Aktuelle Rechtsprechung

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 Präsentation transkript:

Aktuelle Rechtsprechung Dr. Peter Schrader Fachanwalt für Arbeitsrecht 17.09.2018

Inhalt 1. BAG vom 18.03.2015 – 7 ABR 4/13 Freistellung von Rechtsanwaltskosten 2. BAG vom 20.11.2014 – 2 AZR 664/13 Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten 3. BAG vom 10.02.2015 – 9 AZR 455/13 Urlaubsgewährung nach fristloser Kündigung Aktuelle Rechtsprechung

Inhalt 4. BAG vom 11.02.2015 – 7 AZR 17/13 Befristung nach Renteneintritt 5. BAG vom 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13 Rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes 6. BAG vom 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 Befristung und Rechtsmissbrauch Aktuelle Rechtsprechung

BAG v. 18.03.2015 – 7 ABR 4/13 FreiStellung von Rechtsanwaltskosten 1. BAG v. 18.03.2015 – 7 ABR 4/13 FreiStellung von Rechtsanwaltskosten Aktuelle Rechtsprechung

Sachverhalt: Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Erstattung von Rechtsanwaltskosten. Der Betriebsrat hat ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen den Arbeitgeber eingeleitet, in dem es um die Aufhebung der Versetzung eines seiner Mitglieder ging. Der Antrag wurde vom Arbeitsgericht zurückgewiesen. Aktuelle Rechtsprechung

Die Beschwerde wurde vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Unstreitig war, dass ein ausdrücklicher Beschluss zur Beauftragung der Anwälte mit der Einlegung der Beschwerde durch den Betriebsrat nicht gefasst wurde. Die zweite Forderung betraf ein Beschlussverfahren über die Einrichtung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Unterlassung willkürlicher Umsetzungen eines Arbeitnehmers während einer Arbeitsschicht durch den Geschäftsführer wegen Antworten des Arbeitnehmers auf Fragen des Geschäftsführers“. Aktuelle Rechtsprechung

Vor Einleitung des Beschlussverfahrens hat der Arbeitgeber erklärt, dass er sich mit dem Betriebsratsvorsitzenden in Verbindung setzt in der Hoffnung, eine gemeinsame zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten. Anlass war eine beim Betriebsrat erhobene Beschwerde des Betriebs-ratsvorsitzenden gegen eine Anweisung des Geschäftsführers. Aktuelle Rechtsprechung

Rechtsansicht: Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass bei Beauftragung eines Anwaltes für die erste Instanz dieser automatisch für die höheren Instanzen mandatiert sei. „Es habe dem Willen des Betriebsrats entsprochen, den Anspruch auf jeden Fall weiter zu verfolgen. Ein gesonderter Beschluss zur Beauftragung für das Beschwerdeverfahren sei deshalb nicht erforderlich gewesen.“ Zur Einleitung des Beschlussverfahrens zur Einigungsstelle vertritt der Betriebsrat die Auffassung, dies sei geboten gewesen, weil der Arbeitgeber sich geweigert habe, die Berechtigung der Beschwerde anzuerkennen. Aktuelle Rechtsprechung

Entscheidung: Rechtlicher Ausgangspunkt§ 40 Abs. 1 BetrVG: „Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte.“ Aktuelle Rechtsprechung

Erforderlichkeit? Maßstab nicht subjektive Bedürfnisse des Betriebsrates. Abwägung: Sachgerechte Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits. Keine Missachtung der Begrenzung der Kostentragungspflicht durch den Betriebsrat. Aktuelle Rechtsprechung

Maßstab: Was würde der Betriebsrat veranlassen, wenn er selbst bzw Maßstab: Was würde der Betriebsrat veranlassen, wenn er selbst bzw. die beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müssten? Es sind nur die Rechtsanwaltskosten zu übernehmen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung von vornherein nicht offensichtlich aussichtslos erscheint oder die Hinzuziehung eines Verfahrensbe-vollmächtigten rechtsmissbräuchlich erfolgt und deshalb das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird. Aktuelle Rechtsprechung

Voraussetzungen in jedem Fall: Ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrates. Das bedeutet: Gremium muss sich mit dem Sachverhalt befasst haben. Es muss eine Abstimmung erfolgt sein, um eine einheitliche Willensbildung herbeizuführen. Aktuelle Rechtsprechung

Auch Einlegung von Rechtsmitteln bedarf der Beschlussfassung. Einer Beschlussfassung bedarf es nicht nur vor der erstmaligen Beauftragung. Auch Einlegung von Rechtsmitteln bedarf der Beschlussfassung. Beschlussfassung ist nicht als „Vorratsbeschluss“ möglich: Der Betriebsrat hat zu prüfen, ob und ggf. mit welchen Argumenten ein Rechtsmittel eingelegt wird, so dass vor Beschlussfassung das Vorliegen der schriftlichen Entscheidungsgründe erforderlich ist. Ausnahme: Besondere Bedeutung oder Einlegung des Rechtsmittels durch den Arbeitgeber. Aktuelle Rechtsprechung

Prozessuale Folgen bei fehlerhafter beschlussfassung: Rechtsmittel ist wirksam eingelegt, die Rechtshandlung ist durch die Vollmacht gedeckt. Es besteht aber keine Kostentragungspflicht durch den Arbeitgeber. Aktuelle Rechtsprechung

Konkreter Fall: Keine Erstattung der Anwaltskosten im Beschwerdeverfahren, da es an einer Beschlussfassung fehlt. Besondere Bedeutung des Falles lag nicht vor. Hinsichtlich der Einigungsstelle lag Mutwilligkeit und offensichtlich Erfolglosigkeit vor, weil Betriebsrat Begehren vor Einleitung des Beschlussverfahrens nicht an den Arbeitgeber herangetragen hatte, Aktuelle Rechtsprechung

Arbeitgeber das Regelungsverlangen weder ausführlich noch konkludent abgelehnt hatte, sondern auf das Anliegen des Betriebsrates eingegangen ist und der Betriebsrat sich vorher nicht an den Arbeitgeber gewandt und mitgeteilt hatte, mit welchem Vorsitzenden und welchen Beisitzern die Einigungsstelle gebildet wurde, so dass insgesamt eine Weigerung des Betriebsrates, an der Einigungsstelle teilzunehmen, gerade nicht vorlag. Aktuelle Rechtsprechung

Eine Kostentragungspflicht im konkreten Fall bestand nicht. Ergebnis: Eine Kostentragungspflicht im konkreten Fall bestand nicht. Aktuelle Rechtsprechung

2. BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 664/13 Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten Aktuelle Rechtsprechung

Sachverhalt: Der Arbeitnehmer ist als Call-Center-Agent beschäftigt. Seit dem 27.11.2006 fehlte er als dauerhaft arbeitsunfähig. Erkrankungsursachen: Beidseitig Tinnitus, Hörstörungen, „psychovegetative Erscheinungen“. Sonderkündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch. Aktuelle Rechtsprechung

Zustimmungserteilung: 09.11.2010. Mai 2010: Antrag auf Zustimmung des Integrationsamtes zur ordentlichen Kündigung. Zustimmungserteilung: 09.11.2010. Kündigung: 25.11.2010 ordentlich zum 28.02.2011. Aktuelle Rechtsprechung

SachvORTRAG: Der Arbeitnehmer sei „prinzipiell arbeitsfähig“, wenn keine besonderen Anforderungen an das Gehör gestellt würden. Die Arbeit dürfe „nicht durch permanentes Telefonieren gekenn-zeichnet“ sein. Aktuelle Rechtsprechung

Ein BEM wurde nicht durchgeführt. Er sei zwar nicht mehr in der Lage, vollschichtig als Call-Center-Agent zu arbeiten, er könne jedoch als „Supervisor“ der Agenten arbeiten oder Lagerarbeiten durchführen. Ein BEM wurde nicht durchgeführt. Aktuelle Rechtsprechung

ENTSCHEIDUNG: Der dauernden Leistungsunfähigkeit steht die völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gleich. Eine solche Ungewissheit besteht, wenn in absehbarer Zeit nicht mit einer positiven Entwicklung gerechnet werden kann. Als absehbar ist in diesem Zusammenhang ein Zeitraum von 24 Monaten anzusehen. Konkreter Fall: Dauer der Arbeitsunfähigkeit daher bejaht. Aktuelle Rechtsprechung

RECHTSFRAGE: Ist die Weiterbeschäftigung auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz möglich? Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, einen Arbeitsplatz zu schaffen, um dem Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Der Arbeitgeber kann gezwungen sein, einen anderen Arbeitnehmer auf den Arbeitsplatz des kranken Arbeitnehmers zu versetzen, um den kranken Arbeitnehmer im Wege des Direktionsrechtes mit der Tätigkeit des versetzten Arbeitnehmers zu beschäftigen. Aktuelle Rechtsprechung

Zu einer Freikündigung eines Arbeitsplatzes ist der Arbeitgeber nicht gezwungen. Der Arbeitgeber hat sich dabei um eine Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung zu bemühen. Wie weit die Bemühungen gehen, hat das BAG offen gelassen. Es wird angedacht, dass eine Freikündigung eines Arbeitsplatzes wenn überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn der betroffene Stellenin-haber nicht behindert ist und eine Kündigung für diesen keine besondere Härte darstellt. Die Darlegungs- und Beweislast trifft voll den gekündig-ten Arbeitnehmer. Aktuelle Rechtsprechung

Ein BEM wurde nicht durchgeführt Ein BEM wurde nicht durchgeführt. Für diesen Fall hat das BAG dem Arbeitgeber eine Darlegungserleichterung zugebilligt, wenn das Integrationsamt gem. § 85 SGB IX seine Zustimmung erteilt hat. Grund: Das Verwaltungsverfahren nach § 85 ff. SGB IX dient der Prüfung der Rechte des Arbeitnehmers. Die Entscheidung des Integrationsamtes sei durch mehrere Instanzen nachprüfbar. Deshalb könne nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX die Kündigung hätte verhindern können. Aktuelle Rechtsprechung

PROBLEME IM VORLIEGENDEN FALL: Es war offen, ob der Arbeitnehmer ggf. in Teilzeit hätte arbeiten können. Der Kläger hätte evtl. in Teilzeit arbeiten können. Wenn dies möglich – und er dazu bereit – gewesen wäre, hätte ein BEM sehr wohl ein positives Ergebnis bringen können. Aktuelle Rechtsprechung

ERGEBNIS AUS DIESEM GRUNDE: Zurückverweisung Aktuelle Rechtsprechung

3. BAG V. 10.02.2015 – 9 AZR 455/13 URLAUBSGEWÄHRUNG NACH FRISTLOSER KÜNDIGUNG Aktuelle Rechtsprechung

SACHVERHALT: Das Arbeitsverhältnis wurde außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt. In dem Kündigungsschreiben findet sich folgender Satz: „Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung und Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Aktuelle Rechtsprechung

Das Kündigungsschutzverfahren endete durch Vergleich Das Kündigungsschutzverfahren endete durch Vergleich. Der Vergleich datiert vom 17.06.2011, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der 30.06.2011. In dem Vergleich heißt es, dass der Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt bleibt. Der Kläger machte Urlaubsabgeltung geltend. Seine Behauptung: Der Arbeitgeber habe weder durch die Erklärung im Kündigungsschreiben noch durch die Vereinbarung im Vergleich wirksam Erholungsurlaub gewährt, so dass ihm Urlaubsabgeltung zustehe. Aktuelle Rechtsprechung

RECHTSFRAGE: Kann der Arbeitgeber Urlaub unter einer Bedingung erteilen, dass nämlich die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist? Bisherige Rechtsprechung: Urlaubsgewährung unter Bedingung zulässig. Grund: Vorsorgliche Urlaubsgewährung liege im wohlverstandenen Eigeninteresse des Arbeitgebers. Arbeitgeber will Kumulation von Annahmeverzugslohn aus Urlaubs- abgeltungsansprüchen vermeiden. Aktuelle Rechtsprechung

DIE ENTSCHEIDUNG: Ein Arbeitgeber gewährt durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt. Grund: Voraussetzung für die Urlaubsgewährung ist die endgültige Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht. Die unter dem Vorbehalt des Widerrufs stehende Befreiung erfüllt den Urlaubsanspruch nicht. Aktuelle Rechtsprechung

Der Urlaub kann nur gewährt werden, wenn überhaupt eine Arbeitspflicht im Zeitraum besteht. Die für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung erklärte Urlaubs-gewährung führe dazu, dass überhaupt noch nicht feststehe, ob in dem Zeitraum, in dem der Urlaub erfüllt werden soll, dieser überhaupt gewährt werden könne. Urlaub sei nicht nur Urlaubsgewährung, sondern bezahlte Frei-stellung. Der Arbeitnehmer muss für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten, dies sei europarechtlich geboten. Aktuelle Rechtsprechung

Der Anspruch auf Vergütung ist aber nicht sicher, wenn nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Urlaubsanspruch auf die Urlaubsvergütung vielleicht doch nicht bestehe. Der Arbeitnehmer sei in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsge-staltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht wisse, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt werde. Aktuelle Rechtsprechung

Der unionsrechtliche Anspruch bei Jahresurlaub, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen, und zwar bezahlt, könne nicht gewährleistet werden. Daher gilt: Eine vorsorgliche Urlaubsgewährung für den Fall der Unwirksamkeit einer Kündigung ist unwirksam. Aktuelle Rechtsprechung

ERGEBNIS IM KONKRETEN FALL: Die Regelung im Vergleich führt dazu, dass der Urlaub gewährt wurde, so dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zustand. Bemerkenswert: Auch die Erledigungsklausel führt zum Erlöschen des Anspruches: „Durch die Formulierung „mit Erfüllung dieses Vergleiches“ haben die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zum Ausdruck gebracht, dass die vergütete Freistellung von der Arbeit und nicht erst die Erledigungsklausel selbst zum Untergang des Urlaubsan-spruches führen sollte.“ Aktuelle Rechtsprechung

BAG V. 11.02.2015 – 7 AZR 17/13 BEFRISTUNG NACH RENTENEINTRITT 4. BAG V. 11.02.2015 – 7 AZR 17/13 BEFRISTUNG NACH RENTENEINTRITT Aktuelle Rechtsprechung

SACHVERHALT: Unbefristeter Arbeitsvertrag Nach Vollendung des 65. Lebensjahres bezog der Arbeitnehmer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Arbeitsvertrag wurde befristet (rund 1 ¾ Jahre). Der befristete Arbeitsvertrag wurde zweimal verlängert. Der Arbeitnehmer vertrat in dem Verfahren die Auffassung, dass die Befristungen das Arbeitsverhältnis nicht beendet hätten. Aktuelle Rechtsprechung

RECHTSFRAGE: § 41 S. 3 SGB VI nicht einschlägig. Sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG nicht möglich, da langjährige unbefristete Vorbeschäftigung. Befristung wirksam nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG, also aus in der Person des Klägers liegenden Gründen. Aktuelle Rechtsprechung

ENTSCHEIDUNG: Solche Befristung können wirksam sein, wenn der Arbeitnehmer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen kann, die Befristung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einer konkreten, im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dient. Aktuelle Rechtsprechung

Eine derartige Befristung verstoße nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Konkrete Personalplanung kann beispielsweise die Einarbeitung einer Ersatz- oder Nachwuchskraft sein Aktuelle Rechtsprechung

ENTSCHEIDUNG IM KONKRETEN FALL: Zurückverweisung, da die Sachverhaltsmomente aufgeklärt werden mussten. Aktuelle Rechtsprechung

5. BAG V. 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13 RECHTSWIDRIGE VERLETZUNG DES ALLGEMEINEN PERSÖNLICHKEITSRECHTES Aktuelle Rechtsprechung

SACHVERHALT: Arbeitnehmerin war als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27.12.2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Krankheitsursache: Bronchialerkrankung, später Bandscheibenvorfall Für die Zeit bis 28.02.2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähig-keitsbescheinigungen vor, erst vier eines Allgemeinarztes, dann zwei eines Orthopäden. Aktuelle Rechtsprechung

Es wurden Videoaufnahmen erstellt. Arbeitgeber bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte einen Detektiv mit der Observation. Die Observation erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden das Wohnhaus der Klägerin, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Es wurden Videoaufnahmen erstellt. Aktuelle Rechtsprechung

Die Arbeitnehmerin wurde gekündigt, sie obsiegte. Der abschließende Observationsbericht, der dem Arbeitgeber über-geben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen. Die Arbeitnehmerin wurde gekündigt, sie obsiegte. Die Klage des Arbeitgebers auf Erstattung der Detektivkosten wurde abgewiesen. Die Klägerin machte mit ihrer Klage Schadensersatz geltend, da die Observation einschl. der Videoaufnahmen rechtswidrig sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Aktuelle Rechtsprechung

ENTSCHEIDUNG: Anspruchsgrundlage: § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. § 7 BDSG keine ausschließliche Anspruchsgrundlage. Aktuelle Rechtsprechung

Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Umfasst das Recht am gesprochenen Wort. Umfasst das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen, darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und in welcher Weise verwendet werden. Aktuelle Rechtsprechung

Personenbezogen Daten dürfen nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungs-verhältnis eine Straftat begangen, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Die Observation war im konkreten Fall eine Erhebung personenbe-zogener Daten. Aktuelle Rechtsprechung

Folge: Schadensersatzanspruch war begründet. Die Observation war rechtswidrig. Konkrete Zweifel an der Arbeits-unfähigkeit lagen nicht vor. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestand daher nicht. Folge: Schadensersatzanspruch war begründet. Konkreter Schadensersatz: 1.000,00 € Aktuelle Rechtsprechung

BAG V. 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 BEFRISTUNG UND RECHTSMISSBRAUCH 6. BAG V. 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 BEFRISTUNG UND RECHTSMISSBRAUCH Aktuelle Rechtsprechung

SACHVERHALT: Vom 01.11.1998 bis 31.08.2013 war ein Arbeitnehmer aufgrund von zehn befristeten Arbeitsverträgen als stellvertretender Leiter der Küche des städtischen Alten- und Pflegeheims beschäftigt. Der Kläger vertrat jeweils die stellvertretende Küchenleiterin S., die in dieser Zeit in Folge der Geburt von drei Kindern wegen Schwanger-schaft, Mutterschutz, Erziehungsurlaub, Elternzeit und Sonderurlaub ausfiel. Die Laufzeiten der befristeten Verträge entsprachen der jeweils zu prognostizierenden Arbeitsverhinderung bzw. bewilligten Freistellung. Aktuelle Rechtsprechung

UNPROBLEMATISCH: Vertretung als Sachgrund: „Ein die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert. Diese Regelung, die dem sozialpolitischen Zweck dient, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, stellt klar, dass der Arbeitgeber Ausfallzeiten, die durch Mutterschutz, Elternzeit und Sonderurlaub zur Kinderbetreuung bedingt sind, durch die befristete Einstellung einer Vertretungskraft überbrücken kann.“ (1. Orientierungssatz) Aktuelle Rechtsprechung

PROBLEM: PROGNOSEENTSCHEIDUNG: „Der Sachgrund der Versetzung setzt eine Prognose über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters voraus. Entsteht der Vertretungsbedarf durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung, kann der Arbeitgeber regelmäßig damit rechnen, dass der zu vertretende Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten künftig wieder erfüllen wird, es sei denn, dass er dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Aktuelle Rechtsprechung

Dies gilt auch dann, wenn der Vertreter bereits längere Zeit auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge zur Vertretung desselben Arbeitnehmers beschäftigt wurde. Die Anforderungen an die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzustellende Prognose sind nicht mit zunehmender Anzahl der befristeten Arbeitsverträge zu verschärfen.“ (2. Orientierungssatz) Aktuelle Rechtsprechung

STÖRGEFÜHL: Rechtsmissbrauch wegen der Vielzahl der abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge (Grundsatz des institutionellen Rechtsmissbrauchs, §242 BGB). „3. Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nach §14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit ge- Aktuelle Rechtsprechung

schlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. 4. Ein Gestaltungsmissbrauch ist indiziert, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bestimmte Befristungshöchstdauer und Anzahl der Vertragsverlängerungen um ein Vielfaches überschritten werden. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber durch Darlegung besonderer Umstände die Annahme des Gestaltungsmissbrauchs widerlegen. Aktuelle Rechtsprechung

5. Ein Gestaltungsmissbrauch kann widerlegt sein, wenn ein Arbeitnehmer 15 Jahre lang aufgrund von zehn Arbeitsverträgen befristet beschäftigt wurde zur unmittelbaren Vertretung einer durch Mutterschutz, Elternzeit und Sonderurlaub zur Kinderbetreuung verhinderten Arbeitnehmerin auf deren Arbeitsplatz, der bei dem Arbeitgeber nur einmal vorhanden ist (hier: stellvertretende Küchenleiterin der einzigen vom Arbeitgeber betriebenen Küche; in der 5,2 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind).“ Aktuelle Rechtsprechung

ERGEBNIS IM KONKRETEN FALL: Die Befristung war wirksam, die Klage blieb ohne Erfolg. Aktuelle Rechtsprechung

Vielen Dank. Aktuelle Rechtsprechung