Daseinsvorsorge und Beihilferecht

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
IV. 2. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges
Advertisements

EU Kommission.
Bagatellbeihilfen( de minimis)
Gesetzliche Bestimmungen zu
Deutscher Landkreistag Ulrich-von-Hassell-Haus Lennéstraße 11 D Berlin 0 Dr. Kay Ruge Beigeordneter Umsatzsteuer auf Leistungen der Daseinsvorsorge.
Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät
Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz Gunnar Schwarting Mainz/Speyer
Schaffung anpassungsfähiger Betriebsratsstrukturen
Sitzung der Arbeitsgruppe EFRE 20
Wettbewerbspolitik in der EU
Hoheits- und Leistungsverwaltung
Beihilfeverfahren.
SAPV – Ärztlich verordnet und gemeinsam gestaltet
Strategie einer einheitlichen Umstellung in Schleswig-Holstein
International Disability Alliance
VOB-Sofortpaket Anwendung der Präqualifikation
Grenzausgleich bei Ressourcensteuern: Europarechtliche Aspekte
Das Subsidiaritätsprinzip Grundlage der Kommunalen Selbstbestimmung & der gesetzlichen Vorrangstellung der freien Wohlfahrtspflege Erstellt von der.
Sozialpolitik in Europa und das europäische Sozialmodell
Umsetzung des Projektes - CZ Zentrum für Regionalentwicklung.
Primärrechtliche Grundlagen
Die neue VOB 2009.
und die soziale Sicherheit
Der Staat als Unternehmer (3) Öffentliche Unternehmen und EG- Wettbewerbsrecht SS 2009 Kurt Reindl Kurt Reindl, Der Staat als Unternehmer, SS 2009,
Wettbewerb im ÖPNV Sachstand – Entwicklung- Perspektiven
Gemeinnützigkeit und Beihilferegularien im EU-Recht
Wettbewerbsrechtliche Aspekte der Umstrukturierung der ÖBB Arbeitsausschuss für Verkehrsrecht Wien, 22. April 2005 a.Univ.-Prof. Dr. Arno Kahl Universität.
Europäische Dimension der Daseinsvorsorge
Mitarbeitervertretung im Pater-Rupert-Mayer-Haus
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Bernhard Spiegel Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse Arbeiten des Sozialschutzausschusses Stand Oktober 2008.
Europarecht Materielles Recht
Entwurf 2005, aber: Kompetenz des Bundes ? Neuwahl 2005
Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) Einführung.
Beate Ehlers, MI, Referat III/4, Referentin Gutachterausschüsse für Grundstücksbewertung, Berufsrecht ÖbVI September gemeinsame Dienstbesprechung.
Abwasserzweckverband Rieth Herzlich Willkommen. Beantwortung der Fragen der Interessengemeinschaft Abwasser der Stadt Kindelbrück zu den am
                                                                                                                                                                                                                                                               
Europäisches Vergaberecht und ÖPPs Aktuelle Entwicklungen Dr
Submissionsrichtlinien Bonstetten Bonstetten..... aktuell Verabschiedet durch den Gemeinderat 20. März 2007.
Keine Ausbeutung mit Steuergeldern – für eine ethische öffentliche Beschaffung Vortrag von Christiane Schnura, Koordinatorin der Kampagne für Saubere Kleidung.
Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht Frühlingssemester 2014
Pflichtübung aus Europarecht 2. April 2014 Dr. Marie-Therese Richter, BA LL.M.
Unternehmen und Unternehmensmerkmale
Rekommunalisierung der Stadtwerke Niebüll GmbH
SEVESO-II-RL und Störfall-Verordnung
Stadtrat streicht Mittel für Orchester Gotha- Suhl (OTZ, )
2. Teil: Europäisches Kartellrecht D Grundzüge der Fusionskontrolle § 12 Grundlagen und Anwendungsbereich der Fusionskontrolle I. Funktion der Fusionskontrolle.
2. Teil: Europäisches Kartellrecht C Kartellverfahrensrecht § 11 Wesentliche Regelungen des Kartellverfahrensrechts der VO 1/2003 im Überblick I. Die Zuständigkeit.
Von Unternehmen und Unternehmern
Verwaltungsstrukturreform
§ 10 VO 1/2003 als Grundlage des EU-Kartellverfahrensrechts 2. Teil: Europäisches Kartellrecht C Kartellverfahrensrecht I. Die VO 1/2003 als neues Kartellverfahrensrecht.
Art. 81 und 82 EG: Sanktionen, Verfahren, Rechtsmittel - Überblick -
Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie für die Leistungen der Daseinsvorsorge Ökobüro; 20. Mai Mag. Martin Pospischill.
Pflichtübung aus Europarecht 3. Einheit Dienstleistungsfreiheit
2. Teil: Europäisches Kartellrecht
Dr. Jürgen Kühnen Vors. Richter am OLG
Die Zukunft der Erbringung sozialer Dienstleistungen im Binnenmarkt
Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht 1 Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht Frühlingssemester 2015 Fall 5 – Wettbewerbsrecht PD Dr. iur. Simon.
1 Europäische Initiativen und Instrumente zur Reorganisation öffentlicher Dienstleistungen Klaus Dräger Öffentliche Dienstleistungen unter Privatisierungsdruck.
Dr. Thomas Höhne. Geheim oder nicht geheim? Urheberprobleme in Vergabeverfahren.
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss ● Grundsätze wirksamer und verlässlicher ● Sozialleistungssysteme (2015/SOC 520) ● Berichterstatter: Prof.
Genehmigungswettbewerb Eine aktuelle Analyse
VWA MilRG. Abb. 1: Formale Vorgaben für die Vorwissenschaftliche Arbeit an AHS.
Warum Schulung jetzt? - Neuer DSB
1 Lerneinheit 6 – Überblick B.Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag und Geschäftsführung ohne Auftrag.
NKF – Gesamtabschluss Informationsveranstaltung Bad Salzuflen.
Boos Hummel & Wegerich Rechtsanwälte Zimmerstraße Berlin Tel.: Fax: Stromkonzession Expertenanhörung.
Das Arbeits- und Sozialrecht der Europäischen Union.
Dienstleistungskonzessionsrichtlinie – Folgen für die kommunale Wasserwirtschaft Wiesbaden, Martin Heindl, Geschäftsführer Landesgruppe Hessen.
Familienkarte im Landkreis Goslar KREISWEIT GEMEINDEÜBERGREIFEND WIRTSCHAFTSFÖRDERND FAMILIENFÖRDERND KULTURFÖRDERND ENGAGEMENTFÖRDERND ZUSAMMENARBEITFÖRDERND.
 Präsentation transkript:

Daseinsvorsorge und Beihilferecht

Begriffe Deutscher Terminus: Daseinsvorsorge EU – Begriffe: Dienstleistungen von allgemeinem Interesse Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Unterscheidungskriterium: Marktbezug der Tätigkeit(= entgeltliches Angebot von Leistungen oder Waren auf einem Markt)

Rechtsgrundlagen Für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse: Art.16 EG; grds. keine Beihilferelevanz Für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse: Art.87 ff., 86 Abs.2, 16, 73 EG; „Monti – Paket“ (Entscheidung 2005/842/EG, Richtlinie 2005/81/EG, Gemeinschaftsrahmen 2005/C 297/04) Demnächst: Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse (Vertrag von Lissabon)

Abgrenzung in der Praxis Maßstab: jede wirtschaftliche Tätigkeit (funktionaler Ansatz) = jedes entgeltliche Angebot von Waren und Leistungen Nicht – wirtschaftlich: klassische Hoheitsverwaltung (Schule, Sozialhilfe, Arbeitsvermittlung) Wirtschaftlich: alle übrigen Bereiche, soweit (faktische) Märkte vorhanden

Brisante Bereiche Energieversorgung Öffentlicher Schienen-, Schiffs- und Straßenverkehr Sozialleistungen (Altenpflege, Krankenhäuser, Jugendeinrichtungen) Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen (Museen, Theater; Festivals etc.) Sportförderung

Beihilferechtliche Beurteilung Für Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gilt Beihilfeverbot des Art.87 EG und das Notifizierungsverfahren! Dies gilt dann nicht, wenn - der Beihilfebegriff nicht erfüllt ist - die Beihilfe auf Grund eines Rechtsakts von Kommission oder Rat erlaubt ist

Anknüpfungspunkte zur Vermeidung der Beihilfekontrolle Ausschluss des Beihilfebegriffs Kommunale Einrichtung steht nicht im Wettbewerb (Hausmüllentsorgung, Abwasserbeseitigung) Kein Wettbewerber aus dem Binnenmarkt ist beeinträchtigt (kommunale Schwimmbäder, Krankenhäuser) Infrastrukturfinanzierung (Straßen, Veranstaltungsräume) Zuschuss oder Zuweisung von Mitteln dient nur dem Ausgleich von Lasten („Altmark“ –Kriterien: Zuschüsse an ÖPNV – Dienstleister)

Anknüpfungspunkte zur Vermeidung der Beihilfekontrolle Rechtfertigung „Freistellungsentscheidung“ 2005/842/EG: Ausgleichsleistungen an (kommunale) Unternehmen, die weder ausgeschrieben worden noch „gut geführt“ sind De minimis –Beihilfen: 200.000 € in 3 Steuerjahren „Bundesregelung Kleinbeihilfen“: 500.000 € bis 31.12.2010

Hauptproblem in der kommunalen Praxis Kommunale Bürgschaften zu Gunsten kommunaler Unternehmen/ Aufgabengarantie für Regiebetriebe/Eigenbetriebe Beihilferechtlich erlaubt: - zu Marktkonditionen (Renditeerwartung!) - als De minimis –Beihilfe ( nur 80% des Darlehens) und maximal 1,5 Mio € oder auf der Grundlage einer Methodik und nur für Beihilferegelungen - auf Grund der „Bundesregelung Kleinbeihilfen“

Umsetzungsbedarf Die „Altmark Trans“ – Entscheidung des EuGH Das „Monti –Paket“: - die Entscheidung 2005/842/EG zu Ausgleichsleistungen - der Gemeinschaftsrahmen 2005/C 297/04 zu Ausgleichsleistungen - die Transparenzrichtlinie 2006/111/EG über die Transparenz zwischen Mitgliedstaaten und öffentlichen Unternehmen

Die „Altmark-Trans“ – Entscheidung: Voraussetzungen Bestimmt die Maßstäbe für eine beihilfefreie Ausgestaltung von Ausgleichsleistungen Daraus folgt: - Betrauungsakt - Bemessung der Parameter - Mechanismus zur Vermeidung von Überkompensationen - Vergabeverfahren oder Ermittlung eines durchschnittlich gut geführten Unternehmens müssen festgelegt werden und den Anforderungen der Entscheidung genügen

Die „Altmark-Trans“ Entscheidung: Folgen Verfahren und Regelungen für Ausgleichsleistungen sind anzupassen Sonst drohen „Entdeckungsrisiko“ durch die Kommission und Finanzierungsschwierigkeiten durch Kreditinstitute wegen des latenten Rückforderungsrisikos

Die „Altmark-Trans“ – Entscheidung: Umsetzung Grundsätzlich Eigenverantwortung der Unternehmen und ihrer Träger Kommission und Mitgliedstaat können Orientierungshilfen bieten: - das Begleitdokument „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ und das Arbeitspapier der Kommissionsdienstellen - die „Handreichung zum Monti-Paket“ der Innenministerkonferenz - Leitfaden des MWME NRW in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW

Die Entscheidung 2005/842/EG „Freistellungsentscheidung“ Zweck: Ausdehnung des Anwendungsbereichs der „Altmark-Trans“- Entscheidung auf bestimmte Unternehmen, die den Nachweis eines durchschnittlich gut geführten Unternehmens nicht erbringen: - Untenehmen mit Umsatz < 100 Mio. € und < 30 Mio. € Ausgleichsleistungen - Krankenhäuser und sozialer Wohnungsbau - Flug- und Schiffsverbindungen/Flug – und Seehäfen unter 1 Mio./ 300.000 Passagiere

Die „Freistellungsentscheidung“: Umsetzungspflichten Unmittelbar anwendbares Recht: seit 29.11.2006 Anwendung setzt voraus, dass Betrauungsakt, Parameter und Überkompensationsmechanismus korrekt eingesetzt werden Vorgaben sind wesentlich konkreter = auch hier sind Orientierungshilfen wichtig! Regelmäßige Kontrollen Aufbewahrung von Unterlagen: 10 Jahre Berichtspflicht

Die „Freistellungsentscheidung“ Kontrollen Mitgliedstaaten müssen regelmäßige Kontrollen durchführen oder veranlassen Zweck: Vermeidung von Überkompensation Umsetzung auf jeder staatlichen Ebene Für Kommunen in NRW haben MWME und IM durch Erlass Regelung getroffen

Die „Freistellungsentscheidung“ Umsetzung der Kontrolle in NRW Grundsätzlich im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung Bei Sondervermögen im Rahmen der Jahresabschlussprüfung durch Gemeindeprüfungsanstalt oder Wirtschaftsprüfer Bei Anstalten des öffentlichen Rechts und Kommunalunternehmen durch zuständigen Abschlussprüfer oder örtliche Rechnungsprüfung Bei Unternehmen im Rahmen der handelsrechtlichen Abschlussprüfung

Die „Freistellungsentscheidung“: Berichtspflicht Über die Umsetzung der Entscheidung Alle drei Jahre Erstmalig zum 19.12.2008 (liegt vor)

Umsetzung der Berichtspflicht Identifikation aller relevanter Unternehmen - durch die Kommunalkörperschaft - bei Landesunternehmen auf der Grundlage von Beteiligungsberichten Verantwortung: für Kommunen: die Kommunalaufsicht für Landesunternehmen: jedes Ministerium für seinen Geschäftsbereich Hilfreich wäre detaillierter Fragenkatalog zu allen Aspekten der Ausgleichsleistungen

Die Transparenzrichtlinie „Altmark-Trans“ –Entscheidung hat Notwendigkeit begründet, auch solche Zahlungen zu erfassen, die keine Beihilfen sind. Deutschland hat das „Transparenz- Richtlinie – Gesetz“ inzwischen angepasst Damit müssen auch die Zuständigkeitsregelungen angepasst werden: in NRW: „Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten nach dem TransparenzRLGesetz“

Beihilfenkonforme Ausgestaltung von Ausgleichsleistungen Kernaussagen des Leitfadens

Unternehmensbegriff Selbständige wirtschaftliche Einheiten (Anstalten, Zweckverbände, öffentliche Kapitalgesellschaften) Eigenbetriebe Regiebetriebe wohl nur als Bestandteil der Körperschaft Organschaft im steuerrechtlichen Sinn

Anwendungsbereich der Freistellungsentscheidung Schwellenwert kann bei Konzernbetrachtung leicht überschritten werden Liegt steuerrechtliche Organschaft vor, besteht dieses Risiko Deshalb (bei größeren Städten/Kreisen): Konstruktion mehrerer Holdinggesellschaften Begrenzte Relevanz, weil Freistellungsentscheidung für Ausgleichsleistungen im ÖPNV nicht gilt

Indizien für Daseinsvorsorge Defizitärer Betrieb Öffentliches Interesse Gemeinwohlverpflichtungen Gemeindewirtschaftsrechtlichen Kategorien

Betrauungsakt Regelungsgegenstand: - die Gemeinwohlverpflichtung - Parameter für die Berechnung des Ausgleichs - Überwachungsmechanismus - Überkompensationsvermeidung Gemeinwohlverpflichtung; - grundsätzlich nicht alle Aufgaben eines Unternehmens ausgleichsfähig - Konkretisierung durch Katalog ist hilfreich - pauschaler Ausgleich nur bei Marktversagen

Rechtsform des Betrauungsakts Gestaltungsfreiheit der öffentlichen Hand Zuwendungsbescheid in der Regel optimal Gesellschaftsvertrag/Betriebssatzung nur, wenn Verpflichtung begründet wird (Ermächtigung nicht ausreichend) Denkbar: Beschluss der Vertretungskörperschaft über Wirtschaftsplan (vgl. EigenbetriebsVO NRW)

Parameter/ Überkompensationsmechanismus Anhaltspunkte im „FAQ“ der Kommissionsdienststellen: - Schätzung tatsächlich entstehender Kosten nicht erforderlich - Berechnungsmethoden ausreichend - nachträgliche Anpassung/ ex ante Korrekturmechanismus möglich - Vermeidung von Überkompensationen (Problem: Leistungsanreize)

Steuerrechtliche Auswirkungen Konkretisierung der Betrauung begründet im Konzern (kommunalem Querverbund) Gefahr der Umsatzsteuerpflicht von Ausgleichsleistungen Dauerdefizitärer Betrieb einer Daseinsvorsorgeaufgabe kann zu Gunsten des öffentlichen Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden! Lösung denkbar über Zuwendungsbescheid, der als Einnahme das Defizit entfallen lassen kann