«Wenn die Gesundheit kippt»

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 Präsentation transkript:

«Wenn die Gesundheit kippt» Dajana Venetz Stationsleitung im Psychotherapiebereich der Clienia Littenheid Neukirch (Egnach), 01.04.2019

Überblick «die Jugend von heute» Herausforderungen im Jugendalter Jugendtypische Dilemmata Unterscheidung von jugendtypischen Verhaltensweisen und psychopathologischen Phänomenen Was tun, wenn die Gesundheit «kippt» Schlusszitat

«Wenn ich die junge Generation anschaue, verzweifle ich an der Zukunft der Zivilisation.» (Aristoteles)

Aus Jugendsurveys weiss man seit vielen Jahren, dass kindliche, selbstverständliche Aktivitäten wie Musikunterricht, Sportaktivitäten und auch soziale Aktivitäten ab einem Alter von 12 bis 14 Jahren erheblich reduziert werden, teilweise ganz aufhören und oft einem unspezifischen „Rumhängen“ und „Chillen“ Platz machen. Dies ist einerseits seit jeher für die gesunde Adoleszenz typisch und nicht nur unter sozialem, sondern auch unter neurobiologischem Aspekt gut erklärlich und sinnvoll.

Herausforderungen im Jugendalter Erwerb einer adäquaten Geschlechterrolle Gestaltung der Beziehungen zum anderen Geschlecht Erlangung einer intrafamiliären Autonomie Emotionale Unabhängigkeit von den Eltern Akzeptanz des eigenen Körpers und seiner Veränderungen Erwerb beruflichen Wissens und Vorbereitung auf die Erwerbstätigkeit Erlernen eines verantwortlichen Sozialverhaltens Finden und Aufrechterhalten funktionaler Freundeskontakte

Herausforderungen im Jugendalter Das Jugendalter ist eine Zeit der Herausforderung aber auch der Verunsicherung. Diese Herausforderung können diejenigen nutzen, die mit der Verunsicherung einhergehenden Ängste und Spannungen neutralisieren und überwinden können. Dies kann durch die Meisterung der jeweiligen Situation, Aushalten der damit einhergehenden Gefühle aber auch durch Betäubung, Flucht, Aggression geschehen.

Herausforderungen im Jugendalter Es handelt sich also um eine grosse Double-Bind-Situation. (Bsp. Verändere die Welt, gestalte sie neu, aber stelle sicher, dass für die ältere Generation weiterhin die Altersvorsorge sichergestellt ist.) Ein grosses Spannungsfeld zwischen der relativ anforderungsfreien Kindheit und dem fordernden, zwanghaft einengend erlebten und erwarteten Erwachsenseins. Dieses Wechselspiel beeinflusst sich gegenseitig und dabei auftretende unbewusste Ängste, Aggressionen werden gegenseitig projiziert und so abgewehrt. (Erdheim, 1982)

Einfluss auf Jugendliche Bis ca. 13./14. Lebensjahr Familie, Eltern Ab ca. 13./14. Lebensjahr Peer-group (Gleichaltrigengruppe)

Erfolgreicher Umgang mit Jugendlichen berücksichtigt: Durchgangssyndrom Eigene Identität Ohne peer group läuft nichts Rituale sind wichtig Adoleszenz findet auch im öffentlichen Raum statt Adoleszenz findet auch im virtuellen öffentlichen Raum statt Hirnreifung und Entwicklung brauchen Zeit

Die Bedeutung von Grenzen Das Suchen von Grenzen gehört zum Jugendalter. Nur wer Grenzen sucht, entwickelt sich weiter und hilft mit, dass sich unsere Gesellschaft weiterentwickeln kann. Unsere Aufgabe als Erwachsene und als Fachleute ist es diese Prozesse zu begleiten, manchmal Spannungen aushalten und als Erwachsene die Rolle zu spielen die Erwachsene zu spielen haben.

Umgang mit jugendtypischen Dilemmata wenn innere Strukturen fehlen, müssen sie von aussen gesetzt werden wenn Jugendliche die Spielregeln des Umgangs mit Substanzen und Angeboten nicht kennen, müssen wir ihnen helfen diese Spielregeln zu lernen wenn Eltern überfordert sind, müssen ihnen Fachpersonen Hilfe anbieten wenn Jugendliche sich übermässig schädigen, müssen sie geschützt werden

Jugendtypischen Verhaltensweisen und psychopathologischen Phänomenen Jugendliche zeigen Schwierigkeiten sich zu kontrollieren Mangelnde Selbstdisziplin Verminderte Fähigkeit zu planen und sich zu steuern suchen Spannung, Erregung, Risiko Risiko können Die Kontrolle über ihr Verhalten verlieren Abhängig werden

Beispiel Konsumverhalten Verhalten/Konsum als Subgruppenphänomen oder Übergangsritual Unproblematisch, die Entwicklung förderndes Phänomen Problematisches Verhalten Selbstschädigung Öffentlicher Raum Verhalten/Konsum als individuelles Geschehen zur Entwicklung gehörend Verlust der Kontrolle über das Verhalten Verhalten als Problemlöser

Funktion von psychoaktiven Substanzen in der Adoleszenz Angenehme Wirkung, Berauschung Maximierung von Genuss, Erlebnis, Reiz Teil der Jugend/Freizeitkultur Peer group Stützung von adoleszentären Grössenphantasien Spannungs-, Stressabbau Verbesserung depressiver Gefühle

Beispiel Impulskontrollstörungen und Jugendalter Unkontrollierte Impulse, also wiederholte Handlungen ohne vernünftige Motivation, die in den meisten Fällen die betroffene Person oder andere Menschen schädigen. Den spezifischen Handlungen kann kein Widerstand entgegengesetzt werden. Der Tat gehen Anspannung und Erregung voraus; während der Tat wird Erleichterung, Euphorie, Lustempfinden erlebt; die Impulshandlungen werden in der Regel wiederholt, was zu psychosozialen Komplikationen führt.

Beispiel Medienkonsum «Die Wirkungsforschung zeigt: kein Medienangebot verursacht im kausalen Sinne gewaltsame Verhaltensweisen, aber bei Personen mit einer entsprechenden Disposition können Gewaltdarstellungen zu einer Erhöhung der Gewaltbereitschaft führen – sie können stimulieren, ein Modell sein für aggressives Verhalten (Imitation) und abstumpfen (Habitualisierung)» (Risikofaktoren: soziale Randständigkeit, niedriges Bildungsniveau, eigene Gewalterfahrung, ungenügende Förderung, fehlende Kontrollen)

Wichtig Wir Erwachsenen müssen die Jugendlichen unterstützen und sie lehren, wie sie mit alten und neuen Angeboten umgehen können. Wir müssen Jugendlichen erlauben, Grenzen zu suchen Dort wo übermässige Gefahren drohen, müssen wir Grenzen setzen Nicht alles was Erwachsene nicht kennen, muss gefährlich sein

Was tun, wenn die Gesundheit «kippt» Sprechen Sie Beobachtungen die Sie machen an. Sprechen Sie dabei in erster Linie über sich selbst, über ihre Wahrnehmung: "Ich mache mir Sorgen, weil…", "Ich beobachte, wie…". Unterstützen Sie Ihren Sohn oder Ihre Tochter in Alltagsfragen. Unternehmen Sie etwas gemeinsam. Unterstützen Sie Ihren Sohn oder Ihre Tochter bei einer sinnvollen Freizeitgestaltung.

Was tun, wenn die Gesundheit «kippt» Suchen Sie Erlebnisse, in denen sinnliche Erfahrungen möglich sind. Dazu gehören Sport, Musik, Ausflüge – mit der Familie oder anderen Jugendlichen allein. Der Rauch eines Lagerfeuers ist hundert mal spannender als jede Geschichte am Computer. Helfen Sie Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter, Distanz zu den Drogen oder den neuen Medien zu finden. Kontaktieren Sie eine Fachstelle. Falls ihr Sohn oder Ihre Tochter nicht zu einem Beratungsgespräch mitkommen will, gehen Sie alleine oder mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin hin.

Schlusszitat „Jung sein heisst, alles zum ersten Mal erleben, heisst zu denken, man erfände die Welt neu, heisst noch keine Grenzen zu kennen. Fliegen wollen sie und nie mehr landen.“ (Berg Sybille 2001) 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!