Raub Fall 4 A. Strafbarkeit des P wegen Raubes gemäß § 249 I StGB

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 Präsentation transkript:

Raub Fall 4 A. Strafbarkeit des P wegen Raubes gemäß § 249 I StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand Die Rose ist eine fremde bewegliche Sache. Sie stand ursprünglich im Gewahrsam des B. Diesen Gewahrsam hat P gebrochen und neuen eigenen begründet. Fraglich ist, ob dies auch durch das erforderliche Tatmittel geschah. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 4 Gewalt gegen eine Person: Ausübung physisch vermittelten Zwangs, das auf den Körper des Opfers bezogen ist und der den Widerstand dadurch verhindern soll, dass die Willensbildung des Opfers gänzlich ausgeschlossen wird (vis absoluta) oder das Opfer sich dem Täterwillen unterwirft (vis compulsiva). Kraftentfaltung muss so erheblich sein, dass sie geeignet ist, den erwarteten Widerstand gegen die Wegnahme zu brechen und vom Opfer als körperlicher Zwang empfunden zu werden. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 4 Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben? Drohung ist das in Aussicht stellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Es genügt nach h.M., dass das Opfer die Verwirklichung für möglich hält. „Scheindrohungen“ genügen daher. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 4 Bloße Nötigung reicht nicht aus, denn diese muss qualifiziert sein: Leibesgefahren: drohende Körperverletzungen, Lebensgefahr: drohender Tod. RG-Fall: „ich werde Dir gleich ein paar in die Schnauze pochen!” Wegen Verbrechensnatur des Raubes reicht die Ankündigung nur bagatellarischer körperlicher Misshandlungen oder Gesundheitsschäden nicht Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 4 Hier: angedrohte Ohrfeige ist allenfalls eine minimale Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, keine Drohung im Sinne von § 249 I. Ergebnis: Eine Strafbarkeit des P wegen Raubes scheidet damit aus. P ist lediglich strafbar wegen Diebstahls, § 242 StGB. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 A. Strafbarkeit der N wegen Raubes gemäß § 249 I I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand Das Bargeld ist eine für N fremde bewegliche Sache. Fraglich ist, ob N Gewalt gegen eine Person angewendet hat. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Gewalt gegen eine Person: Ausübung eines physisch vermittelten Zwangs, das auf den Körper des Opfers bezogen ist und der den Widerstand dadurch verhindern soll, dass die Willensbildung des Opfers gänzlich ausgeschlossen wird (vis absoluta) oder das Opfer sich dem Täterwillen unterwirft (vis compulsiva). Hier: (+), da O beiseite gestoßen wird Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 N könnte auch mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben gedroht haben. Drohung ist das Inaussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. N hat O zwar mit der Spielzeugpistole bedroht, allerdings hat dieser die Drohung (möglicherweise) nicht ernst genommen. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach einer Ansicht kommt nur ein versuchter Raub in Betracht, wenn das Opfer die Drohung nicht Ernst nimmt. Nach h. M. muss zwischen Raubmittel und Nötigungserfolg kein Kausalzusammenhang bestehen, sondern nur ein Finalzusammenhang aus der Sicht des Täters. Daher genügt es, dass das Raubmittel den Anschein der Ernstlichkeit erwecken und vom Adressaten Ernst genommen werden soll (finales Element); nicht erforderlich ist es, dass die Drohung tatsächlich Ernst genommen wird. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Unabhängig von der Drohung hat N jedenfalls Gewalt gegen die Person des O ausgeübt, als sie ihn wegstieß. N hat O das Geld weggenommen, da sie seinen Gewahrsam daran gebrochen und neuen eigenen Gewahrsam daran begründet hat. Fraglich ist, ob diese Wegnahme „mit“ Gewalt begangen wurde, also die angewendete Gewalt die Wegnahme als widerstandbrechendes Mittel prägte. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach h.M. muss zwischen dem Nötigungsmittel und der Wegnahme der fremden Sache ein innerer Zusammenhang bestehen. Die Nötigung muss zum Zwecke der Wegnahme erfolgen (zweiaktiges Delikt). Eine ursächliche Verknüpfung nach der Vorstellung des Täters reicht aus (subjektiv-finaler Konnex). Objektiv muss dabei nur ein raum-zeitlicher Zusammenhang bestehen, es kommt wesentlich auf die subjektive Zielsetzung des Täters an. Hier: Finalitätszusammenhang (+) Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 2. Subjektiver Tatbestand N handelte auch vorsätzlich und in rechtswidriger Zueignungsabsicht. II. Rechtswidrigkeit und Schuld Ergebnis: N hat sich wegen einfachen Raubes gemäß § 249 I strafbar gemacht. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 B. Strafbarkeit der N wegen schweren Raubes gemäß §§ 249 I, 250 I Nr. 1a bzw. Nr. 1b I. Tatbestand Objektiver Qualfikationstatbestand Fraglich ist, ob N eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich geführt hat. Waffe ist jeder Gegenstand, der bestimmungsgemäß geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (Waffe im technischen Sinn). Die Spielzeugpistole ist keine Waffe im Sinne dieser Definition. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollte mit dem Begriff des gefährlichen Werkzeugs an § 224 I Nr. 2 angeknüpft werden. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Gefährliches Werkzeug wäre demnach jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im konkreten Einzelfall geeignet erscheint, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Da die zur Einschüchterung mitgeführte Spielzeug-pistole nicht geeignet war, den O erheblich zu verletzen, ob sie als "Werkzeug" iSd §250 I Nr. 1a anzusehen und damit tauglich ist, den Sanktions-sprung von § 249 zu § 250, dh von einem auf fünf Jahre Mindeststrafe, zu rechtfertigen. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach fast einhelliger Lehre können die in § 250 I Nr. 1a genannten "Werkzeuge oder Mittel" die hohe Strafdrohung nur dann rechtfertigen, wenn sie objektiv geeignet sind, bei dem vom Täter geplanten oder angedrohten Einsatz eine erhebliche Verletzung des Betroffenen herbeizuführen, also durch ihren Gebrauch Leibesgefahr zu begründen. Gewalt mit ungefährlichen Mitteln oder Drohungen mit harmlosen Scheinwaffen können danach aus dem Grundtatbestand ausreichend geahndet werden. Dafür lässt sich anführen, dass auch die anderen Qualifikationsgründe des § 250 ihre unrechtssteigernde Wirkung der erhöhten objektiven Gefährlichkeit der Tat verdanken. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Demgegenüber hat der BGH in seiner früheren Rechtsprechung stets angenommen, dass die Gefährlichkeit des Werkzeugs oder Mittels im Hinblick auf erhebliche Verletzungen des Betroffenen kein Tatbestandsmerkmal des früheren § 250 I Nr. 2 darstelle. Zu den strafschärfenden Werkzeugen oder Mitteln zählten demnach auch solche Gegenstände, die zwar zur Gewaltanwendung taugen, aber nicht geeignet sind, bei ihrem geplanten Gebrauch, Leibesgefahr für das Opfer herbeizuführen (z.B. äthergetränkter Wattebausch, zur Fesselung dienendes Kabel). Folglich sollten auch nicht realisierbare Drohungen mit harmlosen Scheinwaffen strafschärfend wirken. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach der Gesetzesreform 1998 hat sich dieser Streit auf die neue Nr. 1b verlagert:  Unter Nr. 1a können nur objektiv gefährliche Werkzeuge fallen (wenn gefährliche Verwendung vorbehalten wird) § 250 I Nr. 1b hat nach der gesetzgeberischen Intention die Funktion eines Auffangtatbestands. Sie soll sich auf Scheinwaffen und solche Gegenstände erstrecken, die zwar zur gewaltsamen, aber eine objektive Leibesgefahr nicht begründenden Überwindung von Widerstrand eingesetzt werden sollen. Zum Ausgleich für dieses Gefährlichkeitsminus verlangt sie die Verwendungsabsicht. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Welche Gegenstände erfasst sind, ist auch hier wieder zwischen einer objektiven und subjektiven Betrachtung umstritten. Nach einer Ansicht fallen unter Nr. 1b Werkzeuge und Mittel, die nach der vom Täter vorgesehenen Verwendungsweise als gefährlich anzusehen sind. Daher sind Tatmittel im Sinne dieser Vorschrift nicht ungefährliche Gegenstände, sondern subjektiv gefährliche Tatmittel, bei denen sich die Eignung zur Herbeiführung erheblicher körperlicher Verletzungen nach Maßgabe der Verwendungsabsicht des Täters bezieht.  Scheinwaffen in aller Regel nicht von Nr. 1b erfaßt, da sie auch nach dem Willen des Täters nicht in gefährlicher Weise verwendet werden können. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach anderer Ansicht werden Scheinwaffen nicht von Nr. 1b erfasst, weil der Angriff auf die Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit und damit die erhöhte Schutzbedürftigkeit des Opfers bereits durch § 249 ausreichend geschützt wird. Auffangtatbestands für Scheinwaffen und Leibesgefahr nicht begründende Werkzeuge oder Mittel ist systemwidriger Fremdkörper innerhalb des § 250 dar, da alle anderen Qualifikationen ihren Grund in der besonderen objektiven Gefährlichkeit von Tat und Täter haben. Diese Unrechtssteigerung fehlt dem Auffangtatbestand.  Lösung durch minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3 Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach h. M. ist der Einsatz einer (ungefährlichen) Scheinwaffe bei § 250 I Nr. 1b ausreichend Wortlaut eindeutig Im Gegensatz zu Nr. 1a spricht Nr. 1b nur von sonst ein Werkzeug oder Mittel die Rede. Nr. 1a wenn Gegenstand tatsächlich gefährlich Qualifikationstatbestand verlangt demnach keine Gefährlichkeit, sondern setzt die Ungefährlichkeit sogar voraus. Wille des Gesetzgebers. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 1 Nach h.M. hätte sich N somit wegen vollendeten schweren Raubes strafbar gemacht. Ergebnis: N ist strafbar wegen schweren Raubes gemäß §§ 249 I, 250 I Nr. 1b Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 Grundfall A. Strafbarkeit des D wegen schweren Raubes gemäß §§ 249 I, 250 I Nr. 1b I. Tatbestand a) objektiver Tatbestand Grunddelikt Indem D das für ihn fremde Geld aus der Kasse nahm, hat er es weggenommen, da er die tatsächliche Sachherrschaft der K darüber gebrochen und neuen Gewahrsam begründet hat. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 Gewalt gegen die Person K durch Spritzer mit Deodorantflüssigkeit in das Gesicht? Personengewalt im Sinne von § 249 ist die physische Einwirkung auf den Körper eines anderen, die dazu geeignet und nach dem Willen des Täters dazu bestimmt ist, den von ihm erwarteten Widerstand gegen die von ihm beabsichtigte Wegnahme zu verhindern Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 D hat bei K durch Spritzer ein kurzes reflexartiges Schließen ihrer Augen und damit eine physische Reaktion bewirkt, die geeignet und bestimmt war, ihre Widerstandsmöglichkeiten gegen die Wegnahme des Geldes zu beeinträchtigen und dem D das Ergreifen der Geldscheine zu erleichtern. Zwar: Lidschlussreflex nur kurz, Abwehrfähigkeit der K nur leicht beeinträchtigt Aber: BGH bejaht Gewaltanwendung (+) Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 Argumente: Entscheidend Wegnahme aufgrund physischer Reaktion, Zeitraum egal Vollendete Wegnahme setzt keine Beendigung des Raubes voraus Gewalt gegen eine Person muss keine gegenwärtige Leibes- oder Lebensgefahr bewirken, deshalb Geringfügigkeit der Gewalt egal Ausreichend, wenn Opfer willensunabhängig physisch reagiert und dadurch Widerstandsmöglichkeit gegen Wegnahme beeinträchtigt. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 D hat somit das Geld mit Gewalt gegen eine Person gemäß § 249 weggenommen und den objektiven Tatbestand des Grunddelikts erfüllt. b) subjektiver Tatbestand Grunddelikt Vorsatz und rechtswidrige Zueignungsabsicht Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 c) Tatbestand Qualifikation § 250 I Nr. 1b: Deospray ein Werkzeug oder Mittel, das D bei sich führte, um den Widerstand der K durch Gewalt zu verhindern. Ein Werkzeug oder Mittel im Sinne des § 250 I Nr. 1b) muss ungefährlich (nicht einmal latent gefährlich) sein, da es „sonst“ unter Nr. 1a) fallen würde. „Mittel“ = auch flüssige oder gasförmige Werkzeuge. Sprayflasche und Inhalt sind keine gefährlichen Werkzeuge.  Keine Strafbarkeit nach § 250 I Nr. 1a oder II Nr. 1 Aber: § 250 I Nr. 1b (höchst str.) Beisichführen = zwischen Versuchsbeginn und Vollendung unmittelbar zur Verfügung stehend.  D führte das Deospray bei sich. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 II. Rechtswidrigkeit und Schuld Ergebnis: D hat einen schweren Raub verübt. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 B. Strafbarkeit von D wegen räuberischen Diebstahls gemäß § 252 I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Nur Diebstahl als Vortat möglich? Wortlaut „Diebstahl“, hier aber Vortat Raub Normalfall: kein Bedürfnis für § 252, da ohnehin als Räuber bestraft Aber: Wenn erst mit § 252 erschwerende Umstände der §§ 250, 251 verwirklicht werden.  Strafmaß höher als z.B. §§ 244, 244a Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 Außerdem: Wer raubt, erfüllt zugleich Tatbestand des Diebstahls in Gesetzeseinheit § 249 = 242 + 240 + „X“  „räuberischer Raub“ von § 252 erfasst Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 b) auf frischer Tat betroffen enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der Wegnahmehandlung Nicht nur während, sondern auch nach Vollendung der Wegnahme. Aber: nach Beendigung hört die Tat auf, „frisch“ zu sein. Hier: Raub des D noch nicht beendet. c) Qualifiziertes Nötigungsmittel D hat sich nach dem Ergreifen des Geldes gewaltsam losgerissen, also Gewalt gegen die Person der K verübt. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz und Beutesicherungsabsicht des D. II. Rechtswidrigkeit und Schuld sind mangels entgegenstehender Anhaltspunkte gegeben. Ergebnis: D hat sich nach § 252 strafbar gemacht. Eine Bestrafung wegen räuberischen Diebstahls scheidet gleichwohl aus. Da nämlich das Unrecht des Diebstahls durch den schweren Raub bereits erfasst wird, tritt der verwirklichte § 252 dahinter als subsidiär zurück. Dr. Georg Wirtz, 2006

Raub Fall 3 C. Strafbarkeit von D wegen Nötigung gemäß § 240 Die erneute Gewaltanwendung bei der Sicherung der Beute ist zusätzliche Nötigung (§ 240). D. Konkurrenzen: Der schwere Raub überschneidet sich in der Beendigungsphase mit der zur Duldung der Flucht verübten Nötigung; zwischen ihnen besteht Tateinheit (§ 52 I). Ergebnis: A ist wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Nötigung zu bestrafen. Dr. Georg Wirtz, 2006