Neues aus dem Wirtschaftsrecht unter Berücksichtigung

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Neues aus dem Wirtschaftsrecht unter Berücksichtigung deutsch-dänischer Aspekte Karina Emmertsen Rechtsanwältin Frederiksholms Kanal 20, st. DK- 1220 København K Hans Köster Rechtsanwalt Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Marie-Curie-Ring 1 24941 Flensburg

Dänemark

Gliederung Bevorstehende Gesetzesänderung durch L 616 2013: Änderungen zur Gesellschaftsregistrierung Erweiterte Registrierungspflichten Änderungen bei Kapitaleinzahlung Herabsetzung des Stammkapitals einer ApS Erleichterung der Einlage eines bestimmenden Anteils einer Kapitalgesellschaft Änderung zur Finanzierung des Erwerbs eigener ApS-Anteile Informationsgebot bei Zwangsauflösung Höchstgericht: Zur Zulässigkeit der Rückführung der Ausschüttung aus steuerlichen Gründen Einführung der Iværksætterselskab

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Bevorstehende Gesetzesänderung: L 616 2013 Ziel: Ersparnisse i.H.v DKK 12 Mio. p.a. Erleichterung von Investitionen und start-ups Präzisierung der Vorschriften und Anpassung an geltende Praxis In Kraft: voraussichtlich 2014 – abhängig von der Implementierung des IT-Systems bei Erhvervsstyrelsen

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Änderungen zur Gesellschaftsregistrierung Öffentliche Registrierung der Befreiung von der Prüfungspflicht auch für Konzernjahresabschlussberichte Verordnungsermächtigung zur Einführung der Verpflichtung zur Angabe einer E-Mail Adresse Verordnungsermächtigung zur Einführung neuer Regelungen für Registrierung ausländischer Unternehmen ohne Sitz in Dänemark bei Erhvervsstyrelsen Wir warten weiterhin auf die Möglichkeit einer elektronischen Registrierung der Gesellschafterliste

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Änderungen bei Kapitaleinzahlung (ApS) Herabsetzung des Stammkapitals von DKK 80.000 auf DKK 50.000 Teilweise Einzahlung von 25% des Stammkapitals weiterhin zugelassen, § 33 SL (Gesellschaftsgesetz) (mindestens jedoch DKK 80.000/50.000) Neu: teilweise Einzahlung zum Kurs über 100 wird möglich

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Erleichterung der Einlage eines bestimmenden Anteils einer Kapitalgesellschaft durch Abschaffung des Erfordernisses einer Eröffnungsbilanz Klarstellung, dass Bewertungsbericht auch nach den internationalen Standarden (IFRS) erstellt werden kann, wenn die Satzung dies für die Erstellung des Jahresberichts vorsieht

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Änderung zur Finanzierung des Erwerbs eigener ApS- Anteile: Aktuell ist Finanzierung zulässig durch festgestellte freie Reserven aus letztem Jahresbericht Gewinn aus dem aktuellen Geschäftsjahr Künftig kann der Erwerb eigener Anteile nur durch freie Reserven geschehen

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Einführung eines gesetzlichen Informationsgebots bei Zwangsauflösung, § 229 SL (Gesellschaftsgesetz) Der Wirtschaftsprüfer ist verpflichtet im Rahmen des Zwangsauflösungsverfahrens auf Anfrage des Gerichts Informationen zu Verfügung zu stellen

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Einführung einer Iværksætterselskab Anpassung an die europaweite Entwicklung nach dem Vorbild der deutschen UG Bindung von 25% des Gewinns Ausschüttungssperre bis Reserve den betrag von DKK 50.000 erreicht hat „Umregistrierung“ mit Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung und Ausarbeitung eines Bewertungsberichts, der bestätigt, dass das Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Höchstgericht: Zur Zulässigkeit der Rückführung der Ausschüttung aus steuerlichen Gründen Ausschüttung an Holding sollte rückwirkend für Geschäftsjahr 1992/1993 geschehen und demgemäß nicht besteuert werden Ausschüttung ging aus der Steuererklärungen 1992/93 der Holding und der Tochter, sowie aus dem Jahresbericht der Tochter hervor. Jahresbericht 1992/1993 der Holding war nicht klar. Der faktische Zeitpunkt der Ausschüttung konnte durch Vergleich der verschiedenen Unterlagen hergeleitet werden Die Ausschüttung wurde tatsächlich erst im Geschäftsjahr 1993/1994 durchgeführt und war somit steuerpflichtig. Die Gesellschaften klagten somit auf Rückführung der Ausschüttung gem. § 29 Steuerverwaltungsgesetz

Neues aus dem dänischen Gesellschaftsrecht Bedingungen für die Rückführung der Ausschüttung, gem. § 29 des dänischen Steuerverwaltungsgesetzes Transaktion hat unvorhergesehene steuerliche Konsequenzen Transaktion muss von Anfang an der Steuerbehörde klar vorgelegt worden sein Gesetzesvorarbeiten: Es muss der Steuerbehörde möglich sein, die Ausschüttung festzustellen Verwaltungspraxis: Möglicherweise Voraussetzung einer Verschleierungsabsicht Höchstgerichtsurteil: Transaktion war nicht hinreichend klar vorgelegt Ausschüttungserklärung, Ausschüttungsattest und Wirtschaftsprüfererklärung erwecken den Eindruck einer Ausschüttung im Geschäftsjahr 1992/1993, die mögliche Herleitung einer früheren Ausschüttung für 1992/1993 durch Zusammenhalten verschiedener Informationen ist nicht hinreichend Mangelnde Verschleierungsabsicht irrelevant

Deutschland

Neue Rechtsprechung zum deutschen Wirtschaftsrecht Gesellschaftsrecht Zur Pfändbarkeit des Auskunfts- und Einsichtsrechts eines GmbH- Gesellschafters Handelsrecht Ortszusatz in Firmierung einer GmbH Wirksamkeit Lösungsklauseln in fortlaufenden Lieferverträgen

Gesellschaftsrecht Sachverhalt BGH: Zur Pfändbarkeit des Auskunfts- und Einsichtsrechts eines GmbH-Gesellschafters Sachverhalt Gläubiger G eines Zahlungsanspruches gegen S pfändet von diesem an einer GmbH gehaltene Geschäftsanteile und weitere Ansprüche, u.a. die Ansprüche auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der GmbH und Einsicht in deren Bücher und Schriften gemäß § 51a GmbHG. G S Geschäftsanteile/ Ansprüche § 51a GmbHG GmbH S legt Erinnerung gegen den Beschluss ein. Das AG weist die Erinnerung zurück. Das LG hebt den Beschluss auf, als durch den Beschluss Ansprüche auf Erteilung von Auskunft und Einsichtnahme gemäß § 51a GmbHG gepfändet worden sind. Hiergegen legt G Rechtsbeschwerde beim BGH ein.

Gesellschaftsrecht Pfändung der Geschäftsanteile erfasst nicht Ansprüche aus § 51a GmbHG Pfändungsgläubiger erwirbt nicht Stellung als Mitberechtigter im Gesellschaftsverhältnis Kein Auskunfts- und Einsichtsanspruch Kein Stimmrecht Nicht über Hilfspfändung nach § 836 Abs. 3 S. 3 ZPO pfändbar, weder direkt noch analog; Hilfspfändung soll Durchsetzung des Hauptanspruchs flankieren und unterstützen, z.B. Herausgabe von Urkunden über gepfändete Forderung Keine Pfändung zusammen mit Geschäftsanteilspfändung erfolgt, da Kein Nebenrecht iSd § 401 BGB Einsichtsrecht nicht ohne Übertragung der Gesellschafterstellung gesondert übertragbar Treuepflicht entfaltet auch Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten Keine gesonderte Pfändung aus den vorgenannten Gründen

Handelsrecht BGH zu: Ortszusatz in Firmierung einer GmbH Sachverhalt Nach Gründung wurde die Gesellschaft Osnabrück M. GmbH & Co. KG zum Handelsregister zur Eintragung angemeldet. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Lotte (NRW, AG ST), das etwa 12 km von Osnabrück (Niedersachsen, AG OS) entfernt ist. Das Registergericht wies die Anmeldung zurück. Es liege ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 HGB vor. Lotte läge weder in Niedersachsen noch sei das AG OS zuständig. Im übrigen bringe ein vorangestellter Ortsname die Inanspruchnahme einer führenden Stellung viel stärker zum Ausdruck als eine nachgestellte Ortsangabe. Eine führende Stellung läge jedoch nicht vor. Im Rahmen der Beschwerde wurde vorgetragen, dass der Betrieb 95 % seiner Tätigkeit in der Stadt OS ausübe und der Sitz im Übrigen unmittelbar an der Landesgrenze läge. Ein objektiver Bezug zu OS bestehe also. Das AG Steinfurt half der Beschwerde nicht ab.

Handelsrecht Ortsangabe in Firmenbestandteil Realer Bezug zu dem genannten Ort nötig, hier 95 % der Tätigkeit Sitz des Unternehmens muss in engerem Wirtschaftsgebiet liegen Wirtschaftsgebiet wird nicht durch Ländergrenzen oder Gerichtszuständigkeiten begrenzt, sondern definiert sich durch die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort auch bei deutscher GmbH, die überwiegend in Sønderjylland tätig ist? „Sønderjylland Windenergie- Gesellschaft mbH & Co. KG“ für eine Gesellschaft aus Flensburg? Wohl zu bejahen!

Lösungsklauseln in dauernden Lieferverträgen unwirksam! Handelsrecht Lösungsklauseln in dauernden Lieferverträgen unwirksam! BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 169/11, NJW 2013 1159 m. Anm. Römermann Leitsatz: Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie, die an einen Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen, sind unwirksam. 19

R hatte Energieliefervertrag geschlossen mit Stadtwerken Handelsrecht Sachverhalt: R hatte Energieliefervertrag geschlossen mit Stadtwerken Klausel: Vertrag ende, wenn Kunde Insolvenzantrag stellt oder auf Antrag eines Gläubigers „das vorläufige Insolvenzverfahren eingeleitet oder eröffnet wird“. Vorläufiger Insolvenzverwalter muss neuen Energievertrag unterzeichnen zu höheren Preisen, aber er stellt dies unter Vorbehalt der rechtlichen Prüfung 20

Lösungsklauseln unwirksam! Handelsrecht Lösungsklauseln unwirksam! BGH: Klausel unwirksam gem. § 119 InsO, weil das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO vereitelt. 21

§ 119 InsO - Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen Handelsrecht § 119 InsO - Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam. 22

§ 103 InsO - Wahlrecht des Insolvenzverwalters Handelsrecht § 103 InsO - Wahlrecht des Insolvenzverwalters Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen. Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen. 23

Lösungsklauseln unwirksam! Handelsrecht Lösungsklauseln unwirksam! Reichweite der Aussagen des Urteils ist noch unklar (dazu Huber, ZIP 2013, 493) Unberührt: Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, da § 103 InsO insoweit unanwendbar ist Unberührt: Gesetzliche Lösungsrechte (keine Vereinbarung), z.B. § 323 Abs. 1, 4 (Rücktritt), §§ 313 (Wegfall der Geschäftsgrundlage), 314 BGB (Kündigung DauerSV aus wichtigem Grund) Fraglich: AGB-Banken zu Kreditkündigung: Fristlose Kündigung, „wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Kunden eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber der Bank gefährdet ist“ (Nr. 19 AGB-Banken); wohl zulässig, da kein direktes Abstellen auf Insolvenz? 24

Lösungsklauseln unwirksam! Handelsrecht Lösungsklauseln unwirksam! Reichweite der Aussagen des Urteils ist noch unklar (dazu Huber, ZIP 2013, 493) Sehr fraglich: AGB-Sparkassen (Nr. 26): Fristlose Kündigung, „wenn der Kunde die Zahlungen einstellt oder erklärt, sie einstellen zu wollen“; wohl unzulässig, da Zahlungseinstellung die Zahlungsunfähigkeit (Insolvenzgrund) nahe legt Bauvertrag nach VOB/B: Kündigungsrecht, wenn Auftraggeber selbst oder ein dritter Gläubiger Insolvenzanträge stellen: ohnehin unwirksam „Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Zahlungen einstellt oder das Insolvenzverfahren … beantragt oder ein solches Verfahren eröffnet wird …“: M.E. unwirksam. 25

Insolvenzrecht Dänemark/Deutschland

Gliederung Dänemark Deutschland Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Vorstellung des Konkursverfahrens nach dänischem Recht Deutschland Einleitung Insolvenzverfahren nach deutschem Recht § 15a Abs. 4 InsO § 26 Abs. 4 InsO Verwalterbestellung Schutzschirmverfahren, § 270b InsO Dept to equity swap (DES) im Insolvenzplanverfahren, § 225a InsO Restschuldbefreiung (RSB) ab 1.7.2014 Das dänische Rekonstruktionsverfahren

Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Allgemeine Haftungsregelung Haftungsdurchbruch Strafrechtliche Sanktionen Einführung der Konkurskarantäne Rechtsprechung

Allgemeine Haftungsregelung, § 361 SL Verschuldensbeurteilung (culpa) Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Allgemeine Haftungsregelung, § 361 SL Verschuldensbeurteilung (culpa) Der Betrieb der Gesellschaft muss eingestellt werden, wenn die Fortsetzung zu einer erhöhten Gefährdung der Gläubigerinteressen führen wird Vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten Business Judgment Rule: aktives Verhalten hat in der Vergangenheit selten zum Schadensersatzanspruch geführt Passives Verhalten und mangelnde Sicherung einer hinreichenden Informationsgrundlage ist Geschäftsführern häufiger vorgeworfen worden Haftung umfasst sowohl Personen der faktischen als auch formellen Geschäftsführung

Gesellschafter haften bei Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Haftungsdurchbruch Rechtsprechung zum Haftungsdurchbruch gegen Gesellschafter in dänischem Recht nicht vorhanden Gesellschafter haften bei faktischer Geschäftsführung Missbrauch der Stellung als Gesellschafter Vermögensvermischung

Strafrechtliche Sanktionen Betrug Eingehungsbetrug Insiderhandel etc. Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Strafrechtliche Sanktionen Betrug Eingehungsbetrug Insiderhandel etc. Berufsausübungsverbot

Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Konkurskarantäne In Kraft voraussichtlich Ende 2013 Personenkreis: Geschäftsführung, die in dem Zeitraum von 1 Jahr vor Fristtag im Handelsregister registriert war Handlungsvorwurf: Grob unverantwortliche Geschäftsführung, die die Annahme begründet, dass die Person zur Führung eines Unternehmens ungeeignet ist Zeitraum: 3 Jahre, bei mildernden Umständen kann der Zeitraum gekürzt werden Antragsrecht: Insolvenzverwalter

Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Grob unverantwortliches Verhalten Handlung zum Nachteil der Gläubiger Subjektive und objektive Bewertung Beispiele aus dem Gesetzesvorschlag: Umfassende Einkäufe auf Kredit Annahme von Vorauszahlungen in Kombination mit unzureichender Buchführung, bzw. wirtschaftlicher Kontrolle Verkauf der Aktiva unter Wert ohne reelle Einzahlung des Kaufpreises zu einem Zeitpunkt, in dem der GF die Insolvenz der Gesellschaft hätte voraussehen müssen Wesentliche Verletzung der Pflichten zur Buchführung, Einreichen der Jahresberichte, mangelnde Einzahlung von Steuern bzw. MwSt.

Vestre Landsret zur Geschäftsführerhaftung: U.2013.1273 Sachverhalt Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Vestre Landsret zur Geschäftsführerhaftung: U.2013.1273 Sachverhalt G war Geschäftsführer in A GmbH. Gesellschafterin war die Ehefrau von G. G verkaufte die Betriebsmittel in der A GmbH an T A/S und wurde gleichzeitig in T A/S angestellt. Die Anteile der A GmbH wurden auf eine ausländische Kapitalgesellschaft K Ltd. übertragen. Die A GmbH war im Zeitpunkt der Transaktion insolvent G hatte zur Durchführung der Transaktion Beratung durch WP eingeholt Insolvenzverwalter der A GmbH machte im Wege der Klage einen Schadensersatzanspruch gegen G geltend

Urteil des Amtsgerichts (1. Instanz): Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Urteil des Amtsgerichts (1. Instanz): Es gibt keine gesetzlich ausformulierten Handlungspflichten eines Geschäftsführers im Falle einer Insolvenz G hatte K Ltd. hinreichend untersucht Der Kaufpreis für die Anteile der Gesellschaft war reell G und seine Ehefrau haben keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt

Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung in Dänemark Urteil des Vestre Landsret (2. Instanz): Geschäftsführer haftet für den entstandenen Schaden Geschäftsführer ist verpflichtet, Maßnahmen zu treffen um sicherzustellen, dass Aktiva der Gesellschaft nach Maßgabe der Insolvenzordnung zur Deckung der Gläubiger genutzt wird G hätte damit vor Durchführung der Transaktion hinreichende Untersuchungen bezüglich der Identität des Käufers anstellen müssen um zu sichern, dass die Gläubigerinteressen auch bei Verkauf der Anteile weiterhin gewahrt waren. G hat lediglich oberflächlich die formelle Käuferin, nicht jedoch den dahinterstehenden Gesellschafter überprüft, bevor die Verfügungsbefugnis über die Gesellschaft an K übertragen wurde.

Insolvenzrecht Dänemark Ablauf des Konkursverfahrens in Dänemark Insolvenzantrag durch Schuldner oder Gläubiger Insolvenzeröffnung nur gegen Sicherheitsstellung (30.000 DKK) Insolvenzverwalter wird nach Absprache mit den Gläubigern bestellt –im Antrag auf einen gewünschten Insolvenzverwalter verwiesen Es gibt weiterhin keine Insolvenzantragspflicht, jedoch Tendenz zur verbreiteten Anwendung der existierenden Regelungen Achtung: Anmeldung einer Forderung zur Tabelle in einem dänischen Insolvenzverfahren kann zur Annahme der Zuständigkeit der dänischen Gerichtsbarkeit im Wege des „godsværnetings“ führen. Insolvenzverwalter kann Gläubiger vor dänisches Gericht verklagen– wenn eine Forderung angemeldet ist und diese einen wirtschaftlichen Wert hat, zuletzt U.2012.1608V

Insolvenzrecht Deutschland Einleitung ESUG, Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen seit 1.3.2012 in Kraft Ziel: Verhinderung von Insolvenztourismus Konkurrenzfähigkeit gegenüber GB/DK u.a. Höhere Quote „echter“ Sanierung AG Flensburg, Insolvenzgericht, Vielfältige IN-Verfahren mit dänischem Hintergrund häufig dänische Muttergesellschaft, deutsche Tochter (meist GmbH) GF ist direktør der dänischen Gesellschaft bisher ein ESUG-Verfahren (Schutzschirm/Eigenverwaltung) in den vergangenen 5 Jahren wenige (unter 10) Insolvenzplanverfahren Nicht selten dänische Gesellschaften oder deutsche Tochtergesellschaften Investoren im Rahmen übertragender Sanierung

Insolvenzrecht Deutschland § 15a Abs. 4 InsO Erweiterung der Strafbarkeit des GF strafbar, wenn Eröffnungsantrag überhaupt nicht, nicht richtig nachvollziehbare Darstellung der InsGründe Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen Einteilung der Gläubiger und der Forderungen Höchsten Forderungen Höchsten gesicherten Forderungen Forderungen der institutionellen Gläubiger nicht rechtzeitig gestellt wird

Insolvenzrecht Deutschland § 26 Abs. 4 InsO Haftung des GF für die Verfahrenskosten, wenn dieser schuldhaft keinen InsAntrag gestellt hat und das Verfahren mangels Masse abzuweisen wäre. Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

Insolvenzrecht Deutschland Verwalterbestellung durch Schuldner Vorschlag nicht mehr Ausschlusskriterium auch, wenn in allgemeiner Form vorab über Ablauf eines IV und dessen Folgen beraten wurde durch Gläubiger einstimmiger Beschluss des vorläufigen GA Einsatz eines vorl. GA; § 22a InsO Muss, wenn 4.840.000 Bilanzsumme, 9.680.000 Umsatzerlöse, 50 MA im Jahresdurchschnitt Soll auf Antrag des Schuldners, des vorl. Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers nur Ablehnung, wenn Vorschlag nicht geeignete Person vorsieht

Insolvenzrecht Deutschland Schutzschirmverfahren, § 270b InsO Eigenverwaltung Insolvenzplan „Schutzschirm“ durch Anordnung von Massnahmen gemäß § 21 Abs. 1 und 2 Nummer 1a, 3-5 InsO Einsatz vorl. GA Untersagung/Einstellung von Zwangsvollstreckung Postsperre Verbot Aussonderung und Verwertung beweglicher Gegenstände

Insolvenzrecht Deutschland Dept to equity swap (DES) im Insolvenzplanverfahren, § 225a InsO Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte Jede Regelung möglich, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist Problem: Bewertung der Forderung Lösung: § 254 Abs. 4 InsO; „Werden Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen.“ Kritik: Ausnahme zu den ansonsten strengen Regeln der Kapitalaufbringung und - Erhaltung Risiko, einer stammkapitallosen Gesellschaft – Neu-Gläubigerschutzinteressen?

Insolvenzrecht Deutschland Restschuldbefreiung (RSB) ab 1.7.2014 Grundsatz: Entscheidung über Antrag auf RSB nach fünf Jahren, derzeit 6 Jahre Entscheidung über Antrag auf RSB nach 3 Jahren, wenn 35 % der festgestellten Forderungen durch Zufluss entsprechender Beträge an den Treuhänder befriedigt werden können Entscheidung über Antrag auf RSB sofort, wenn keine Forderungsanmeldungen vorliegen/alle Gläubiger befriedigt sind und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt sind

Das dänische Rekonstruktionsverfahren Einleitung des Rekonstruktionsverfahrens Antrag durch Schuldner oder Gläubiger Sofortige Einleitung des Verfahrens bei Antrag durch Schuldner oder Gläubiger mit Zustimmung des Schuldners Wenn Zustimmung des Schuldners nicht vorliegt, wird ein Gerichtstermin anberaumt

Das dänische Rekonstruktionsverfahren Inhalt des Antrags Sicherheitsleistung (grds. DKK 30.000) Rekonstruktør und tillidsmand (Vertrauensperson) Rekonstrutør und tillidsmand müssen im Antrag vorgeschlagen werden und es muss eine Erklärung der Personen vorliegen, dass sie die Aufgabe als rekonstruktør oder tillidsmand annehmen. Der tillidsmand darf keine Beratungstätigkeit für den Schuldner in einem Zeitraum von 2 Jahren vor Eröffnung des Verfahrens geleistet haben

Das dänische Rekonstruktionsverfahren Rekonstruktionstypen Zwangsakkord Herabsetzung der Forderungen oder Forderungsverzicht Wegfall von unter anderem Schenkungsversprechen und Zinsansprüchen für den Zeitraum nach Eröffnung des Rekonstruktionsverfahrens Unternehmensübertragung Jegliche Übertragung des Unternehmens unter Beibehaltung der wirtschaftlichen Einheit

Das dänische Rekonstruktionsverfahren Ablauf Plantreffen der Gläubiger innerhalb von 4 Wochen nach Eröffnungsbeschluss Rekonstruktionsbeschluss wird durch Schuldner (bzw. Rekonstrukteur) und Gläubigerausschuss beschlossen Innerhalb von 2 Monaten erstes Rundschreiben an Gläubiger Abschluss des Verfahrens zwischen 7 und 12 Monaten

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Karina Emmertsen Rechtsanwältin Frederiksholms Kanal 20, st. DK- 1220 København K Hans Köster Rechtsanwalt Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Marie-Curie-Ring 1 24941 Flensburg