Klausur S 445Strafrecht SS 2014

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 Präsentation transkript:

Klausur S 445Strafrecht SS 2014 Friedrich Toepel

0-3 4-6 7-9 10 12 13 14 Æ 46 45 30 2 1 5,1

Aufgabe 1 Strafbarkeit des A 1. Handlungsabschnitt: Das Verbrauchen der Mietkaution I. § 266 I 2. Alt. StGB Obj. Tb.: Vermögensbetreuungspflicht? aa. Schrifttum: Vermögensbetreuung = (1) Hauptleistungspflicht: bei Mietkaution jedenfalls nicht, hier scheitert nach dieser Ansicht § 266 StGB (2) gewisse Selbständigkeit (3) gewisse Bedeutsamkeit der Pflichten

bb. Rspr.: Gesamtbetrachtung bei Mietkaution: § 551 III BGB = gesetzliche Treuepflicht § 551 BGB gilt nicht bei Gewerberaummietverhältnis! daher hier ebenfalls Vermögensbetreuungspflicht – [II. § 246 I, II StGB Verbrauchen der Mietkaution ¹ Zueignen einer fremden beweglichen Sache]

2. Handlungsabschnitt: Der Tankvorgang I. § 267 I 2. Var. StGB durch Präparieren des Kfz-Kennzeichens Kfz-Kennzeichen mit Fahrzeug = zusammengesetzte Urkunde Kfz-Kennzeichen zusammen mit dem Bezugsobjekt Fahrzeug = Gedankener-klärung: Dies Kfz. ist zugelassen unter der Nummer. Beweisbestimmung: Kennzeichen, mit Bezugsobjekt fest zu einer Beweis-mitteleinheit verbunden

Garantiefunktion: Aus der Beweismitteleinheit geht Zulassungsbehörde (§§ 8, 46 FZV) als Aussteller hervor Aber Tathandlung: 1. BGHSt 45, 137: Kein Verfälschen keine abgeänderte Erklärung, die nicht mehr vom Aussteller stammt, von dem sie zu stammen scheint,

daher § 267 StGB – 2. OLG Düsseldorf NStZ 1997, 602: Verfälschen +, weil Straßenverkehrsamt mit Prüfstempel die Ordnungsgemäßheit des Kfz-Kennzeichens bestätigt. Kritik: Prüfstempel bezieht sich nur auf den Zeitpunkt des Anbringens der Prüfplakette Ansicht des OLG Düsseldorf daher kaum vertretbar.

II. § 274 I Nr. 1 StGB (Unterdrücken) durch Präparieren des Kfz-Kennzeichens Tathandlung: Unterdrücken? Dem Beweisführungsberechtigten durch das Präparieren die Kennzeichen als Beweismittel entzogen? -, Beeinträchtigung nicht hinreichend intensiv, um von Unterdrücken zu sprechen daher: § 274 StGB –

III. § 268 I, III StGB aufgrund desselben Verhaltens 1. Tatobjekt: Foto mit Datum und Uhrzeit = technische Aufzeichnung 2. Tathandlung: Störende Einwirkung auf die Aufzeichnung? a) Nach OLG München NJW 2006, 2132, 2133: –, lediglich „täuschende Beschickung“ des Aufzeichnungsgerätes (täuschendes Füttern mit Input); b) a. A. AG Tiergarten NStZ 2000, 9: § 268 StGB +

IV. § 303 I StGB aufgrund desselben Verhaltens OLG München NJW 2006, 2132, 2133 : +, Kamera in bestimmungsgemäßer Brauchbarkeit beeinträchtigt; Kritik: kaum vertretbar, Kamera wird nicht dauerhaft beeinträchtigt, nur beim konkreten Foto, Bei guter Begründung aber beides, § 303 StGB + oder –, vertretbar

V. § 242 I StGB durch Einfüllen und Davonfahren mit dem Benzin 1. fremde bewegliche Sache? Zur Zeit des Einfüllens? Ja, s. aber unten bei Unterschlagung Falls fremde Sache (fälschlich) bejaht: 2. Wegnahme? Kein Bruch fremden Gewahrsams, da zumindest Einverständnis (Täuschung schließt Einverständnis nicht aus, bei dem es nur auf den natürlichen Willen ankommt) Daher § 242 I StGB auf jeden Fall -

VI. § 263a I 4. Var. StGB durch Einwirken auf Automaten Entscheidend: Tathandlung Statt Betrug, wenn auf eine Maschine eingewirkt wird 1. computerspezifische Auslegung (OLG Celle NStZ 1989, 367) : restriktiv, irreguläre Einwirkung auf den Datenverarbeitungsvorgang erforderlich (so), danach § 263a StGB –

2. Beeinflussen des Programmablaufs zu Lasten des Automatenbetreibers mit rechtswidrig erlangtem Wissen (OLG Braunschweig NJW 2008, 1464): wie bei Leerspielen von Automaten, danach hier § 263a StGB + 3. betrugsspezifische Auslegung (OLG München NStZ 2008, 403, 404): Handlung des Täters mit Täuschungswert

= dann wenn dieselbe Handlung einem Menschen statt einem Automaten gegenüber eine Täuschung wäre, fraglicher Umstand zur Prüfroutine des Computers gehörend Hier: wie Ausnutzen bestehender Fehlvorstellung, Unterlassen nur bei Garantenstellung strafbares Unterlassen, hier –

VII. § 246 I durch Davonfahren mit dem Benzin (= Verwerten des Benzins 1. fremde bewegliche Sache: a) OLG Düsseldorf NStZ 1982, 249; 1985, 270: -, weil Übereignung, zwar nicht durch Vermischung mit dem Restbenzin, führt lediglich zu Miteigentum, zumindest teilweise fremd, §§ 947, 948 BGB

§ 929 S. 1 BGB? Zurverfügungstellen der Selbstbedienungszapfsäule = antizipierte Annahme eines Angebots auf Eigentumsübertragung, Angebot durch Betätigen des Tankvorgangs

b) überwiegende Ansicht: OLG Hamm NStZ 1983, 266, 267; stillschweigender Eigentumsvorbehalt bis zur Bezahlung OLG Braunschweig NJW 2008, 1464 zur vorliegenden Konstellation: Übereignung stehe „unter der Bedingung, dass der Tankstellenbetreiber hinsichtlich der Zahlung des Entgelts eine gesicherte Position erlangt“ Hier: daher Ablehnen des Eigentumsübergangs mit dem OLG Braunschweig vertretbar

je nachdem wie bei Fremdheit der Sache entschieden Unterschlagung + oder – Einwilligung muss jedenfalls – sein, falls Fremdheit + ist. Obj. Sich Zueignen durch Wegfahren dann auch kein Problem 2. Problem BGHSt 14, 38: evtl. mitbestrafte Nachtat zu § 263a StGB, oder schon tatbestandlich Zueignen nach Zueignen durch Computerbetrug nicht möglich

VIII. Gesamtergebnis: Je nachdem sogar Straflosigkeit des A vertretbar

Aufgabe 2: Verwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel Beweisverwertungsverbot setzt voraus: I. Verstoß gegen Beweiserhebungsverbot § 105 I 1 StPO, Wohnungsdurchsuchung: 1. Voraussetzung für Regelfall: richterliche Genehmigung Fehlte hier

2. Gefahr im Verzug gemäß § 105 I 1 2. HS StPO: nicht ersichtlich, vgl. BGH NStZ 2007, 601: nicht dem Sachverhalt zu entnehmen, dass ein Einschalten des Ermittlungsrichters den Erfolg der Maßnahme vereitelt hätte, Beobachtung seit mehreren Wochen, daher – II. Beweisverwertungsverbot folgt aus Verstoß gegen Beweiserhebungsverbot nur, wenn:

Verwertungsverbot nach dem Schutzzweck des Erhebungsverbots geboten umfassende Abwägung: Schwere des Tatvorwurfs, Gewicht des Verfahrensverstoßes, Möglichkeit eines hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs? Den Interessen des Beschuldigten zu dienen bestimmt Rspr. (BGH, BVerfG): bei vorsätzlicher oder ähnlich gewichtiger grober Missachtung des Richtervorbehalts Beweisverwertungsverbot angemessen

Gewicht dieser Voraussetzung wegen grundgesetzlicher Regelung, Art Gewicht dieser Voraussetzung wegen grundgesetzlicher Regelung, Art. 13 II GG Hier: S hat sich nicht einmal um die Einschaltung eines Richters bemüht daher Beweisverwertungsverbot +