Prof. Dr. Andreas Krapp (UniBw-München)

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
H - A - M - L - E - T Handlungsmuster von Lehrerinnen und Lehrern beim Einsatz neuer Medien im Unterricht der Fächer Deutsch, Mathematik und Informatik.
Advertisements

Leistungsmotivationstest L-M-T
Vorlesung zur Lehrveranstaltung „Internet-Learning“ im SS 2003
Master of Arts: Inklusive Pädagogik und Elementarbildung Elementar- und Integrationspädagogik Dr. Arno Koch.
Die Fragen müssen lauten:
Was ist Testtheorie?.
Emotion und Motivation
Phänomenologie der Liebe
Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation
Einführung in die qualitativen Forschungsmethoden
Einführung - Definition der Erziehung
Räumliche Orientierung Lehrveranstaltungsraum:
Implizite und explizite Motive
Die Registervariablen: Tenor of Discourse
"Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss" – Über (schulische) Erziehung Referenten: Björn Anton: Andy Caspar Michael.
Leistungsbeurteilung & Lernmotivation
HCI – Tätigkeits Theorie (Activity Theory)
Anwendungsseminar: Kausale Modellbildung
Auftrag der Grundschule
Ablauf Folien wie folgt, inkl. Artikel
Vorlesung: Einführung in die Pädagogische Psychologie
Zeitgemäße Medienbildung in der Schule
Institutionelle Infrastruktur und allgemeine Charakteristika von Sozialstatistiken II Die Zuverlässigkeit retrospektiv erhobener Lebensverlaufsdaten Analysen.
Lehrstuhl für Schulpädagogik Informationsveranstaltung zur Prüfung im Fach Schulpädagogik nach LPO I vom Schriftliche Prüfung am
Qualitative Forschung
Vorlesungsergänzung Lehrziele: 1. konträre Forschungspositionen zu Wirkung von Bildern auf Lernerfolg kennenlernen 2. Studie, die versucht die Ansätze.
Vorlesung Pädagogische Psychologie Lernmotivation
Vygotsky ( , Sowjetunion).
Was ist Framing? Darstellung von Informationen in einer Weise, die bestimmte Aspekte der Information salienter macht (de Vreese, 2005) z.B. BILDzeitungsstil.
Das Experteninterview
Altersheterogenität in der universitären (Fern)Lehre Prof. Dr
Willkommen zur Fortbildung
Meta-Analyse Forschungsmethoden und Evaluation
Körper und Wissen Hans Joas: Kreatives Handeln.
Professionelles Lehrerhandeln
Die Hattie Studie und erfolgreicher Unterricht
Arbeitstitel der Dissertation:
Was ist DELV – Was will DELV ?
Rebound-Effekte und Psychologische Handlungsmodelle
Reboundeffekte aus psychologischer Sicht: Theoretische Einbettung
Motivationale Faktoren des Informationsaustausches in Gruppen
Lehrstuhl für Schulpädagogik Informationsveranstaltung zur Prüfung im Fach Schulpädagogik nach LPO I vom Schriftliche Prüfung voraussichtlich.
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Friederike Maier Hochschultag HWR Berlin 2013
PD Dr. I.Thümmel "Verfahren, Konzepte, Methoden..." WS 06-07
Motivation Motivation begünstigt die Erreichung hochgesteckter Ziele, da motivierte Mitarbeiter sich zielstrebig, initiativ und ausdauernd verhalten. Ist.
Kompetenzentwicklung in schwierigen Zeiten: Wie man Jugendlichen dabei helfen kann, die eigene Biografie zu gestalten Perspektive Berufsabschluss, Offenbach.
Lehrstuhl für Schulpädagogik
Katrin Maier und Sarah Krems
Lernmotivation in der Erwartungs-Wert-Konzeption
Intrinsische Lernmotivation (ILM) und Lernen:
„Lern- und Leistungsmotivation“
Projektbüro für förder- und kompetenzorientierten Unterricht
Informationsveranstaltung zur Prüfung im Fach Schulpädagogik nach LPO I vom Termine Staatsexamen.
© ettmueller  Berufsbildende Schule II - Wirtschaft und Verwaltung, Kaiserslautern  Interne Fortbildung im Beruflichen Gymnasium 1 Wann geht‘s endlich.
O BJEKTIVE H ERMENEUTIK Fallrekonstruktive Familienforschung Katharina Engelmann.
Theoretischen und Empirischen Vertiefung im Fach Sozialpsychologie!
Pädagogische Psychologie
Das Fach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ stellt sich vor
Regionaltagung Zukunftsschulen NRW
Fakultät für Humanwissenschaften Lehrstuhl für Schulpädagogik, Dr. Matthias Erhardt I NFORMATIONSVERANSTALTUNG ZUR P RÜFUNG IM F ACH S CHULPÄDAGOGIK NACH.
Motivation (3) Mitarbeitsmotivation
Prof. Dr. Andreas Voss, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg Präsentation am Freitag, 27. März 2009, TU Dortmund, Fakultät Erziehungswissenschaft.
Themen der pädagogisch psychologischen Diagnostik (Sommersemester 2006) Martin Brunner Lehr-Evaluation Martin Brunner Max-Planck-Institut für.
Julia Hartanto & Katrin Luz Wintersemester 2012/ Allgemeine II Seminar – Selbstkontrolle Selbstkontrolle und Sport.
Themen der pädagogisch psychologischen Diagnostik (Sommersemester 2006) Martin Brunner Interesse Martin Brunner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
Klasse Klassenzufriedenheit Strukturmerkmale (Schultyp, Anteil Knaben, Anteil plagender Kinder) Eltern Einstellungen (Erwartungen,Attribution) Verhalten.
Vorlesung Pädagogische Psychologie Lernmotivation Sommersemester 2013 Mo Uhr Alexander Renkl.
Herzlich willkommen.
Selbstgesteuertes Lernen & eLearning
 Präsentation transkript:

Prof. Dr. Andreas Krapp (UniBw-München) Welche Bedeutung hat die Interessentheorie für die pädagogisch-psychologische Motivationsforschung? Vortrag an der Erziehungswissenschaftliche Faktultät der Universität Nürnberg-Erlangen (24. Mai 2004)

Eine Auswahl relevanter Theorien und Konzepte im Kapitel über Lernmotivation: Leistungsmotivation; extrinsische und intrinsische Motivation; Lernfreude; Rubikonmodell; Intention; Volition; Persönliche Ziele, Werte; motivationale Orientierung; tätigkeitsspezifische Vollzugsanreize; Erwartung-mal-Wert-Modell; Anreiz, Aversion, Selbstwirksamkeitserwartung; Fähigkeitsselbstkonzept; Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Miss-erfolg; Prüfungsangst; Neugier; Selbstbestimmungstheorie; psychologische Bedürfnisse, Interesse, usw.

(1) Warum gibt es so viele verschiedene Theorien und Konzepte zur Lernmotivation?

Person des Schülers Motivation Begabung Lernbereitschaft Fähigkeit Schulerfolg Leistung Begabung Fähigkeit Person des Schülers

Ein Rahmenmodell zur Strukturierung pädagogisch bedeutsamer Sachverhalte der Lernmotivation Die Psychologie der Lernmotivation. In: Zeitschrift für Pädagogik, 1993, 39, H.2, S. 187-206

Pädagogisch bedeutsamer Sachverhalte der Lernmotivation Motivationale Disposition als Ziel Motivation als Disposition Motivation als situationsspezifischer Zustand Frühere Entwick- lungs- beding- ungen 3 A N T E Z E D E N Z E N 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse mittel- und lang- fristige Folgen 5 K O N S E Q U E N Z E N 6 4 Person des des Lerners Prozesse während 1 2b 1 Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand

(2) Die Münchner Interessentheorie Hintergründe und Ausgangsüberlegungen Grundzüge der Theorie: Das Interessen-konstrukt Ergebnisse der Interessenforschung Die Bedeutung des Interessenkonzepts in der gegenwärtigen pädagogisch-psychologische Motivationsforschung

Der Ausgangspunkt: Entwurf einer pädagogisch orientierten Motivationstheorie auf der Basis kritischer Überlegungen zur damals vorherrschenden Theorie der Leistungsmotivation 1978

Heinz Heckhausen und die Bochumer Schule der Leistungsmotivationstheorie Heckhausen, H. (1963): Hoffnung und Furcht in der Leistungsmotivation. Meisenheim: Hain Heckhausen, H. & Rheinberg, F. (1980): Lern- motivation im Unterricht erneut betrachtet. In: Unterrichtswissenschaft, 8, S. 7- 47. Heckhausen. H. (1980). Motivation und Handeln. Göttingen. Hogrefe. (2. Auflage 1989).

Das „Erwartungs-Wert-Modell Intentions- bildung Wert (Anreiz) Erwartung x Motivation Handlung

Das kognitive Modell der Leistungsmotivation Situations-Ergebnis- Erwartungen H  E Handlungs-Ergebnis- Erwartungen E  F Ergebnis-Folgen- Erwartungen S  E Situation Handlung Ergebnis Folgen Tätigkeitsspezifische Vollzugsanreize Flow-Erleben (Csikszentmihalyi) Anreize künftiger Umwelt und Binnen- zustände

Schwachstellen des Models aus pädagogischer Sicht Motivation wird nur unter dem Gesichtspunkt der Leistung betrachtet. Andere Aspekte (z.B. soziale Motive) werden nicht thematisiert; Inhaltsneutralität: Keine Berücksichtigung der inhaltlichen Ausrichtung der Lernmotivation; Primäre Erklärungsebene ist die Steuerung einzelner Handlungsepisoden. Die Wechselwirkung zwischen Motivation und den ontogenetischen Prozessen der Persönlichkeitsentwicklung wird kaum untersucht. Einseitige Betonung kognitiv-rationaler Komponenten des Motivationsgeschehens. Emotionale und ggf. subbewusst ablaufende Prozesse spielen eine untergeordnete Rolle.

(1979, Jg.25, Heft 1 und 2) Überlegungen zur Entwicklung einer pädagogischen Theorie der Lernmotivation unter dem Etikett „Interessentheorie“

Die Person-Umwelt-Interaktion als theoretische Basiskonzeption Pn soziale G3 G2 G1 Gn gegenständliche Interesse

Merkmale eines interessenthematischen „Person-Gegenstands-Bezugs“ Emotionale Komponente: während der Realisierung eines Interesses ergeben sich in der Summe positive „Erlebensqualitäten“ („Gefühlsbezogene Valenz“). Wertbezogene Komponente: der Interessengegenstand und die damit verbundenen Handlungen haben für die Person eine herausgehobene subjektive Bedeutung. („Wertbezogene Valenz“). Die Idee der harmonischen Verknüpfung beider Komponenten findet sich in vielen älteren Theorien des Interesses (z.B. John Dewey, 1913) und in neueren Theorien zur intrinsischen Motivation (z.B. Mihalyi Csikszentmihalyi und Kevin Rathunde, 1993)

im Motivierungs- und Handlungsgeschehen Das Zusammenwirken von kognitiv-rationalen und emotionalen Steuerungsfaktoren im Motivierungs- und Handlungsgeschehen

Zwei Möglichkeiten das Interessenkonstrukt theoretisch und empirisch zu verankern Interesse als Disposition Interesse als situationsspezifischer Zustand 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 3 4 5 6 Person des des Lerners Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen 1 2b 1 Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N

Konzeptuelle Varianten des Interessenkonstrukts

(3) Ergebnisse der Interessenforschung A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N

(a) Untersuchungen zum Einfluss von Interesse auf den Lernerfolg und das Lernverhalten von Schülern und Studierenden Korrelationsstudien über den Zusammenhang von fachlichen Interessen und Leistungsindikatoren in Schule und Studium Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von Interessen auf die Qualität der erworbenen Wissensstruktur Untersuchungen über den Einfluss von Interessen auf das Lernverhalten (Lernstrategien)

(1) Korrelationsstudien Leistung in diesem Schulfach Korrelationsschätzung Dispositionales Interesse an 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 3 4 5 6 Person des des Lerners z.B. Interessen Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen 1 2b 1 Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N

Ergebnisse einer Metaanalyse Ziel: Zusammenfassung der Studien aus den Jahren 1965 bis 1990; Indikatoren für Leistung: Noten oder Testbefunde Ergebnis der Recherche: 211 Korrelationen von 127 unabhängigen Stichproben aus 19 Ländern; Gesamtschätzung: rM = .30 Untersuchungen in Subgruppen (Moderatoreffekte): Tendenziell höhere Interesse-Leistungskorrelationen - bei natur-wissenschaftlichen Fächern; - bei Jungen; - bei Schülern höherer Klassenstufen. (Schiefele, Krapp und Schreyer, 1993)

Aktuelles Interesse am Thema eines eines Textes des erworbenen Wissens (2) Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von thematischen Interessen auf das Textlernen Aktuelles Interesse am Thema eines eines Textes Ausmaß und Qualität des erworbenen Wissens 3 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a 4 unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 6 Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen Person des Lerners 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N

Design der quasiexperimentellen Studien Pretestphase Messung der Kontrollvariablen: Vorwissen, Intelligenz, Lesestrategien, Selbswirksamkeitserwartungen; Testphase Lesen der Zusammenfassung und Messung des thematischen Interesses; Lesephase: Lesen eines ca. 5-seitigen Textes; Posttestphase Messung emotional-motivationaler Prozeßvariablen: Aktivation, Flow-Erleben; Messung kognitiver Prozeßvariablen: Elaborationen, Aufmerksamkeit, Zahl der Notizen; Messung des Lernergebnisses: Fragen, Rekognition, freie Wiedergabe und Inhaltsanalyse;

Zusammenhang zwischen Interesse und qualitativen Kriterien des Textlernens (n = 80) Lernindikatoren Sinneinheiten (SE) Vollständige SE Unvollständige SE . Neue SE (Elaborationen) . Hauptgedanken Vollständige Unvollständige Sequenz Sinneinheiten Hauptgedanken . (Schiefele, 1996, S. 202)

* p < .05 ** p < .01 *** p < .001 (zweiseitige Tests) Zusammenhang zwischen Interesse und qualitativen Kriterien des Textlernens (n = 80) Lernindikatoren Korrelation mit Interesse Sinneinheiten (SE) Vollständige SE .26 * Unvollständige SE .17 Neue SE (Elaborationen) .37 *** Hauptgedanken Vollständige .36 ** Unvollständige .17 Sequenz Sinneinheiten .26 * Hauptgedanken .39 *** * p < .05 ** p < .01 *** p < .001 (zweiseitige Tests) (Schiefele, 1996, S. 202)

Dispositionales oder situationales Interesse (3) Einfluss von Interesse auf das Lernverhalten Dispositionales oder situationales Interesse Lernverhalten/ Lernstrategien 3 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a 4 unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse 5 mittel- und lang- fristige Folgen 6 Prozesse während Frühere Entwick- lungs- beding- ungen Person des Lerners 1 1 2b Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand A N T E Z E D E N Z E N K O N S E Q U E N Z E N

Einprägen durch Wiederholen Korrelation zwischen fachspezifischem Studieninteresse und genereller Lernstrategie-Nutzung (n= 157) Einprägen durch Wiederholen Elaborationen/ Verbindungen knüpfen Kritisches Denken Hauptfach -.15* .46** .49** Nebenfach -.11 .55** .57** (Wild, K.-P., Krapp, A. & Winteler, A., 1992, S. 288)

„Qualität“ der Lernmotivation, Zeitbudget und Lernstrategie-Nutzung (N = 144) Interesse Extrinsische Motive Aufgewendete Zeit - Während des Semesters .52** .09 - Eine Woche vor der Prüfung .17 .14 Allgemeine Strategie-Nutzung Elaborationen / Beziehungen herstellen .29** .02 Elaboration / Kritisches Denken .27** .14 Wiederholungsstrategien .16 .23** Spezifische Strategie-Nutzung Elaborationen / Beziehungen herstellen .33** .14 Elaboration / Kritisches Denken .33** .14 Wiederholungsstrategien .05 .33** * p<.05 ** p<.01

Thematisches Interesse Studienverhalten in Abhängigkeit vom Interesse (Befunde aus den quasiexperimentellen Studien) 11 10 9 8 7 6 niedrig mittel hoch Elaborative Strategien Einfache Lesestrategien Thematisches Interesse Wild, K.-P., Krapp, A. & Winteler, A.,1992, S. 290)

Rückblick : (3a) Untersuchungen zur Wirkungsweise von Interesse Korrelationsstudien über den Zusammenhang von Interesse und Leistung; Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von Interessen auf die Qualität des erworbenen Wissens; Einfluss von Interessen auf das Lernverhalten bzw. die Nutzung von Lernstrategien. Fazit für die Pädagogik Eine auf Interesse beruhende Lernmotivation hat im Hinblick auf zentrale Ziele von Erziehung und Unterricht viele Vorteile. Es ist deshalb erstrebenswert, sowohl situationale als auch individuelle Interessen im Unterricht zu nutzen und deren Entwicklung zu fördern.

(3b) Entstehung und Entwicklung von Interessen Befunde über die durchschnittliche Veränderung bildungsrelevanter Interessen im Verlauf der Ausbildungszeit Befunde über intraindividuelle Entwicklungs-verläufe Wie kann man die inhaltlichen Ausrichtung der Interessenentwicklung erklären?

Durchschnittliches Mathematikinteresse in den Jahrgangsstufen 6 bis 10 (aus Köller & Baumert, 2001) 60 58 Jungen 56 54 Mädchen 52 50 6 7 8 9 10 Jahrgangsstufe

Eine Längsschnittstudie mit Auszubildenden der Versicherungswirtschaft 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr EINGANGS- SCHULE BETRIEB INTER- ABSCHLUSS- BETRIEB SCHULE ABSCHLUSS- INTER- INTER- ERHEBUNG VIEW ERHEBUNG ERHEBUNG VIEW VIEW N = 58 Fragebogen ESM N =117 Fragebogen ESM Fragebogen Fragebogen Fragebogen im neuen (FB) Arbeitsfeld Ende der Ende 1 Jahr Ausbildung der nach BETRIEB SCHULE Aus- Ende der bildung N = 59 Fragebogen ESM Ausbildung N = 117 N = 49 N = 117 N = 117 N = 71 N = 38

Veränderung des Ausbildungsinteresses im Verlauf der Ausbildungszeit Durchschnittliches Ausbildungsinteresse 4 Versicherungskfm. als primärer ja Berufswunsch nein 3,5 3 2,5 Beginn Ende 1. Jahr Ende

Interviewstudie über die Entwicklung spezifischer Interessen Vorgehensweise: Definition von "Interesse“; Benennen und Beschreiben von Interessengebieten in der Berufsschule und im Betrieb; Einschätzen der "Stärke" der einzelnen Interessen; Allgemeine Erläuterung von „Ursachen“ und „Hintergründen“ für die Entstehung von Interessen; Eingehende Beschreibung der Entstehung des stärksten Interesses. (Lewalter, D. et al., 1998)

Intraindividuelle Analysen zur Entstehung und Veränderung ausbildungsspezifischer Interessen Befunde aus retrospektiven Interviews am Ende des zweiten Ausbildungsjahres ALLE Auszubildenden entwickeln neue ausbildungsspezifische Interessen. Von 71 Befragten werden 181 Interessengegenstände genannt. Das ist ein positiver Entwicklungstrend!

Theoretische Überlegungen und Modelle zur Interessengenese Wie kann man die inhaltliche Ausrichtung der Interessenentwicklung erklären? Theoretische Überlegungen und Modelle zur Interessengenese

Ein Funktionsmodell der Interessengenese

Kognitiv-rationale und emotionale Steuerungsfaktoren wirken zusammen!

Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse ("basic needs") Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan und die pädagogische Interessentheorie postulieren drei grundlegende psychologische Bedürfnisse, die für die Motivations- entwicklung entscheidend sind: Kompetenz- erfahrung Autonomie Soziale Eingebundenheit

Nennungshäufigkeit bedürfnisbezogenerErlebensqualitäten als Grund für die Entstehung eines neuen Interesses

Welche Bedeutung hat die Interessentheorie für die pädagogisch-psychologische Motivationsforschung? Welche pädagogisch bedeutsamen Sachverhalten der Lernmotivation werden in Interessentheorie thematisiert ? Welche Resonanz findet die Interessen- theorie in der Fachöffentlichkeit?

Pädagogisch bedeutsame Sachverhalte der Lernmotivation Interesse als Disposition Interesse als situationsspezifischer Zustand Interesse als Ziel von Erziehung u. Unterricht Frühere Entwick- lungs- beding- ungen 3 A N T E Z E D E N Z E N 2 Aktuelle Bedingungsfaktoren 2a unmittel- bare Effekte und Ergeb- nisse mittel- und lang- fristige Folgen 5 K O N S E Q U E N Z E N 6 4 Person des des Lerners Prozesse während 1 2b 1 Aktualisierte Lern- motivation der Soziales Umfeld Lern- 2c handlung Lernsituation Lerngegenstand

Die internationale „Gemeinde der Motivationsforscher“ zeigt Interesse am Interesse SEEON-Conference on Interest and Gender (1996) Doris Lewalter Klaus-Peter Wild Manfred Prenzel Hans Schiefele Wo ist Olaf Köller? Suzanne Hidi Ann Renninger Eberhard Todt Paul Pintrich Jacque Eccles Edward Deci

Danke für‘s Zuhören! andreas. Krapp @ unibw-muenchen.de 2000 Danke für‘s Zuhören! andreas. Krapp @ unibw-muenchen.de

Ende

(Ab hier Reste bzw. Folien zum Ausdrucken) (Ab hier Reste bzw. Folien zum Ausdrucken) .....- psychologischen Motivationsforschung

Biologieinteresse in der 7 Biologieinteresse in der 7. Jahrgangsstufe bei Schülern mit und ohne Unterricht 60 Mädchen ohne Unterricht Jungen ohne Unterricht 58 56 54 52 Beginn Mitte Ende Jungen mit Unterricht Mädchen mit Unterricht

Uli Schiefele Juli 2000 K.P. Wild

Die Förderung der Motivation ist nicht nur Mittel zum Zweck sondern ein eigenständiges pädagogisches Ziel Johann Friedrlich Herbart (1776- 1841): Es ist eine bekannte pädagogische Vorschrift, der Lehrer müsse versuchen, seine Schüler zu interessieren. Allein diese Vorschrift wird gewöhnlich in dem Sinne gegeben und verstanden, als wäre das Lernen der Zweck, das Interesse aber das Mittel. Dieses Verhältnis kehre ich um. Das Lernen soll dazu dienen, dass Interesse aus ihm entstehe. Das Lernen soll vorübergehen, und das Interesse soll während des ganzen Lebens beharren.

Interessenorientierung Motivationale Orientierungen in Abhängigkeit von der Lehr-Lern-Umgebung 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 Betrieb Schule Erfolgsorientierung Interessenorientierung

Videomitschnitt Berufsschulunterricht Erhebung bedürfnisbezogener Erlebensqualitäten während der Ausbildung mit Hilfe der ESM-Technik Videomitschnitt Berufsschulunterricht

Ein Funktionsmodell der Interessengenese

Kognitiv-rationale und emotionale Steuerungsfaktoren wirken zusammen!

Rückblick : (3a) Untersuchungen zur Wirkungsweise von Interesse Korrelationsstudien über den Zusammenhang von Interesse und Leistung; Quasiexperimentelle Studien über den Einfluss von Interessen auf die Qualität des erworbenen Wissens; Einfluss von Interessen auf das Lernverhalten bzw. die Nutzung von Lernstrategien. Fazit für die Pädagogik Eine auf Interesse beruhende Lernmotivation hat im Hinblick auf zentrale Ziele von Erziehung und Unterricht viele Vorteile. Es ist deshalb erstrebenswert, sowohl situationale als auch individuelle Interessen im Unterricht zu nutzen und deren Entwicklung zu fördern.

Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse ("basic needs") Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan und die pädagogische Interessentheorie postulieren drei grundlegende psychologische Bedürfnisse, die für die Motivations- entwicklung entscheidend sind: Kompetenz- erfahrung Autonomie Soziale Eingebundenheit

Der Gesichtspunkt der Zentralität von Interessen R a n d s t r u k t u r Kernstruktur

Ausbildungsphasen in der Berufsschule und im Betrieb in den beiden Längsschnittgruppen LG-1 und LG-2 Juni Oktober November Dezember Januar März April Mai September Februar Längsschnittgruppe 1 (N = 58) Schule Betrieb Schule Betrieb Längsschnittgruppe 2 (N = 59) Betrieb Schule Betrieb Schule Betrieb

Erlebens-Stichproben-Methode September Oktober November Dezember März April Mai Juni Juli LG-1 (N = 58) Eingangs- Schluß befragung befragung Schule Betrieb Schule Betrieb ESM ZWE-1 ESM ZWE-1 Fragebogen ZWE-2 Fragebogen ZWE-2 u.a. u.a. Learning Motivationale Motivationale Motivationale Motivationale Qualität des Orient. Qualität des Motivationale Orient. Qualität des context e.g. Motivationale Orient. Qualität des Orient. emotionalen --------------- emotionalen --------------- emotionalen --------------- emotionalen --------------- Orientierungen Orientierungen Erlebens Kontext- Erlebens Kontext- Erlebens Motivation Kontext- Erlebens Kontext- variablen variablen variablen variablen Ausbildungs- Ausbildungs- interesse interesse LG-2 (N = 59) Lern- strategien Lern- strategien Betrieb Schule Betrieb Schule Schulische Leistung Intelligenz Vorwissen ESM ZWE-1 ESM ZWE-1 Frage- ZWE-2 Frage- ZWE-2 ---------------- bogen bogen Interviews (N = 49) ESM = Erlebens-Stichproben-Methode ZWE = Zwischenerhebung

Die zwei entscheidenden „Schritte“ der Interessenentwicklung Längerfristiges Individuelles Interesse Schritt 2 Stabilisiertes Situationales Interesse („hold-facet“) Schritt 1 Erstes Auftreten eines Situationalen Interesses („catch-facet“)

Michael Wolffsohn

Individuelle Interessen als motivationale Komponenten der Persönlichkeitsorganisation bzw. des „Selbst“ In Anlehnung an persönlichkeitspsychologische Interpretationen des motivationalen Steuerungs- systems kann man die zentralen Interessen einer Person als Komponenten des Selbst auffassen; Das Selbst bzw. das Selbstsystem ist strukturiert und ist im Verlauf der Ontogenese permanenten Veränderungen ausgesetzt. Je nach Stellenwert eines Interesses im Selbst- system der Person, wird die daraus resultierende Lernmotivation, als mehr oder weniger selbstbe- stimmt erlebt.