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Veröffentlicht von:Jannike Wendelin Geändert vor über 10 Jahren
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Die Abgrenzung der räuberischen Erpressung (§§ 253, 255) vom Raub (§ 249 StGB)
Prof. Dr. Georg Steinberg
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Prüfungsschema zu § 253 I zu §§ 253 I, 255 objektiver Tatbestand
Erpressungsmittel: Gewalt/ Drohung mit empfindlichem Übel Opferverhalten: Handlung/Duldung/Unterlassung Erfolg: Vermögensnachteil 2. subjektiver Tatbestand Vorsatz Absicht, sich oder Dritten zu Unrecht zu bereichern 3. Rechtswidrigkeit keine Rechtfertigungsgründe Verwerflichkeit i.S.v. Absatz 2 4. Schuld - Gewalt gegen eine Person/ - Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben = Vermögensverfügung (str.!) Prof. Dr. Georg Steinberg
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Dogmatische Deutung der §§ 253, 255: nach der „Verfügungstheorie“
nach der Rechtsprechung Strukturanalogie zu § 263: § 253 als Selbstschädigungsdelikt Betonung der Nähe zu § 240: § 253 nicht zwingend Selbstschädigungsdelikt erfordert „Vermögensverfügung“; vis absoluta kein taugliches Erpressungsmittel „Vermögensverfügung“ nicht erforderlich; auch Duldung einer Wegnahme ist tatbestandsmäßig Vermögensverfügung hinreichend „freiwillig“, wenn das Opfer glaubt, seine Mitwirkung sei für den Erfolgseintritt unentbehrlich „Freiwilligkeit“ unerheblich; Unterscheidung zwischen Wegnahme und -gabe nach dem äußeren Erscheinungsbild §§ 253, 255 stehen zu § 249 in strengem Alternativitätsverhältnis. § 249 ist lex specialis zu §§ 253, 255. Prof. Dr. Georg Steinberg
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Fall 1: „7,50 DM“ = BGHSt 7, 252 ff. (1955) Sachverhalt: A und B gehen nach einem Kneipenbesuch mit dem leicht alkoholisierten C spazieren; sie führen ihn an eine abgelegene Stelle und fordern ihn unter Androhung von Prügeln auf, sein Geld herauszugeben. C übergibt seine Geldtasche. A entnimmt die darin befindlichen 7,50 DM. Lösung nach der Rechtsprechung: - § 249 I scheitert mangels Wegnahme aber §§ 253 I, 255 gegeben. Lösung nach der „Verfügungstheorie“: trotz andersartigen äußeren Erscheinungsbildes Wegnahme (§ 249 I) denn: das Opfer glaubte nicht, den Gewahrsamswechsel verhindern zu können. Prof. Dr. Georg Steinberg
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Argumentationslinien
Argumente gegen die Auffassung des BGH Deutung des § 249 als lex specialis widerspricht Gesetzessystematik Voranstellung der lex specialis unüblich; Rechtsfolgenverweis der lex generalis auf die lex specialis unüblich § 249 wird, obwohl tradierter Kernbestand des StGB, überflüssig Verzicht auf Strukturanalogie zu § 263 bedeutet auch Verzicht auf dogmatische Dichte und Konsistenz im Bereich Vermögensdelikte äußerliches Wegnehmen/-geben zufallsabhängig Argumente für die Auffassung des BGH „Freiwilligkeit“ bei Erpressung fragwürdig, ebenso der Bezug auf § 263 Ausschluss der vis absoluta als Erpressungsmittel wenig plausibel sachliche Nähe von Raub/Räub. Erpressung spricht gegen Alternativität Praktikabilität (Beweisschwierigkeiten der Gegenauffassung) Vermeidung von „Strafbarkeitslücken“. Prof. Dr. Georg Steinberg
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Fall 2: „Die Spritztour“ BGHSt 14, 386 ff. (1960)
Sachverhalt: A schoss dem im Taxi sitzenden Taxifahrer T mit einer Gaspistole ins Gesicht, was diesen zwang, den Wagen zu verlassen. A unternahm daraufhin eine Spritztour mit dem Wagen und brachte ihn sodann plangemäß zurück: „Er habe so gern einmal Auto fahren wollen.“ Lösung nach der Rechtsprechung: - § 249 I scheitert mangels Zueignungsabsicht (kein Enteignungsvorsatz) - aber §§ 253 I, 255 sind gegeben (Vermögensnachteil: Besitzentziehung), §250 II Nr. 1 Alt.1 Lösung nach der „Verfügungstheorie“: - § 249 I scheitert mangels Zueignungsabsicht - §§ 253 I, 255 scheitern mangels Vermögensverfügung - es verbleiben: §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 1; § 240 I; § 248b I. Prof. Dr. Georg Steinberg
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Hinwiese auf didaktische Literatur
Entscheidungen: BGHSt 7, 252 ff. (= „Fall 1“); BGHSt 14, 386 ff. (= „Fall 2“); BGHSt 25, 224 ff. (Abpressung eines Forderungsverzichts) BGH NStZ-RR 2011, 80 (Bestätigung von BGHSt 7, 252 ff.) Aufsätze: Brand, Die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung am Beispiel der Forderungserpressung, JuS 2009, S. 899 ff. Rönnau, Grundwissen Strafrecht: Abgrenzung von Raub und räuberischer (Sach-)Erpressung, JuS 2012, S. 888 ff. Übungsfälle: Noak/Sengbusch, Jura 2005, 495 f.; Böse/Keiser, JuS 2005, 443 f.; Kretschmer, Jura 2006, 220 f.; Radtke/Matula, JA 2012, 265 ff. Prof. Dr. Georg Steinberg
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