Leistungsbewertung + Lernmotivation

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 Präsentation transkript:

Leistungsbewertung + Lernmotivation Bezugsnormorientierung I

Die “kleine Beurteilungsaufgabe” Eine durchschnittliche Schulklasse macht in monatlichen Abständen Schulleistungstests, in denen jeweils der Unterrichtsstoffs des letzten Monats abgefragt wird. In jedem Test kann man max. 100 Punkte erreichen. Die Test sind so aufgebaut, dass der Klassendurchschnitt bei 50 Punkten liegt. 9 Schüler erreichen bei den letzten drei Tests die aufgeführten Punkte. Ihre Aufgabe besteht darin, bei jedem der 9 Schüler das letzte Testergebnis zu beurteilen. Wenn sie das Ergebnis eines Schülers für eine gute Leistung halten, so können Sie 1-5 Pluspunkte (++…) geben, halten Sie dieses Ergebnis für eine schlechte Leistung, so können Sie 1-5 Minuspunkte (--…) geben. Bitte geben Sie pro Ergebnis nur Plus- oder Minuspunkte! Halten Sie das Ergebnis weder für eine gute noch für eine schlechte Leistung, lassen Sie diese Zeile frei.

Beurteilungsunterschiede bei Lehrern Soziale Bezugsnorm Leistung eines Schülers wird mit Leistungen einer sozialen Bezugsgruppe verglichen. = Interindividuelle Vergleiche = Querschnittliche Betrachtung von Schülerleistungen Individuelle Bezugsnorm Leistungen eines Schülers werden mit seinen vorangegangenen Leistungen verglichen = Intraindividuelle Vergleiche = Längsschnittliche Betrachtung von Schülerleistungen

Idealtypische Urteile zur “kleinen Beurteilungsaufgabe” Beurteilungen Schüler soziale Bezugsnorm individuelle Bezugsnorm 1 85 80 75 +++++ - - - - - 2 75 75 75 +++++ 3 65 70 75 +++++ +++++ 4 60 55 50 - - - - - 5 50 50 50 6 40 45 50 +++++ 7 35 30 25 - - - - - - - - - - 8 25 25 25 - - - - - 9 15 20 25 - - - - - +++++

Beurteilungstypen “Mischtypen” “Reine” Typen: - ohne Dominanz”: Lehrer, die sich an beiden Bezugsnormen orientieren, ohne dass eine überwiegt. - mit Dominanz”: Lehrer, die sich an beiden Bezugsnormen orientieren wobei eine überwiegt “Reine” Typen: Lehrer, die sich an einer der beiden Bezugsnormen (individuell/sozial) orientieren

Die naive Psychologie Geht von “naiven” Theorien aus Naive Theorien = nicht streng nach wissenschaftlichen Regeln gebildete Theorien ( basierend auf Alltagbeobachtung) Ohne naiv-psychologische Annahmen zu Verhaltensursachen wäre ein miteinander Umgehen kaum denkbar

Kausalattribution Ursachenerklärung für Erfolg und Misserfolg Vorhersage des Verhaltens in Leistungssituationen Motivation hängt neben Personenmerkmalen von eventuellem Erfolg ab. Motivation ist bei Aussicht auf Erfolg am größten Aber: Erfolg muß subjektiven Wert besitzen

Kausalitätsattribution Worauf führt man Erfolg und Misserfolg zurück? Personenfaktoren Umgebungsfaktoren zeitstabil Fähigkeit Aufgabenschwierigkeit zeitvariabel Anstrengung Zufall (Glück, Pech)

Beziehung ”naiv”- psychologischer Ursachenbeschreibung und Erfolgserwartung: Schüler schreibt Erfolg den Anstrengungen zu Erfolg : große Zufriedenheit. Misserfolg: nächstes Mal mehr lernen Schüler schrieibt erfolg den Fähigkeiten zu Erfolg: große Zufriedenheit und Hoffung später genauso gut abzuschneiden Misserfolg: “Ich bin zu dumm” keine Chance auf Verbesserung

Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Schüler auch die Ursachenzuschreibungen von ihren Lehrern wahrnehmen können und von ihnen beeinflußt werden. Deshalb ist es im Fall eines Leistungsschwächeren Schüler motivational ungünstig, wenn sich dem Lehrer unter sozialer Bezugsnorm ständig Fähigkeitsattribuierungen aufdrängen.

Fähigkeitszuschreibung  Leistungserwartungen verschiedener Lehrer Es gibt Unterschiede zwischen Lehrern in Bezug auf ihre Erwartungen an Schülerleistungen Diese Unterschiede sind am Unterrichtsverhalten des Lehrers wahrnehmbar Die Erwartungsunterschiede können sich verschieden auf die Motivation von Schülern auswirken = Erwartungseffekte

Erwartungseffekte Pygmalion-Effekt: Lehrererwartungen (warnehmbar an Unterrichtsverhalten)  Schülerleistungen fallen nach einiger Zeit so aus, wie der Lehrer es erwartet Lehrererwartungen= Vorhersagen, die die Kraft haben, sich selbst zu erfüllen  Self-fulfilling-prophecies: ein Schüler ist so gut oder schlecht, wie es sein Lehrer von ihm erwartet ! Aber: Sollte es dann nicht eine Leichtigkeit sein, durch positive Leistungserwartungen an den Schüler, dessen Schulleistung zu verbessern ???

 Unterscheidung von sozialer / individueller Bezugsnormorientierung Erwartungseffekte Differenziertere Betrachtung: - Lehrer unterscheiden sich in ihrem Unterrichtsverhalten dadurch, inwieweit sie sich von überdauernden Erwartungen leiten lassen  Unterscheidung von sozialer / individueller Bezugsnormorientierung - Außerdem: Lehrererwartungen sind abhängig davon, wie sich der Lehrer die Schulleistung ursächlich erklärt (Kausalattribuierung)

Erwartungseffekte Individuelle Bezugsnormorientierung: - Kurzfristige Erwartungen an den Schüler  ausgerichtet an aktuellen Leistungen des Schülers - Lehrer sieht Schulleistungen als weniger zeitstabil + längerfristig kaum vorhersagbar Soziale Bezugsnormorientierung: - Langfristige Erwartungen an den Schüler  ausgerichtet am generellen Leistungsniveau des Schülers - Lehrer sieht Schulleistungen als relativ zeitstabil + längerfristig vorhersagbar

Auswirkungen der verschiedenen Erwartungshaltungen auf die Motivation von Schülern: Individuelle Bezugsnormorientierung: - Schulleistung nicht langfristig vorhersagbar  richten ihre Erwartungen stets neu aus  kein Pygmalion- Effekt Soziale Bezugsnormorientierung: - Schulleistung längerfristig vorhersagbar  starre Erwartungshaltung  hier am ehsten Pygmalion-Effekt nachweisbar, also förderliche / hinderliche Auswirkung der Lehrererwartung auf die Lernmotivation

Auswirkungen der verschiedenen Erwartungshaltungen auf die Motivation von Schülern: Vorsicht: Schülerfaktoren spielen auch eine erhebliche Rolle in Bezug darauf, wie sich pos./ neg. Lehrererwartungen auswirken z.B. “Selbstkonzept der eigenen Begabung” des Schülers: Was hält der Schüler von seiner eigenen Begabung?  positive Lehrererwartung + negatives Selbstkonzept: - kann Schüler ermutigen, oder -Befürchtungen+ Ängste beim Schüler hervorrufen, den Lehrer zu enttäuschen starre negative Lehrererwartungen wirken sich aber auf lange Sicht insgesamt negativ auf die Lernmotivation des Schülers aus !

Lob und Tadel Anerkennung und Mißbilligung sind die Instrumentarien des Lehrers, dem man besondere Wirksamkeit zutraut. Lob und Tadel  Anlaß, Zeitpunkt und Situation kann verschiedene Bedeutungen und Folgen für den Schüler haben. Sanktion kann auch als Informationsquelle für die Güte des Handlungsresultats aufgefaßt werden Anlaß zur Selbstbekräftigung des Schülers besonders dann wenn Leistungsrückmeldung fehlen

Lob und Tadel <> Bezugsnormen Hat ein Schüler nach weitere Rückmeldung, kann er daraus schließen, was dem Lehrer als Anlaß zu positiver und negativer Bekräftigung dienen.  es wird deutlich an welcher Bezugsnorm der Lehrer sich orientiert Individuelle Bezugsnorm: Über- und unter-durchschnittliche Leistungen werden gleichermaßen sanktioniert, je nachdem ob sie über oder unter dem bisher erreichten liegen Soziale Bezugsnorm: Überdurchschnittliche Leistungen werden gelobt, unterdurchschnittliche mißbilligt. (Vergleich mit anderen)

Motivationale Bedeutung der Sanktionsunterschiede Von der Lehrersanktion gehen motivational bedeutende Hinweise für den Schüler aus Schüler erfahren - je nach Lehrer unterschiedlich, was aus Fremdperspektive belohnt wird und was nicht

Vergleich der Bezugsnormen Soziale Bezugsnorm: Schüler erfahren, daß sie nur belohnt werden, wenn man besser als die meisten anderen ist. Individuelle Bezugsnorm: auch Leistungsschwache werden belohnt, wenn ihnen ein Leistungs-zuwachs gelingt. Leistungsstarke lernen, dass man nicht nur belohnt wird wenn man besser als andere ist.

Aspekt der Fremdeinschätzung Leistungsstarke Schüler werden unter sozialer Bezugsnorm häufig verstärkt, leistungsschwache selten.  nach Lerntheortischen Erkenntnissen sollten unterschiedliche Verstärkungsbedingungen dazu führen, dass erstere häufiger Leistungsbereitschaft zeigen, letztere besonders selten. Fazit: Gute Schüler werden noch besser, schlechte Schüler noch schlechter.

Bei individueller Bezugsnorm ist es anders, weil nicht nach dem Leistungsniveau des Schülers gerichtet wird.

Selbstbekräftigung Individuelle Bezugsnorm ist informativer Soziale Bezugsnorm meist gleichbleibend für den einzelnen Schüler, kann aber dem Schüler seinen jeweiligen Stand in der Klasse zeigen Rückmeldungen geben Schüler wechselnde Anlässe zufrieden oder unzufrieden zu sein. Die Schul-lernsituation kann das autonome Selbstbekräftigungssystem anregen

Häufigkeit von Lob und Tadel Das Lernklima hängt großteils davon ab, wie oft Lehrer lobt oder tadelt. Im naturalistischen Unterricht ist Lob für Tüchtigkeitszuwachs wahrscheinlicher als Tadel für Tüchtigkeitsrückgang, sofern der Unterricht halbwegs erfolgreich war. Allgemein: Sanktionsbedingungen unter individueller Bezugsnorm sind für die Lernmotivierung günstiger als die soziale Orientierung.

Für welche Bezugsnormorientierung der Lehrer sich in seinem Unterricht entscheidet und wie er die Schüler motiviert bleibt ihm selbst überlassen.

Bezugsnormen und Individualisierung von Unterricht - Gibt der Lehrer allen Schülern die gleiche Aufgabe, oder stellt er je nach Schüler verschieden schwere Aufgaben mit der Absicht den Schülern einen effizienten Lernzuwachs zu ermöglichen ? - Paßt der Lehrer seinen Unterricht an die internen Bedingungen des lernenden Individuums an?

Unterschiede der Individualisierung durch Bezugsnormorientierungen Soziale Bezugsnormorientierung: - Beurteilung von Leistungen im sozialen Vergleich  nur möglich, wenn alle Schüler gleiche/ gleich schwere Aufgaben bearbeiten  Angebotsgleichheit bevorzugt Individuelle Bezugsnormorientierung: - Schüler wird nicht mit anderen, sondern mit sich selbst verglichen  Wahrnehmung intraindividueller Leistungsveränderungen+ Möglichkeit die Aufgabenschwierigkeit den Veränderungen anzupassen  Prinzip der Passung

Unterschiede der Individualisierung durch Bezugsnormorientierungen Soziale Bezugsnormorientierung: - meist Beibehaltung des bisherigen Schwierigkeitsgrads - es gilt als schwer, was die meisten der Klasse nicht schaffen können, als leicht, was fast jeder kann Individuelle Bezugsnormorientierung: - meist Steigerung der Aufgabenschwierigkeit (leichtschwer) - Lehrer haben den Eindruck, dass die Schüler über die Zeit immer schwierigere Dinge können

Individualisierung und Motivation Beeinflußt die Individualisierung der Aufgabenstellung die Motivation eines Schülers?  abhängig von situativen Rahmenbedingungen, wie: - Bezugsnorm für die Aufgabenstellung - Attribuierungs-/ Zuschreibungshinweise

Individualisierung und Motivation Bsp. 1: “ Hier ist eine Aufgabe x, die schafft jeder! A und B, wäre das nichts für euch ?” - Aufgabenschwierigkeit beschrieben mit sozialer Bezugsnorm (“die schafft jeder”) - Zuschreibung dieser Aufgabe, “die jeder schafft”, zu Schüler A+B  Motivation: bei schlechtem Leistungsstand ungünstige motivationale Folgen Bsp. 2: “A und B, hier habe ich eine Aufgabe, die etwas schwieriger als eure letzte ist. Ich bin gespannt, ob ihr auch die noch schafft!” - Aufgabenschwierigkeit beschrieben mit individueller Bezugsnorm (“schwieriger als letzte”) - implizite Zuschreibung des Lehrers: “Ihr habt die anderen Aufgaben geschafft, dann schafft ihr die auch!  Motivation: längerfristig günstigere motivationale Folgen