Klausur S 87Strafrecht SS 2010 Friedrich Toepel. Aufgabe 1 Strafbarkeit des A 1. Handlungsabschnitt: Das Verbrauchen der Mietkaution I. § 266 I 2. Alt.

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Klausur S 87Strafrecht SS 2010 Friedrich Toepel

Aufgabe 1 Strafbarkeit des A 1. Handlungsabschnitt: Das Verbrauchen der Mietkaution I. § 266 I 2. Alt. StGB Obj. Tb.: Vermögensbetreuungspflicht? aa. Schrifttum: Vermögensbetreuung = (1) Hauptleistungspflicht: bei Mietkaution jedenfalls nicht, hier scheitert nach dieser Ansicht § 266 StGB (2) gewisse Selbständigkeit (3) gewisse Bedeutsamkeit der Pflichten

bb. Rspr.: Gesamtbetrachtung bei Mietkaution: § 551 III BGB = gesetzliche Treuepflicht § 551 BGB gilt nicht bei Gewerberaummietverhältnis! daher hier ebenfalls Vermögensbetreuungspflicht – [II. § 246 I, II StGB Verbrauchen der Mietkaution  Zueignen einer fremden beweglichen Sache]

2. Handlungsabschnitt: Der Tankvorgang I. § 267 I 2. Var. StGB durch Präparieren des Kfz-Kennzeichens Kfz-Kennzeichen mit Fahrzeug = zusammengesetzte Urkunde Aber Tathandlung: 1. BGHSt 45, 137: Kein Verfälschen keine abgeänderte Erklärung, die nicht mehr vom Aussteller stammt, von dem sie zu stammen scheint,

daher § 267 StGB – 2. OLG Düsseldorf NStZ 1997, 602: Verfälschen +, weil Straßenverkehrsamt mit Prüfstempel die Ordnungsgemäßheit des Kfz-Kennzeichens bestätigt. Kritik: Prüfstempel bezieht sich nur auf den Zeitpunkt des Anbringens der Prüfplakette Ansicht des OLG Düsseldorf daher kaum vertretbar.

II. § 274 I Nr. 1 StGB (Unterdrücken) durch Präparieren des Kfz- Kennzeichens Tathandlung: Unterdrücken? Dem Beweisführungsberechtigten durch das Präparieren die Kennzeichen als Beweismittel entzogen? -, Beeinträchtigung nicht hinreichend intensiv, um von Unterdrücken zu sprechen daher: § 274 StGB –

III. § 268 I, III StGB aufgrund desselben Verhaltens 1. Tatobjekt: Foto mit Datum und Uhrzeit = technische Aufzeichnung 2. Tathandlung: Störende Einwirkung auf die Aufzeichnung? a) Nach OLG München NJW 2006, 2132, 2133: –, lediglich „täuschende Beschickung“ des Aufzeichnungsgerätes (täuschendes Füttern mit Input); b) a. A. AG Tiergarten NStZ 2000, 9: § 268 StGB +

IV. § 303 I StGB aufgrund desselben Verhaltens OLG München NJW 2006, 2132, 2133 : +, Kamera in bestimmungsgemäßer Brauchbarkeit beeinträchtigt; Kritik: kaum vertretbar, Kamera wird nicht dauerhaft beeinträchtigt, nur beim konkreten Foto, Bei guter Begründung aber beides, § 303 StGB + oder –, vertretbar

V. § 242 I StGB durch Einfüllen und Davonfahren mit dem Benzin 1. fremde bewegliche Sache? Zur Zeit des Einfüllens? Ja, s. aber unten bei Unterschlagung 2. Wegnahme? Kein Bruch fremden Gewahrsams, da zumindest Einverständnis (Täuschung schließt Einverständnis nicht aus, bei dem es nur auf den natürlichen Willen ankommt) Daher § 242 I StGB auf jeden Fall -

b) überwiegende Ansicht: OLG Hamm NStZ 1983, 266, 267; stillschweigender Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung OLG Braunschweig NJW 2008, 1464 zur vorliegenden Konstellation: Übereignung stehe „unter der Bedingung, dass der Tankstellenbetreiber hinsichtlich der Zahlung des Entgelts eine gesicherte Position erlangt“ Hier: daher Ablehnen des Eigentumsübergangs mit dem OLG Braunschweig vertretbar,

Kritik: bei vollautomatisierten Vorgängen keine Bedingung außer dem ordnungsgemäßen Bedienen in der Erklärung des Automatenaufstellers enthalten (wie bei Leerspielen von Geldautomaten anerkannt). Falls fremde Sache bejaht: 2. Wegnahme? Kein Bruch fremden Gewahrsams, da zumindest Einverständnis Daher § 242 I StGB auf jeden Fall -

VI. § 263a I 4. Var. StGB durch Einwirken auf Automaten Entscheidend: Tathandlung Statt Betrug, wenn auf eine Maschine eingewirkt wird 1. computerspezifische Auslegung (OLG Celle NStZ 1989, 367) : restriktiv, irreguläre Einwirkung auf den Datenverarbeitungsvorgang erforderlich (so), danach § 263a StGB –

2. Beeinflussen des Programmablaufs zu Lasten des Automatenbetreibers mit rechtswidrig erlangtem Wissen (OLG Braunschweig NJW 2008, 1464): wie bei Leerspielen von Automaten, danach hier § 263a StGB + 3. betrugsspezifische Auslegung (OLG München NStZ 2008, 403, 404): Handlung des Täters mit Täuschungswert

= dann wenn dieselbe Handlung einem Menschen statt einem Automaten gegenüber eine Täuschung wäre, fraglicher Umstand zur Prüfroutine des Computers gehörend Hier: wie Ausnutzen bestehender Fehlvorstellung, Unterlassen nur bei Garantenstellung strafbares Unterlassen, hier –

VII. § 246 I durch Davonfahren mit dem Benzin (= Verwerten des Benzins 1. fremde bewegliche Sache: a) OLG Düsseldorf NStZ 1982, 249; 1985, 270: -, weil Übereignung, zwar nicht durch Vermischung mit dem Restbenzin, führt lediglich zu Miteigentum, zumindest teilweise fremd

§ 929 S. 1 BGB? Zurverfügungstellen der Selbstbedienungszapfsäule = antizipierte Annahme eines Angebots auf Eigentumsübertragung, Angebot durch Betätigen des Tankvorgangs

b) überwiegende Ansicht: OLG Hamm NStZ 1983, 266, 267; stillschweigender Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung OLG Braunschweig NJW 2008, 1464 zur vorliegenden Konstellation: Übereignung stehe „unter der Bedingung, dass der Tankstellenbetreiber hinsichtlich der Zahlung des Entgelts eine gesicherte Position erlangt“ Hier: daher Ablehnen des Eigentumsübergangs mit dem OLG Braunschweig vertretbar

je nachdem wie bei Fremdheit der Sache entschieden Unterschlagung + oder – Einwilligung muss jedenfalls – sein, falls Fremdheit + ist. Obj. Sich Zueignen durch Wegfahren dann auch kein Problem 2. Problem BGHSt 14, 38: evtl. mitbestrafte Nachtat zu § 263a StGB, oder schon tatbestandlich Zueignen nach Zueignen durch Computerbetrug nicht möglich

VIII. Gesamtergebnis: Je nachdem sogar Straflosigkeit des A vertretbar

Aufgabe 2: Verwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel Beweisverwertungsverbot setzt voraus: I. Verstoß gegen Beweiserhebungsverbot § 105 I 1 StPO, Wohnungsdurchsuchung: 1. Voraussetzung für Regelfall: richterliche Genehmigung Fehlte hier

2. Gefahr im Verzug gemäß § 105 I 1 2. HS StPO: nicht ersichtlich, vgl. BGH NStZ 2007, 601: nicht dem Sachverhalt zu entnehmen, dass ein Einschalten des Ermittlungsrichters den Erfolg der Maßnahme vereitelt hätte, Beobachtung seit mehreren Wochen, daher – II. Beweisverwertungsverbot folgt aus Verstoß gegen Beweiserhebungsverbot nur, wenn:

Verwertungsverbot nach dem Schutzzweck des Erhebungsverbots geboten umfassende Abwägung: Schwere des Tatvorwurfs, Gewicht des Verfahrensverstoßes, Möglichkeit eines hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs? Den Interessen des Beschuldigten dienen bestimmt Rspr. (BGH, BVerfG): bei vorsätzlicher oder ähnlich gewichtiger grober Missachtung des Richtervorbehalts Beweisverwertungsverbot angemessen

Gewicht dieser Voraussetzung wegen grundgesetzlicher Regelung, Art. 13 II GG Hier: S hat sich nicht einmal um die Einschaltung eines Richters bemüht daher Beweisverwertungsverbot +