Schulvermeidung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht

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 Präsentation transkript:

Schulvermeidung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht OÄ C. Oppermann FÄ für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Schulvermeidung aus kjp- Sicht: physiologische Ängste Säuglinge und Kleinkinder: reagieren in Angstsituationen mit Schreien, weglaufen, Festklammern, festhalten der Bezugsperson; können nicht zwischen inneren und äußeren, realen und phantasierten Gefahren unterscheiden frühes Kleinkindalter: Trennungsängste, Angst vor fremden Personen und neuen Situationen (Achtmonatsangst, Fremdeln) Vorschulalter: diffuse Ängste vor Dunkelheit, Gespenstern und Monstern, vor Naturerscheinungen (Gewitter) Schulalter: Sozialisationsängste, Ängste vor Krankheiten / Verletzungen, vor ärztlichen eingriffen, vor Unfällen und vor Tod Pubertät: massive Reifungsängste

Schulvermeidung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht Schulangst Schulschwänzen Schulphobie Symptom- genese Ausweichen aus Leistungs- oder Sozialängsten Vermeidung von Unlust Überwechseln in lustbetonte Verhaltensweisen Verdrängung der Angst vor Verlassenwerden von der Mutter, Verschiebung auf Schule pathogene Faktoren psychische oder physische Insuffiziens (Lern- oder Körperschwächen) mangelnde Gewissens- bildung, Deprivation, Bindungsschwäche Mutter-Kind-Symbiose Verlassenheits-ängste zunächst affektive Erleichterung, jedoch Angst vor Kontakt- und Liebesverlust der Eltern ambivalente Bejahung der Schulverweigerung und Risiken der Ersatz- handlungen, Furcht vor Strafe Mutter-Kind-Gemein- schaft bleibt erhalten, Gefahr der Trennung bleibt, Konfliktaufschub Effekt

Es ÜBER-ICH ICH - unterste, ursprünglichste Schicht Strukturmodell Es - unterste, ursprünglichste Schicht - Lust-Unlust-Prinzip - sofortige und totale Befriedigung der Impulse, - kennt keine Logik, Moral, Beständigkeit, - zeitlos, unberechenbar, unbelehrbar - enger Zusammenhang mit dem Somatischen - primärprozesshaftes Denken vorherrschend = Reservat von Wünschen, Bedürfnissen, Trieben ÜBER-ICH System aller Motive, die aus Familie / Sozietät übernommen werden, eigenständiges Gewissen, hängt mit gefürchtetem Eltern-Objekt zusammen, (Moral, Gebote, Verbote, Normativen; enthält einschränkende, verfolgende, verbietende, bestrafende Motive - Schuldthematik)‏ Ideal-ICH / ICH-Ideal = inneres Wunschbild, (Ehrgeiz, Werte der persönlichen Lebensgestaltung), Maßstab der Eigenentwicklung, geliebte Seite des Eltern-Imagos, liefert narzißtische Gratifikation für idealorientiertes Verhalten (reife Funktion: Erleben eines guten Narzißmus; reife Gewissensentwicklung, relativ unabhängig von Lob und Tadel ICH Ich-Funktionen: - Wahrnehmung (Unterscheidenkönnen)‏ - Gedächtnis - (willkürliche) Motorik arbeitet nach dem Realitätsprinzip (Realitätserhaltung), denkendes / planendes System, Träger des Bewusstseins (wenn auch z.T. unbewusst)‏ synthetische Funktion (Vermittlerrolle)‏ --> zwischen Strebungen der Umwelt und Über-Ich-Verboten, sammelt Erfahrungen, schützt durch Entwicklung von (Signal)angst, ist die eigentliche Angststätte, ist psych. Selbsterhaltungsorgan, Abwehrmechanismen = Hilfsmittel des ICH, realitätsnahe Steuerung des ES (wie ein Reiter das Pferd)‏

Betrachtung unter dem Gesichtspunkt von Wünschen und Bedürfnissen, Triebpsychologie Betrachtung unter dem Gesichtspunkt von Wünschen und Bedürfnissen, geformt von früheren Erfahrungen, verkörpert in bewussten und unbewussten Phantasien, daraus resultierende Konflikte und ihre Lösungen: Angst, Schuld, Scham, Hemmungen, Symptombildungen, pathologische Charakterzüge Ich-Psychologie Betrachtung unter dem Gesichtspunkt von: - Fähigkeit zur Anpassung, - zur Realitätsprüfung, - Abwehrprozesse, Umgang mit der inneren Welt der Bedürfnisse, Affekte, Umgang mit der äußeren Welt der Realitätsanforderungen Psychoanalyse - Theorien Psychologie des Selbsterlebens Betrachtung unter dem Gesichtspunkt von: - anhaltenden subjektiven Befinden in Hinblick auf eigene Grenzen, Kontinuität, Wertschätzung, Reaktionen auf Schwankungen des subjektiven Zustandes, - Selbst-erleben, - zentrale Stellung des Selbst: Differenzierungsgrad (Getrenntsein)‏ Grad von Ganzheit / Fragmentierung, Kontinuität / Diskontinuität, Wertschätzung Psychologie der Objektbeziehungen Betrachtung unter dem Gesichtspunkt von: - Objektbeziehungen, so wie sie vom Kind erlebt wurde /wird, was sich im Gedächtnis niederschlägt, was sich wiederholt, - die Wiederholung des Familiendramas (Suche nach Liebe, Streben nach Bewältigung)‏

Schulvermeidung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht Angststörungen: pathologische Ängste -> Grad und Dauer der Angstreaktion stehen in einem starken Mißverhältnis zu auslösenden und angeschuldigten Ursachen emotionale Störungen mit Trennungsängsten F 93.9 phobische Störungen des Kindesalters F 93.1 Störung mit sozialer Überempfindlichkeit F 93.2 ... generalisierte Angststörung F 41.1 phobische Störungen F 40 Panikstörung F 41.0 affektive Störungen F30-39 Persönlichkeitsentwicklungsstörungen F60 psychische und Verhaltensst. durch psychotrope Substanzen F 1 jeder Therapie geht eine umfassende Diagnostik voraus

Schulvermeidung aus kjp- Sicht; emotionale Störung mit Trennungsangst Hauptmerkmal: focusierte, ausgeprägte Angst vor der Trennung von solchen Personen, an die das Kind gebunden ist, nicht Teil einer generalisierten Angst in vielen Situationen unrealistische, vereinnahmende Besorgnis über mögliches Unheil, welches Hauptbezugspersonen zustoßen könnte, oder Furcht, dass diese weggehen und nicht wiederkommen könnten unrealistische, vereinnahmende Besorgnis, dass irgendein unglückliches Ereignis das Kind von einer Hauptbezugsperson trennen könnte (z.B. Kind geht verloren, wird gekidnappt, ins Krankenhaus gebracht...) Furcht vor Trennung, mehr als aus anderen Gründen, wie Furcht vor Ereignissen in der Schule, resultierende und überdauernde Abneigung oder Verweigerung die Schule zu besuchen

Schulvermeidung aus kjp- Sicht; emotionale Störung mit Trennungsangst anhaltende Abneigung oder Verweigerung, ins Bett zu gehen, ohne dass eine Hauptbezugsperson dabei ist oder in der Nähe ist anhaltende, unangemessene Furcht, allein oder tagsüber ohne eine Hauptbezugsperson zu Hause zu sein wiederholte Alpträume über Trennung wiederholtes Auftreten somatischer Symptome (wie Übelkeit, Erbrechen, Bauch- und Kopfschmerzen...) bei Trennung von einer Hauptbezugsperson, wie bei Verlassen des Hauses, um in die Schule zu gehen extrem wiederkehrendes Unglücklichsein (z.B. Schreien, Wutausbrüche, Unglücklichsein, Apathie oder sozialer Rückzug in Erwartung von , während oder unmittelbar nach der Trennung von einer Hauptbezugsperson)

Schulvermeidung aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht protektive Faktoren: individuelle Ressourcen (angeboren /erworben) soziale Ressourcen Risikofaktoren: individuelle Faktoren Umweltfaktoren disponierende Bedingungen angeborene und erworbene Vulnerabilität / Reslienz auslösende Faktoren Prozesse Coping / Bewältigungs- mechanismen Stressoren Entwicklungsaufgaben Text Fehlanpassung psychischFe Auffälligkeiten Coping / Bewältigungs- mechanismen Stressoren Entwicklungsaufgaben verlaufsbestimmende Faktoren Prozesse weiterer Verlauf: Bewältigung / Kompensation oder Chronifizierung