Phonologische Grundlagen

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Phonologische Grundlagen Einführung in die Phonetik und Phonologie Sitzung 5 Phonologische Grundlagen Zu lesen: Clark & Yallop, Kap. 4, The Phonemic Organization of Speech

Aufgabe 1 von Sitzung 4 1. Bitte nennen Sie, was gemäß der "Quelle-Filter-Theorie in den folgenden Lautkategorien als Quelle und was als Filter betrachtet wird:  [o] - Q: Stimmlippenschw.; F: Gesamter Vokaltrakt  [x] - Q: Turbulenz an der F: vorderer Mundraum velaren Verengung; [m] - Q: Stimmlippenschw.; F: Rachenraum und Nasenraum + Mundraum als Nebenfilter [z] - Q: Stimmlippenschw.+; F: Mundraum vor der alveolaren Turbulenz an der Verengung alv. Verengung [h] - Q: Turbulenz an der F: Gesamter Vokaltrakt verengten Glottis

Aufgabe 2 von Sitzung 4 a) Welche Unterschiede in den Resonanzen (Formanten) lassen einen [i]-Vokal von einem [a] einerseits und einem [u] anderer-seits unterscheiden? [i] hat einen tiefen F1 (ca. 300 Hz) und hohen F2 (ca. 2300 Hz); [u] hat einen tiefen F1 (ca. 300 Hz) und tiefen F2 (ca. 700 Hz); b) Welche Eigenschaften der Vokaltraktkonfiguration sind für diese Resonanzunterschiede verantwortlich? Sowohl [i] als auch [u] sind „geschlossene“ Vokale, was sich im tiefen F1 widerspiegelt; [i] ist ein ungerundeter Vorderzungen- vokal, was sich im hohen F2 zeigt, während [u] ein gerundeter Hinterzungenvokal ist, was den tiefen F2 zur Folge hat.

Was ist die Phonologie? derjenige Teil der Sprachwissenschaft, der die lautliche Struktur einer Sprache beschreiben will. ..... der aber auch die Funktion dieser Struktur in der Sprache erfassen will. (und erklären?). ..... der auch wenn möglich mit der Beschreibung in verallgemeinernder Weise das Funktionieren der lautlichen Muster erklären will. Von unserer Betrachtung der phonetischen Klassifizierungsmöglichkeiten sprachlicher Laute wissen wir, dass die Sprache als Träger von Information funktioniert, weil Muster erkennbar sind. “Muster” bedeutet eigentlich nichts anderes als eine Anordnung von Elementen, was dasselbe ist wie eine Struktur. D.h., Ohne Struktur kein Muster. Das (Über)tragen von Information ist natürlich im weitesten Sinne die Funktion dieser Struktur. Aber diese Funktion kann bei Betrachtung der verschiedenen Strukturen differenzierter gesehen werden (s.u.: Wortunterscheidung; Satzmodus-unterscheidung usw.)

Begründung der Phonologie Als den Begründer der Phonologie sehen viele Wissenschaftler Nikolaj Sergejevitsch Trubetzkoy und mit ihm die Prager Schule an. Die Prager Schule entwickelt sich auf der Grundlage des Prager Linguistischen Zirkels, der sich 1926 auf Anregung von V. Mathesius in Prag zusammenfand. B. Havranek, B. Trnka, V.Skalicka, J. Vachek (CZ); A.W.de Groot (NL); K. Bühler (D); D. Jones (UK); E. Beneviste, A. Martinet (F); N.S. Trubetzkoy, S. Karcevskij, R. Jakobson (R)

Begründung der Phonologie Die Grundlagen wurden v.a. von Trubetzkoy und Jakobson ausgearbeitet. Die am ersten Linguistenkongreß 1928 in den Haag vorgetragenen Thesen zur Phonologie wurden zum Programm des Prager Linguistischen Kreises. Sie bilden auch die Grundlage, aus der Trubetzkoy seine „Grundzüge der Phonologie“ (1939) entwickelte.

Begründung der Phonologie Die Thesen sieht Trubetzkoy als „... ein kurzes Programm, wo die strenge Scheidung der Sprechaktlautlehre von der Sprachgebildelautlehre deutlich und klar formuliert und ausserdem mit der Forderung nach ganzheitlicher Betrachtung, nach Untersuchung der Strukturgesetze der phonologischen Systeme und nach Ausdehnung dieser Grundgesetze nicht nur auf die beschreibende, sondern auch auf die historische Lautlehre verknüpft wurde.“

Langue-Parole „langue“ = Sprachgebilde - die Sprache als Objekt linguistischer Erkenntnisse - die Sprache als synchronisches System Phonologie Phonetik „parole“ = Sprechakt - die eigentliche, in der Zeit ablaufende, individuell gestaltete Rede

Langue-Parole Phonologie • richtet ihre Aufmerksamkeit auf die kleinsten Einheiten der gesprochenen Sprache, die eine sprachliche Funktion ausüben. • gewinnt ihre Einheiten, die Phoneme, durch Vergleich und Abstraktion und eliminiert eine Vielzahl von Details. Phonetik • widmet sich dem akustischen Realitäts-bereich der konkreten Sprachäußerung im Einzelfall, die im Falle der Lautsprachlichen Äußerung hörbar ist.

Langue-Parole abstrakt, invariant Phonologie „Im Gegensatz zum immer einmaligen Sprechakt ist ... das Sprachgebilde etwas Allgemeines und Konstantes. Das Sprachgebilde besteht im Bewußtsein aller Mitglieder der gegebenen Sprachgenossenschaft und liegt unzähligen konkreten Sprechakten zugrunde.“ Trubetzkoy (1971), S.5; „Grundzüge der Phonologie“ konkret, variabel Phonetik

Langue-Parole Phonologie und Phonetik sind jedoch so eng aufeinander bezogen, daß man ihr Verhältnis als einander ergänzend, komplementär bezeichnen könnte. „Ohne Zweifel sind diese zwei Objekte eng miteinander verbunden; man braucht die Sprache, um die Rede verständlich und eindrucksvoll zu gestalten; und man braucht die Rede, um die Sprache aufstellen zu können.“ Saussure (1992), S.50; bulg. Übersetzung des „Cours“

Grundbegriffe der Phonologie Die Phonologie untersucht sowohl die einzel-sprachlichen als auch die universellen lautlichen Regelmäßigkeiten. Dabei erweisen sich die folgenden Aspekte von besonderer Bedeutung: 1. Einzelsprachliche Phoneminventare Wörter bestehen aus einzelnen Lauten, den Phonemen, die, isoliert betrachtet, normalerweise inhaltslos sind. Die Phonologie fragt hier nach dem jeweiligen Inventar: Welche Phoneme gibt es in welchen Sprachen?

Grundbegriffe der Phonologie 2. Allophonie Manche Laute ändern sich in bestimmten Kontexten. z.B. Ich-Laut/Ach-Laut Alternation: Buch [bux] /Bücher [byçɐ], Bach [bax] /Bächlein [bɛçlaɪn]

Grundbegriffe der Phonologie 3. Phonotaktik Nicht jeder Laut kann in einer Sprache in jeder Position vorkommen, denn die Distribution der Laute unterliegt gewissen sog. phonotaktischen Beschränkungen. Im Deutschen kann z.B. vor zwei Konsonanten nur [ʃ] oder (seltener) [s] auftreten; die Abfolgen tn, dn, ln… sind am Wortanfang nicht erlaubt.

Grundbegriffe der Phonologie Auslautverhärtung: /b/, /d/ und /g/ werden am Ende einer Silbe als [p], [t] und [k] ausgesprochen: Körbe/Korb [kɔɐp], Kinder/Kind, kindlich,Kindchen [kɪnt], Ärger/arg, arglos [aʀk]

Phonem - Phon - Allophon Nach Trubetzkoy: ”Phonologische Einheiten, die sich vom Standpunkt der betreffenden Sprache nicht in noch kürzere aufeinanderfolgende phonologische Einheiten zerlegen lassen, nennen wir Phoneme. Somit ist das Phonem die kleinste phonologische Einheit der gegebenen Sprache.” (1939:34)

Phonem - Phon - Allophon Das Phonem ist die kleinste bedeutungs-differenzierende Einheit innerhalb einer Sprache. Phoneme werden zwischen Schrägstriche / / geschrieben (phonemische Transkription). Minimalpaare des Deutschen unterscheiden sich nur durch ein Phonem.

Phonem - Phon - Allophon Tür, Tor  /y/ und /o/ sind Phoneme des Dt. Not, tot, Boot  /n/, /t/ und /b/ sind Phoneme des Dt. Buch, Bach  /u/ und /a/ sind Phoneme des Dt. Räume, Säume  /ʀ/ und /z/ sind Phoneme des Dt.

Phonem - Phon - Allophon Man unterscheidet zwischen Phonem, Phon und Allophon, wobei: das Phon die Einheit der phonetischen Beschreibung und das Phonem die der phonologischen Beschrei- bung ist. das Phon ist also hinsichtlich seiner Funktion im phonologischen System (noch) nicht analysiert.

Phonem - Phon - Allophon Allophone sind Realisierungsvarianten von Phonemen. Im Deutschen sind die Laute [ç] und [x] zwei Phone, aber sie sind Allophone eines Phonems. [ç] kommt nur in Umgebungen vor, in denen [x] nicht vorkommt und umgekehrt; die beiden Laute stehen damit in komplementärer Distribution. [x] vor hinteren Vokalen: Buch, Loch, Bach [ç] in allen anderen Kontexten: Bücher, Löcher, Bäche, ich, Milch,Chemie,

Phonem - Phon - Allophon Der Phonembegriff ist also mit dem Begriff der phonologischen Opposition und dem des Kontrasts eng verbunden. /x/ [ç] [x] Ein Phonem ist eine Klasse phonetisch ähnlicher Phone, die in komplementärer Distribution (kontext bedingt) sein können, aber nicht müssen (freie Varianten).