Mindestlohn – arbeitsrechtliche Fragestellungen und Faktencheck Neumünster – 12. Januar 2015
I. Ausgangspunkt Anwendungsbereich und Ausnahmen Bestimmung des Mindestlohns Arbeitszeitkonten Sicherung des Mindestlohns Folgen von Verstößen Mindestlohn SH und Tariftreuegesetz SH
I. Ausgangspunkt
allgemein-verbindliche TVe Sittenwidrig-keitsrecht-sprechung BAG Überblick Mindestlohnregelungen AEntG MiArbG MiLoG ab 01.01.15 allgemein-verbindliche TVe Sittenwidrig-keitsrecht-sprechung BAG
(z.T.) Arbeitszeit-erfassung ggf. Arbeitszeit-konten Berührte Problembereiche über den reinen Mindestlohn hinaus (z.T.) Arbeitszeit-erfassung EUR 22,36 EUR 8,50 ggf. Arbeitszeit-konten
§ 1 MiLoG Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber. (2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 8,50 Euro brutto je Zeitstunde. Das MiLoG ist Bestandteil des „Tarifautonomiestärkungs-gesetzes“ und löst das – in der Praxis nicht relevante – MiArbG ab.
Bereits auf Grundlage des MiLoG ergangene Verordnungen: Mindestlohnaufzeichnungsverordnung Mindestlohnmeldeverordnung Verordnung des BMAS zur vereinfachten Dokumentation in Branchen nach § 2a SchwarzArbG („Mindestlohndokumenationspflichtenverordnung“) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Erwartetes weiteres Regelungswerk: Durchführungs- und Kontrollverordnung/-anweisung der Finanzverwaltung für die Prüfung durch den Zoll negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
MiLoG ist keine neue gesetzliche Regelungsmaterie Grundlegendes MiLoG ist keine neue gesetzliche Regelungsmaterie teilweise bereits gefestigte Rechtsprechung des BAG zum AEntG und tarifrechtlichen Fragestellungen zahlreiche Einzelfragen um Umsetzungsprobleme Verwaltungsanweisung des Zoll ist in Arbeit präjudizielle Wirkung negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
EUR 8,50 brutto nur vorübergehend Höhe des Mindestlohns EUR 8,50 brutto nur vorübergehend Mindestlohnkommission entscheidet alle zwei Jahre neu über eine Anpassung (theoretisch richtungsoffen) erstmals 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017 negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
II. Anwendungsbereich und Ausnahmen
§ 1 MiLoG Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch … § 22 MiLoG Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Mindestlohn im Kern in jeder Arbeitsvergütung eines jeden Arbeitnehmers enthalten Aufteilung des Gehalts aller vermeintlichen „Nicht-Mindestlöhner“ in einen mindestlohnrelevanten und einen nicht mindestlohnrelevanten Teil für den mindestlohnrelevanten Teil des Lohns gelten die Sicherungsinstrumentarien des Gesetzes einschränkungslos und zwingend negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
MiLo EUR 1.470,-- brutto „frei“ EUR 529,50 Beispiel 1: A erhält ein Bruttomonatsgehalt von EUR 2.000,--. Er arbeitet 40 Stunden/Woche. Mindestlohn 40 x 4,33 Wochen = 173 Monatsstunden x EUR 8,50 = EUR 1.470,50 brutto Mindestlohn nicht betroffen EUR 529,50 brutto negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden MiLo EUR 1.470,-- brutto „frei“ EUR 529,50
„frei“ EUR 6.378,00 MiLo EUR 1.955,-- brutto Beispiel 2: B (leitender Angestellter) erhält ein Bruttojahres-entgelt von EUR 100.000,--. Er arbeitet im Schnitt 230 Stunden/Monat. Mindestlohn 230 Monatsstunden x EUR 8,50 = EUR 1.955,-- brutto Mindestlohn nicht betroffen EUR 6.378,-- brutto negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden „frei“ EUR 6.378,00 MiLo EUR 1.955,-- brutto
nicht unter das MiLoG fallen: Praktikanten – in Grenzen! Ausnahmebereiche nicht unter das MiLoG fallen: Praktikanten – in Grenzen! Einstiegsqualifikanten Azubis, Ehrenamtliche Jugendliche unter 18 Jahren langzeitarbeitslose Wiedereinsteiger Zeitungszusteller (Übergangsfrist) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Dagegen gibt es keine Ausnahmen für: Werkstudenten Berufseinsteiger Praktikanten mit Arbeitnehmeraufgaben Rentner Hausfrauen / -männer 450 € Jobber (maximale Arbeitszeit 52,9 Stunden) Saisonkräfte in der Landwirtschaft Aushilfen in der Gastronomie (Trinkgelder brauchen nicht berücksichtigt zu werden: § 107 Abs. 3 S. 1 GewO) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Praktikanten - § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG handelt und soweit das Praktikum unter § 26 BBiG fällt negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
sämtliche schul-, studien- und prüfungsbegleitenden Praktika Das Gesetz privilegiert jedoch nur folgende drei Typen von Praktika (Darlegungs- und Beweislast für deren Vorliegen beim Arbeitgeber): a) Praktika die auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie verpflichtend sind (§ 22 I 1 Nr. 1 MiLoG) sämtliche schul-, studien- und prüfungsbegleitenden Praktika als Voraussetzung zur Aufnahme einer bestimmten Ausbildung oder eines Studiums verpflichtend vorgeschriebene Praktika negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
b) Praktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums (§ 22 I Nr. 2 MiLoG) der Praktikant muss grundsätzlich geeignet sein um, die Ausbildung / das Studium aufzunehmen die Ausbildung weist einen inhaltlichen Bezug zur Ausbildung zum Studium auf negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
„freiwillige“ Praktika inhaltlicher Bezug zur jeweiligen Ausbildung c) Praktika von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat (§ 22 I Nr. 3 MiLoG) „freiwillige“ Praktika inhaltlicher Bezug zur jeweiligen Ausbildung kein vorheriges (freiwilliges?) Praktikumsverhältnis zum jeweiligen Unternehmen negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Offene Fragen zu Praktika: Schadet ein vorheriges Pflichtpraktikum bzw. wird dies auf die Dreimonatsgrenze angerechnet? wohl nein („solches“). Kann die Praktikumszeit über mehrere Etappen verteilt werden (wohl ja) oder greift dann das „Anschlussverbot“? Was gilt bei Praktika, die von vorneherein länger als drei Monate beabsichtigt sind: mindestlohnpflichtig ab dem 1. Tag oder erst ab Beginn des 4. Monats? negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Mögliche Regelungslücke: Fertigung einer Studienarbeit in einem Unternehmen Ist der Studierende überhaupt AN oder werden ihm unternehmerseitig lediglich know-how oder Ressourcen (z.B. Laborplatz) zur Verfügung gestellt? Ist er persönlich weisungsgebunden und wird Mitarbeit im Unternehmen verlangt? Falls danach kein AN kein Mindestlohn Sieht die Studienordnung die Anfertigung im Unternehmen verpflichtend vor. Ja Ausnahmetatbestand nach § 22 I Nr. 1 MiLoG Dauert die Beschäftigung nicht länger als drei Monate? Soweit keine Vorbeschäftigung gegeben ist Ausnahme nach § 22 I Nr. 3 MiLoG negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
§ 1a NachwG 2014 (in Kraft seit 6/2014) (1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Einstiegsqualifikanten - § 22 I Nr. 4 MiLoG, Qualifikationsmaßnahme nach § 54a SGB III oder §§ 68 bis 70 BBiG privilegiert, obwohl diese gerade keine Praktikanten nach §§ 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG und 26 BBiG sind beachte: berufspraktische Phasen oder Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung nach den SGB II und III fallen bereits deshalb nicht unter das Gesetz, weil dabei die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt im Vordergrund steht negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Jugendliche - § 22 Abs. 2 MiLoG unter 18 Jahren (§ 2 JArbSchG) keine abgeschlossene Berufsausbildung Zweck: Förderung der Berufsausbildung, junge Menschen sollen von dieser nicht absehen, weil sie bei einer Alternativtätigkeit den Mindestlohn erhalten negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
aber auch: Azubis sind keine AN Ehrenamtliche - § 22 Abs. 3 MiLoG Azubis - § 22 Abs. 3 MiLoG aber auch: Azubis sind keine AN Ehrenamtliche - § 22 Abs. 3 MiLoG einschl. Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales Jahr (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG). Ehrenamtlicher ist ohne Definition im Gesetz (aber: enge Auslegung) Zeitungszusteller - § 24 Abs. 2 MiLoG negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
III. Bestimmung des Mindestlohns
Zivilrechtliche Folgen unwirksamer Mindestlohnabreden § 3 S. 1 MiLoG - Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Konsequenz ist die Nichtigkeit mindestlohn- unterschreitender Lohnabreden (§ 134 BGB) aber was gilt stattdessen? Mindestlohn oder ggf. (höherer ortsüblicher) Lohn? negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
(konsensuale) Anpassung bestehender Arbeitsverträge Konsequenzen: (konsensuale) Anpassung bestehender Arbeitsverträge Berücksichtigung bei Neuverträgen ggf. Änderungskündigung (da sonst ggf. Gesetzesverstoß) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Fälligkeit (§ 2 Abs. 1 MiLoG) a) Wie im Arbeitsvertrag bestimmt, jedoch spätestens am letzten Bankarbeitstag (FFM) des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG). Beispiel: Vereinbarung: Erster Tag des 3. Monats, der auf den Leistungsmonat folgt. Leistung im Januar. Fälligkeit des Mindestlohnanteils aus dem Gehalt dessen ungeachtet am 28.2. (= letzter Bankarbeitstag des Folgemonats), restliches Gehalt = 1.5. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Fälligkeit (§ 2 Abs. 1 MiLoG) b) Keine Vereinbarung im Arbeitsvertrag: § 614 BGB und damit bereits am ersten Tag nach Ablauf des Leistungsmonats (§ 2 Abs. 1 S. 2 MiLoG). Beispiel: Leistung im Februar, Fälligkeit am 1. März Ausnahme: Einbuchung auf Arbeitszeitkonto negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Mindestlohn = im Monat tatsächlich geleistete Arbeitsstunden x 8,50 € Referenzzeitraum Das Gesetz enthält keine Hinweise, wie der Mindestlohn in praxi zu berechnen ist. Alles spricht aber für die Berechnung auf einer Monatsbasis. Formel also: Mindestlohn = im Monat tatsächlich geleistete Arbeitsstunden x 8,50 € negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel 1: Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 98 Stunden, Monatslohn 850 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Im September leistet A nach Absprache mit Arbeitgeber G zwei weitere Arbeitsstunden. Diese sollen (AGB-konform) mit dem Monatslohn abgegolten sein. Mindestlohnverpflichtung: 98 + 2 Arbeitsstunden = 100 Stunden. 100 x 8,50 € = 850 €. G hat seine Mindestlohnpflicht erfüllt. Dass A nominell für die beiden Überstunden keine Mindestlohnvergütung erhält, ist m.E. unschädlich. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Anderer Berechnungsmodus: Monatslohn 850 € für 98 Stunden = mindestlohnrechtlich in Ordnung + Mindestlohnvergütung für die beiden Überstunden á 8,50 = weitere 17 € = insgesamt 867 €. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel 2: Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 98 Stunden, Monatslohn 833 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Im September leistet er nach Absprache mit Arbeitgeber G zwei weitere Arbeitsstunden. Diese sollen mit dem Monatslohn abgegolten sein sollen. Mindestlohnverpflichtung: 98 + 2 Arbeitsstunden = 100 Stunden. 100 x 8,50 € = 850 €. G hat seine Mindestlohnpflicht nicht erfüllt. Der Arbeitgeber schuldet dem A nach sämtlichen Berechnungsmodellen noch die 17 € Differenz. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel 3: Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 98 Stunden, Monatslohn 800 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Im September leistet er nach Absprache mit AG G zwei weitere Arbeitsstunden. Für diese zahlt G ihm zusätzlich 50 €. A erhält insgesamt also 850 € überwiesen. Mindestlohnverpflichtung: 98 + 2 Arbeitsstunden = 100 Stunden. 100 x 8,50 € = 850 €. G hat seine Mindestlohnpflicht erfüllt. Unschädlich bleibt m.E., dass A für die Kernarbeitszeit nominell unterhalb des Mindestlohnniveaus vergütet wird. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Andere Berechnungsmodi: Mindestlohn für die Kernarbeitszeit = 98 x 8,50 € = 833 € + Entgelt für die beiden Überstunden, hier 50 €, da besser als 2 x 8,50 € Mindestlohn, insgesamt also 883 € oder 100 Stunden x 8,50 € Mindestlohn = 850 € Mindestlohn + die Zulage von 50 € für die beiden Überstunden = 900 €. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel 4: (Stücklohn) Stücklohn = 1 € pro gefertigtem Werkstück. A schafft im September während 100 geleisteter Arbeitsstunden 800 Stück und erhält 800 € ausbezahlt. Mindestlohnverpflichtung = 100 x 8,50 € = 850 € abzüglich entrichteter 800 € = Nachzahlungspflicht des AG in Höhe von 50 €. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Nicht anrechenbar sind daher: Sondervergütungen Erforderlich ist stets, dass die Zahlung einem Bezugszeitraum zuzuordnen ist und dem AN zum Fälligkeitszeitpunkt unwiderruflich und tatsächlich zur Verfügung steht. Nicht anrechenbar sind daher: Sonderzahlungen für Bindung an Betriebstreue Sonderzahlungen mit Stichtags- u. Rückzahlungsklauseln Keine Auszahlung zum Jahresende oder bei Urlaubsantritt Urlaubs- und Weihnachtsgeld, auch nicht quotal Zielprämien, Gewinnbeteiligungen usw. Einmalzahlungen bei Tariflohnerhöhungen können berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah zum Leistungsmonat ausgereicht werden negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel 5: (Sonderzahlungen) Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 100 Stunden, Monatslohn 800 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Zum Jahresende erhält er zusätzlich ein Weihnachtsgeld, sowie eine Gewinnbeteiligung in Höhe von insgesamt 3.000 €. Beide Leistungen stehen nicht unter Rückzahlungsvorbehalt. A kann monatlich 50 € nachfordern. Mindestlohn = 100 x 8,50 € = 850 € abzüglich der gezahlten 800 € = 50 €. Rechtlich falsch: Sonderzahlung 3.000 € ./. 12 = 250 € pro Monat. Damit Monatslohn 800 € + 250 € = 1.050 €. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Äquivalenzprinzip: nicht anrechenbar sind: Zulagen und Zuschläge Äquivalenzprinzip: nicht anrechenbar sind: Aufwendungen für Fahrtkosten, Unterkunft mehr Arbeit pro Zeitarbeit (Akkordprämien) Überdurchschnittliche qualitative Arbeitsergebnisse (Qualitätsprämien) Zulagen für Arbeit zu besonderen Zeiten (Überstunden, Sonn- oder Feiertagsarbeit) Zulagen für Arbeit unter erschwerten oder gefährlichen Bedingungen (Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen u.a.) Vermögenswirksame Leistungen Sachbezüge im Bereich des nicht pfändbaren Gehalts: §§ 850c Abs. 1 c ZPO, 107 Absatz 2 S. 5 GewO negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel 6: (Zulagen und Zuschläge) MindestlohnTV Gebäudereinigung – nach dem AEntG erstreckt. Normalleistung = Reinigung von Gebäuden einschließlich Verkehrsmitteln. (Fiktiver) Mindestlohn: 8,50 €. Arbeitnehmerin A reinigt bei der Deutschen Bahn AG Züge. Sie erhält nach dem Arbeitsvertrag einen Grundlohn von 7 € pro Stunde, sowie eine Verkehrsmittelzulage von 2 €, insgesamt also 9 €. Die Mindestlohnverpflichtung ist erfüllt, weil die Zulage auf die „Normalleistung“ gezahlt wird und daher – mindestlohnrechtlich gesehen – gar keine Zulage ist. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Die Mindestlohnpflicht (160 x 8,50 € = 1.360 €) ist hiernach erfüllt. Provisionen Provisionen werden angerechnet, wenn sie zum Fälligkeitszeitpunkt tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt wurden. Beispiel: Vertreterin V, monatlich 160 Arbeitsstunden, Fixum 800 €. Provision: 1.200 €, Gesamteinkommen also: 2.000 €. Wird die Provision zeitgerecht und vorbehaltlos bezahlt (kein Verrechnungsvorbehalt!), wird sie berücksichtigt. Die Mindestlohnpflicht (160 x 8,50 € = 1.360 €) ist hiernach erfüllt. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Entgeltfortzahlung, Annahmeverzug Nicht geklärt, aber anzunehmen ist, dass der Mindestlohn auch fällig wird als Urlaubsentgelt, einschl. Abgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG als Entgeltfortzahlung (Krankheit, Feiertag) als Entgelt bei vorübergehenden Verhinderung (§ 616 BGB) als Vergütung im Annahmeverzug (§ 615 BGB) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
IV. Arbeitszeitkonten
§ 2 Abs. 2 MiLoG (2) Abweichend von Abs. 1 S. 1 sind bei Arbeitnehmern die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. … Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
gilt nur für den mindestlohnrelevanten Teil der Vergütung Ausnahme: keine Geltung für Wertguthabenvereinbarungen nach SGB IV (Altersteilzeitvereinbarungen, Langzeitkonten- regelungen [§ 7b SGB], etwa für bezahlte Freistellungen im Rahmen einer Pflege-, Eltern- oder Teilzeit, Teilnahme an einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen usw.) gilt nur für den mindestlohnrelevanten Teil der Vergütung negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiel: Arbeitnehmer A - monatliche Arbeitszeit 100 Stunden. Im September leistet er 15 zusätzliche Arbeitsstunden. Mindestlohn: 977,50 € (115 x 8,50 €). Variante 1: Monatsgehalt = 1.000 €. Dieses liegt über dem Mindestlohn unter Einschluss auch der Überstunden. Die 15 Arbeitsstunden können also auf ein Arbeitszeitkonto gebucht werden, ohne dass dieses den Restriktionen des § 2 Abs. 2 MiLoG unterliegt. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Variante 2: Monatsgehalt = 850 €. Die Überstunden können auf ein Arbeitszeitkonto gebucht werden, unterliegen aber den Beschränkungen des MiLoG. negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Konsequenz: u.U. doppelte Kontenführung gilt nur für Zeitstunden, die über die vertraglich Arbeitszeit hinausgehen, damit keine Flexibilisierung der Normalarbeitszeit möglich schriftliche Vereinbarung nötig pro Monat maximal 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit Ausgleich innerhalb von 12 Kalendermonaten bei Beendigung Ausgleich (Bezahlung) der noch nicht ausgeglichenen Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat
V. Sicherung des Mindestlohns
Ausschlussklauseln § 3 MiLoG Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Ausschlussklauseln für den Mindestlohn sind unzulässig Folge für „pauschale“ Ausschlussklauseln, wie „ … sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen … “ ? Gesamtunwirksamkeit? Vertragsanpassungsbedarf? oder geltungserhaltende Reduktion?
Klauselvorschlag: „Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Davon ausgenommen sind Ansprüche, die auf einer vorsätzlichen einer Vertragspartei, sowie auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Arbeitgebers beruhen. Weiter gilt dies nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Arbeitnehmers im Fall einer fahrlässigen Pflichtverletzung. Ferner gilt die Regelung nicht für die Ansprüche des Arbeitnehmers auf einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn bzw. auf nach dem AEntG bindende Mindestarbeitsbedingungen, sowie für Ansprüche aus einem normativ auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag.“
Vergleich und Verwirkung § 3 S. 2 und 3 MiLoG Der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch … nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen. u.U. erhebliche Bedeutung für Aufhebungsverträge
Dokumentationspflichten, § 17 MiLoG für Beschäftigte in den § 2a SchwarzARbG – Branchen für alle geringfügig Beschäftigten in allen Branchen (§ 8 SGB IV) außer Privathaushalte Dokumentation: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit bis spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags Aufbewahrung mindestens 2 Jahre ab dem maßgeblichen Aufzeichnungszeitpunkt Flexibilisierungsmöglichkeiten per Rechtsverordnung durch das BMAS
§ 2a SchwarzArbG Baugewerbe Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe Speditions-, Transport- Logistikgewerbe Schaustellergewerbe Forstwirtschaft Gebäudereinigungsgewerbe Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen Fleischwirtschaft
keine Dokumentationspflicht bei Monatseinkommen ab 2.958,-- EUR brutto Vereinfachung der Dokumentation nach Verordnung des BMAS für Branchen nach § 2a SchwarzArbG („Mindestlohndokumenationspflichtenverordnung“): keine Dokumentationspflicht bei Monatseinkommen ab 2.958,-- EUR brutto Führungskräfte negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
ausschließlich „mobile“ Tätigkeiten Vereinfachung der Dokumentation nach der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (für alle Branchen): nur Dauer der täglichen Arbeitszeit (ohne Beginn, Ende und Unterbrechungen) zu dokumentieren, wenn ausschließlich „mobile“ Tätigkeiten Tätigkeiten keinen Vorgaben zu Beginn und Ende unterliegen und Arbeitnehmer die Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Beispiele nach der Verordnung: („nicht an den Beschäftigungsort gebunden“) Zustellung von Briefen, Paketen, Druckerzeugnissen Abfallsammlung, Straßenreinigung, Winterdienst Gütertransport Personenbeförderung negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
VI. Folgen von Verstößen
Folgen aus Verstößen gegen das MiLoG abweichende Regelungen sind unwirksam, § 3 S. 1 MiLoG verschuldensunabhängige, selbstschuldnerische Bürgenhaftung des Nachunternehmers ohne Exculpationsmöglichkeit, §§ 13 MiLog, 14 AEntG (in der Praxis des AEntG aber nur Generalunternehmerhaftung bei Weitergabe eigener Verpflichtungen an Nachunternehmer) Ordnungswidrigkeit, § 21 MiLoG, Vorsatz oder Fahrlässigkeit (Formel der Zollverwaltung: nicht gezahlter MiLo x 2 + 30 %) Ausschluss von öffentlichen Vergaben, § 19 MiLog
VII. Mindestlohn SH und Tariftreuegesetz SH
betrifft nur das Land SH als Arbeitgeber MindestlohnG SH v. 13.11.2013: betrifft nur das Land SH als Arbeitgeber betrifft juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, die SH überwiegend finanziert über deren Leitung SH die Aufsicht ausübt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder der GF oder des AR-Gremiums berufen hat Mindestlohn SH: EUR 9,18 brutto negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Tariftreue- und Vergabegesetz (TTG) SH v. 01.08.2013: betrifft Auftragsvergabe seitens des Landes SH durch „öffentliche Auftraggeber“ gerichtet an dadurch betroffene Unternehmen und Nachunternehmer § 4 – Mindestlohn: Vergabe nur an Unternehmen, die sich bei Angebotsabgabe schriftlich zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet haben negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Tariftreue- und Vergabegesetz (TTG): „Mindestlohn“: nach bundesweit allgemeinverbindlichem Tarifvertrag nach einer Verordnung auf Grundlage AEntG falls nicht vorgenannte: EUR 9,18 brutto (Ausnahme: Auszubildenden, Praktikanten, Hilfskräfte) negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden
Tariftreue- und Vergabegesetz (TTG): Verpflichtung der Weitergabe und Nachverpflichtung an Nachunternehmer präventive Vertragsstrafenpflicht Ausschluss von Vergaben für bis zu 3 Jahre bei Verstoß ordnungswidrigkeitenbewährt negative Belegung des Begriffs, Verwendung in Auseinandersetzungen vermeiden