Schulverweigerung Schulangst – Schulphobie - Schulschwänzen

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 Präsentation transkript:

Schulverweigerung Schulangst – Schulphobie - Schulschwänzen Dr. med. O. Niethammer FA. für Kinder und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Gliederung Definition und Klassifikation Ätiologie und Pathogenese Diagnostik Therapie 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Abwesenheit von der Schule nicht psychisch bedingt (Krankheit, Hilfe im elter- lichen Betrieb, etc.) depressive Episode Schizophrene Psychosen Abwesenheit von der Schule Störung des Sozialverhaltens “Schulschwänzen” Anpassungs- und Belastungsstörungen Schulverweigerung Agoraphobie Panikstörung Spezifische Phobie Soziale Ängstlichkeit Generalisierte Angststörung „Schulangst“ Trennungsangst „Schulphobie“

Differentialdiagnose der Schulverweigerung Schulphobie Schulangst Schulschwänzen Angst in der Schulsituation Latent Vorhanden, wechselnde Intensität Fehlt Somatisierung Stark Wechselnd Persönlichkeit Ängstlich, sensitiv, depressiv Ängstlich, sensitiv Aggressiv, dissozial Intelligenz Durchschnittlich bis hoch Durchschnittlich, heterogenes Profil Durchschnittlich bis erniedrigt Lernstörung Fehlen Häufig vorhanden Elternverhalten Überprotektiv, bindend Unspezifisch Vernachlässigend Schulbesuch Mit Wissen der Eltern chronisch unterbrochen Mit Wissen der Eltern sporadisch unterbrochen Ohne Wissen der Eltern sporadisch / chronisch unterbrochen 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Differentialdiagnose der Schulverweigerung Schulphobie Schulangst Schulschwänzen Symptomgenese Trennungsangst und Verschiebung auf das Objekt Schule Ausweichen vor Schulsituationen aus Angst vor Kränkung und Demütigung Vermeiden unlustgetönter Situationen durch Überwechseln in lustbetonte Verhaltensweisen Pathogene Faktoren Elterliche Überfürsorge, ängstlicher kindlicher Charakter Psychische oder physische Insuffizienz -Teilleistung -psych. Stg. -Überforderung -“Mobbing“ -Lehrerverhalten Erziehungsdefizite, mangelnde Gewissensbildung, Aber auch Teilleistungsstörungen und psych. Stg. Diagnosen nach ICD-10 F93.0 F93.1, F93.2, F40.x, F41.x, F80.x F91.x, F80.x 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Diagnostische Klassifizierung nach ICD-10 F93.0: Störung mit Trennungsangst des Kindesalters F93.1: Phobische Störung des Kindesalters F93.2: Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters F40.0: Agoraphobie F40.1: Soziale Phobie F40.2: Spezifische (isolierte) Phobie F41.0: Panikstörung F41.1: Generalisierte Angststörung F41.3: Angst und Depression gemischt 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0) Schulphobie 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0) Unrealistische, vereinnahmende Besorgnis über mögliches Unheil, das Hauptbezugspersonen zustoßen könnte, oder Furcht, dass sie weggehen und nicht wiederkommen könnten. Unrealistische, vereinnahmende Besorgnis, dass irgendein unglückliches Ereignis das Kind von einer Hauptbezugsperson trennen werde – beispielsweise, dass das Kind verlorengeht, gekidnappt, ins Krankenhaus gebracht oder getötet wird. Aus Furcht vor der Trennung (mehr als aus anderen Gründen, wie Furcht vor Ereignissen in der Schule) resultierende, überdauernde Abneigung oder Weigerung, die Schule zu besuchen. Anhaltende, unangemessene Furcht, allein oder tagsüber ohne eine Hauptbezugsperson zu Hause zu sein. Wiederholte Alpträume über Trennung 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0) Wiederholtes Auftreten somatischer Symptome (wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Erbrechen) bei Trennung von einer Hauptbezugsperson, z.B. beim Verlassen des Hauses, um in die Schule zu gehen. Extremes wiederkehrendes Unglücklich sein (z.B. Angst, Schreien, Wutausbrüche, Apathie oder sozialer Rückzug) in Erwartung von, während oder unmittelbar nach der Trennung von einer Hauptbezugsperson. Mindestens drei der aufgelisteten Symptome treten für eine Dauer von mindestens vier Wochen auf. Alter unter 18 Jahre und erste Symptome vor dem 6. Lebensjahr. 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Spezifische Phobie (F40.2) Schulangst 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Spezifische Phobie Phobien sind abnorm intensive, auf bestimmte Objekte oder Situationen bezogene Ängste, die Situationsunangemessen sind, von den betroffenen Personen nicht erklärt oder rationalisiert werden können, nicht unter willentlicher Kontrolle stehen, zu einer Vermeidung der gefürchteten Objekte oder Situationen führen. Allein die Vorstellung, dass die phobische Situation eintreten könnte, erzeugt Erwartungsangst. 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Schulangst Angstsymptome klinischen Ausmaßes, die spezifisch durch schulische Erfahrungen begründet sind. Schulverweigerung Keine organische Grunderkrankung Kritik an ICD-10: berechtigte Ängste werden nicht klassifiziert 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Ätiologie und Pathogenese Vulnerabilitätsmodell Multifaktoriell bedingt Interaktion biologischer und psychosozialer Faktoren 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Ätiologie und Pathogenese Schulphobie Vulnerabilität (biologische Faktoren) Temperament Ängstliche Disposition Lerneinflüsse aus dem familiären Zusammenleben Wechselseitige Ängste Mangelnde Abgrenzung zwischen Eltern und Kind Modelleinflüsse der Eltern Familiäre Erziehungseinflüsse (Überbehütung, sozial unauffällig) Bewertung körperlicher Beschwerden Psychische oder körperliche Erkrankungen in der Familie, „schicksalhafte zufällige“ Lebensereignisse 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Ätiologie und Pathogenese Schulphobie Kognitive und biologische Begleiterscheinungen der Angstreaktion gelten wiederum als angstauslösend und angsterhaltend (die Trennungsangst wird autonom). 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Ätiologie und Pathogenese Schulangst Vulnerabilität (biologische Faktoren) Temperament Ängstliche Disposition Negative Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch Hänseleien Misshandlungen Schlechte Leistungen Teilleistungsstörungen Bloßstellungen durch Lehrer Lernlücken durch Schulversäumnisse 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Formen der Schulverweigerung Schulphobie – Schulangst – Schulschwänzen Vorfeld allgemeine Ängste, Unbehagen mit der Schule und mit der Trennung von zu Hause, wenig Freundschaften, Erwartungsangst vor der Schule, soziale Unsicherheit (betrifft ca. 10-12% der Kinder) Auslöser Belastende Einflüsse auf den Schulbesuch und typische Auslöser für Verweigerung: Umzug, Schulwechsel, Scheidung, Trennungserfahrung, Überforderung, geringe soziale Kontrolle und mangelnde familiäre Unterstützung, Mißerfolg in der Schule, Konflikt mit Klassenkameraden und Lehrern Symptom Formen der Schulverweigerung Schulphobie – Schulangst – Schulschwänzen (betrifft ca. 5-8% der Kinder)

Häufigkeiten Angststörungen insgesamt: 10-15% Soziale Ängste: 1 – 4,6% Stg. mit Trennungsangst: 1-5 % Panikstg.: 0,6 – 4,7 % Häufige Komorbidität mit verschiedenen Angststörungen und depressiven Episoden, aber auch mit ADHS und Stg. des Sozialverhaltens. 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Häufigkeiten Schulverweigerung: 5% Zwei Altersgipfel: 5-6Jahre / 10-11Jahre 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Adaptive multimodale Diagnostik und Therapie Adaptiv – woran ? An die individuelle Problematik Schweregrad Komorbide Störungen An die Rahmenbedingungen Alter / Problemeinsicht Patient, Bezugspersonen Motivation Patient, Bezugspersonen Kompetenzen Patient, Bezugspersonen Ressourcen Familie, Schule, Umfeld Ressourcen des diagnostisch-therapeutischen Angebots An die individuellen Erwartungen Des Patienten Seiner Bezugspersonen An den Verlauf 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Adaptive multimodale Diagnostik und Therapie Multimodal – worin? In der Diagnostik Verschiedene Ebenen, Methoden, Beurteiler In der Therapie Psychoedukation Psychologische Interventionen Pharmakotherapie Fallmanagment 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Eingangsdiagnostik Exploration von Kind/Jugendlichem, Eltern, Lehrer/Erzieher Verhaltensbeobachtung während Exploration und während anderer Untersuchungen Fragebogen-Screening Testdiagnostik Internistisch-neurologische Abklärung 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Exploration Aktuelle Symptomatik, Ausmaß der Beeinträchtigung Komorbiditäten / Differentialdiagnosen Stärken/Interessen/Hobbys (Ressourcen) Störungsspezifische Entwicklungsgeschichte Medizinische Anamnese Familienanamnese Bedrohliche Erkrankungen oder Konflikte bei Bezugspersonen Bedingungen Kindergarten/Schule/Gleichaltrigengruppe Therapien/bisherige Bewältigungsversuche Störungskonzept/Erwartungen/Ziele/Motivation 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Testdiagnostik Intelligenztestung Testung von schulischen Teilleistungen bei Hinweisen auf Probleme Konzentrationstests bei Hinweisen auf Probleme Persönlichkeitstests Projektive Tests 25.03.2017 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Allgemeine Behandlungsprinzipien der Schulphobie Aufklärung, Verständnis für die Art der Störung gewinnen Möglichst schnelle Wiedereingliederung in die Schule. Je länger die Schulverweigerung andauert, umso häufiger kommt es in der Familie zu einem sekundär pathogenen Zirkel. Familie ermutigen Trennungserfahrungen einzuleiten Herausarbeitung, dass keine körperliche Erkrankung besteht. Anerkennung, dass körperliche Beschwerden tatsächlich gegeben sind, aber einer anderen Bewertung bedürfen (kognitive Neubewertung) Bestärkung der Eltern klare und durchsetzbare Entscheidungen zu treffen und diese auch konsequent umzusetzen. Kinder und Jugendliche in die Absprachen mit einbeziehen. 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Allgemeine Behandlungsprinzipien der Schulphobie Koordination der Maßnahmen mit allen involvierten Stellen. Hilfe durch andere Bezugspersonen Trennungsängste auf Seiten der Eltern sind zu berücksichtigen Behandlungssetting: je nach Schweregrad und Beeinträchtigung sowie vorhandener Ressourcen / Compliance ambulant, teilstationär oder vollstationär. 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Therapeutische Interventionen Kognitive Verhaltenstherapie, analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, systemische Therapie, ... Gruppentherapie / Training sozialer Kompetenzen medikamentöse Therapie (v. a. Antidepressiva) in Kombination mit Psychotherapie Familienbezogene Interventionen Psychosoziale und schulbezogene Interventionen 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Interventionen Psychoedukation Selbstbeobachtung Expositionsbehandlung Entspannungsverfahren Kognitive Umstrukturierung Modelllernen Belohnung Einbezug der Familie Einbezug der Schule Zusammenarbeit mit anderen Professionen Therapie der Eltern 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Therapeutische Interventionen - VT Vorgehen bei angstbedingter Schulverweigerung (Modell) Sorgfältige Erfassung aller relevanten Faktoren (Kind, Familie, Schule, professionelles Helfersystem) Sorgfältige Erfassung der kindlichen Fähigkeiten und der Symptomatik Identifikation prädisponierender, auslösender und aufrechterhaltender Faktoren Besprechung der Ergebnisse der Diagnostikphase mit allen relevanten Personen (incl. Psychoedukation) Unterschiedliche Strategien wählen, je nach individueller Problematik Bei Trennungsangst v. a. Lockerung der Eltern-Kind-Beziehung und Selbstwirksamkeitserfahrung beim Kind fördern

Therapeutische Interventionen -VT Unterschiedliche Strategien wählen, je nach individueller Problematik Bei Furcht vor Mitschülern, Mobbing, Viktimisierung durch Lehrkräfte ® Gemeinsame Gespräche mit allen relevanten Personen zur Klärung, Begleitung der Konfliktklärung usw., ggf. Klassen- oder Schulwechsel Bei Angst vor Schulversagen (Leistungsversagen) ® Förderung der schulischen Ressourcen (auch ggf. Nachhilfe), Wechsel der Schule bzw. des Schultyps, Förderung von Selbstwert, Kontaktfähigkeit, sozialen Kompetenzen und der Frustrationstoleranz Gute Planung des Rückkehrprozesses in die Schulsituation Ggf. Einführung eines Belohnungssystems (Schaffung von Anreizen, um die vor allem zu Anfang auftretenden Ängste besser zu tolerieren) Rückfallprävention (besonders erster Schultag, nach Wochenenden, nach Krankheitsphase, nach Ferien)

Therapeutische Interventionen – Familientherapie Wichtige Aspekte kontxtuelle Veränderungen so begleiten, dass sie von Schüler und Familie nicht als Kränkung, sondern als Chance zum Neuanfang erlebt werden können: Jeder muss sein Gesicht wahren können. dass kontextuelle Veränderungen auch von Lehrkräften, Jugendamtsmitarbeitern, behandelnden Ärzten etc. annähernd als Win-Win-Prozess angesehen werden können mit Kind und Familie Sichtweisen erarbeiten, die die Schule für deren Empfinden „einfacher, erfolgversprechender, annehmbarer machen“

Therapeutische Interventionen – Familientherapie Bei Schulangst und Schulphobie bewährte Therapie-elemente Kontextualisierung des schulverweigernden Verhaltens Wo, wann, wie ist Schulverweigerung aufgetreten? Wie haben die Familienmitglieder und andere darauf reagiert? Wie gehen Eltern, Partner, Geschwister mit Gefühlen der Angst um? Welche Lösungsstrategien wurden bisher erfolgreich / nicht erfolgreich eingesetzt. Auftragsklärung Was kann die Therapie leisten, was nicht? Unmögliche Aufträge oder einseitige Aufträge an Therapeut zurückweisen und alle mit einbeziehen.

Therapeutische Interventionen – Familientherapie Bei Schulangst und Schulphobie bewährte Therapie-elemente Die „guten“ Gründe für schulverweigerndes Verhalten Wofür kann die Schulverweigerung nützlich sein? Wo, wann und für wen kann das Verhalten sinnvoll und nützlich sein? „Angenommen, die Schulangst wäre für etwas gut und wichtig, wofür könnte das sein?“ „Angenommen, es gäbe gute Gründe für Schulangst, welche könnten dies sein?“ Visionen – die Schulverweigerer in 5 Jahren „Angenommen, wir würden einen Sprung in die Zukunft machen, wie werden Sie, jeder einzeln und Sie als Familie in zwei/in fünf Jahren leben?“ „Was ist Ihre Vision von der Zukunft?“

Wie wurden ähnlich Krisen in der Vergangenheit bewältigt? Therapeutische Interventionen – Familientherapie Bei Schulangst und Schulphobie bewährte Therapie-elemente Ressourcenaktivierung – Was die Familienmitglieder hinsichtlich der Schulangst tun können Es empfiehlt sich, den Lösungs- und Bewältigungsraum der Familienmitglieder ausführlich zu explorieren ... ® Information über vorhandene (evtl. verschüttete) Problemlösungskompetenzen ... Wie wurden ähnlich Krisen in der Vergangenheit bewältigt? Wenn das Kind früher oder zwischenzeitlich ausnahmsweise in die Schule ging, was war dann anders? „Angenommen, Sie würden heute ein gutes Gespräch führen, was würden Sie ggf. am Ende des Gespräches anders machen, was die Schulangst betrifft?“ VT-Interventionen als flankierende Maßnahmen

Familieninteraktionstypen Schulverweigerer innerhalb verstrickter Familieninteraktion ® Abhängigkeit, Überbehütung, abwesender oder depressiver Vater ® Trennungsangst oder negative Trennungserfahrungen Schulverweigerer innerhalb konflikthafter Familieninteraktionen ® hohes Konfliktniveau, Streit und Feindseligkeit bis hin zur Gewalt Schulverweigerer innerhalb isolierter Familieninteraktionen ® Familie mit wenig sozialen Kontakten zur Aussenwelt, wenig Inanspruchnahme von Helfern, Misstrauen gegenüber Helfern und Institutionen Schulverweigerer innerhalb gesunder Familieninteraktionen ® nicht immer liegen auffällige familiäre Strukturen oder Interaktionen vor oder zugrunde, meist liegen dann aber auch einfachere und leichter lösbare Formen der Schulverweigerung vor ... In der Praxis oft Mischformen der o. g. Typen!

Kasuistik 25.03.2017 Vortrag 25.03.2009

Kasuistik Weiblich, 9 Jahre, 4. Kl. Grundschule Vorstellungsgrund: Auf Initiative der Eltern wegen seit ca. 3 Wochen bestehender Angst vor der Schule. Sie habe große Angst das ihr etwas zustößt, das sie krank sei und sterben müsse, sie mache sich viele Gedanken, stehe zu Hause vor dem Kreuz und bete. Müsse schnell weinen, berichte von Schwindel und Bauchschmerzen in der Früh, schlage sich dann selber gegen den Kopf, damit der Schwindel weg gehe.

Kasuistik Frühkindliche Entwicklung unauffällig Kiga: keine Trennungsangst, sozial isoliert, wenig Kontakt mit Gleichaltrigen. Dies sei auch heute noch der Fall. Außerhalb der Schule habe sie wenig Kontakt zu Gleichaltrigen, sei jedoch in den Freundeskreis der älteren Schwester integriert. Regelrechte Einschulung im Alter von 6 Jahren in die Grundschule. Dort gutes Sozialverhalten, gutes Lern- und Arbeitsverhalten sowie gute Leistungen. In den Zeugnissen finden sich keine Auffälligkeiten.

Kasuistik Ende letzten Schuljahres habe es eine Situation gegeben, in der Isabel hyperventiliert habe, Angst und Panik geäußert habe sowie stark geweint habe. Sie dann auch zur Überwachung ins Krankenhaus gekommen. Die erste Schulwoche sei positiv verlaufen. Ab der 2. Schulwoche sei sie krank gewesen, zunächst mit einem Krupp-Husten, danach mit einer sich über 2 Wochen hinziehende Magen-Darm-Grippe, mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe. Seit 2 Wochen organisch, körperlich wieder gesund, jedoch weiterhin morgens Bauchschmerzen und Schwindel, wolle nicht in die Schule gehen, gebe an Angst zu haben in der Schule zu spucken oder dass es ihr übel werde. Aktuell sei die Situation in der Früh sehr schwierig, Isabel wolle nicht in die Schule gehen, weine, klage über Bauchschmerzen und Schwindel. Es dauere eine 1/2 bis 3/4 Stunde bis die Mutter sie dazu überreden könne in die Schule zu gehen.

Kasuistik Familiäre Situation: Isabel lebt gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer 1996 geborenen Schwester Chantal in MM. Die Eltern sind getrennt seit 2001, die Scheidung erfolgte 2002. Von 2004 bis 2005 erfolgte ein erneutes Zusammenleben der Eltern. Ab 2005 endgültige Trennung der Eltern. Regelmäßige Besuchskontakte zum Vater alle 14 Tage sowie jeden Mittwoch Nachmittag. Hinsichtlich der Kinder klare Absprachen zwischen den Eltern. Die Mutter hatte eine weitere Partnerschaft zwischen 2001 bis 2004 unterbrochen durch das Zusammenleben mit dem Vater von Isabel von 2004 bis 2005 und danach erneut von 2005 bis Februar 2008. Der Vater hatte bisher keine neue Partnerschaft. Aktuell bahnt sich jedoch eine neue Partnerschaft an, dies weiß Isabel seit ca. 4 Wochen.

Kasuistik Psychische Erkrankungen in der Familie: Dies wird von den Eltern zunächst verneint. Nach Nachfrage ob es Depressionen, Ängste oder Phobien gegeben habe, berichtet der Vater zunächst, das er 2002 nach der Trennung wegen einer depressiven Reaktion für ca. 1/2 Jahr Beratungsgespräche in Anspruch genommen hat. Die Mutter berichtet auf Hinweise durch den Vater von einer depressiven Reaktion 1994 im Rahmen schwieriger Lebensumstände mit einer früheren Partnerschaft.

Kasuistik Hypothesen der Eltern: Aufmerksamkeitssuche; auf Grund der Krankheit, Eltern verstärkt um sie herum; Wunsch nach erneutem Zusammenleben der Eltern; vor 4 Wochen Isabel mitbekommen, dass der Vater eine Bekannte hat, seither starke Fixierung auf die Mutter.

Kasuistik Psychischer Befund: Wache und bewusstseinsklare Patientin, die zunächst sehr schüchtern, aber freundlich in Kontakt geht, dann aber sehr offen über ihre Familie und ihre Probleme berichtet und dabei auch sehr vertrauensvoll Gründe für ihre Probleme erfragt. Die Patientin berichtet Bauchschmerzen und Übelkeit vor dem Unterricht. Patientin verhält sich angepaßt, berichtet Ängste vor den Lehrerinnen in ihrer Klasse und Schulverweigerung; anfänglich Antrieb leicht reduziert und Stimmung gedrückt, später aber ungestört; Aufmerksamkeit, Ausdauer und Impulskontrolle ungestört; kein Anhalt für psychotisches Geschehen oder Zwangssymptomatik; kein Hinweis auf Suizidalität.

Kasuistik Diagnostik: CFT 20-R: überdurchschnittliche Intelligenz CBCL / TRF / FBB-DES / FBB-ANZ AFS / DIKJ / PFK Selbstbild, Baum , FiT Psychoedukation Kognitive Umstrukturierung (Wochenplan, „Wettkampf der Gedanken“)

Kasuistik Bei guter Begabung, aber sozialen Defiziten zeigt die Patientin regressives Verhalten, indem sie starken Kontakt zur Km und Schwester herstellt und nicht wie ihre Altersgruppe zu Gleichaltrigen. Diese Tendenz werde auch in dem Berichten von körperlichen Beschwerden deutlich, die zu Zuwendung durch die Ke führe. Die nicht erfüllte Entwicklungsaufgabe führe schließlich auch zu depressiven Verstimmungszuständen und reduziertem Antrieb und Aktivität. Dringende Empfehlung, die Patientin in einen Verein, evtl. Sportverein zu integrieren. Des Weiteren boten wir einen erneuten Kontakt an mit Ke und Isabel, um den weiteren Verlauf zu beobachten sowie ein SKT, um die sozialen Defizite zu reduzieren. Adäquaten Umgang beim Berichten körperlicher Beschwerden besprochen. Anamnestisch bestätigt die Km zwanghafte Tendenzen bzgl. Ordnung und Sauberkeit.

Kasuistik Nach drei Wochen Rückfall Familiendynamik wird sichtbar: KM hatte sich wieder Hoffnungen auf Partnerschaft mit KV gemacht, Enttäuschung über dessen Partnerschaft. Pat. hat auch Wunsch nach erneuter Partnerschaft der Eltern. Mit der Km wurde besprochen, dass die körperlichen Beschwerden nicht mit der Schule in Zusammenhang gebracht werden, sondern dass es eher darum geht, dass sich die Patientin nicht von den Ke trennen möchte aufgrund einer Verlustangst und Enttäuschung der Hoffnung, dass die Ke wieder zusammen ziehen könnten, die sich mit der neuen Partnerin des Kv zeigte.

Kasuistik Klärung mit den Eltern Klärung mit Eltern und Pat. Wh. aufklärende und strukturierende Gespräche mit den Eltern Positive Verstärker Ressourcenorientierte und aufklärende Einzelarbeit mit Pat. Autogenes Training, Malschule Kurzfristige Überlegung einer antidepressiven Medikation wegen gereizt-dysphorischer Stimmung