Lernen aus psychologischer Sicht

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 Präsentation transkript:

Lernen aus psychologischer Sicht Lernen und Erfahrung Lernen aus psychologischer Sicht

Übersicht Was ist Psychologie? Psychologischer Lernbegriff Wieso wird gelernt? Was wird gelernt? Wo wird gelernt? Wie wird gelernt? Warum lernen wir?

Instituts für experimentelle Psychologie 1879 Gründung des Instituts für experimentelle Psychologie in Leipzig durch Wilhelm Wundt

Definitionen von Psychologie Nominaldefinition Operationale Definition

Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten Nominaldefinition Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten

Operationale Definition Psychologie ist die Bezeichnung für mannigfache Versuche, menschliches Verhalten und Erleben adäquat zu erfassen. Kriterien für Adäquatheit der Erfassung:

Kriterien für adäquate Erfassung Beschreibung bzw. Messung von Konstanz und Variation Beispiel: Lernverhalten Analyse der Bedingungen der Variation Beispiel: Erfolgserwartung Systematische Zusammenhänge zwischen Bedingungen und Verhalten beschreiben (Deskription) Beispiel: Je höher die Erfolgserwartung, desto intensiver das Lernverhalten Zusammenhänge erklären (Explikation) Verhalten vorhersagen aufgrund von Gesetzmäßigkeiten Beispiel: Verhalten ist abhängig von Erwartungen

Lernen Alltagssprachlich Habe drei Stunden für Biologie gelernt. Lernen fürs Leben, nicht für die Schule  Lerntätigkeit, Bildungserwerb Psychologisch Die Strasse gefahrlos überqueren. Angst, Vorurteile, Toleranz  Erfahrungsbedingte Änderung (des Verhaltens oder –potentials)

Lernen - Leistung Lernen Verhaltenspotential ändern Leistung Realisierung des Verhaltenspotentials

Der psychologische Lernbegriff Beobachtbare Verhaltensänderung (Skinner, 1958; Foppa, 1965) Einsicht und produktives Denken (Duncker, 1935; Wertheimer, 1957) Kognitionspsychologie (Neisser, 1967) Informationsverarbeitung (Lachmann, et al., 1979) Wissenskonstruktion (Mayer & Wittrock, 1996)

Lernen als Verhaltensändeung Lernen bezieht sich auf die Veränderung im Verhalten oder im Verhaltenspotential eines Organismus hinsichtlich einer bestimmten Situation, die auf wiederholte Erfahrungen des Organismus in dieser Situation zurückgeht, vorausgesetzt, daß diese Verhaltensänderung nicht auf angeborene Reaktionstendenzen, Reifung oder vorübergehende Zustände (wie etwa Müdigkeit, Trunkenheit, Triebzustände, usw.) zurückgeführt werden kann. (Bower und Hilgard, 1983, S. 31)

Informationsspeicherung und - abruf Lernen und Gedächtnis Lernen Informationsaufnahme und - verarbeitung Gedächtnis Informationsspeicherung und - abruf

Lernen: kognitionspsychologisch Erfahrungsbedingte und relativ dauer-hafte Veränderung des kognitiven Systems, indem neues Wissen erworben bzw. vorhandenes Wissen erweitert, verfeinert oder umstrukturiert wird (Norman & Rumelhart, 1978).

Wieso wird gelernt? Lernen als Anpassung Lernprozess dient der Koordination von sensorischem und motorischem System Mensch als hoch entwickelte Organismen: geringe Festlegung auf angeborene Verhaltensmuster Ausbildung neuer Verhaltensmuster im Verlaufe der ontogenetischen Entwicklung flexible Anpassung an aktuelle Lebensbedingungen und komplexe Umweltbeziehungen

Lernen Fixierung von sensorischen Infor-mationen, motorischen Abläufen und Verknüpfungen zwischen Dingen für eine längere Zeit. (Dietrich Dörner, 1996)

Was wird gelernt? Lernen von Regelhaftigkeiten Invarianzen in der Umwelt Invarianzen der Beziehung zwischen Verhalten und Umwelt

Invarianzen in der Umwelt Regelhaftigkeiten in der Struktur der Umwelt, z.B. das Zusammenauftreten von Ereignissen Beispiele: Uhrzeit und Ende der Vorlesung Schnelles Auto – Hinweise auf angenehmes Leben Rote Fußgängerampel – Fahrzeuge kreuzen den Weg

Invarianzen von Verhalten und Umweltereignissen Regelhaftigkeiten in der Beziehung zwischen Verhalten und Umweltereignissen Beispiele: Bitte um langsames Sprechen – Sprecher reduziert das Tempo Telefonhörer abnehmen - man hört die Stimme eines guten Freundes Fußgängerüberweg benutzen – man kommt gefahrlos (ohne Angst) über die Straße

Wo wird gelernt? Neuronale Grundlagen und Grenzen des Lernens Neuronale Plastizität Neuronales Netz Sensibilität für Invarianzen

Neuronale Plastizität Hohe Plastizität des menschlichen Nervensystems garantiert relative Unabhängigkeit von Umgebungs-bedingungen Möglichkeitsraum für Lernprozesse ist durch Veränderungspotential des Nerven-systems beschränkt

Neuronales Netz Informationen werden auf der Grundlage des bereits bestehenden Netzwerks aufgenommen Vorhandene neuronale Verknüpfungen werden erneut gebahnt bzw. gehemmt oder Neu-Kombination von Neuronen werden hergestellt

Gründe für Begrenzung der Informationsaufnahme Notwendigkeit der Begrenzung der Informationsaufnahme durch vorhandene neuronale Strukturen wegen Gefahr der Überlastung zulasten der Aufrechterhaltung lebenswichtiger physiologischer Reaktionen Gefahr der Kontrolle durch Umweltreize zulasten der „Eigenregie“

Sensibilität für Invarianzen Voraussetzung für die grundlegenden Lernprozesse ist eine Sensibilität des kognitiven Systems für Invarianzen = Fähigkeit zum Erkennen von Regel-haftigkeiten innerhalb der erfahrenen Realität

Wie wird gelernt? Eigene direkte Erfahrungen Beobachtung anderer Personen Durch Medien vermittelte Erfahrungen (Personen, Bücher, Filme, Zeitungen etc.)

Warum lernen wir? Anpassung Äußere Anreize Innere Bedürfnisse

Anpassung Für standortflüchtige Organismen und solche, die ihre eigenen Umwelt-bedingungen verändern können, ist es sinnvoll, dass sie die Möglichkeit haben „sich selbst umzuprogrammieren“ (Dörner, 1998, S. 48) und nicht allein auf die angeborenen Verhaltensprogramme angewiesen sind.

Äußere Anreize Ziele Abitur erreichen Studium abschließen Freunde haben Klavierspielen können

Innere Bedürfnisse Neugier Soziale Eingebundenheit (Zuwendung geben und haben wollen) Ehrgeiz Macht (Überlegenheit) Selbständigkeit Erfolg Misserfolgsvermeidung

Übergeordnetes Bedürfnis Warum wird weitergelernt, auch wenn Ziele erreicht sind? Warum setzen wir uns immer wieder neue Ziele? Warum lernen wir auch scheinbar ziellos?

Kontrollbedürfnis Bedürfnis, das allen Lernvorgängen zu Grunde liegt: Ausmaß des Unbekannten verringern Kontrolle über die Innenwelt und die Umwelt erlangen Verbesserung der Vorhersagemöglichkeit von Ereignissen als Voraussetzung für Kontrolle

Indikatoren für Kontrollbedürfnis Unruhe oder zumindest Spannungszustand, wenn wir Ereignisse nicht erklären können  Interesse, Neugier Wenn wir Ereignisse erklärt haben bzw. Unbestimmtheit bewältigt haben  Gefühl der Zufriedenheit, Erleichterung, Genugtuung oder auch des Stolzes

Literaturhinweise Dörner, D. (1996): Der Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität und der Gebrauch von Computersimulationen. In: Diekmann, A. & Jaeger, C.C. (Hrsg.), Umweltsoziologie, Sonderheft 36 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 489 - 515. Dörner, D. (1998). Bauplan für eine Seele. Reinbek: Rowohlt Verlag Duncker, K. (1935). Zur Psychologie des produktiven Denkens. Berlin: Springer Lachmann, R., Lachman, J.L. & Butterfield, E.C. (1979). Cognitive psychology and information processing. Erlbaum, Hillsdale, NJ Mayer, R.E. & Wittrock, M.C. (1996). Problem solving transfer. In Berliner, D.C. & Calfee, R.C. (Eds.). Handbook of educational psychology. Macmillan: New York Wertheimer, M. (1957). Produktives Denken. Frankfurt: Kramer

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