Mikro-Makro-Modell von Friedrichs und die Bewertung der Segregation

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Mikro-Makro-Modell von Friedrichs und die Bewertung der Segregation Michél Thämmig und Nadia Rost 08.05.2008

Gliederung Theoretische Grundlagen Das Mikro-Makro-Modell von Friedrichs Ergebnisse der Segregationsforschung Bewertung der Segregation

1. Theoretische Grundlagen Das Mikro-Makro-Problem der soziologischen Erklärung: Segregation befindet sich auf der Makroebene, ist aber das Ergebnis der individuellen Wohnstandort-Wahl Forscher entwickelten Modelle, die Segregation nur auf der Makroebene erklären Friedrichs sagt, dass mikrosoziologische Hypothesen gebraucht werden um die Wohnstandort-Wahl zu erklären Das Problem ist der Übergang von der Mikro- zur Makroebene

1. Theoretische Grundlagen Lösung des Mikro-Makro-Problems: Hartmut Essers Grundmodell der soziologischen Erklärung (Esser 1999: 98): Soziale Situation - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Kollektives Explanandum a c Akteur Handlung b a: Logik der Situation b: Logik der Selektion c: Logik der Aggregation

1. Theoretische Grundlagen „Um Segregation auf der Mikroebene, d. h. durch Hypothesen über das Verhalten der Individuen und dem Ergebnis dieser Handlungen auf der Makroebene, zu erklären, bedarf es einer individualistischen Theorie“ (Friedrichs 1988: 56). Lösung: Die Wert-Erwartungs-Theorie Es wird die Handlungsalternative mit der Größten Wert-Erwartung ausgewählt

2. Das Mikro-Makro-Modell von Friedrichs Zwei Hauptannahmen: Segregation ist das Ergebnis der Wohnstandort-Wahl Ein Umzug ist eine komplexe und weitreichende Entscheidung Einkommensungleichheit Segregation Makroebene Mi Mj (Aggregat) Kontexteffekt Individualeffekt Ii Ij Mikroebene Individuelle Wohnstandort-Wahl (Akteur) Wahlmöglichkeiten nach Präferenzen

2. Das Mikro-Makro-Modell von Friedrichs Hypothese der Makroebene: „Je größer die Ungleichheit der Wohnungen und deren ungleiche Verteilung über die Stadtfläche und je größer die Einkommensungleichheit, desto höher ist der Grad der Segregation“ (Friedrichs 1988: 66). Hypothese der Mikroebene: „Je größer die individuellen Wahlmöglichkeiten unter den vorhandenen Wohnungen/Häusern sind, desto eher kann der Haushalt entsprechend seinen Präferenzen einen Wohnstandort wählen“ (ebd.).

2. Das Mikro-Makro-Modell von Friedrichs Individualeffekt: „Der Wohnstandort wird so gewählt, daß die Ähnlichkeit des eigenen Lebensstils mit dem der Nachbarn maximiert wird“ (Friedrichs 1988: 71). Kontexteffekt: Mit steigender Einkommensungleichheit wird auch die Ungleichheit der Wohngelegenheiten größer.

2. Das Mikro-Makro-Modell von Friedrichs Kritik: Jens Dangschat verweist auf Defizite, wie: Ursachen- und Erklärungsmuster der Entstehung und der Ausbreitung von Segregation fehlen Der Raum erhält keine genaue Bedeutung, es herrscht ein „Behälterraum-Verständnis“ Soziale Ungleichheit wird fast ausschließlich auf Einkommensungleichheit reduziert

3.Ergebnisse der Segregationsforschung Segregation nimmt im Laufe der Zeit zu. (aufgrund mit der Modernisierung einhergehenden Arbeitsteilung  Ausdifferenzierungen  ableitbare Distinktionsmöglichkeiten) Die höchsten Segregationswerte weisen die Gruppen auf, welche sich am Rand der sozialen Hierarchien befinden. Die stärksten Segregationsmuster werden durch die Merkmale Ethnie/Nationalität sowie Einkommen/Vermögen/soziale Schicht erzeugt.

3.Ergebnisse der Segregationsforschung Städte, deren Wohnungsmarkt ein „Eigentümer-Markt“ ist, haben höhere Segregationswerte als solche, in denen der Mietwohnsektor dominant ist. Die Segregationswerte zwischen sozialen Gruppen sind höher als es die betroffenen sozialen Gruppen für richtig halten. Konzentration von eher abgelehnten Bevölkerungsgruppen werden tendenziell als zu hoch eingeschätzt.

4. Bewertung der Segregation Welche Bewertungen der Segregation ergeben sich aus den Ergebnissen der Segregationsforschung?

4. Bewertung der Segregation Die Kontakthypothese besagt, dass „räumliche Nähe Kontakte fördert; diese wiederum verbessern das Wissen übereinander, was zum Abbau von Vorurteilen beiträgt, Toleranz verstärkt und somit Integration fördert“ (Häußermann et. al 2001: 73). Die Konflikthypothese beruft sich auf Georg Simmel, „der räumliche Nähe bei sozialer Distanz als Anlass für „leichte Aversionen“ angesehen hat, die sich bis zu Hass und Kampf steigern“ (Häußermann et. al 2001: 73) können.

4. Bewertung der Segregation Nachteile Ökonomische Argumente: Konzentration der ärmeren Bevölkerung Güter- und Dienstleistungsangebot nimmt ab die Mittelschicht zieht weg Miteinahmen sinken Eigentümer unterlassen Investitionen Zustand der Häuser wird schlechter

4. Bewertung der Segregation Politische Argumente: sozial heterogene Wohnquartieren besitzen vermehrt soziale und politische Kompetenzen, wodurch die Vertretung von Interessen der Bewohner ermöglicht wird es ist Vorteilhaft, wenn die politischen Eliten auch im Alltag mit sozialen Problemfällen und Ausländern in Kontakt kommen, um sich den Problemen überhaupt bewusst zu sein

4. Bewertung der Segregation Soziale Argumente: räumliche Konzentration einer sozialen Gruppe erleichtert das zurückziehen in das eigene Milieu, es entstehen sozial homogene Hilfsnetze, die allerdings nicht so vielfältig und daher weniger leistungsfähig sind Konzentration von Minderheiten führt zu einer Wahrnehmung in der Bevölkerung, was ein Gefühl der Bedrohtheit hervorruft

4. Bewertung der Segregation Vorteile Ökonomische Argumente: Zuwanderer sind auf informelle Hilfsnetze angewiesen, welche sich in sozial homogenen Wohngebieten leichter bilden ethnische Ökonomien benötigen eine Konzentration von Landsleuten

4. Bewertung der Segregation Politische Argumente: die räumliche Konzentration von Menschen mit ähnlicher Lebenssituation und folglich auch verwandten Interessen, verbessert ihre Organisationsfähigkeit Segregation ermöglicht es, eine zu den Bedürfnissen der Zuwanderer passende Infrastruktur, mit all ihren Dienstleistungen und Gütern, aufzubauen

4. Bewertung der Segregation Soziale Argumente: für Einwanderer bietet Segregation soziale Vorteile, wie: Informationen jeglicher Art, praktische Hilfe und Unterstützung, sozialer und psychologischer Beistand, Schutz vor Isolation, die allgemeine Hilfe den Schock des fremden Landes zu verringern diese Strukturen können auch für Einheimische interessant und attraktiv sein, für Ansätze für eine Kommunikation zwischen den Kulturen

4. Bewertung der Segregation Fazit Segregation kann nicht eindeutig positiv oder negativ bewertet werden es sind verschiedene Differenzierungen notwendig, wie beispielsweise: freiwillige und erzwungene Segregation Gruppen und ihre Untergruppen, die segregiert leben nach sozio-ökonomischer und ethnisch-kultureller Segregation

Literatur Dangschat, Jens (1994): Segregation – Lebensstile im Konflikt, soziale Ungleichheiten und räumliche Disparitäten. In: Dangschat, J./Blasius, J. (Hrsg.): Lebensstile in den Städten. Konzepte und Methoden. Opladen: Leske+Budrich, 426-445. Esser, Hartmut (1999): Soziologie. Allgemeine Grundlagen. 3. Auflage: Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag. Friedrichs, Jürgen (1981): Stadtanalyse. Soziale und räumliche Organisation der Gesellschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag. Friedrichs, Jürgen (1988): Makro- und mikrosoziologische Theorien der Segregation. In: Soziologische Stadtforschung. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 29. Opladen: Westdeutscher Verlag. Friedrichs, Jürgen (1995): Stadtsoziologie. Opladen: Leske + Budrich. Siebel, Martin/Häußermann, Hartmut (2004): Stadtsoziologie. Eine Einführung. Frankfurt am Main: Campus Verlag.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.