Klinische Chemie HHU-Düsseldorf Nebennieren-Hypophyse-Hypothalamus Achse Stufendiagnostik Anatomie, Physiologie, Biochemie, Strategie Klinische Chemie HHU-Düsseldorf
Anatomie Hypothalamus liegt am Boden des dritten Ventrikels, der Hypophysenvorderlappen (HVL) auch Adenohypophyse genannt, in der Sella turcica (Türkensattel). Verbunden sind Hypothalamus und HVL durch den Hypophysenstiel. Die Nebennieren befinden sich auf den oberen Polen beider Nieren. Die Nebennierenrinde produziert Steroidhormone und ist am Wasser-, Mineralstoff- und Glucosehaushalt beteiligt. Das Nebennierenmark ist dem sympathischen Nervensystem zuzurechnen und bildet Adrenalin und Noradrenalin.
Nebenniererinde(NNR)
Nebenniererinde - Anatomie Die NNR besteht aus 3 Schichten: Zona glomerulosa – außen – bildet ausschließlich Mineralocorticoide (Aldosteron) Zona fasciculata – Mittelschicht – bildet hauptsächlich Glucocorticoide (Kortisol) Zona pellucida (Zona reticularis) – innen – bildet vorwiegend Androgene (DHEA-Sulfat und Androstendion)
Nebennierenrinde (NNR) Hypothalamus Hypophyse Nebennierenrinde (NNR) Negative Rückkopplung NNR-Hormone Ausschüttung Zielorgan Vereinfachter Regelkreis der Hormonausschüttung (grün) und Rückkopplung (rot)
Hypothalamus-Hypophyse Relevantes Hormon des Hypothalamus CRH – Corticoliberin Relevantes Hormon des HVL ACTH – Corticotropin Hauptwirkung CRH → ACTH ACTH → NNR: Cortisol
Nebenniere - Glucocorticoide Hormone der NNR Cortisol – ein Glucocorticoid – wird in großen Mengen (20-30 mg/d) aus Cholesterol neu gebildet. Seine Sekretion unterliegt einem ausgeprägten Tagesrhythmus mit hohen Werten in den Morgen- und deutlich niedrigeren in den Abendstunden
Wirkung des Cortisols Kohlenhydratstoffwechsel – Förderung der Glucoseneubildung, Verminderung der Glucosetoleranz. Fettstoffwechsel – Förderung des Fettabbaus (Lipolyse) Proteinstoffwechsel – Förderung des Proteinabbaus (Katabolie) Wasser-/Elektrolythaushalt – Förderung der Natriumretention und Kalium-Ausscheidung, Hemmung der enteralen Calciumresorption
Wirkung des Cortisols Kreislauf – Förderung des Gefäß-antworts auf Catecholamine und Angiotensin II Hämatopoese – Förderung der neutrophilen Granulozyto- und Thrombozytopoese Magen-Darm-Trakt – Förderung der HCl- und Pepsin Produktion ZNS – Förderung der Erregbarkeit
Wirkung des Cortisols im Überschuss Kohlenhydratstoffwechsel – Diabetogene Stoffwechsellage Proteinstoffwechsel – Hautatrophie, Muskelschwund /schwäche, Wachstums-verzögerung (Kinder) Fettstoffwechsel – Hyperlipoproteinämie, Fettverteilungsstörungen Wasser- /Elektrolythaushalt – Hypervolämie, Hypokaliämie, metabolische Azidose, Hypokalziämie, Hypertonie, Ödeme
Wirkung des Cortisols im Überschuss Kreislauf – Hypertonie Hämatopoese – Leukozytose, Eosinopenie, Lymphzytopenie, Thrombozytose, gesteigerte Infektanfälligkeit Magen-Darm-Trakt – Ulkusneigung, Neigung zu gastrointestinalen Blutungen ZNS – Stimmungslabilität, endokrines Psychosyndrom Bindegewebe – vaskuläre Purpura
Nebenniere – Mineralocorticoide und Androgene Der biologisch wichtigste Vertreter der Mineralcorticoide ist das Aldosteron. Es wird ca. 5-200 µg/d synthetisiert. Schwach androgene Steroide wie DHEA, DHEA-S (20-50 mg/d), Androstendion und 11-OH Androstendion werden in großen Mengen sezerniert.
Nebenniere – Physiologie Mineralocorticoide Aldosteron ist maßgeblich an der Homöostase des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens und des Kaliumhaushalts beteiligt (Na+-K+ Austausch in der Niere) Aldosteronsekretion wird über das Renin-Angiotensin-System gesteuert. Kalium, Natrium und ACTH sind auch daran beteiligt. Der molekulare Wirkmechanismus des Aldosterons ist nicht bekannt.
Hypophysenhormone - Pathophysiologie ACTH Klinische Symptomen einer gestörten ACTH-Sekretion: ACTH - Hypercortisolismus (Morbus Cushing) (Mondgesicht!), bei Kindern Minderwuchs (NNR Intakt) ACTH - sekundäre NNR-Insuffizienz
Hypophysenhormone - Definitionen Als Morbus Cushing versteht man strenghergenommen nur die Fälle, bei denen der Glucocorticoidexzeß die Folge einer gesteigerten, von einem Hypophysentumor ausgehenden ACTH-Sekretion ist. Der Morbus Cushing wird auch als „zentraler Cushing“ bezeichnet.
Hypophysenhormone - Definitionen Cushing-Syndrom Beim Cushing-Syndrom führt ein primär von der NNR ausgehender Prozess (Tumor, noduläre Hyperplasie) oder eine Glucocorticoidtherapie zur Cushing-Symptomatik. Die begriffliche Unterscheidung ist wegen der unterschiedlichen Therapieformen wichtig!
Hypophysenhormone - Definitionen Das ektope ACTH-Syndrom ist gekennzeichnet durch einen Glucocorticoidexzeß aufgrund einer meist exzessiven, autonomen ACTH-Sekretion verschiedener Karzinome, vor allem des kleinzelligen Bronchialkarzinoms. Bei solchen Patienten befindet sich oft eine hypokaliämische Alkalose und eine extrem verstärkte Hautpigmentierung.
Labordiagnostik Dexamethason-Hemmtest DD zwischen hypophysärer und adrenaler Genese bei Hyperkortisolismus - 0,5 mg Dexamethason (hemmt die ACTH Freisetzung) über 2 Tage alle 6 h und weitere 2 Tage 2mg Dexamethason alle 6 h - Blutentnahmen: täglich um 8.00 Uhr Plasmakortisolkonzentation bestimmen Hypophysärer Hyperkortisolismus: Suppression des Ausgangswertes um Mindestens 50% Adrenaler- und Ektoper Hyperkortisolismus: keine Suppression
Labordiagnostik Freies Cortisol im Urin Bei grenzwertigen Ergebnissen des Dexamethason-Hemmtests soll man Cortisol im Urin bestimmen. Ein normaler Befund schließt einen ACTH- oder auch andersartig bedingten Cortisolexzeß aus. Die Bestimmung der 17-OH-Corticosteroide im Urin ist durch die Bestimmung von Cortisol im Urin obsolet geworden
Labordiagnostik ACTH im Plasma Die Bestimmung des ACTH im Plasma ist nur sinnvoll, wenn ein Cortisolüberschuß gesichert ist. Niedriges ACTH spricht für ein Cushing-Syndrom, mäßig erhöhtes ACTH für einen Morbus Cushing und exzessiv erhöhtes ACTH für eine ektopen ACTH-Produktion.
Stufen-Labordiagnostik: ACTH/Cortisol-Mangel (NNR-Insuffizienz). Stufen-Labordiagnostik: Cortisol im Serum um 08.00 Uhr bestimmen. Bei einem Cortisol-Wert über 80 µg/l (=225 nmol/l) ist mit einer NNR-Insuffizienz nicht zu rechnen.
ACTH-Test bei V.a. NNR-Insuffizienz Labordiagnostik ACTH-Test bei V.a. NNR-Insuffizienz ACTH als i.v. Bolus führt zur unmittelbaren Steigerung der adrenalen Steroidbiosynthese durch Bindung an seine spezifischen Rezeptoren in der Nebennierenrinde. Beim ACTH-Kurztest (Synacthen-Test) ist bei einer NNR-Insuffizienz ein deutlichen ACTH-Anstieg (> 70 µg/l) ohne Cortisolanstieg zu erwarten.
Weitere Differentialdiagnostik CRH-Test (Überprüfung der ACTH-Sekretionsantwort der Adenohypophyse auf CRH sowie die Cortisolantwort auf das ausgeschüttete ACTH) Der CRH-Test kann zur Differenzierung zwischen der hypophysären- und hypothalamischen Form einer ACTH-bedingten NNR-Insuffizienz dienen.
Nebenniere – Diagnostik & Therapie Primäre NNR-Insuffizienz – Morbus Addison Ein M. Addison liegt vor, wenn es aufgrund einer primären Destruktion von NNR-Gewebe zum Cortisol- und Aldosteronmangel kommt. Klinisch besonders auffällig ist die Hyperpigmentierung (Haut dunkelbraun, MSH-Wirkung von stark erhöhtem ACTH). Die Therapie ist eine lebenslange Substitution mit Gluco- und Mineralocorticoiden.
Nebenniere – Diagnostik & Therapie Ein Androgenexzess, z.B. aufgrund eines angeborenen AGS, kann abhängig von seiner Schwere und vom Zeitpunkt seines Auftretens beim weiblichen Geschlecht zur Maskulinisierung, zur heterosexuellen Frühreife, zur Virilisierung, zum Hirsutismus oder auch nur zu Zyklusstörungen führen. Bei Jungen dagegen kann es zur isosexuellen Frühreife kommen, bei Neugeborenen zur Penishypertrophie. Beim Mann bleibt der Androgenexzess meist unbemerkt.
Hormonkonstellationen im Plasma Formenkreis der gestörten NNR-Funktion Primäre Überfunktion (selten) Conn Syndrom - Aldo PRA PRA - Plasmarenin Cushing-Syndrom – Cort ACTH Erworbenes AGS -Androgene Feminisierendes adrenales Syndrom – Östrogene
Hormonkonstellationen im Plasma Formenkreis der gestörten NNR-Funktion Sekundäre Überfunktion – relativ häufig Sek. Aldosteronismus (Stimulation des Renin-Angiotensin-Systems)- Aldo PRA Morbus Cushing – Cort ACTH Ektopes ACTH-Syndrom – Cort ACTH
Hormonkonstellationen im Plasma Formenkreis der gestörten NNR-Funktion Primäre Unterfunktion – (seltener) Morbus Addison – Cort ACTH Aldo PRA Isolierte Hypoaldosteronismus – Aldo PRA Angeborenes Adrenogenitalsyndrom (AGS) (Mangel der Enzyme 21-Hydroxylase mit Störung der adrenalen Synthese von Cortisol und Aldosteron) – 17OHP Androgene Cort Aldo ACTH
Hormonkonstellationen im Plasma Formenkreis der gestörten NNR-Funktion Sekundäre Unterfunktion (seltener) Iatrogenes (Glukokortikoide -Therapie) Cushing-Syndrom oder HVL-Insuffizienz – Cort ACTH Pseudohyperaldosteronismus (Lakritzabusus!) - Aldo PRA
Nebenniere - Labordiagnostik Labordiagnostik bei einer NNR-Störung Hypercortisolismus – Dexamethason-Hemmtest Cortisolmangel – ACTH-Test Hyperaldosteronismus – Aldo in 24h-Harn Aldosteronmangel – Aldo + PRA AGS – 17α-OH Progesteron Erworbenes AGS (virilisierendes NNR-Tumor) – DHEA-S + Testosteron Bei allen Fällen – Na+ + K+ im 24h Harn
Nebennierenmark (NNM)
Nebennierenmark - Anatomie Das NNM besteht überwiegend aus chromaffinen (= Farbstoff aufnehmende) Zellen, von denen es zwei Arten gibt – eine (80%) synthetisiert Adrenalin, die andere Noradrenalin. Neben den chromaffinen Zellen und Blutsinus sind präganglionäre sympatische Nervenfasern das dritte wichtige Strukturelement des NNM Die Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin sind – wie Cortisol – „Stresshormone“.
Nebennierenmark - Physiologie NNM – Catecholamine Stimuli der Catecholamin-Freisetzung Emotionaler und physischer Stress, physische Belastung, Hypoglykämie, Hypotonie. Pharmakologische Stimuli – Nikotin, Histamin, Bradykinin, Angiotensin-II
Nebennierenmark - Physiologie Physiologische Wirkung der Catecholamine Peripherer Gefäßwiderstand - NA A Systolischer Blutdruck – NA A Diastolischer Blutdruck – NA A Herzfrequenz - NA A Herzminutenvolumen – NA A Lipolyse - NA A
Nebennierenmark - Hormonabbau Abbau und Ausscheidung der Catecholamine A und NA werden durch Catechol-methyltransferase (COMT) und Monoaminoxidase (MAO) enzymatisch abgebaut. Dabei entstehen Metanephrin (MN), Normetanephrin (NMN) und Vanillinmandelsäure (VMS) Im Urin werden ca. 1% A, 4% NA, 20% MN+NMN und 75% VMS ausgeschieden
Nebennierenmark - Diagnostik NNM-Tumor – Das Phäochromocytom Phäochromzytome sind A- und NA-produzierende Tumoren. 90% liegen im NNM. 10% wachsen multipel, wobei dann beide NN betroffen sind. Das Auftreten des Phäochromozytoms ist relativ häufig (0,5-0,7% aller neu diagnostizierten Hypertonien). Klinische Symptome sind Dauerhypertonus, Hochdruckattacken, Hitzewellen
Nebennierenmark - Labordiagnostik Phäochromozytom – Labordiagnostik A, NA und VMS in 24h-Urin Wenn alle mehrmals unauffällig sind, ist die Wahrscheinlichkeit eines Phäochromzytom < 10%. Bei weiterem Verdacht soll der Clonidin-Test (Clonidin hemmt die Katecholaminfreisetzung) durchgeführt werden – keine Supprimierung der (erhöhten) Basalwerte deutet auf einem Phäochromozytom hin. Hierzu sind die Plasma Catecholamine als weitere Hilfe zu bestimmen.