Besonderer Artenschutz Planung und Umsetzung von Maßnahmen im Zusammenhang mit Artenschutzkonflikten D E T Z E L & M A T T H Ä U S Dr. Gunther Matthäus Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg Stuttgart, 14. Februar 2012
Inhalt 1. Prüfsystematik 2. Praxisbeispiele 3. Ausblick saP Systematik der Prüfung Formulare und Arbeitshilfen 2. Praxisbeispiele Baumfalke Uhu Hohltaube 3. Ausblick
Prüfsystematik Ablauf der Prüfsystematik
Prüfsystematik Anforderungen der Ausnahmeprüfung
Prüfformular Formular zur Dokumentation der saP
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Vermeidungsmaßnahmen Maßnahmen, die am Projekt ansetzen und zu einer Reduzierung der Projekt- wirkungen führen sowie ein Entstehen von Beeinträchtigungen verhindern - Maßnahmen erzeugen Vermeidung der Verbotsverwirklichung im Sinne von §44 Abs. 1 - Maßnahmen erzeugen ggf. eine Verringerung des CEF-Bedarfs CEF/Funktionssicherungsmaßnahmen (§44 Abs. 5) Maßnahmen, die eine ununterbrochene funktionelle Verfügbarkeit von Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Individuen sicher stellen Maßnahmen erzeugen eine Vermeidung der Verbotsfolge im Sinne von §44 Abs. 1 Kompensatorische Maßnahmen / Ausnahme (§45 Abs. 7) Maßnahmen, die dem Erhalt der betroffenen Art dienen und im weiteren räum- lichen Bezug erfolgen können Maßnahmen sichern den Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten
Praxis Lebensstätte von Halsbandschnäpper und Co
Praxis Zerstörung der Lebensstätte von Halsbandschnäpper und Co
Praxis “Vorgezogener Funktionsausgleich“ von Halsbandschnäpper und Co
Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Baumfalken Beispiel 1 Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Baumfalken
Baumfalke Biogasanlage im Baumfalkenrevier
Vorhaben Vorhaben: Biogasanlage Merkmale: z.T. große Baulichkeiten (15 m hohe Fermenter, Gärbehälter, Hallen und Verkehrsflächen) Standortsuche: Jungwald mit angrenzendem lückenhaften Altholz Ziel: Sichtverschattung, Einhaltung von Abstandsregeln
Vorhaben Vorhaben: Biogasanlage Erschließung: Ausbau bestehender Wirtschaftswege Flächenbedarf: 2,2 ha zuzüglich Erschließungseinrichtungen über vorhandene Wege Anlieferung: Regelmäßiger Lieferverkehr (LKW)
Standort Standort: Jungwaldbestand, angrenzend an Altbestand und Offenland Raumschaft: Strukturreiches Halboffenland des Albvorlandes Vorbelastung: Hochspannungsfreileitung und Bundesstraße Schutz: Regionaler Grünzug
Artansprüche Habitat: Waldlichtung mit zahlreichen Überhältern mehrere Horstbäume, v.a. Kiefern Brutrevier: Gesamte Waldlichtung; Brutbäume, Rufplätze, Paarungsplätze, Futterplätze Revierdichte: nach ADEBAR 4-8 Reviere innerhalb des Mess-tischblattes nachgewiesen Landesbestand: ca. 250 Brutpaare, Trend 0
Artansprüche Anspruchstyp: Störungsempfindliche Vogelart, die Anfang Juni mit der Brut beginnt und ab Ende August wieder gen Süden zieht Fluchtdistanz: Gesamte Waldlichtung; Brutbäume, Rufplätze, Futterplätze
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Vermeidungsmaßnahmen Maßnahmen, die am Projekt ansetzen und zu einer Reduzierung der Projekt- wirkungen führen sowie ein Entstehen von Beeinträchtigungen verhindern Maßnahmen erzeugen Vermeidung der Verbotsverwirklichung im Sinne von §44 Abs. 1 - Maßnahmen erzeugen ggf. eine Verringerung des CEF-Bedarfs CEF/Funktionssicherungsmaßnahmen (§44 Abs. 5) Maßnahmen, die eine ununterbrochene funktionelle Verfügbarkeit von Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Individuen sicher stellen - Maßnahmen erzeugen eine Vermeidung der Verbotsfolge im Sinne von §44 Abs. 1 Kompensatorische Maßnahmen / Ausnahme (§45 Abs. 7) Maßnahmen, die dem Erhalt der betroffenen Art dienen und im weiteren räum- lichen Bezug erfolgen können Maßnahmen sichern den Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Vermeidungsmaßnahmen Maßnahmen, die am Projekt ansetzen und zu einer Reduzierung der Projekt- wirkungen führen sowie ein Entstehen von Beeinträchtigungen verhindern Maßnahmen erzeugen Vermeidung der Verbotsverwirklichung im Sinne von §44 Abs. 1 - Maßnahmen erzeugen ggf. eine Verringerung des CEF-Bedarfs Standortverschiebung - Die Verschiebung des Maßnahmenstandortes in unsensible Bereiche - z.B in andere Waldbereiche oder raus aus dem Wald in Offenlandflächen
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Standortverschiebung - Die Verschiebung des Maßnahmenstandortes in unsensible Bereiche - In andere Waldbereiche oder raus aus dem Wald in Offenlandflächen Vermeidung möglich
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote CEF/Funktionssicherungsmaßnahmen (§44 Abs. 5) Maßnahmen, die eine ununterbrochene funktionelle Verfügbarkeit von Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Individuen sicher stellen - Maßnahmen erzeugen eine Vermeidung der Verbotsfolge im Sinne von §44 Abs. 1 Habitatentwicklung im Wald - Keine Akzeptanz seitens Forst - Umfangreicher Kompensationsaufwand für erforderliche Waldeingriffe und hinsichtlich der zur Neuaufforstung zu beanspruchenden Offenlandflächen - Zeitliche Anforderungen mit Vorhabenplanung nicht vereinbar Vorgezogener Funktionsausgleich nicht möglich
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Kompensatorische Maßnahmen / Ausnahme (§45 Abs. 7) Maßnahmen, die dem Erhalt der betroffenen Art dienen und im weiteren räum- lichen Bezug erfolgen können Maßnahmen sichern den Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten Ausnahmevoraussetzungen nicht erfüllbar - Nachweis der Alternativlosigkeit kann nicht erbracht werden, da Standortver- schiebung möglich und geringere artenschutzrechtliche Konflikte verwirklicht - Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses - Erhalt der Population des Baumfalken Ausnahmevoraussetzungen nicht gegeben
Baumfalke Biogasanlage raus aus dem Baumfalkenrevier
Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Uhus Beispiel 2 Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Uhus
Uhu Felssicherung im Uhurevier
Vorhaben Vorhaben: Sicherungsmaßnahmen an einem klüftigen Kalkfelsen Merkmale: Verwitterungsbedingt sind mehrere Teile des Felsens akut absturzgefährdet Standort: Fels liegt oberhalb einer Gemeindeverbindungs-straße und eines stark frequentierten Wanderwegs Ziel: Herstellung der Verkehrssicherheit
Vorhaben Vorhaben: Sanierung durch Absprengungen lockerer Fels- nadeln, Sicherung durch Stahlnetze und Stahlseil- verspannung Ausführung: Außerhalb Frost- und Schneelage mit Erschließung über den Felskopf Einsatz von Spreizkissen, Einrichtung eines Auf- fangzaunes und Handberäumung aus dem Seil Dauer: 4 Monate in der Zeit von März bis Juli
Standort Standort: Kalkfelsen mit größeren Höhlungen, die als Brut- nischen geeignet sind Raumschaft: Strukturreicher Talraum der Flächenalb Vorbelastung: Konkurrenz mit Wanderfalke und Kolkrabe Schutz: Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet, Vogelschutzgebiet
Artansprüche Habitat: zwei Felsnischen werden unregelmäßig wechselnd als Brutplätze genutzt Brutrevier: Gesamter Talraum im Bereich des Felsens Revierdichte: 10 Brutpaare weiteren Umfeld, alle Reviere besetzt Landesbestand: ca. 60 Brutpaare, Trend +2
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Vermeidungsmaßnahmen Maßnahmen, die am Projekt ansetzen und zu einer Reduzierung der Projekt- wirkungen führen sowie ein Entstehen von Beeinträchtigungen verhindern Maßnahmen erzeugen Vermeidung der Verbotsverwirklichung im Sinne von §44 Abs. 1 - Maßnahmen erzeugen ggf. eine Verringerung des CEF-Bedarfs Vergrämung am Uhu-Brutplatz bei Schaffung Ersatzbrutplatz - nach Umsetzung der Felsfreistellung am Ersatzfelsen und vor Brutbeginn
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote CEF/Funktionssicherungsmaßnahmen (§44 Abs. 5) Maßnahmen, die eine ununterbrochene funktionelle Verfügbarkeit von Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Individuen sicher stellen - Maßnahmen erzeugen eine Vermeidung der Verbotsfolge im Sinne von §44 Abs. 1 Habitatentwicklung durch Schaffung Ersatzbrutplatz - Freistellung eines dicht mit Gehölzen zugewachsenen Felsens im näheren Umfeld des bisherigen Brutplatzes Vorgezogener Funktionsausgleich möglich
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Nachweis der Funktionssicherung - Besiedlung des Ersatzfelsens im ersten Jahr nach der Freistellung - Wiederbesiedlung der ehemaligen Brutnische am gesicherten Felsen im ersten Jahr nach den Sicherungsmaßnahmen Vorgezogener Funktionsausgleich erfolgreich
Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Hohltaube Beispiel 3 Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Hohltaube
Hohltaube Eingriffs ins Hohltaubenrevier
Vorhaben Vorhaben: Bau eines Tiefbahnhofs Merkmale: Maßnahme beansprucht Parkflächen mit altem höhlenreichen Baumbestand Standort: Innerstädtische Lage mit nutzungsbedingt hoher Vorbelastung Ziel: Baufeldfreimachung durch Baumfällungen
Vorhaben Vorhaben: Flächenhafter Eingriff in Parkbestand mit umfang- reicher Entnahme von alten Bäumen Ausführung: Fällung eines Großteil der Bäume des Vorhaben- standorts und Verpflanzung eines Teils der Bäume im Stadtgebiet Zeitraum: Außerhalb der Brutperiode im Februar 2012
Standort Standort: Alter Plantanenbestand mit zahlreichen großen Höhlungen Raumschaft: Großräumige Parklandschaft mit allen erforder- lichen Habitatelementen der Hohltaube Vorbelastung: Konkurrenz mit Papageien und anderen Nistplatz-konkurrenten u.v.m.
Artansprüche Habitat: Gesamte Parkanlage bildet Habitat einer großen Hohltaubenpopulation (>70 Paare) Revierdichte: Maßgeblich vom Bruthöhlenangebot abhängig, in Bereichen hoher Höhlendichte brüten die Hohl-tauben in unmittelbarer Nachbarschaft kolonieartig Landesbestand: ca. 3.500 Brutpaare, Trend -1
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Vermeidungsmaßnahmen Maßnahmen, die am Projekt ansetzen und zu einer Reduzierung der Projekt- wirkungen führen sowie ein Entstehen von Beeinträchtigungen verhindern Maßnahmen erzeugen Vermeidung der Verbotsverwirklichung im Sinne von §44 Abs. 1 - Maßnahmen erzeugen ggf. eine Verringerung des CEF-Bedarfs Erhalt der Höhlenbäume am Standort - Grundlegende Umplanung des Vorhabens mit Verzicht auf Tiefbahnhof - Tiefgreifende Auswirkungen auf Verkehrs- konzept, Trassenführung und Betrieb Vermeidung nicht möglich
Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote Bewältigung Möglichkeiten zur Überwindung der Verbote CEF/Funktionssicherungsmaßnahmen (§44 Abs. 5) Maßnahmen, die eine ununterbrochene funktionelle Verfügbarkeit von Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffener Individuen sicher stellen - Maßnahmen erzeugen eine Vermeidung der Verbotsfolge im Sinne von §44 Abs. 1 Habitatentwicklung durch Schaffung Ersatzbrutplatz - Angebot an Bruthöhlen bildet essentiellen Habitatbestandteil und maßgeblichen Faktor für die Siedlungsdichte - Installation von Bruthöhlen in den weiteren Parkanlagen Vorgezogener Funktionsausgleich möglich
Ausblick
Probleme erkennbar, Lösungen in Arbeit Ausblick Probleme erkennbar, Lösungen in Arbeit Fachliche Anforderungen versus Genehmigungspraxis - Bestimmte Konfliktsituationen lassen sich mittels CEF nicht lösen - Mache Vorhabenansprüche sind mit fachlichen Anforderungen vielfach nicht vereinbar - Lösungsbildung ist für den Artenschutz oftmals ein schlechter Kompromiss Zeitbedarf in Planungsverfahren oft unberücksichtigt - Zeitbedarf für sachgemäße Erfassung bei Planung und Verfahren oft unberücksichtigt - Für Maßnahmenwirksamkeit z.T. längere Reifezeiten erforderlich - Insbesondere Wirksamkeitsnachweis vor Eingriff oft nicht möglich Instrumente zur Abhilfe - Probleme mit dem Artenschutz sind oft ausgemacht und nicht durch Arten verursacht - frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Artenschutz – von Beginn an - Anerkennung aufwändiger, zeit- und kostenintensiver Bearbeitung - Rechtssicherheit
Kontakt ... download zum Vortrag: www.goeg.de D E T Z E L & M A T T H Ä U S download zum Vortrag: www.goeg.de gunther.matthaeus@goeg.de