Methoden zur Sequenzierung von DNA Anne Röschenkemper SS 2006
Was ist DNA-Sequenzierung? Die Analyse der DNA-Struktur auf Nucleotid-Ebene Erst seit 1977 gibt es DNA-Sequenzierungstechniken Gründe dafür: Erst seit dieser Zeit gibt es Klonierungstechniken, durch die DNA in ausreichender Menge erhalten werden kann Auch Restriktionsendonucleasen kennt man erst seit Mitte der 70er Jahre; nur durch Behandlung mit diesen Enzymen kann DNA in kleine Fragmente zerteilt werden (& auch rekonstruiert werden) DNA-Sequenzierung
Welche Methoden gibt es? Sequenzierung durch chemische Spaltung Die Maxam-Gilbert-Methode Sequenzierung durch Kettenabbruch Die Sanger-Methode weitere Methoden: zB. Pyrosequenzierung Sequenzierung durch Hybridisierung DNA-Sequenzierung
Sequenzierungsstrategien Problem: nur ca. 1000 bp können mit dem Sanger-Verfahren sequenziert werden Lösung: Spezifischer Abbau und Fraktionierung durch Restriktionsendonucleasen kleine, vollständig sequenzierbare Fragmente Sequenzierung Rekonstruktion der Fragmente (durch „overlap“) Komplette Sequenz RE 1 RE 2 DNA-Sequenzierung
Sequenzierung durch chemische Spaltung: Die Maxam-Gilbert-Methode Von Allan Maxam und Walter Gilbert entwickelt; erste Veröffentlichung: Februar 1977 (PNAS) Prinzip: basenspezifische Spaltung spezifische Spaltung an einem einzigen Nucleotid-Typ durch bestimmte Reagenzien Jedes DNA-Fragment wird im Durchschnitt nur einmal gespalten (zufällig an einer der chemisch sensiblen Bindungen) radioaktive Markierung des 5` - Endes mit 32P DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Markierung des 5´-Endes mit 32P Wenn schon P an 5´ vorhanden: Im zweiten Schritt wird nun radioaktiv markiertes ATP benötigt (am γ-Phosphor-Atom) DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Beispiel für eine basenspezifische Spaltung 32P- A T G T A G G T C A G A -3´- T Spaltung an der 5´-Seite von G: 32P- A T G T A G G T C A 32P- A T G T A G 32P- A T G T A 32P- A T Die 5´-markierten Fragmente können nun detektiert werden DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Detektion der 5´-markierten Fragmente: mittels PAGE Trennung nach Größe Autoradiogramm: A T G C Leserichtung Laufrichtung DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Spezifische Spaltung an G: Reagenzien: Dimethylsulfat Piperidin DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Spezifische Spaltung an A & G ähnlich der „G-Spaltung“ Reagenzien: Dimethylsulfat Piperidin Methylierung von A an N(3) und nicht an N(7) Reaktion unter sauren Bedingungen (Spaltung von A unter basischen Bedingungen: 5 mal langsamer als G-Spaltung) A & G werden in gleichen Anteilen gespalten Ermittlung der A-Positionen durch Vergleich von „G“ und „G&A“ DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Spezifische Spaltung an C & T Reagenzien: Hydrazin Piperidin DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Spezifische Spaltung an C Ähnlich der „C&T-Spaltung“ Reagenzien: Hydrazin Piperidin Zusätzlich: Lösung enthält NaCl Dadurch findet die Spaltung fast nur an C statt Ermittlung der T-Positionen durch Vergleich von „C“ und „T&C“ DNA-Sequenzierung
Die Maxam-Gilbert-Methode Vorteile Eine Sequenz kann allein mithilfe der Restriktionskarte entschlüsselt werden Die Sequenz kann fast vollständig ermittelt werden Die Sequenz kann vom ursprünglichen DNA-Molekül stammen (nicht von einer enzymatisch hergestellten Kopie) keine Kopierfehler Nachteile Nur relativ kurze Sequenzen können ermittelt werden Relativ langsame und unzuverlässige Methode (im Vergleich zur Sanger-Methode) Gefährliche Chemikalien werden verwendet DNA-Sequenzierung
Sequenzierung durch Kettenabbruch: Die Sanger-Methode Nach Frederick Sanger (et al.); erste Veröffentlichung: Dezember 1977 Prinzip: in-vitro-Synthetisierung mit Kettenabbruch Zu einem denaturiertem DNA-Strang wird mithilfe von DNA-Polymerase ein komplementärer Strang synthetisiert Die Reaktion wird an einer bestimmten Base gestoppt, indem ein Didesoxynucleotid in den Strang eingebaut wird Detektion: per Autoradiographie oder Fluorimetrie DNA-Sequenzierung
Didesoxynucleotide Die Sanger-Methode die DNA wird in 3´-5´-Richtung verlängert der ddNTP fehlt in der 3´-Position die OH-Funktion, an der ein weiteres Nucleotid andocken könnte wird ein ddNTP in den Strang eingebaut, stoppt die Synthese um genügend lange Sequenzen zu erfassen, darf der ddNTP -Anteil nur gering sein (~ 1:200 ddNTP : dNTP) man macht vier Ansätze: ddATP, ddGTP ,ddCTP, ddTTP DNA-Sequenzierung
Benötigte Komponenten Die Sanger-Methode Benötigte Komponenten DNA-Einzelstrang Primer DNA-Polymerase dNTPs ddNtp (pro Ansatz nur eine Sorte) Markierung Elektrophoresesystem DNA-Sequenzierung
Die Kettenabbruchmethode im Überblick Die Sanger-Methode Die Kettenabbruchmethode im Überblick vier Ansätze zufällige Verteilung der ddNTPs Nur die synthetisierten Stränge werden erfasst Prinzip: kleine Moleküle wandern schneller! DNA-Sequenzierung
Fluoreszenzsequenzierung Die Sanger-Methode Fluoreszenzsequenzierung Man kann Primer, ddNTPs oder dNTPs kovalent an Fluorophore knüpfen wenn man pro Reaktionsansatz ein anderes Fluorophor verwendet, benötigt man nur eine Gelelektrophorese-Laufspur Vorteil: schneller als Autoradiographie Ungefährliche Substanzen leicht automatisierbar (~10.000 Basen können pro Tag identifiziert werden; manuelle Methode: ~ 150 / d) DNA-Sequenzierung
Zyklische Sequenzierung I Die Sanger-Methode Zyklische Sequenzierung I Problem der Standardkettenabbruchmethode: Empfindlichkeit der Methode wird durch die Molarität der DNA-Sequenz begrenzt Lösung: zyklische Sequenzierung DNA-Sequenzierung
Zyklische Sequenzierung II Die Sanger-Methode Zyklische Sequenzierung II Vorteile: wenig DNA wird benötigt hohe T verhindert „Sequenzartefakte“ leicht automatisierbar Nachteile: Taq-Polymerase baut Fluoreszenz-ddNTPs recht schlecht ein Taq.Polymerase liest hochpolymere Basenfolgen schlechter DNA-Sequenzierung
Vorteile Nachteile Die Sanger-Methode Man kann längere Sequenzen als mit dem Maxam-Gilbert-Verfahren sequenzieren Schnelle & recht zuverlässige Methode; leicht automatisierbar Man kann radioaktive Reagenzien mit der Fluorimetrie umgehen Nachteile Man benötigt einen Primer ein Teil der Sequenz muss bekannt sein DNA-Sequenzierung
Fazit Die Sanger-Methode ist besser als die Maxam-Gilbert-Methode!!! DNA-Sequenzierung
Alternative Methoden Sequenzierung durch Hybridisierung Pyrosequenzierung Mikrokanal-Sequenzierung Massenspektrometrie Rastertunnelmikroskopie Nanoporen DNA-Sequenzierung
Alternative Methoden Sequenzierung durch Hybridisierung gelfreie Sequenzierungsmethode micro arrays Matrize von kurzen Oligonucleotiden, die sich auf einer Glas- oder Siliciumoberfläche befinden die zu sequenzierenden DNA-Fragmente werden markiert und auf die Oligonucleotidmatrix gebracht, so dass komplementäre Strukturen hybridisieren aus den Hybridisierungsmustern (Position und Signalintensität) kann auf die Sequenz geschlossen werden Probleme: Fehlhybridisierungen repetitive Sequenzen sind schwer zu analysieren Aber: kürzere Sequenzabschnitte oder Mutationen können mit dieser Methode erkannt werden Medizinische Diagnostik (z.B. SNPs) DNA-Sequenzierung
Alternative Methoden Sequenzierung durch Synthetisierung: Pyrosequenzierung I Methode ohne Gele und Marker Prinzip: „Beobachten der Synthese“ zu der einzelsträngigen DNA werden Enzyme gegeben und dann abwechselnd die verschiedenen Nucleotide man benötigt vier Enzyme: DNA-Polymerase Einbau der Nucleotide Apyrase Abbau ungenutzter Nucleotide Sulfurylase Erzeugung von Licht aus PPi Luciferase „ DNA-Sequenzierung
Alternative Methoden Pyrosequenzierung II die Lichtemission wird aufgezeichnet und ist in einem Pyrogramm® als Peak erkennbar die Intensität des Lichts ist proportional zur Anzahl der in den Strang eingebauten Basen schnelle Methode ideal für die medizinische Diagnostik DNA-Sequenzierung
Bedeutung der DNA-Sequenzierung Das Humangenomprojekt Sequenzierung der menschlichen DNA (3,2 Mrd. bp!!!) Erkennung von codierenden Sequenzen (~30.000 – 40.000 Gene) für z.B. monogene Krankheiten wie Alzheimer, Brustkrebs, Diabetes (jeweils die vererbbaren Formen) Enzymmutationen und damit verbundene Medikamentenunverträglichkeiten (z.B. CYP-450-Enzyme) DNA-Sequenzierung
Bedeutung der DNA-Sequenzierung DNA-Chips für CYP-450 bestimmte Enzyme dieser Familie sind an der Metabolisierung von Arzneimitteln beteiligt Fehlerhafte Gene führen zu veränderter Metabolisierung: z.B. das CYP-2D6-Gen Variante A: normale Aktivität Variante B: verstärkte Aktivität („ultraschneller Metabolisierer“) Variante C: inaktives Enzym („langsamer Metabolisierer“) bei Prodrugs: B toxische Effekte C keine Effekte (z.B. wird Codein durch dieses Enzym zu Morphin metabolisiert) Lösung für diese Probleme: DNA-Chip, der fehlerhafte Varianten des Gens erkennt und dadurch eine verbesserte Therapie ermöglicht DNA-Sequenzierung
Bedeutung der DNA-Sequenzierung Ausblick durch die Verwendung von DNA-Chips in der medizinischen Diagnostik können SNPs und andere genetische Veränderungen erkannt werden dies macht eine auf den „zugeschnittene“ Therapie, die nicht nur äußere Faktoren wie Gewicht und Geschlecht berücksichtigt, möglich Möglichkeit der Früherkennung genetisch bedingter Krankheiten Methoden wie die von Sanger eignen sich eher zur Sequenzierung des kompletten Genoms, sind für die medizinische Diagnostik meist zu langsam und kompliziert, dafür aber genauer DNA-Sequenzierung
Literatur Voet, Voet – Biochemie Luke Alphey – DNA-Sequenzierung, 1998 Spektrum Akademischer Verlag Müller-Esterl – Biochemie, 2004 Elsevier Verlag Lottspeich, Zorbas – Bioanalytik, 1998 Spektrum Akademischer Verlag www.pyrosequencing.com „Die Humangenomforschung in Deutschland“ – BMBF Sanger et al.: „DNA-Sequencing with chain-terminating inhibitors“ – Proc. Natl. Acad. Sci. USA, Vol. 74 (1977), pp. 5463-5467 Maxam, Gilbert: „A new method for Sequencing DNA“. Proc. Natl. Acad. Sci. USA, Vol. 74 (1977), pp. 560-564 DNA-Sequenzierung