Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH Sterben und Gesundheit Betrachtet aus der Perspektive der Menschen mit Behinderung und der sie betreuenden.

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 Präsentation transkript:

Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH Sterben und Gesundheit Betrachtet aus der Perspektive der Menschen mit Behinderung und der sie betreuenden Fachkräfte Vom Tod berührt! Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen am Lebensende begleiten CBP-Fachtagung für Leitungs- und Fachkräfte Berlin – 14. Juni 2018

Übergewicht und seine Folgen Überblick Sterben und Gesundheit – ein Paradoxon? Lebenserwartung von Menschen mit Behinderung* Sterben bei Menschen mit Behinderung - Orte des Sterbens - Der Vorgang des Sterbens - Wirkung auf Mitbewohner und Betreuungskräfte Probleme und Lösungsmöglichkeiten * Insbesondere von Menschen mit geistiger Behinderung und schwerer Mehrfachbehinderung, die in Einrichtungen leben bzw. ambulant betreut werden.

Gesunder Umgang mit Sterben und Tod Ein Paradoxon? Ja, Sterben und Tod sind das genaue Gegenteil von Gesundheit. Allerdings müssen auch während des Sterbeprozesses Maßnahmen getroffen werden, die es dem Sterbenden ermöglichen, in Ruhe und Würde zu sterben, ohne zusätzliche Schmerzen und Belastungen und im Beisein der Menschen, die er gerne mag und zu denen der engste Kontakt besteht. All dies muss selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderung gelten. Zudem sollen Maßnahmen getroffen werden, die es den begleitenden Menschen ermöglichen, den Sterbeprozess des Menschen mit Behinderung möglichst ohne Überforderung für sich selbst, d.h. körperlich und seelisch gesund zu durchleben.

Gesunder Umgang mit Sterben und Tod Ein Paradoxon? Worum geht es hier? Nicht: „Gesund sterben.“ Sondern: Den Sterbeprozess und die auf das Sterben und den Tod folgende Verarbeitungsphase für alle Beteiligten gesundheitsbewusst gestalten. Beteiligte: der sterbende Mensch mit Behinderung Angehörige Betreuungskräfte Mitbewohner ggf. Freunde ggf. Seelsorger alle anderen Menschen, die den Sterbenden während dieses Prozesses begleiten und/oder durch seinen Tod betroffen sind

Lebenserwartung Durchschnittliche Lebenserwartung Mädchen Jungen (bei Geburt) Jungen Gesamtbevölkerung in Deutschland 2014/2016 83,2 J. 78,3 J. Menschen mit geistiger Behinderung, die in Wohneinrichtungen leben (NRW 2007 – 2009) 72,8 J. 71,0 J. Menschen mit geistiger Behinderung, die stationär, ambulant unterstützt & ohne professionelle Unter-stützung wohnen (BW, 2013) 69,9 J. 65,2 J. Hierzu ein Zitat aus „Alter erleben. Lebensqualität und Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung im Alter, Stuttgart 2013, S. 42: Es wird darüber diskutiert, ob „die heutigen konzeptionellen Veränderungen in der Behindertenhilfe, die z.B. mit dem Stichwort der ‚Ambulantisierung‘ beschrieben werden, dazu beitragen, dass sich bestimmte lebensstilbedingte Gesundheitsrisiken erhöhen. Studien in den USA und Skandinavien zeigen, dass Menschen mit Behinderungen, die vergleichsweise selbstständig in der Gemeinde leben, dazu neigen, ‚ungesunde‘ Lebensstile der Allgemeinbevölkerung zu übernehmen.“

Lebenserwartung Durchschnittliche Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung in Abhängigkeit vom Schweregrad (Australien) Schweregrad der Behinderung Mittlere Lebenserwartung nach Bittles et al. (2002) Mild (= leichte Intelligenzminderung) 74,0 J. Moderate (= mittelgradige Intelligenzminderung) 67,6 J. Severe (= schwere Intelligenzminderung; IQ<40) 58,6 J.

Lebenserwartung Zitat aus „Alter erleben. Lebensqualität und Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung im Alter, Stuttgart 2013, S. 32: Die mittlere Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung unterscheidet sich […] weiterhin deutlich von der jeweiligen Allgemeinbevölkerung. Hierfür ist jedoch vor allem eine erhöhte Sterblichkeit in jüngeren Altersgruppen ursächlich, die wiederum von der Schwere der Behinderung abhängt. Die verfügbaren Daten legen den (vorsichtigen) Schluss nahe, dass Menschen mit geistiger Behinderung, die das 50. Lebensjahr erreichen, eine (annähernd) ähnliche Lebenserwartung haben wie die jeweilige Bezugsbevölkerung; dies gilt jedoch (noch) nicht für Menschen mit Down-Syndrom.

Besonderheiten bei Menschen mit Down-Syndrom Lebenserwartung von Menschen mit Down-Syndrom im Zeitraum von 1929-2002; Sekundärauswertung verschiedener internationaler Studien (aus: „Alter erleben. Lebensqualität und Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung im Alter, Stuttgart 2013, S. 32) Zeitpunkt Durchschnittliche Lebenserwartung von Menschen mit Down-Syndrom Quelle: 1929 9 Jahre 1949 12 Jahre 1963 18 Jahre 1973 30 Jahre 1982 35 Jahre 1991 56 Jahre 2002 60 Jahre

Besonderheiten bei Menschen mit Down-Syndrom Prävalenz der Demenz bei Menschen mit Down-Syndrom. Die Daten entstammen einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2006. Quelle der Daten: Coppus, A., Evenhuis, H., Verberne, G. et al. Dementia and mortality in persons with Down's syndrome. J Intellect Disabil Res. 2006; 50(10):768-777

Sterbeorte Wo wollen wir sterben und wo wird tatsächlich gestorben? (Durchschnittsbevölkerung) Quelle: BertelsmannStiftung. Spotlight Gesundheit - Thema: Palliativversorgung, Befragungszeitraum: Oktober 2015

Sterbeorte Sterbeorte von Menschen mit Behinderung - Studie aus Wales 2013 Quelle: Todd S, Bernal J, Forrester-Jones R . Death, dying and intellectual disability research. J Appl Res Intellect Disabil. 2013; 26(3):183-5. doi: 10.1111/jar.12027.

Sterbeort Krankenhaus Mitchell, SL et al. (2009). The Clinical Course of Advanced Dementia. N Engl J Med 361: 1529-1538 40% der Demenzpatienten werden in den USA in ihrer letzten Lebensphase noch einmal in ein Krankenhaus eingewiesen und belastenden Eingriffen unterzogen wurden. Fast 10% werden notärztlich behandelt oder in die Notaufnahme aufgenommen.

Sterbeort Krankenhaus Zitat Chefärztin Dr. med. Tania Zieschang, Akutgeriatrie: (aus: Würdevoll sterben mit Demenz. Pro Alter 2011) „Es gibt kaum etwas Traumatischeres für einen Menschen mit Demenz, als mit Blaulicht in die Notaufnahme zu kommen und dort alleine auf einer Krankenliege zwischen all den Geräuschen und der herrschenden Hektik zu liegen. Was könnte schlimmer sein für jemanden, der sich bereits in seiner eigenen und gewohnten Welt nicht zurechtfindet?“

Menschen mit geistiger Behinderung Todesverständnis von Menschen mit geistiger Behinderung Todesverständnis von Menschen mit geistiger Behinderung abhängig von sozio-emotionaler Entwicklung intellektueller Entwicklung Alter Lebenserfahrung Unterstützung bei Verarbeitung von Todeserfahrung & Trauer Todesvorstellung bei Kindern: Alter Vorstellung vom Tod < 3 Jahre „Nicht-da-sein“ 3 – 5 Jahre Tod als umkehrbarer Zustand, Tod als Strafe 6 – 9 Jahre Tod im Zusammenhang mit Alter, Krankheit, Krankenhaus oder Unfall ≥ 10 Jahre Entwicklung eines realistischen Todesverständnisses Quelle: Schwarz E. Die Entwicklung des kindlichen Sterblichkeitswissens. Loccumer Pelican 4/2003; http://www.rpi-loccum.de/material/ru-in-der-grundschule/schent

Vorstellungen vom Sterben Unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie Menschen mit geistiger Behinderung den Vorgang des Sterbens wahrnehmen ( Individuell unterschiedliche sozio-emotionale & intellektuelle Voraussetzungen) Daher: Sterbebegleitung bei Menschen mit geistiger Behinderung soll – wie bei jedem anderen Menschen – individuell an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden Wichtig: Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, wenn sterbende Menschen mit Behinderung wissen möchten, was da mit ihnen passiert. Falsch: Menschen mit geistiger Behinderung trauern nur nach dem „Alles-oder Nichts-Prinzip“ (= Trauern nur bei konkreten Ereignissen, z.B. mitweinen mit weinenden Menschen und danach wieder unvermittelt fröhlich sein)

Mögliche Anzeichen eines nahenden Todes Verhalten Körperliche Veränderungen Motorische Unruhe: Drang aufzustehen, Nesteln, Umhergreifen, Entkleiden, Wegschieben der Bettdecke Ausgeprägtes, bleiches Mund-Nasen-Dreieck   Vermehrte Müdigkeit Risse an den Mundwinkeln (Rhagaden) Teilnahmslosigkeit Veränderter Atemrhythmus (Cheyne-Stoke-Atmung); Schnappatmung; zum Schluss Rasselatmung Apathie Blutdruckabfall Sozialer Rückzug Schwacher Puls Längere Schlafphasen bis hin zum Koma Evtl. Übelkeit, Erbrechen oder Verstopfung Reduzierung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme bis hin zum vollständigen Verzicht Verminderte Urinausscheidung, evtl. Inkontinenz oder Harnverhalt Dunkle, bläuliche Verfärbung der Körperunterseite, Hände, Knie und/oder der Füße (Marmorierung) Bleiche, „wächserne" Haut Kalte Füße, Arme, Hände (schwache Durchblutung) Übermäßiges Schwitzen Quelle: Zieschang T. Würdevoll sterben mit Demenz. Wie sterben Menschen mit Demenz? Erkenntnisse aus der medizinischen Forschung. Pro Alter Nov/Dez. 2011: 1-5

Beispiele für medizinische/pflegerische Maßnahmen bei nahendem Tod Der Wille des Sterbenden steht an erster Stelle. Nach Rücksprache mit dem Arzt/der Ärztin werden alle Medikamente abgesetzt, die nicht unmittelbar für das Überleben und die Schmerzlinderung nötig sind. Nötige Medikamente werden schonend verabreicht (ggf. andere Applikationsart). Schmerzmittel werden regelmäßig und an die aktuelle Situation angepasst verabreicht. Ggf. werden zusätzlich Beruhigungsmittel verabreicht, die das Bewusstsein nicht eintrüben. Die häufigsten Nebenwirkungen von Schmerzmitteln (z.B. Übelkeit) werden ggf. prophylak-tisch behandelt. Bei trockenen Augen werden Augentropfen gegeben, um die Tränenflüssigkeit zu ersetzen. Der sterbende Bewohner erhält nur so viel Flüssigkeit, wie für einen beschwerdearmen Sterbeprozess sinnvoll ist. Angehörige werden über die veränderten Stoffwechselabläufe im Sterbeprozess unterrich-tet: “Der Bewohner stirbt nicht, weil er nicht isst oder trinkt. Er isst und trinkt nicht, weil er stirbt.” Beschwerliche Pflegemaßnahmen werden eingeschränkt und wenn nötig, über den Tag verteilt.

Auswirkungen auf Betreuungskräfte Wenn Bewohner in der Einrichtung versterben, fühlen sich Betreuungskräfte oft unzureichend geschult (im Hinblick auf professionelle Sterbebegleitung, Unterstützung von Bewohnern & Angehörigen, Formalitäten etc.) von Einrichtungsleitung, Ärzten und/oder Angehörigen unzureichend informiert von der Einrichtungsleitung unzureichend unterstützt und alleingelassen  emotionale und physische Überforderung Gilt besonders für Aushilfen & Azubis bei einem längeren Sterbeprozess wenn sie bislang keine entsprechenden Erfahrungen gemacht haben wenn keine Pflegekraft einbezogen wird wenn keine psychologische/psychotherapeutische Unterstützung erfolgt wenn es in der Einrichtung kein Konzept zum Umgang mit Sterben und Tod gibt

Auswirkungen auf Mitbewohner Ängste bei Mitbewohnern entstehen, wenn das Sterben und/oder die emotionalen Anteilnahme der Betreuungskräfte und Angehörigen unmittelbar miterlebt werden das Geschehene nicht eingeordnet werden kann Achtung: Sehr unterschiedliches Todesverständnis in Abhängigkeit von sozio-emotionalem u. intellektuellem Entwicklungsstand, vom Alter und der Lebenserfahrung Betreuungskräfte nicht in der Lage sind, Bewohner in dieser Zeit besonders zu unterstützen (z.B. weil sie sich selbst überfordert fühlen oder emotional stark mitgenommen sind). Das Gefühl des sozialen Eingebunden-Seins nicht vorhanden ist (keine ausreichende personelle Kontinuität und wenig stabile Beziehungsangebote) „Auffälliges Verhalten“

Beispiel aus der Praxis: Frau mittleren Alters mit geistiger Behinderung erkrankte an einem bösartigen Tumor (weit fortgeschritten, nur noch eine palliative Behandlung möglich). Einrichtungsleitung beschließt gemeinsam mit Betreuungsteam der WG, dass man es der erkrankten Frau ermöglichen will, in ihrer gewohnten Umgebung zu sterben. Betreuungsteam wird dabei von Pflegekraft unterstützt, es gibt jedoch keine psychologische bzw. psychotherapeutische Unterstützung zur Verarbeitung des Geschehens. Der Sterbeprozess zieht sich über längeren Zeitraum hin, Bewohner nehmen die Symptomatik (Schmerzen, Erbrechen etc.) intensiv wahr. Auch Betreuungsteam geht es zusehends schlechter (überfordert, fühlen sich aber verpflichtet „durchzuhalten“). 

Beispiel aus der Praxis: WG-Bewohner ziehen sich immer mehr in sich zurück oder zeigten „Verhaltensauffälligkeiten“ (z.B. Schreien, Weinen, „Bockigkeit“, Aggressivität). Nach dem Tod der Mitbewohnerin weigern sich einige Bewohner, das Zimmer zu betreten und von der Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zwei Monate später erkranken die ganze WG und viele Betreuer an einem schweren Magen-Darm-Infekt mit Erbrechen und Durchfall. Unter den Bewohnern bricht eine Panik aus. Betreuer können dies nicht einordnen. Ein Bewohner berichtet schließlich, dass alle nun aufgrund der ähnlichen Symptomatik glauben, ebenfalls sterben zu müssen.

Wo liegen die Probleme? Bewohner können ihre letzte Lebenszeit nicht in der gewohnten Umgebung verbringen. Behinderteneinrichtungen sind nicht auf sterbende Menschen mit Behinderung vorbereitet. (Nicht genügend & kein entsprechend ausgebildetes Personal, keine Räumlichkeiten, keine ambulante ärztliche Betreuung  Krankenhaus, Altenheim/Pflegeheim). Aber: Auch Krankenhäuser & Altenheime/Pflegeheime sind nicht auf sterbende Menschen mit Behinderung eingestellt. (Kein ärztliches & pflegerisches Personal, das sich mit den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung auskennt; Personal ist überlastet, hat kaum Zeit für Sterbebe- gleitung, oft keine entsprechenden Räumlichkeiten und Hilfsmittel vorhanden, unzureichende Möglichkeiten für Angehörige und Betreuungskräfte, den Sterbeprozess zu begleiten etc.) Fehlende Erfahrung & fehlende professionelle Kenntnisse beim Betreuungspersonal hinsichtlich Sterben und Tod.

Wo liegen die Probleme? Fehlende Kenntnisse & Erfahrungen hinsichtlich Sterben und Tod bei den betroffenen Menschen mit Behinderung selbst und ihren Angehörigen. Das Sterben und der Tod von Menschen mit Behinderung in der Einrichtung wird von Betreuungskräften und Mit-Bewohnern oft als traumatisierend erlebt, wenn keine professionelle Vorbereitung und Begleitung erfolgt. Es gibt zu wenig Fachleute (v.a. Psychologen, Psychotherapeuten), die über entsprechende Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen, sodass sie unterstützend tätig sein können. Auch für die medizinische Begleitung des Sterbeprozesses gibt es kaum Fachleute mit der nötigen Erfahrung, die bereit sind, in den Einrichtungen und WGs ambulant tätig zu sein.

Und wo liegen die Lösungen? Möglichst: Verbleib in der gewohnten Umgebung  In Einrichtungen mehr gut ausgebildetes, pflegerisch und psychologisch erfahrenes Personal sowie entsprechende Räumlichkeiten (Voraussetzung: Entsprechender Wille & entsprechende finanzielle Möglichkeiten seitens der Einrichtungen). Soziales Eingebunden-Sein bis zuletzt. Angehörigen/Freunden muss eine Begleitung des Sterbenden in der Einrichtung möglich gemacht werden. Eingehen auf die individuellen Besonderheiten und Lebenserfahrungen des sterbenden Menschen mit Behinderung. Kommunikation mit dem Sterbenden berücksichtigt die Art und den Grad der Behinderung. (Ansprechen, Zuhören, Hände halten, Blickkontakt, Berühren, Streicheln, im Arm halten) Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit gegenüber dem sterbenden Menschen mit Behinderung, wenn dies von ihm gewünscht wird.

Und wo liegen die Lösungen? Schulung und Unterstützung des Betreuungspersonals  Einrichtung entwickelt Konzept zum Umgang mit Sterben und Tod von Bewohnern, Möglichkeit zur Supervision Sterben und Tod als Teile des Lebens: Thema wird auch bei Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen angesprochen. Professionelle Begleitung des Sterbens von Menschen mit Behinderung (z.B. durch Psychologen, Psychotherapeuten) in der Einrichtung; gilt v.a. im Hinblick auf den sterbenden Menschen mit Behinderung, aber auch auf die Betreuungskräfte und die Mitbewohner. Für Mitbewohner personelle Kontinuität und stabile Beziehungsangebote. Bessere Ausbildung von Fachleuten (v.a. Psychologen, Psychotherapeuten), im Hinblick auf die Begleitung von sterbenden Menschen mit Behinderung und ihre Begleitpersonen. Mehr Ärzte, die Erfahrung im Umgang mit (sterbenden) Menschen mit Behinderung und ihren Bedürfnissen haben, die auch bereit sind, in den Einrichtungen und WGs ambulant tätig zu sein.

Beispiele für Informationsmaterialien Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft. Sterbebegleitung von Menschen mit Behinderung in Einrichtungen http://www.imew.de/de/imew-publikationen/weitere-publikationen/sterbebegleitung-von-menschen-mit-behinderung-in-einrichtungen/ Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V./Selbsthilfe Demenz. Empfehlungen zur Begleitung von Menschen mit Demenz in der Sterbephase Demenz bei geistiger Behinderung Downloads möglich über https://www.deutsche-alzheimer.de/unser-service/informationsblaetter-downloads.html Förderverein für Menschen mit geistiger Behinderung Bonn e.V. Zukunftsplanung zum Lebensende: Was ich will!; Patientenverfügung in leichter Sprache Download möglich über http://bonn-lighthouse.de/bestellung_patientenverfuegung/

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Villingen Institute of Public Health (VIPH) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB) Villingen Institute of Public Health (VIPH) Klosterring 5 78050 VS-Villingen Tel: 07721/99 48 13 Fax: 07721/20 699 71 www.viph-steinbeis-hs.de https://www.facebook.com/VIPHStudium E-Mail: Habermann-Horstmeier@viph-steinbeis-hs.de

Veröffentlichungen zum Thema: Habermann-Horstmeier L. Grundlagen der Gesundheitsförderung in der stationären Behindertenarbeit. Eine praxisbezogene Einführung. Bern: Hogrefe Verlag 2018 Habermann-Horstmeier L. Gesundheitsförderung in Behindertenwohneinrichtungen – Zum Umgang mit psychischen Störungen, Krankheit, Altern und Tod. Eine praxisbezogene Einführung. Bern: Hogrefe Verlag (im Druck) Habermann-Horstmeier L. Gesundheitsförderung und Prävention. Kompakte Einführung und Prüfungsvorbereitung für alle interdisziplinären Studienfächer. Bern: Hogrefe Verlag 2017 Habermann-Horstmeier L. Chronische Krankheit und Behinderung. IN: Egger M, Razum O, Rieder A. (Hrsg.). Public Health Kompakt. Berlin: De Gruyter, 3. Aufl. 2018 Habermann-Horstmeier L. Gesundheit und Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen – Grundbegriffe und Prinzipien. Public Health Forum 2017, 25(4), 254–258 Habermann-Horstmeier L, Bührer S. Arbeiten in Wohneinrichtungen für behinderte Menschen in Deutschland. Eine Studie zur Arbeitssituation von Betreuungskräften aus Sicht der Wohneinrichtungen. Villingen-Schwenningen: VIPH / Petaurus Verlag, 2014; ISBN 978-3-932824-25-8 Habermann-Horstmeier L, Bührer S. Welche Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung bieten Behinderten-Wohneinrichtungen ihrem Betreuungspersonal an? – Ergebnisse einer Untersuchung in Südbaden. ASU (Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin), 2015; 50 : 362–370 Habermann-Horstmeier L, Bührer S. Studie zur Arbeitssituation von Betreuungskräften in Behinderten-Wohneinrichtungen. HeilberufeSCIENCE (2015) (Suppl) 6:7; DOI 10.1007/s16024-015-0241-8; http://link.springer.com/journal/16024/6/1/suppl/page/1 Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Krank zur Arbeit - Wie steht es um den Gesundheitszustand von Betreuungskräften in Behinderten-Wohneinrichtungen in Deutschland? HeilberufeSCIENCE 2016, 7(1):, 25-39; DOI: 10.1007/s16024-015-0260-5 Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Arbeitsklima in Behinderten-Wohneinrichtungen in Deutschland. ASU (Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin), 2016; 51(1) Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Burnout-Gefährdung in der Behindertenarbeit. Prävention und Gesundheitsförderung 2017; 12(1):27–40 Habermann-Horstmeier L., Limbeck K. Arbeitsbelastung: Welchen Belastungen sind die Beschäftigten in der Behindertenbetreuung ausgesetzt? ASU (Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin), 2016; 51: 517-525 Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Einflussfaktoren auf die Arbeitsbelastung in der stationären Behindertenhilfe. Das Gesundheitswesen 2016; DOI: 10.1055/s-0042-111313 Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Krank zur Arbeit - Gesundheitssituation von Betreuern in Behinderteneinrichtungen; HeilberufeSCIENCE 2016, 7(1), 25-39; DOI: 10.1007/s16024-015-0260-5