeprogramms (SSI) auf das Arbeitskräfteangebot für Personen im Alter von 62-64 J. analysiert. In Hinblick darauf, dass die Leistungen nach Einkommenskriterien zuerkannt werden, bilden sie für ältere Personen Anreize, ihre Arbeit einzuschränken oder aufzugeben. Die Analyse hat gezeigt, dass eine monatl. Steigerung des SSI um 100 USD eine Reduktion des Arbeitsangebots in der betr. Altersgruppe um ca 3% nach sich ziehen würde. Marco Caliendo, Konstantinos Tatsiramos, Arne Uhlendorff, „Benefit Duration, Unemployment Duration and Job Match Quality: A Regression-Discontinuity Approach", IZA Discussion Papers 4670, Institute for the Study of Labor (IZA), 2009. Die Autoren analysieren den Einfluss der Auszahlungsdauer von Arbeitslosengeld auf die durchschnittliche Arbeitslosigkeitsdauer. Die Prüfung stütze sich aauf die plötzliche Änderung der max. Bezugsdauer von Arbeitslosengeld in Deutschland für Personen über 45 J. (Erhöhung von 12 auf 18 Monate). Die Analyse ergab eine starke Steigerung des Prozentsatzes von Personen, die zum Zeitpunkt des Erlöschens des Arbeitslosengeldes aus der Arbeitslosigkeit herauskommen. Infolgedessen wird eine Verlängerung der Zuerkennungsdauer des Arbeitslosengeldes eine Verlängerung der durchschnittl. Arbeitslosigkeitsdauer bewirken. A. Krueger, B. Meyer, „Labor supply effects of social insurance”, (w:) A. J. Auerbach, M. Feldstein (red.) Handbook of Public Economics, rozdział 33, 2002. Schlussfolgerungen aus empirischen Untersuchungen betr. den Einfluss von Arbeitslosenversicherungen auf den Arbeitsmarkt bestätigen die These von einer negativen Korrelation zwischen der Großzügigkeit der Leistungen und der Anzahl der Ansuchen um diese Leistungen. Nach Durchsicht der entspr. Literatur schätzen die Autoren, dass die Flexibilität der Arbeitslosenrate bezogen auf die Ersetzungsrate „ca. 0,5“ beträgt. Ebenso bestätigen empirische Untersuchungen auch den Einfluss der Höhe der Arbeitslosengelder auf die Arbeitslosigkeitsdauer. In diesem Fall wird die Flexibilität ebenfalls auf ca. 0,5 geschätzt, obwohl die Schätzungen anderer Quellen voneinander stärker abweichen. 12

13 III. Krisen, die eine Haushaltskrise beinhalten 13

14 III.1 Der Einfluss einer Krise auf das Wirtschaftswachstum kann langfristig riesig sein, wurde jedoch in der Wirtschaftsliteratur bislang ignoriert – und dabei: 1960-1971 Dank der Liberalisierung des Handels und ausländischer Direktinvestitionen entwickelt sich Spanien rascher als Mexiko. 1972-2008 Hauptquelle des unterschiedlichen Entwicklungstempos bilden Wirtschaftskrisen in Mexiko in 1982 und 1986 sowie – in geringerem Maße – in 1995, welche durch eine expansive Währungspolitik, durch eine wachsende Auslandsverschuldung, durch eine Entwertung des Peso sowie durch eine schwache Bankenaufsicht hervorgerufen wurden. BIP pro Kopf 1990 in USD (hochgerechnet mithilfe der Kaufkraftparität mittels der Geary-Khamis-Methode). Quelle: The Conference Board and Groningen Growth and Development Centre, Total Economy Database, January 2009; L. Balcerowicz, A. Rzońca, „The Puzzles of Economic Growth. The Propelling Forces and the Crises: the Comparative Analysis”, 2010 14

15 III. 2. Zwei Arten von Krisen, die eine Haushaltskrise beinhalten (Krise der Staatsverschuldung) 1.Finanzkrise (Bankenkrise) Haushaltskrise 2.Haushaltskrise Finanzkrise (Bankenkrise) 15

16 Diagramm 4. Dynamik von Finanz- und Haushaltskrisen Falsche Politik oder Instabilität von Märkten? Boom des Privatsektors Wachstums- einbruch des Sektors Rezession Finanzkrise Haushalts- probleme Höhere Steuer- einnahmen 2001200220032004200520062007200820092010 Verschuldung von Haushalten /BIP Irland49,62%54,79%62,59%72,70%85,99%94,41%101,70%112,55%123,28%118,89% Spanien48,14%52,08%57,61%64,41%71,87%79,22%83,24%83,92%86,43%85,69% Großbritannien74,89%76,15%82,73%87,53%92,55%98,34%92,81%84,45%103,68%99,16% Immobilienpreis index Irland60,664,974,182,488,5100,5100,090,978,566,3 Spanien47,054,464,075,285,694,6100,0100,793,289,6 Großbritannien50,363,072,882,985,693,5100,085,388,188,6 Quelle: Eurostat, EBC, Nationwide 16

17 III.3. Politische Entscheidungen, die Finanzkrisen begünstigen Die Lektüre von Literatur über die Ursachen von Finanzkrisen ermöglicht es, auf Phänomene politischer Natur hinzuweisen, die zum Ausbruch einer Krise beitragen: 1. Die Verpolitisierung (Verstaatlichung) von Entscheidungen betreffend Krediterteilungen: in der Regel werden sie von politischen Überlegungen geleitet, die über die wirtschaftliche Risikoeinschätzung dominieren, was zu riesigen Verlusten der Banken oder/und zu einer Schuldenkrise führt. Die Tätigkeit von Fannie May und Freddie Mac in den USA stellt ein aktuelles Beispiel dieses Phänomens dar. 2. Die bestehende lockere Haushaltspolitik: sie trägt zu einem gewaltsamen Anstieg der Ausgaben bei, sie kann auch Bankenverluste und Probleme mit der Staatverschuldung bewirken. 3. Eine Währungspolitik, die zeitweise „in Windrichtung“ agiert, d.h. zum Entstehen von Spekulationsblasen beiträgt (z. B. die Politik des FED nach 2000). Dieses Phänomen ist mit der Doktrin einer Währungspolitik verbunden, die ihr Ziel auf die Stabilisierung einer kurzfristigen Inflation des VPI beschränkt und die einer Änderung der Preise für Aktiva und anderer damit verbundenen Indikatoren (z. B. einer Steigerung von Geld- und Kreditaggregaten) gegenüber eine passive Haltung voraussetzt. 4. Steuerliche Regelungen, die eine Schuldenfinanzierung einer Kapitalbeschaffung (Equity-Beschaffung) vorziehen. 5. Subventionierung von Hypothekarkrediten. 6. Finanzregelungen, die zu einer übermäßigen Securitisierung ermutigen, z. B. die in den Bestimmungen von Basel I enthaltenen Risikogewichtungen sowie die obligatorische Nutzung von Kreditratings durch Finanzinvestoren. 7. Übermäßiger Depotschutz, der eine wesentliche Quelle der Marktdisziplin eliminiert. 8. Regelungen, die die Konzentration von Gesellschaftern in Großbanken beschränken und dadurch eine Steigerung des Problems der Agenturen bewirken und die Marktdisziplin untergraben (Calomiris, 2009a). Das kann in der Tat zu einem Anreiz werden, Management- Kompensationssysteme zu schaffen, die dazu ermutigen, kurzfristige Gewinne zu erzielen und langfristige Risiken außer Acht zu lassen. 9. Aktionen, die zum Auftreten des Syndroms „too big to fall“ führen: Subventionierung großer Finanzkonglomerate durch die Finanzmärkte – durch eine verringerte Risikoprämie. Dies ist eine weitere wichtige Form von staatlicher Intervention, die die Marktdisziplin schwächt. Die daraus resultierende Geschäftskonzentration bewirkt angesichts der Finanzkrise einen riesigen Druck auf die Regierenden, sie mögen große Finanzunternehmen laufend retten, was gewissermaßen einen Teufelskreis hervorruft. Aktionen, die zu dem genannten Syndrom führen, umfassen auch die Akzeptanz von Fusionen zwischen Finanzinstituten mit einer gewissen Marktposition sowie die Politik des leichten Geldes, die die Entstehung riesiger Finanzkonglomerate unterstützt. 17

18 Tabelle 5. Dynamik von Finanz- und Haushaltskrisen Destruktive politische Konkurrenz Schwache Mechanismen zur Beschränkung der Regierung Systematisch überhöhte Ausgaben (Sozialausgaben, Regierungsausgaben) „Gaben des Schicksals”: Entdeckung von Gasvorkommen (wie in den Niederl. in den 70er- J. d. 20. Jh). Herabsetzung der Zinssätze (Griechenland, Portugal, Spanien, Italien) Langsameres Wachstum bedingt durch die verminderte Qualität des institutionellen Systems: Sinkende Beschäftigung u/o steigende strukturelle Arbeitslosigkeit Markt- u. wettbewerbswidrige Regelungen Wachsender öffentlicher Sektor Probleme des Finanzsektors Haushalts- probleme hin und wieder 199019952000200520062007200820092010 Griechenl Gesamtausgaben des Sektors Staatsfinanzen 43,4343,1746,6443,9545,1646,6449,6552,8449,48 Defizit/Überschuss des Sektors Staatsfinanzen -14,51-6,99-3,69-5,30-6,12-6,69-9,80-15,51-10,42 Nettoverschuldung des Sektors Staatsfinanzen 64,2266,4077,41100,29106,11105,41110,72127,10142,76 Portugal Gesamtausgaben des Sektors Staatsfinanzen 39,2639,6639,2942,4240,8244,3044,6449,8350,64 Defizit/Überschuss des Sektors -5,06-3,41-1,09-2,54-0,36-3,15-3,54-10,11-9,14 Nettoverschuldung des Sektors Staatsfinanzen n/a 41,9757,9558,7763,6667,3678,7988,70 Quelle: IWF 18

19 IV. Folgen von Finanz- und Haushaltskrisen im Lichte von Erfahrungen 19

20 1. Offizielle Rettungsprogramme Internationaler Währungsfonds Europäische Institutionen 2. Kauf von Regierungsanleihen durch die Zentralbank mit der Wirkung eines Inflationsanstiegs ohne Wirkung in Form eines Inflationsanstiegs (?) 3. Auferlegung von Beschränkungen auf den Finanzsektor 4. Direkte Schuldenreduktion einseitig ausverhandelt 5. Haushaltskonsolidierung (Reformen) gelungen misslungen 20 Kommentar: Rettungsprogramme führen zu einer Versuchung zum Missbrauch (moral hazard): sie lösen nicht den Kern des Problems, bestenfalls bedeuten sie einen Zeitgewinn für die Vorbereitung eines Reformpakets/einer Haushaltskonsolidierung (siehe reichhaltige Literatur des IWF). Rettungsprogramme werden weder Reformen noch eine Konsolidierung ersetzen. Eine Rückkehr zur Idee, dem Finanzsektor starke Beschränkungen aufzuerlegen, ist – hoffen wir – kaum wahrscheinlich. Eine entsprechende Haushaltskonsolidierung und Reformen können das Vertrauen von Finanzmärkten wiederbringen, sie werden nämlich sowohl kurzfristige als auch langfristige Folgen haben (mehr hierzu in weiterer Folge). Populäre Ausdrücke wie „Epidemie“, „Dominoeffekt“ sind bloß irreführende Metaphern. Die gedankenlose Verwendung dieser Metaphern trägt dazu bei, dass zusätzlicher Druck auf die Zentralbanken entsteht, Rettungsprogramme durchzuführen und „entsprechende Schritte zu setzen“. Zu späte und nicht ausreichende u/o schlecht vorbereitete Konsolidierungsaktionen oder Haushaltsreformen verstärken diesen Druck nur noch.

21 V. Zentralbanken, Verschuldung, Inflation 21

22 V.1. Personen, die auf die Europäische Zentralbank Druck ausüben und von ihr verlangen, sie solle Regierungsan- leihen in der Eurozone aufzukaufen beginnen, bedienen sich dreier rhetorischer Kniffe: 22 sie dehnen den Begriff des „Kreditgebers letzter Instanz” aus (siehe die Kritik von O. Issing), sie formulieren eine Alternative: entweder nimmt die EZB die Rolle des „Kreditgebers letzter Instanz“ auf sich oder es kommt zu einer Katastrophe, sie führen als Beispiel die FED und die Bank of England als Hauptbezugspunkte an, als wäre irgendein Beispiel in der Lage, eine Analyse zu ersetzen. Diese rhetorischen Kniffe können eine sorgfältige vergleichende Analyse der Konsequenzen der EZB-Aktionen nicht ersetzen.

23 V.2. Die ersten Analysen zeigen bereits, dass ein groß angelegter Aufkauf von Regierungsanleihen durch die EZB die schlechteste Art eines Rettungsprogramms wäre : Das würde zu der ernstlichen Gefahr eines moralischen Risikos führen (Schwächung von Reformanreizen), es würde ein Risiko von Inflation und anderer ungünstiger Tendenzen nach sich ziehen, es würde das Vertrauen in die EZB untergraben, es würde der EZB eine starke politische Position verleihen, was einer Einladung zur Druckausübung durch Politiker gleichkäme, es wäre ein weiteres Beispiel von Verletzung der Rechtsstaatlichkeit in der EU, obendrein in einer Situation, in der dem Vertrauen Schlüsselbedeutung zukommt. 23

24 USAGB Quelle: Bank of Japan, IWF Quelle: FED, IWFQuelle: Eurostat, IWF 24 V.3. Meines Wissens nach existieren keine genaueren Analysen der Folgen der Quantitativen Lockerung (QE) sowie der Monetarisierung der Staatsverschuldung in Japan, in den USA und in Großbritannien. Doch hatten diese Operationen sicherlich nichts mit einem „free lunch“ zu tun. In Japan trugen die erwähnten Operationen zu überaus niedrigen Zinssätzen bei und verzögerten die Einführung von Reformen und die Restrukturierung der Wirtschaft, wodurch sie das Tempo des Wirtschaftswachstums geschwächt und die Staatsverschuldungskrise vertieft haben. In den USA ist es nicht gelungen, eine Verlangsamung der Wirtschaft zu verhindern, und die Inflationsrate ist nicht gesunken. Die QE, die die Monetarisierung der Staatsverschuldung umfasst, trug zum Entstehen von Spekulationsblasen auf den Weltmärkten bei (u. a. bei Erdöl). In GB wird die QE von einer Verringerung des Tempos der Wirtschaftssteigerung und einem Inflationsschub begleitet. Geldbasis/BIPInflationBIP-Dynamik 19909%3,05%5,6% 19918%3,28%3,3% 19928%1,74%0,8% 19938%1,31%0,2% 19949%0,60%0,9% 19959%-0,10%1,9% 19969%0,10%2,6% 199710%1,88%1,6% 199811%0,58%-2,0% 199912%-0,29%-0,1% 200013%-0,68%2,9% 200114%-0,78%0,2% 200218%-0,88%0,3% 200321%-0,30%1,4% 200422%0,00%2,7% 200522%-0,30%1,9% 200619%0,30%2,0% 200717%0,00%2,4% 200818%1,39%-1,2% 200920%-1,37%-6,3% 201021%-0,72%4,0% 2011-0,37%-0,5% Geldbasis/BIPInflationBIP-Dynamik 20076,28%2,87%1,91% 200812,61%3,82%-0,34% 200915,92%-0,33%-3,49% 201015,39%1,65%3,03% 20112,99%1,53% Geldbasis /BIPInflationBIP-Dynamik 20075,33%2,35%2,69% 20086,74%3,63%-0,07% 200914,58%2,12%-4,88% 201013,71%3,34%1,35% 20114,51%1,14% Japan

25 VI. Haushaltskonsolidierung und Reformen 25

26 Unter welchen Bedingungen hat ein gekürztes Budget die Chance, längerfristig zu bestehen? Vor allem dann, wenn die Veränderungen sich auf Ausgabenkürzungen stützen Autoren Analysierte StaatenAnalyse- zeitraum Wesentliche Schlussfolgerungen Alesina, Perotti (1996) 20 OECD-Länder und drei Fallstudien (Dänemark, Irland, Italien 1960-1994„Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass Fiskalanpassungen, die vor allem in Ausgabenkürzungen für Transfers und in der Senkung von Löhnen und Gehältern im öffentlichen Sektor bestehen, größere Erfolgschancen haben (…). Anpassungen hingegen, die sich auf Steuererhöhungen und die Streichung von Investitionen der öffentlichen Hand konzentrieren, sind nicht von Dauer.” McDermott, Westcott (1996) 20 OECD-Länder1970-1995„Eine Budgetkonsolidierung, die sich auf die Ausgabenseite konzentriert, insbesondere auf Transfers und Löhne und Gehälter von Regierungsbeamten, hat bessere Chancen auf eine Senkung der Staatsverschuldung als eine Konsolidierung, die sich auf Änderungen im Steuerbereich stützt. Überdies: je größer die Skala der Budgetkonsolidierung, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie eine Senkung der Verschuldungsquote nach sich zieht.” Alesina, Ardagna (1998) 20 OECD-Länder und 10 Fallstudien 1960-1994„Drei Elemente scheinen bei einer erfolgreichen, dauerhaften und expansiven Fiskalanpassung ausschlaggebend zu sein. Erstens muss sie Ausgabenkürzungen für Transfers, Sozialfürsorgeprogramme und Löhne und Gehälter von Regierungsbeamten beinhalten. Überdies muss es zu einer Einigung mit den Gewerkschaften kommen, wodurch eine gemäßigte Lohnpolitik möglich würde. Wichtig ist auch eine Entwertung, die noch vor der Inangriffnahme der Budgetkonsolidierung durchzuführen ist.” Alesina, Ardagna (2009) 21 OECD-Länder1970-2007„Fiskalanpassungen, die sich auf Ausgabenkürzungen und die Nichtanhebung von Steuern stützen, haben bessere Chancen, in einer Senkung des Defizits und der Verschuldungsquote in Verhältnis zum BIP zu münden als Änderungen, die auf Steuererhöhungen aufbauen.” 26

27 Autoren Analysierte Staaten Analyse- zeitraum Wesentliche Schlussfolgerungen Hagen von, Hallett, Strauch (2002) 20 OECD- Länder 1960–1998„(…) die Wahrscheinlichkeit der Nachhaltigkeit von Konsolidierungsmaßnahmen steigt, wenn Regierungen politisch sensible Budgetelemente behandeln, wie Transfers, Subsidien oder Löhne und Gehälter in der öffentlichen Verwaltung. Variable Strategien, bei denen die Maßnahmen mit Steuererhöhungen beginnen und erst danach die Ausgaben gesenkt werden, ergeben keine besseren Resultate als eine konsequente, auf Ausgaben gestützte Konsolidierung. Unsere Analyse zeigt auch, dass die Entscheidungsträger auch den Effekt der Konsolidierungsmüdigkeit (consolidation fatigue) berücksichtigen sollten. Überdies haben die wirtschaftlichen Bedingungen zu Beginn und während der Fiskalkonsolidierung große Bedeutung. Eine hohe Verschuldungsquote im Verhältnis zum BIP sowie Ausgabensenkungen in anderen OECD-Ländern erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Nachhaltigkeit der Konsolidierung. Eine schwache, aber neu auflebende Volkswirtschaft wird überdies zu ihrer Nachhaltigkeit beitragen”. Guichard, Kennedy, Wurzel, André (2007) 24 OECD- Länder 1978-2003„Ein hohes Ausgangsniveau des Budgetdefizits und hohe Zinssätze beschleunigen die Einführung von Fiskal- anpassungen und erhöhen ihre Skala und Dauer. Bezüglich der Effektivität von Fiskalpolitik lässt sich sagen, dass weitreichende Konsolidierungsmaßnahmen stets von einer Betonung von Ausgabenkürzungen gekenn- zeichnet waren. Haushaltsansätze, die ein vorbestimmtes Ausgabenniveau beinhalten, sind in der Regel mit größeren und längeren Anpassungsmaßnahmen verbunden, die auf institutionelle Elemente ausgerichtet sind, welche bei der Ausarbeitung gelungener Milderungsmaßnahmen potenziell eine wesentliche Rolle spielen. Erfahrungen unterschiedlicher Länder zeigen auch, dass gewisse Eigenschaften geplanter Änderungen, wie Transparenz, die Fähigkeit zu Schocküberwindung und wirksame Vollziehungsmechanismen die Wirksamkeit von Haushaltsregeln wesentlich mitzubestimmen scheinen”. Barrios, Langedijk, Pench (2010) 27 MS der EU sowie 8 OECD- Länder, die nicht Mitglied der EU sind 1970-2008(i) „angesichts der systembedingten Finanzkrise stellt die Reparatur des Bankensektors die allererste Bedingung für eine Fiskalkonsolidierung dar, welche auf eine Senkung der Verschuldungsquote ausgerichtet ist – insbesondere dann, wenn die Fiskalkonsolidierung gewaltig sein muss”. (ii) auch nach einer Reparatur des Bankensektors ist die Fiskalkonsolidierung in der Regel weniger wirksam als in einer Situation, in der eine Finanzkrise nicht besteht, obwohl eine energischere Fiskalkonsolidierung (d.h. eine „kalte Dusche“) in der Regel bessere Ergebnisse erzielt. (ii) die Dynamik der laufenden Verschuldung in der EU ist außergewöhnlich ungünstig - in Verbindung mit wachsenden Schuldenbedienungskosten und bedeutend gesenkten Wachstumsprognosen wird es in manchen Fällen begründet sein, in verschiedenen Staaten unterschiedliche Konsolidierungsstrategien anzuwenden. (iv) Wir haben keine Beweise für die These gefunden, dass eine Währungsabwertung (incl. des reellen Wechselkurses) zu einer Stärkung der Wirksamkeit der Fiskalkonsolidierung führt, da die Auswirkungen eines solchen Schrittes unerheblich und unbedeutend erscheinen”. 27

28 Unter gewissen Bedingungen kann sich eine Budgetkonsolidierung als expansiv erweisen. Die Theorie zeigt Kanäle auf, über welche eine Budgetanpassung zu solchen nicht-keynesianischen Folgen führen kann. 28 Generelle Untersuchungen bestätigen, dass nicht-keynesianische Effekte einer Haushaltskonsolidierung öfter auftreten, wenn: die Staatsverschuldung vor der Budgetkonsolidierung hoch ist oder rasch ansteigt, nicht jedoch, wenn sie niedrig ist und langsam ansteigt, die Skala der Budgetkonsolidierung groß ist und sie lange dauert, das Defizit durch Ausgabenkürzungen und nicht mittels Steuererhöhungen verringert wurde, die Budgetkonsolidierung sich auf Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor und auf Transfers zu den Privathaushalten konzentriert, die Budgetkonsolidierung in einer offenen Wirtschaft eingeführt wird.

29 29 Nicht-keynesianische Effekte AutorenVeröffent- lichung Analysierte Länder Analyse- zeitraum Wesentliche Schlussfolgerungen F. Giavazzi, M. Pagano 199619 OECD- Länder sowie der Fall Schweden 1970-1992„Unsere wesentlichsten Schlussfolgerungen lauten wie folgt: (i) Änderungen in der Fiskalpolitik können in der Tat nicht-keynesianische Effekte hervorrufen, wenn sie ausreichend umfangreich und nachhaltig sind; (ii) zu diesen Auswirkungen kommt es nicht nur dann, wenn die Veränderung des Zustands der öffentlichen Finanzen durch Änderungen beim öffentlichen Konsumverhalten erreicht wird, sondern auch dann, wenn sie durch Änderungen bei Steuern und Tranfers bewirkt wird; (iii) nicht-keynesianische Effekte wirken, zum Teil jedenfalls, durch die Schaffung einer bestimmten Erwartungshaltung des Privatsektors hinsichtlich zukünftiger Erträge aus Arbeit und Kapital, und nicht nur durch Veränderung der reellen Zinssätze und der Bewertung von Aktiva”. McDermott, Westcott 199620 OECD- Länder 1970-1995Eine Fiskalkonsolidierung, die sich auf Ausgaben konzentriert, insbesondere auf Transfers und Löhne und Gehälter bei Regierungsbeamten, hat größere Chancen auf eine Senkung der Verschuldungsquote als eine Konsolidierung, die sich auf steuerliche Änderungen stützt. Überdies: je umfangreicher die Skala der Fiskalkonsolidierung, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie in einer Senkung der Verschuldungsquote mündet”. R. Perotti199919 OECD- Länder 1965-1994„Ich habe deutliche Beweise dafür gefunden, dass Ausgabensenkungen bei einem niedrigen Verschuldungs- oder Defizitniveau keynesianische Effekte, hingegen im gegenteiligen Fall nicht- keynesianische Effekte hervorrufen. Die Beweise für das Auftreten einer ähnlichen Abhängigkeit sind im Fall von steuerlichen Änderungen schwächer”. P. Lane, R., Perotti 200114-17 OECD-Länder 1964-93„Fiskalreformen, die in einer Senkung von Regierungsausgaben für Löhne und Gehälter bestehen, werden eine Leistungssteigerung des Handels und der Beschäftigung bewirken und die Rentabilität erhöhen. Reformen, die eine Erhöhung der Besteuerung der Arbeit umfassen, werden die gegenteiligen Auswirkungen auf den Handelssektor haben. (…) Bei flexiblenWechselkursen wird die Senkung von Regierungsausgaben für Löhne und Gehälter in zweierlei Arten die Rentabilität im Bereich von Handelsgütern steigern: es werden nicht nur die Arbeitskosten fallen, sondern auch die Firmen werden Nutznießer der Entwertung sein.” P. Borys, P. Ciżkowicz, A. Rzońca 201110 „neue” MS der EU 1995-2010„Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass die Art der Konsolidierung über ihren Erfolg entscheidet. Wir haben aber auch Beweise dafür gefunden, dass sämtliche Arten einer Fiskalkonsolidierung private Investitionen vorantreiben, während eine Exportsteigerung nur dann beobachtet werden konnte, wenn die Konsolidierung in erster Linie Ausgabensenkungen umfasst. Die Reaktion des Privatkonsumverhaltens auf die Fiskalpolitik scheint nicht linear zu verlaufen – im Falle kleinerer Anpassungen dominieren keynesianische Effekte, die jedoch verschwinden, wenn man eine umfangreichere Konsolidierung analysiert“.

30 Stützt man sich auf theoretische und empirische Untersuchungen der nicht- keynesianischen Effekte der Haushaltsstraffung („fiscal tightening“), kann man zu dem Schluss kommen, dass die Defizitreduktion in Griechenland nicht expansiv war, denn: die Anpassung war trotz ihrer bedeutenden Skala nicht ausreichend, um die Zweifel betreffend die Zahlungsfähigkeit der griechischen Regierung zu zerstreuen, trotz der Ausgabenkürzungen blieb das Verhältnis der Ausgaben zum BIP über dem Stand vor der Krise und überdies wurden die positiven angebotsbezogenen Effekte dieser Kürzungen durch die negativen Effekte von (bereits eingeführten oder geplanten) Steuererhöhungen eingeschränkt (oder sogar ins Gegenteil verkehrt), die Haushaltsstraffung wurde nicht von entsprechenden Reformen begleitet, die eine Wirtschaftssteigerung unterstützt hätten. Bruttoverschuldung des Sektors öffentliche Finanzen (in Prozent des BIP) Nettoverschuldung, Ausgaben und Einnahmen des Sektors öffentliche Finanzen (in Prozent des BIP) Quelle: Europäische Kommission „Europäische Wirtschaftsprognose – Herbst 2011” (2011), European Economy 6/2011. 30

31 VII. Welche sind die strukturellen Probleme der Eurozone? Welche Lösungen gibt es? 31

32 VII. 1. Es gibt zwei Arten von Problemen: 1.Probleme, die mit dem Wesen der Europäischen Währungsunion in keinem Zusammenhang stehen (z. B. ein niedriges Verhältnis Eigenkapital-Aktiva in den größten europäischen Banken). 2.Probleme, die mit dem Wesen der EWU zusammenhängen. 32

33 VII. 2. Welche sind die spezifischen – langfristigen – Probleme der EWU, Basishypothesen: 1.Eine einzige Währungspolitik kann nicht zu den Bedingungen aller Länder passen. 2.Die Währungsunion existiert ohne „politische“ Union. 33

34 VII. 3. Warum kann die gleiche Währungspolitik nicht allen zusagen? Ist eine nominelle Abwertung ein unerlässliches Anpassungsmittel? 34 Der Aspekt des Übergangscharakters (asymmetrische Erschütterungen) – im Kontext einer ständig verbesserten Synchronisierung von Konjunkturzyklen stellt das kein wesentliches Problem dar. Der strukturelle Aspekt: die Zinssätze der EZB können für manche Länder für die ganze Zeit oder die meiste Zeit allzu niedrig sein: Boom Einbruch; das ist ein wesentlich ernsteres Problem. Erfahrungen von Ländern mit einem festen Wechselkurs: PIIGS-Länder und BELL-Länder.

35 Steigerung des BIP 2007-12 (%) Quelle: IMF WEO IX 2011 35 Bul- garien Estland Lett- land Litauen Portugal Spa- nien Griechenland IrlandItalien

36 Arbeitslosenrate (%) Quelle: IWF WEO IX 2011 36 Bulga- rien Estland Lett- land Litauen PortugalSpanien Grieche nland IrlandItalien

37 Leistungsbilanz (in % des BIP) Quelle: IWF WEO IX 2011 37 Bulga- rien Estland Lett- land Litauen PortugalSpanien Grieche nland IrlandItalien

38 38 Lohnstückkosten (2007=100 %) Quelle: ECB SDW Bulgarien Estland LitauenPortugal Spanien Griechen -land Irland ItalienLettland

39 39 Staatsverschuldung, konsolidiert, brutto (in % des BIP) 1)Die Ausarbeitung der Prognosen wurde vor dem Gipfeltreffen der EU am 26. Oktober 2011 abgeschlossen. Die Daten wurden nicht aktualisiert, um die im Laufe des Treffens getroffenen Entscheidungen, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Verschuldung, die Zinssätze und die Budgetvorschau für 2012 haben, wiederzuspiegeln. Quelle: AMECO BulgarienEstlandLettlandLitauen Portugal Spanien Griechen -land Irland Italien

40 VII. 4. Währungsunion ohne „politische“ Union Was ist die Währungsunion: enge oder weite Auslegung (festeWechselkurse, incl. System der goldenen Währung). Was ist eine „politische“ Union? Bloß ein Bundesstaat? a)Großer Bundeshaushalt. b)Haushaltsbeschränkungen, die den Regionen auferlegt werden – Ziel des Euro- Stabilitätspaktes. (a)unerreichbar; (b)sollten glaubwürdig bestärkt werden, doch auch das ist nicht ausreichend – der Schlüssel ist das Aufzwingen einer Budgetdisziplin in den einzelnen Staaten. Zusammenfassend: das Modell eines Bundesstaates (mit einem großen, gemeinsamen Haushalt) ist nicht realistisch, doch hat der Euro, nach entsprechenden Reformen, eine Überlebenschance. 40

41 VIII. Erforderliche Reformen 1.Minimierung des Risikos, dass die Währungspolitik zu einem Boom des Privatsektors beiträgt. 2.Einführung entsprechender Vorsichtsmassregeln auf Makroebene. 3.Abschaffung falscher Finanzregelungen. 4.Stärkung der Kontrolle und der Beschränkungen des Haushalts: auf EU-Ebene (Glaubwürdigkeit), in den einzelnen Ländern. 5.Radikale Anhebung der Flexibilität des Arbeitsmarktes in Ländern, wo dies zur Erreichung einer inneren Entwertung der Währung erforderlich ist. 6.Stärkung des Wirtschaftswachstums durch angebotsseitige Reformen. 41


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