Vertragskonzernrecht

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 Präsentation transkript:

Vertragskonzernrecht

Vertragskonzern Geregelt in §§ 291 ff. Hauptfall: Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Unterstellung unter fremde Leitung Abführung des gesamten Jahresgewinns Daneben: Sonstige Unternehmensverträge, § 292 Hauptfälle: Betriebspacht, Betriebsführungsvertrag -> Ausgliederung der unternehmerischen Entscheidung Teilgewinnabführungsvertrag -> Dritter tritt in Verteilungskonkurrenz mit den Aktionären Gemeinsamkeit: Strukturelle Veränderung, Eingriff in die Geschäftsgrundlage der Beteiligung Impliziert: Ähnlich wie Satzungsänderung zu behandeln, 3/4-Mehrheit, formbedürftig

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Mittel zur Durchsetzung der Leitungsmacht Strukturändernder Charakter Mehraktiger Vorgang, angelehnt an Verfahren bei der Satzungsänderung Vertrag (Schriftform) Vertretung durch die Organe „oben“ und „unten“ Hier Anweisung möglich, § 83 I 2, und 3 Vorab-Bericht und WP- Prüfung (§ 293 a und b) Zustimmung beider HV mit qual. (3/4) Mehrheit Wegen der Haftung (§ 302) auch oben! Eintragung ins HR (nur bei der Tochter) Mit konstitutiver Wirkung Schutz des Vollzugsinteresses durch Freigabeverfahren, § 246a Bei Fehlerhaftigkeit: Regeln der fehlerhaften Gesellschaft Mindesterfordernis aber HR- Eintragung Konstitutive Wirkung würde sonst umgangen

Minderheitenschutz gegen den Beschluss Gering ausgeprägt Formale Voraussetzungen nach §§ 293 ff. Mehrheitsgesellschafter hat Stimmrecht In der AG unstrittig, aufgrund § 136 AktG In der GmbH etwas komplizierter wegen § 47 IV GmbHG Folge: Wer 75% hat, kann den Vertrag durchsetzen und sich die AG seiner Leitung unterstellen Keine materielle Beschlusskontrolle Kontrollsystem des Gesetzes als abschließend gewollt Beschluss „trägt seine Rechtfertigung in sich“ Anfechtung aus sonstigen Gründen bleibt möglich Beliebt: Mangelhafter Bericht nach § 293 a Beachte dazu aber § 243 IV 2

Exkurs: Konzernrecht für alle? Problem: Kann auch der Privatgesellschafter Unternehmensvertrag mit der AG schließen? Klar (+) für die Fälle des § 292 Aber auch § 291? H.M. (-), Unternehmen nach § 15 AktG erforderlich Kritik: Gestaltbarkeit der Unternehmenseigenschaft Haftungseinheit nach § 302 infiziert mit den unternehmerischen Risiken Haftungseinheit rechtfertigt Aufhebung der Kapitalbindung aA daher Drygala/Staake/Szalai § 32, 19 ff.; K.Schmidt GesR § 31 II 1

Folgen: Herrschendes Unternehmen hat Weisungsrecht, § 308 In allen Angelegenheiten des § 76 (Geschäftsführung) Nicht in Zuständigkeit des AR und der HV „unten“! Auch nachteilige Weisungen Soweit im Konzerninteresse, § 308 Aufhebung der Vermögensbindung, § 291 III Grenze: Existenzvernichtender Eingriff (§ 826 BGB), wie bei der GmbH Fehlende Leistungsfähigkeit der Mutter (§ 302) Str. in Bezug auf Überlebensfähigkeit außerhalb des Konzerns Ansonsten: Gesetzesverstoß, Satzung

Weisungsrecht Wird „oben“ von Vorstand/GF ausgeübt Delegation zulässig Empfänger der Weisung: Vorstand „unten“ Bei Zustimmungsvorbehalt des AR besonderes Verfahren, § 308 III Residuale Prüfungspflicht des Vorstands „unten“: Maßnahme muss den Belangen des herrschenden Unternehmens dienen, § 308 Aber Ablehungsbefugnis nur, wenn offensichtlich nicht der Fall Also zB Auszahlung zu privaten Zwecken, Spende an politische Partei

Organhaftung Haftung unten: Haftung oben: Haftungsfreiheit , wenn auf Weisung gehandelt Vorstand „unten“ haftet nur, wenn er die Rechtmäßigkeit der Weisung nicht ordentlich geprüft hat, § 310. Haftung oben: Vorstand oben wächst nach § 309 in Haftung nach dem Maßstab des § 93 hinein Außerdem haftet das herrschende Unternehmen nach § 31 für das Fehlverhalten seiner Organe.

Sicherungsmaßnahmen Gläubigerschutz Erhöhte Rücklagen § 300 Nr. 3. Keine Außenhaftung analog § 128 HGB, sondern: Interne Verlustausgleichspflicht, § 302 AktG. Ausgleich des Jahresfehlbetrages Bezogen auf Bilanzstichtag Anspruch geht auf Geld und ist pfändbar Bei Ende des Beherrschungsvertrages (Kündigung, Zeitablauf) Anspruch auf Sicherheitsleistung, § 303 Str. auch hier: Kettenfälle, (Leinekugel/Winstel, AG 2012, 389). Bisher zur Konzernspitze durchgehender BV endet durch Kündigung im Verhältnis M-T Schutz der Gläubiger der E? In der Insolvenz der Tochter Zahlungsanspruch gegen die Mutter, da Sicherheit dann sinnlos

Minderheitenschutz im Vertragskonzern Anspruch auf Abfindung, § 305 Differenziertes Angebot: Aktien der Muttergesellschaft (II Nr. 1) Aktien der Muttergesellschaft oder Geld (II Nr. 2) Nur Geld (II Nr. 3) In den beiden ersten Fällen also eher Aktientausch als Geldabfindung Berechnung zum vollen wirtschaftlichen Wert idR Ertragswertmethode (betriebswirtschaftliches Gutachten) Erläuterung im Bericht nach § 293a Bedeutung des Börsenkurses bei der AG (BVerfGE 100, 289; BGHZ 135, 374) Str: Bei börsennotierter Gesellschaft nur (gewichteter) Börsenkurs? Nachprüfung im Spruchverfahren, SpruchG

Minderheitenschutz Anspruch auf Ausgleich: Muss alternativ angeboten werden, §§ 304, 305 Fester Ausgleich anhand der bisherigen Erträge und Dividenden, § 304 II 1 Zementierung der Vergangenheitsergebnisse Oder variabler Ausgleich, gemessen an den Ergebnissen der Muttergesellschaft; § 304 II 2 Gilt für gesamte Vertragsdauer Keine Anpassung nach WGG Liegt im Risikobereich des Aktionärs

Minderheitenschutz Die Minderheit > 25% kann den Vertrag als solchen nicht verhindern Mehrheitsgesellschafter hat Stimmrecht Keine sachliche Rechtfertigung erforderlich Anfechtung wegen unzureichendem Abfindungs- / Ausgleichsangebot? Vertrag, der keinen Ausgleich vorsieht, ist nichtig, § 304 III 1 In übrigen Fällen Anfechtungsausschluss, §§ 304 III 2, 305 V. Also bei unzureichendem Ausgleich Fehlendem oder unzureichendem Abfindungsangebot Grund: Bewertung immer unsicher, Entscheidungsspielräume Verlagerung in das Spruchverfahren

Minderheitenschutz Rechtsschutz durch Spruchverfahren nach dem SpruchG http://www.gesetze-im-internet.de/spruchg/ FamFG-ähnliches Verfahren Zur Feststellung des angemessenen Werts des Unternehmens Nachzahlung statt Anfechtung Wirkt für alle, nicht nur für die Antragsteller, § 13 SpruchG „Dulde und liquidiere“ Konsequenz aus den zahlreichen Anfechtungsklagen Achtung: Anfechtungsausschluss gilt nur für das abhängige Unternehmen! Anfechtung „oben“ ist möglich, mit dem Arg., die Aktionäre „unten“ bekämen zu viel Rechtspolitisch unbefriedigend, aber Ausgleich schwierig

Vertragsänderung Unternehmensvertrag kann geändert werden Probleme: § 295 stellt das dem Neuabschluss gleich Verfahren ist erneut zu durchlaufen Wenn Ausgleich/Abfindung betroffen, Sonderbeschluss der außenstehenden Aktionäre Probleme: Bei Vertragsänderung neues Abfindungsangebot oder Aufleben des alten? Parteiwechsel und Beitritt eines weiteren Unternehmens zum Vertrag als Fall des § 295 Formwechsel oder Verschmelzung genügen nicht LG München WM 2012, 698

Vertragsbeendigung Möglich sind Kündigung und einvernehmliche Beendigung, auch befristeter Abschluss Auch Kündigung und Neuabschluss zur Umgehung des § 295 Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung bei fehlender Vertragsregelung str. Frist: § 132 HGB analog Typischerweise: Abschluss auf 5 Jahre befristet Sonderbeschluss hier nur erforderlich bei Vertragsaufhebung und Kündigung durch die abhängige Gesellschaft, § 297 II. Nicht bei Kündigung „oben“ Erhebliches Benachteiligungspotential für verbliebene Minderheit Bei befristeten Verträgen nur aO Kündigung möglich Grund „oben“ insbesondere: Überforderung mit dem Ausgleich Grund „unten“ insbesondere: Voraussichtliche Leistungsunfähigkeit der Mutter Außerdem: Insolvenz, hM hier für automatische Beendigung

Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung Weisungsrecht endet Verlustausgleich nur bis zur Vertragbeendigung Wiederaufbauhilfen? Mehrere Ansätze: Lebensfähigkeit außerhalb des Konzerns muss immer erhalten bleiben Vertragliche Wiederaufbauhilfen als Wirksamkeitsvoraussetzung „Verlustausgleich XXL“ bei Vertragsende Sicherheitsleistung, § 303 Durchgriff bei Vermögenslosigkeit der abhängigen Gesellschaft?

Gewinnabführungsvertrag Vor allem steuerrechtlich wichtig (Organschaft) Gerichtet auf Abführung des Bilanzgewinns oder Betrieb des Unternehmens für Rechnung eines anderen, § 291 I 2 Kein Weisungsrecht Aufhebung der Vermögensbindung insgesamt (§ 291 III n.F.) Sonst wie Beherrschungsvertrag, insbes. also §§ 302 f.; 304 ff. In der Regel bei der AG: Kombinierter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag

Übrige Unternehmensverträge In § 292 geregelt Gewinngemeinschaft Teilgewinnabführungsvertrag Betriebspacht Betriebsüberlassungsvertrag zT auch strukturelle Wirkung, daher Regelung in Anlehnung an § 293 – 299 zT auch besondere Regeln betr. Gläubigerschutz Einzelheiten bitte bei Gelegenheit selbst nachlesen Aber bitte nicht übersehen: Stille Gesellschaft mit AG ist Teilgewinnabführungsvertrag Genussrecht bei entspr. Ausgestaltung ebenso Vorstand kann hier nicht allein handeln, HV- Beschluss nötig