Grundbegriffe der Schulgeometrie

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 Präsentation transkript:

Grundbegriffe der Schulgeometrie Lehrstuhl für Didaktik der Mathematik Grundbegriffe der Schulgeometrie SS 2008 Teil 6 (M. Hartmann)

Repräsentationsformen: Man unterscheidet in enaktive, ikonische und symbolische Repräsentationsformen enaktiv (Handlung) ikonisch (Bild) symbolisch (Formeln, Text mit mathematischen Symbolen, Gleichungen…) Diese Formen treten unter Vermittlung durch Sprache im Laufe eines Begriffsbildungsprozesses häufig in dieser Reihenfolge auf Bsp. Geobrett, Stifte, Knet-Würfel Reihenfolge 1.Bsp.: Enaktiv: Erfahrung mit Stiften, dass gleichlange Gegenseiten zu Parallelogramm führen ikonisch: Bildliche Darstellung dieser Erkenntnis z.B für Hefteintrag symbolisch: geometrischer Beweis 2.Bsp.: Rechteck auslegen mit Einheitsquadraten Bsp. Zeichnen, Beschreiben eines Modells. Umgang mit einem DGS Ist Parallelogramm achsensymmetrisch? Durch Falten oder geometrische Überlegung

Repräsentationsformen: Auch wenn die Klassifikation einen sinnvollen Anhaltspunkt für Repräsentationen im Unterricht liefern, so sind sie nicht immer ganz trennscharf (Messungen in Zeichnung?) sollte diese Abfolge nicht als Schema für einzelne Unterrichtseinheiten verstanden werden kann z.B. die Nötigung zum handelnden Vorgehen bei Schülern, die bereits geeignete mentale Vorstellungen aufgebaut haben, die angestrebte kognitive Verarbeitung sogar behindern (Bsp. Prüfung auf Achsensymmetrie) sind Abweichungen von der Reihenfolge manchmal sinnvoll (insbesondere hat Text eine vermittelnde Funktion für alle Ebenen!) sichern sie nicht die Qualität der Repräsentationen (Bsp. Kreise mit Schablonen zeichnen und ausschneiden) müssen sie stets zueinander passen und miteinander vernetzt werden (Bsp. Kreisflächenbestimmung)

Vernetzung von Repräsentationsformen Vergessens- und Rekonstruktionsprozess - bei alleiniger Abspeicherung von Aussagen Aussagen verblassen und interferieren Das Gelernte wird nicht oder falsch wiedergegeben Aussage 1 Aussage 1 Aussage 2 Aussage 3 Aussage 2 Aussage 3

Vernetzung von Repräsentationsformen Vergessens- und Rekonstruktionsprozess - bei enger Verknüpfung mentaler Bilder und symbolisch repräsentierter Aussagen Auch hier finden ähnliche Vergessensprozesse statt Aber: Mentale Bilder und Aussagen stützen und kontrollieren sich gegenseitig Das Gelernte kann rekonstruiert und richtig wiedergegeben werden Mentales Betrachten Bild 1 Bild 1 Aussage 1 Bild 2 Aussage 2 Bild 3 Aussage 3 Aussage 1 Bild 2 Aussage 2 Bild 3 Aussage 3 Wie sieht der Verge….bei enger….aus Auch hier verblassen…. Aber… Durch mentales Betrachten eines noch so einigermaßen in Erinnerung befindlichen Bildes kann die entsprechende Aussage reaktiviert werden Das entsprechende Bild wird dadurch weiter ausgeschärft Durch in Erinnerung befindliche Aussagen können umgekehrt… Die Inhalte können wieder ins Gedächtnis gerufen und das Gelernte schließlich … Schauen wir uns das an einem Beispiel an. Rekonstruieren

Beispiel: Kreisflächenformel Vernetzung von Repräsentationsformen Beispiel: Kreisflächenformel Beobachtung: Schüler verbinden mit A=pr² keine bildliche Vorstellung. Infolge dessen ergeben sich Schülerfehler: A= 2pr A= 2pr² A= p bzw. A= 2p Dabei lässt sich die Formel leicht mit bildlicher Vorstellung verknüpfen: .. der Kreis (Klick) besteht also aus etwas mehr als 3 (Klick) solcher r-Quadrate (Klick) (Klick) Zu den dreien kommt also noch ein kleiner Teil hinzu (Klick) etwa ein Siebtel R-Quadrat (Klick) A = p r² A ≈ 3,14 r² Bild allein genügt nicht! A ≈ 31/7 r²

Vernetzung von Repräsentationsformen Unterrichtliches Vorgehen muss die Verknüpfung dieses Bildes mit der Formel vielfältig unterstützen! Bereits die Herleitung der Formel, sollte geeignet sein, diese Vorstellungen auszuprägen. Dazu bietet es sich an, mit einer Grobabschätzung zu beginnen ? < 3 r² 2r² 4r²

Passende Schüleraktivität Vernetzung von Repräsentationsformen Passende Schüleraktivität „Gut 3 - genauer 3,14 - Radiusquadrate entsprechen dem Kreis!“ A ≈ 3,14 r² Ob es nun tatsächlich 3 Quadrate sind, könnte von den Schülern selbst untersucht werden. Dazu könnte auf einer einfachen Waage ein Kreis aus Pappe mit den entsprechenden RQuadrat-Pappstückchen verglichen werden. Man wird nicht genau auf den Wert 3,14 kommen. Hier werden Sie nicht umhin können mitzuteilen, dass genauere Messungen diesen Wert ergeben würden. Wichtig aber ist, dass Sie Sprechweisen dabei benutzen wie… Mit den Pappquadraten kommen wir direkt zu der Verbildlichung der Formel und die Handlungen der Schüler sind eng mit dieser Vorstellung verknüpft..

Stabile Begriffsbildung Vernetzung von Repräsentationsformen Stabile Begriffsbildung Bilder, Aussagen, Formeln, Handlungen, im Gedächtnis eng miteinander verknüpft A = 3,14 r² „Gut 3 - genauer 3,14 - Radiusquadrate entsprechen dem Kreis!“ Mit diesem Vorgehen erreichen wir, dass … …man kommt damit zu einer stabilen Begriffsbildung

Enaktive Repräsentation Hauptziele: Erfahrungen sammeln entdeckend lernen Entdecken lernen (Sensibilität für Phänomene entwickeln, operative Vorgehensweise anwenden) Wird zu Aktivitäten aufgefordert, so müssen diese zielführend für das Erreichen konkreter Lernziele sein (Handlungen nicht als Selbstzweck!) muss ihre Bedeutung intensiv verbalisiert werden! (Handlungen führen erst über die Sprache zu mentalen Einsichten!)

Ikonische Repräsentation Hauptziele: Festhalten der Erfahrungen Auswahl eines prägnanten Prototypen für mentales Modell Bei der ikonischen Darstellung ist darauf zu achten, dass Wesentliches hervorgehoben wird (z.B. Farbe, Strichdicke…) der Prototyp keinen Spezialfall darstellt der Zusammenhang mit der vorangegangenen Handlung deutlich gemacht wird

Symbolische bzw. textliche Repräsentation Hauptziele: Während der Handlungen (vor allem sprachlich): Klärung der noch undeutlichen Ideen Kommunikation der Entdeckungen Kommunikationstraining zwar noch unscharfes aber dennoch verständliches Beschreiben Verwenden eigener Bezeichnungen Abschließend: Ergänzen der ikonischen durch propositionale Fassung um Sachverhalte allgemeingültig sowie leicht kommunizierbar zu repräsentieren zur Unterstützung des Memorierens (Vernetzung mit mentalem Modell) Training exakten Formulierens Weiterführend (vor allem symbolisch): Möglichkeit einer abstrakten Weiterverarbeitung (z.B. als Formeln) Unzureichende aber dennoch wertvolle Formulierungen während eines Entdeckungsprozesses z.B. bei „liegendem“ Viereck mit gleich langen Gegenseiten: „Obere Seite bleibt immer waagrecht und die Stützen zeigen immer in die selbe Richtung“ Abschließende Formulierung: „In einem Viereck mit gleich langen Gegenseiten sind diese jeweils parallel“ oder „Ein Viereck mit gleich langen Gegenseiten ist ein Parallelogramm“ Allgemeingültig gegenüber Zeichnung, die immer nur Spezialfall repräsentieren kann.

Bei der abschließenden textlichen Darstellung ist darauf zu achten, dass knapp aber unmissverständlich formuliert wird (Literaturhinweis: Schulz v. Thun und Götz, Mathematik verständlich erklären, München 1976) der Text in engem Bezug zu der ikonischen Darstellung steht (Aufgreifen von Bezeichnungen und Farben, räumliche Nähe…) Bsp.: Außenwinkelsatz

Bsp.: Repräsentationen des geraden Drachens Enaktiv Das Ausschneiden eines Drachen ist eine Handlung, deren Ergebnis zwar den geometrischen Begriff repräsentiert, die selbst aber in keinem Bezug zu den Eigenschaften desselben steht! (Inadäquate Repräsentation!) Das Ausschneiden durch zwei Schnitte aus einem gefalteten Papier hingegen steht in direktem Bezug zu seiner Symmetrie Das Zusammenlegen zweier Paare jeweils gleichlanger Stifte steht ebenfalls in direktem Bezug zu seinen Eigenschaften. Beim Variieren der Winkel können zusätzliche Zusammenhänge bzw. Invarianten erkannt werden (Operatives Prinzip) … Ikonisch Inadäquate Repräsentation:… Adäquate Repräsentationen:… Symbolisch Text 1: „Bei einem Drachen gilt a=b und c=d.“ (ungünstig, da Bezeichnungen ohne beschriftetes Bild nicht zwingend) Text 2: „Ein Drache setzt sich aus zwei Paaren jeweils gleichlanger Nachbarseiten zusammen.“ (günstig, da unabhängig von speziellen Bezeichnungen)