ADHS Störungsbild, Folgen für den Unterricht 27.03.2017 Dienstbesprechung für Beratungsfachkräfte Eggenfelden, 25.10.2012 ADHS Störungsbild, Folgen für den Unterricht Mario Benedetti Staatliche Schulberatungsstelle für Niederbayern Seligenthalerstr. 36 84034 Landshut 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom (ADHS bzw. ADS) = neurologische Störung Aufmerksamkeit Aufmerksamkeitssteuerung Fokussierte Aufmerksamkeit (Ablenkbarkeit) Geteilte Aufmerksamkeit (Parallele Reizverarbeitung) Aufmerksamkeitskraft Aktivierungsbereitschaft (=> Reaktion erst auf häufiges Ansprechen) Daueraufmerksamkeit (längere Zeit bei einer monotonen Aufgabe bleiben) 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom (ADHS bzw. ADS) = neurologische Störung Symptome: Unaufmerksamkeit - kurze Aufmerksamkeitsspanne - hohe Ablenkbarkeit, Vergesslichkeit - Flüchtigkeitsfehler, Organisationsmangel - wirkt öfters abwesend … - führt Arbeiten nicht zu Ende Hyperaktivität - zappeln - unaufgefordertes Aufstehen, Herumlaufen - Schwierigkeiten ruhig zu arbeiten - verliert öfters etwas Impulsivität - platzt mit Antworten heraus - unterbricht andere öfters - redet viel 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom (ADHS bzw. ADS) = neurologische Störung Weitere Auffälligkeiten: Selbststimulierung - kratzt sich - Nasen bohren - zerkaut Gegenstände… Steuerungs- und - gestörte Feinmotorik Koordinierungsschwäche - schlechtes Schriftbild - unrhythmische Bewegung - stößt vieles um störendes Sozialverhalten - mischt sich in anderer Gespräche ein (Hyperkin. Störung - handelt, bevor Anweisung beendet ist des Sozialverhaltens) - äußert sich unabsichtlich beleidigend 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom (ADHS bzw. ADS) = neurologische Störung Komorbidität / Begleitsymptome: oppositionelle Verhaltensstörung / dissoziale Störung Lernstörungen Angststörungen Depressive Störungen Tic-Störungen 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Diagnose nach ICD-10: Voraussetzung: Symptome müssen länger als sechs Monate überdauern, vor dem siebten Lebensjahr erkennbar sein. Testung Intelligenz Aufmerksamkeit Merkfähigkeit Anamnese Befragungen Beobachtungen 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Medikamente, neurologische Störungen Intelligenzminderung Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Ausschluss: Medikamente, neurologische Störungen Intelligenzminderung Über- Unterforderung an der Schule Chaotische psychosoziale Bedingungen Oppositionelle Verhaltensweisen affektive od. Angststörungen Autismus, Schizophrenie, Manie 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom 27.03.2017 Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Erklärungsansätze: Biologische Erklärungen Störung des Immunsystems Neurologische Störung (Durchblutung, Neurotransmitter-System) Genetische Faktoren (zu wenig Dopamin und Noradrenalin, zu schneller Abbau – zu kurze Informationsverarbeitung im Vorderhirn,) Psychosoziale Faktoren ungünstige Familienverhältnisse bzw. Umgebungsbedingungen, ungeordnete Tagesabläufe, Vernachlässigung, Misshandlung, Störung der Selbstregulation Dopamin Rolle bei Antrieb, Motivation Noradrenalin:wesentliche Rolle bei der Aufmerksamkeit Dauerstress durch Reizüberflutung => geringe Frustrationstoleranz, starke Stimmungsschwankungen 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Negative Folgen als Kind, Schüler: Ablehnung, Ausgrenzung Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Negative Folgen als Kind, Schüler: Ablehnung, Ausgrenzung Gefühl des „Andersseins“ Misserfolgsorientierung / Angst vor Misserfolg unrealistische Selbsteinschätzung Aber auch: Bewunderung als Klassenclown 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Negative Folgen im Jugend- bzw. Erwachsenenalter: Aufmerksamkeitsschwierigkeiten Ruhelosigkeit Stimmungsschwankungen Unfähigkeit, sein Leben zu organisieren niedrige Stresstoleranz, Ungeduld, Jähzorn fehlende Ausdauer Beziehungsstörungen Dissoziale Verhaltensweisen (Lügen, Stehlen) Delinquentes Verhalten Alkohol, Drogenmissbrauch Schulabbruch Minderwertigkeitsgefühle wenig Schlafbedarf, Schlafstörungen erhöhte Autounfälle 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Behandlung Aufklärung – Regeln, Förderung 27.03.2017 Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Behandlung Aufklärung – Regeln, Förderung Medikamentöse Behandlung – Metylphenidat, u. ä. Verhaltenstherapie (Sozialtraining, Aufmerksamkeitstraining) Einzelpsychotherapie Gruppentherapie Familientherapie Aufmerksamkeitstraining mit Hilfe computergestützten Aufgaben, Medikament bei 80% wirksam 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Nicht wissenschaftlich fundiert (z.T. schädigend) Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Nicht wissenschaftlich fundiert (z.T. schädigend) Festhaltetherapie nach Prekop Ernährungszusätze Knochen- Gelenkbehandlungen Klang- Hörtherapien Pseudoneurophysiolog. Therapien (Kinesiologie, Reflexth.) Homöopathie 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Medikamentation – Aspekte für die Beratung Dr. Helga Ulbricht - Staatliche Schulberatung München Medikamentation – Aspekte für die Beratung Verabreichung von Medikamenten durch Lehrkräfte (KMS vom 26.04.2007) Darf nur mit Einwilligung und nach genauer, möglichst schriftlicher Anweisung (Anlass, Zeitpunkt, Dosis) der Erziehungsberechtigten erfolgen. Zusätzlich empfehlenswert: Anweisung des Arztes. Soweit die Verabreichung von Medikamenten oder die Überwachung der Medikamenteneinnahme durch den Schüler seitens der Lehrkraft notwendig und zumutbar ist, handelt es sich um eine Dienstpflicht der Lehrkraft.
Medikamentation – Aspekte für die Beratung Dr. Helga Ulbricht - Staatliche Schulberatung München Medikamentation – Aspekte für die Beratung KMS vom 26.04.2007 Sofern im Einzelfall unter Berücksichtigung des Alters, der Reife und der Zuverlässigkeit des Schülers erforderlich, erinnert die Lehrkraft auf Wunsch der Erziehungsberechtigten den Schüler an die Medikamenteneinnahme. Die Entscheidung darüber, ob das Medikament vom Kind selbst oder von der Schule aufbewahrt wird, hängt vom Alter und Entwicklungsstand des Schülers ab (Schutzbedürfnis des Schülers + Schutz der Mitschüler vor Missbrauch)
Medikamentation – Aspekte für die Beratung Dr. Helga Ulbricht - Staatliche Schulberatung München Medikamentation – Aspekte für die Beratung keine Meinung äußern Neutralitätsgebot bezüglich Thesen auch Lehrer darauf hinweisen Aber: Beratungspflicht bezüglich Klärung, wie differenziert die Diagnose erfolgt ist regelmäßige Nachkontrolle Hinweis auf Spezialisten geben
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Unaufmerksamkeit, kurze Aufmerksamkeitsspanne, hohe Ablenkbarkeit, abwesend, hyperaktiv, zappelt, steht unaufgefordert auf, unruhig, impulsiv, platzt mit Antworten heraus, redet zu viel, unterbricht andere, aggressiv, motivationslos, ……… = > Folgen im Unterricht? 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
lässt sich von anderen ablenken platzt unaufgefordert Antworten heraus Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Folgen im Unterricht: Soziale Probleme lenkt andere ab lässt sich von anderen ablenken platzt unaufgefordert Antworten heraus zeigt kaum Empathie, Distanzlosigkeit Ungünstiges Lern- Arbeitsverhalten vergisst Unterrichtsmaterialien und Hausaufgaben unzureichende Arbeitsstrategien, kaum Ausdauer unleserliche Schrift, hält Zeilen nicht ein Begleitende Probleme Lese- und Rechtschreibschwäche Rechenschwäche 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Gefahr eines Teufelskreises / Eskalation => Gestörte Lehrer-Schüler-Beziehung Lehrer ermahnt Schüler ist frustriert Schüler stört Unterricht Schüler stört Unterricht Schüler reagiert aggressiv Lehrer sanktioniert 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Gefahr eines Teufelskreises / Eskalation => Gestörte Lehrer-Schüler-Beziehung Lehrer ermahnt Schüler ist frustriert Schüler stört Unterricht Schüler stört Unterricht Aggressive Reaktion Arbeitsverweigerung aus Trotz Motivationsverlust 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Gefahr eines Teufelskreises / Eskalation => Gestörte Lehrer-Eltern-Schul-Beziehung Beschwerden überforderte Eltern schwache, schwankende Leistungen, usw. 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Betroffene fühlen sich oft anders als die anderen oftmals abgelehnt und ausgestoßen zerrissen, weil sie „wollen“ und nicht „können“ permanent schuldig misserfolgsorientiert und chancenlos „ungerecht“ behandelt unrealistisch in der Selbsteinschätzung und daher oft „erfolglos“ 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Zwölf goldene Regeln: Strukturen (Rituale, Übersicht halten,…) Weniger ist mehr Langer Atem ist nötig (Nicht alle Kinder sind gleich) Ignorieren, ignorieren,… Neue Wege (pädagogische Freiräume nutzen) Genaues Hinschauen bringt Klarheit (Etikettierung, Positive Rückmeldung) Das Kind kann auch dann oft nicht, „wenn es will“ Vertrauen vermitteln „rosa“ Heft (positive Verhaltensweisen u. Fähigkeiten notieren) Nur gemeinsam kann es gelingen Ohne Hilfe geht es nicht Schuldgefühle helfen keinem 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Empfehlungen für Lehrer: Vier-Augen-Gespräch – Aufklärung Störungsbild Vereinbarungen treffen - Hand-Zeichen zuhören bzgl. Umgang mit - Kurz vor die Tür gehen lassen Symptomen - Stopp-Zeichen (Zurücknehmen, Reden einstellen) - Sanktion / Konsequenz (nicht Strafe) als letztes Mittel ruhig aussprechen, wenn Vereinbarungen mehrmals gebrochen werden Trennung Verhalten und Person Kommunikation – Nicht „Du bist …“, „Dein Verhalten…“ Positives Verhalten verstärken (Loben!) 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Empfehlungen für Lehrer - Unterricht: Rituale (Ruhiger Unterrichtsbeginn) Sitzposition vorne, Weg von Ablenkung (Fenster) Aufgabenstellungen mit kleinen Schritten Pausen einplanen Auf dem Tisch nur für den Unterricht notwendige Mittel ruhiger, verständnisvoller Banknachbar Arbeitsumfeld über Störungsbild informieren mit Einverständnis des Betroffenen Arbeitsanweisungen kurz formulieren Blickkontakt suchen Arbeitsanweisungen, Merksätze wiederholen lassen Beratung vermitteln Bewegung ermöglichen (Sitzball wechselt mit Stuhl) keine Sitzplatz- oder Nebenmannveränderung (neue Reize) für Ruhe überwiegend nonverbal sorgen 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Empfehlungen für das Schüler – Lern- Arbeitsverhalten: wichtige Aufgaben / Termine sofort notieren fester Arbeitsplatz Keine Ablenkungsmöglichkeiten zulassen (Handy, PC aus) Feste Lernzeiten Pausen einplanen Teilschritte, Lernplan erstellen Hausaufgabenheft den nächsten Tag vorbereiten sich belohnen für Bewegung sorgen 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Training (Überwiegend Zielgruppe Kinder 9-13J): - Wahrnehmungstraining Lauth und Schlottke (2009) („Genau hinsehen, genau zuhören, Wahrgenommenes genau wiedergeben“) - Aufmerksamkeitstraining Jacobs u. Petermann (2005) (Aufmerksamkeitskomponenten, Selbstüberwachung, Gruppentr.) - Selbstinstruktionstraining u. Strategietraining (Signalkarten: „Ich will anfangen“, „Was ist meine Aufgabe“, Ich mache mir einen Plan“, „Kenne ich Ähnliches?“, „sorgfältig und bedacht vorgehen“, Halt! Überprüfen!“, „das habe ich gut gemacht“) Marburger Verhaltenstraining ADHS, Konzentrationstraining Krowatschek (Einzel- und Gruppentraining, Elterngespräch) - Training für Eltern - Triple PPP 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Selbstinstruktionstraining mit Signalkarten Dr. Helga Ulbricht - Staatliche Schulberatung München Selbstinstruktionstraining mit Signalkarten Auf dem Tisch liegt nur das Arbeitsmaterial, das ich für die Aufgabe brauche. Ich lese die Aufgabe genau durch und überlege dann, was ich tun muss. Stopp! Was muss ich tun? Ich zerlege die Aufgabe in kleine Schritte. Stopp! Was ist mein Plan? Ich gehe Schritt für Schritt vor. Sorgfältig! Schritt für Schritt zum Ziel! Ich kontrolliere am Ende, ob ich alles richtig gemacht habe. Stopp! Überprüfen! Ich räume mein Arbeitsmaterial wieder ein. Mein Platz muss übersichtlich sein.
Verhaltensmodifikation: Kontingenzverträge Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Verhaltensmodifikation: Kontingenzverträge Verstärker- oder Tokensysteme Time-Out-Maßnahmen Training Sozialverhalten Stärkung Selbstakzeptanz Familienzentrierte Maßnahmen 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Punktekonto für die Schule Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom Punktekonto für die Schule Mein Punktekonto Regel Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Summe Ich melde mich im Unterricht 4 Ich räume nach einer Arbeit auf 5 ....
Staatl. Schulberatungsstelle Niederbayern Mario Benedetti Seligenthalerstr. 36 84034 Landshut 0871430310 Quellen im Internet: www.schulberatung.bayern.de www.adhs.info www.zentrales-adhs-netz.de (Dr. Döpfner) 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Döpfner, Manfred (2007): Ratgeber „Hyperkinetische Auer Verlag GmbH Postfach 1152 86601 Donauwörth E-Mail: info@auer-verlag.de Internet: www.auer-verlag.de Handreichung für Lehrer: Schüler mit ADHS – verstehen, fördern, stärken – A.L.A.D.I.N. care-line Verlag Döpfner, Manfred (2007): Ratgeber „Hyperkinetische Störungen“. Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher. 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe
Danke für Ihr Interesse! Staatl. Schulberatungsstelle Niederbayern Mario Benedetti Seligenthalerstr. 36 84034 Landshut 0871430310 Danke für Ihr Interesse! 27.03.2017 © Benedetti, staatlicher Schulpsychologe