Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen

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 Präsentation transkript:

Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen Traditions-, Separations- und Abstraktionsprinzip versus Konsens- und Einheitsprinzip Wintersemester 2017/2018 Montag, 16 - 18 h HS IV, Alte Universität Prof. Dr. Florian Bien, Maître en Droit (Aix-Marseille III) Lehrstuhl für Globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht  

Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen I. Definitionen Traditionsprinzip (Principe de tradition): Voraussetzung für die Übereignung beweglicher Sachen ist grundsätzlich die Übergabe. Konsens- bzw. Vertrags- bzw. Einigungsprinzip (Principe du consensualisme): Für die Übereignung einer Sache bedarf es lediglich der Willensübereinstimmung der Parteien. Ein zusätzlicher förmlicher Akt (Übergabe o. ä. ) ist entbehrlich. 1 ____________________________________ Aber Eintragung 1

Separations- bzw. Trennungsprinzip (Principe de séparation) Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen I. Definitionen – Forts. Separations- bzw. Trennungsprinzip (Principe de séparation) Zwischen Verpflichtungsgeschäft (Planung) und dinglicher Rechtsänderung (Durchführung) ist zu unterscheiden. Es bedarf je eines eigenen Rechtsgeschäfts. Einheitsprinzip (Principe d’unité) Schuldrechtliche Verpflichtung und Übereignung fallen in einem Rechtsgeschäft zusammen.

Abstraktionsprinzip (Principe d’abstraction) Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen I. Definitionen – Forts. Abstraktionsprinzip (Principe d’abstraction) Die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts ist unabhängig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Verpflichtungs­geschäfts (und umgekehrt). Kausalprinzip Abhängigkeit der Wirksamkeit des Verfügungs- von der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts.

logisch aus­ge­schlos­sen Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen II. Überblick über mögliche Konstellationen Traditions- prinzip Separations- Abstraktions-   Beispiele nein - Art. 711, 1196, 1583 Code civil (bewegl. Sachen) - Sec. 18 Rule 1 Sale of Goods Act (Vereinigtes Königreich) ja - Allg. Preußisches Landrecht - §§ 26 I und 139 III ZGB der DDR - (Hand-)Schenkung im italienischen (Art. 783 Codice civile) und französischen Recht (Rspr.) - § 1372 österr. ABGB: Forderungs­über­tra­gung logisch aus­ge­schlos­sen

II. Überblick über mögliche Konstellationen – Forts. Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen II. Überblick über mögliche Konstellationen – Forts. Traditions- prinzip Separations- Abstraktions-   Beispiele nein ja Ja - §§ 398ff., 413 BGB: Übertragung von Forderungen und sonstigen Rechten - § 2 I deutsches SchiffsregG² Nein Art. 714 schweizerisches OR; vgl. auch § 425 österr. ABGB und Art. 165 I schweiz. OR: Forderungsabtretung - § 929 S. 1 BGB ____________________________________ ² Hier liegt der Publizitätsakt in der Eintragung, der die Tradition ersetzt. Ähnlich dürfte ein Register für Autos (Italien?) wirken.

III. Diskussion Separationsprinzip – Einheitsprinzip: Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion Separationsprinzip – Einheitsprinzip: Vorteil: Separationsprinzip kann ein zeitliches Auseinanderfallen von Entstehen der Pflicht zur Übergabe und Übereignung und der Rechtsfolge des Eigentumsübergangs besser erklären. Nachteil: Separationsprinzip wirkt bei einfachen Sachverhalten (Brezelkauf) gekünstelt. „Durchbrechungen“ des Trennungsprinzips im französischen Recht Gattungskauf (vgl. Art. 1583 C. civ.: Konkretisierung ist erforderlich für Eigentumsübergang) Verkauf zukünftiger Sachen (ist möglich, Art. 1163 Abs. 1 C. civ., Herstellung ist aber erforderlich für Eigentumsübergang)

III. Diskussion – Forts. Separationsprinzip – Einheitsprinzip: Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion – Forts. Separationsprinzip – Einheitsprinzip: „Durchbrechungen“ des Trennungsprinzips im französischen Recht Verkauf einer einem Dritten gehörenden Sache (Nichtigkeitssanktion gemäß 1599 C. civ. greift nur, wenn sich der – unwissende! – Käufer darauf beruft) ist möglich, der Erwerb der Sache durch den Verkäufer ist aber erforderlich, damit Eigentum auf Käufer übergehen kann. Verkauf unter EBV (von Rechtsprechung und Gesetzgeber mittlerweile anerkannt, nicht aber kompliziertere Formen wie verlängerter EBV oder Verarbeitungsklauseln)

III. Diskussion – Forts. Separationsprinzip – Einheitsprinzip: Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion – Forts. Separationsprinzip – Einheitsprinzip: Durchbrechungen des Separationsprinzips im deutschen Recht? § 285 BGB: h. M. gewährt Anspruch auf das den Wert (Schaden) übersteigende sog. commodum ex negotiatione Im Fall der Schenkung eines belasteten Grundstücks an einen Minderjährigen hatte der BGH sich früher (vorsichtig) für eine „Gesamtbetrachtung“ von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft als insgesamt rechtlich nachteilig iSv § 107 BGB ausgesprochen. Heute ganz h. M.: teleologische Reduktion von § 181 BGB.

III. Diskussion – Forts. Abstraktionsprinzip – Kausalprinzip Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion – Forts. Abstraktionsprinzip – Kausalprinzip Vorteile – Nachteile – Durchbrechungen (insbes. § 181 BGB, Doppelmangel, Bedingung) … in der Vorlesung nicht behandelt

III. Diskussion – Forts. Traditionsprinzip – Konsensprinzip Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion – Forts. Traditionsprinzip – Konsensprinzip Vorteil: Publizität gegenüber Dritten, aber auch im Verhältnis der Parteien untereinander Bsp.: Whistler-Fall der Cour de Cassation (14.3.1900 (D. 1900 1.497): „Attendu que la convention par laquelle un peintre s’engage à exécuter un portrait, moyennant un prix déterminé, constitue un contrat d’une nature spéciale, en vertu duquel la propriété du tableau n’est définitivement acquise à la partie qui l’a commandé, que lorsque l’artiste a mis ce tableau à sa disposition, et qu’il a été agrée par elle. » „Der Vertrag, in dem sich ein Maler verpflichtet, ein Porträt gegen Zahlung eines bestimmten Entgelts anzufertigen, ist ein Vertrag besonderer Art. Nach diesem Vertrag erlangt der Besteller das Eigentum an dem Bild erst dann vollständig, wenn es ihm vom Künstler übergeben wurde und der Besteller das Bild [erg.: als vertragsgemäß] abgenommen hat.“ (eigene Übersetzung)

III. Diskussion – Forts. Traditionsprinzip – Konsensprinzip (Forts.) Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion – Forts. Traditionsprinzip – Konsensprinzip (Forts.) Nachteil: Formalismus Durchbrechungen im deutschen Recht, z. B. § 929 S. 2 (Bsp.: gemietetes Klavier wird vom Mieter gekauft) § 930 (Besitzkonstitut, Sicherungsübereignung) § 931 BGB (Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen dritten Besitzer)

III. Diskussion – Forts. Traditionsprinzip – Konsensprinzip Rechtsvergleichung II: Einzelne Institutionen III. Diskussion – Forts. Traditionsprinzip – Konsensprinzip Durchbrechungen des Separationsprinzips im französischen Recht? Doppelverkauf (Art. 1198 CC: Eigentümer ist derjenige Käufer, der als erster im Besitz der Sache ist.) Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten erfordert den Erwerb des Besitzes an der Sache (Art. 2276 CC)