Aktuelle Mitbestimmung des § 87 BetrVG

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 Präsentation transkript:

Aktuelle Mitbestimmung des § 87 BetrVG 29. Juni 2017

Mitbestimmungsgrundsätze § 87 BetrVG Betriebliche Ordnung Ziff. 1 Arbeitszeitfragen und Überstunden Ziff. 2 und 3 Urlaubsgrundsätze Ziff. 5 Technikmitbestimmung Ziff. 6 Einigungsstelle § 87 Abs. 2 BetrVG

I. Mitbestimmungsgrundsätze § 87 BetrVG auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Grundsätzliches zu § 87 Abs. 1 BetrVG Initiativrecht des Betriebsrats mitzubestimmen = zuzustimmen auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Praxisstreit bei § 87 Abs. 1 BetrVG Unterlassung bei Einführung ohne Mitbestimmung (auch: einstweiliger Rechtsschutz) Streit um inhaltliche Reichweite des jeweiligen Mitbestimmungsrechts Auslegung von (misslungenen) Betriebsvereinbarungen Streit um Einsetzung der Einigungsstelle (§ 87 Abs 2 BetrVG) auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Sperrwirkung des § 87 Abs. 1, 1. Halbsatz BetrVG „soweit eine gesetzliche Regelung nicht besteht“ bloße Wiederholung gesetzlicher Pflichten ist nicht mitbestimmungspflichtig ebenso: tariflicher Vorschriften Achtung: Mitbestimmung aber, wenn Regelung über gesetzliche Vorschrift hinausgeht z.B. Beschränkung des Wertpapierhandels + Meldeverfahren auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Wirkung einer regelnden Betriebsvereinbarung unmittelbare und zwingende Wirkung innerhalb ihres Anwendungsbereichs Arbeitnehmer sind an Regelungen gebunden, soweit Arbeitsvertrag nicht entgegen steht bei Verstößen  Abmahnung, Kündigung möglich

Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung nur betriebsverfassungsrechtlich legale Maßnahmen können Rechtswirkungen gegen Mitarbeiter entfalten ist eine Weisung nicht betriebsverfassungsrechtlich gedeckt, ist sie dem Mitarbeiter gegenüber nicht wirksam

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung gleichwohl solange gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin Befolgungspflicht es darf keine Unwirksamkeit aus sonstigen Gründen vorliegen

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen (neu)– BAG Besch. v. 14.06.2017 – 10 AZR 330/16 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung solange nicht gebunden, bis Billigkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin keine Befolgungspflicht

II. Betriebliche Ordnung Ziff. 1 auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer Abgrenzung zwischen Ordnungsverhalten und Arbeitsverhalten Mitbestimmung bei jeder Verhaltensregelung sowie generellen Maßnahmen, durch die die betriebliche Ordnung oder das Verhalten der Arbeitnehmer gesteuert werden soll

Ordnungsverhalten (Kern-)Arbeitsverhalten

Abgrenzung von Ordnungs- und Arbeitsverhalten Arbeitsverhalten betrifft die Kernarbeitsleistung, z.B. welche Aufgabe zuerst erledigt wird und ob eine Bohrmaschine nach Benutzung zu reinigen ist Bezug allein zur unmittelbaren Arbeitspflicht Ordnungsverhalten betrifft dagegen den ungestörten Arbeitsablauf und die Gestaltung des Zusammenlebens der Arbeitnehmer im Betrieb, z.B. Fragen des Zeigens von Tätowierungen oder des Radiohörens am Arbeitsplatz

Zugriff auf und Überschneidungen zur Privatsphäre kein Zugriff auf private Lebenssphäre des Arbeitnehmers (AG und BR!) aber: funktionaler Betriebsbegriff Beispiel: Anweisung, sich Kunden, die man im Privatleben trifft, gegenüber angemessen zu verhalten  zulässig, aber mitbestimmt

Essverbot am Arbeitsplatz – LAG Berlin-Brand. Beschl. v. 12.07.2016 – 7 TaBVGa 520/16 pauschales Verbot des Essens am Arbeitsplatz ist mitbestimmungspflichtig mitbestimmungsfrei allenfalls bei Verbot im Kundenkontakt (Kernarbeitsleistung)

Verbot privater Handy-Telefonate am Arbeitsplatz – ArbG München Beschl. v. 18.11.2015 – 9 BVGa 52/15 pauschales Verbot des Telefonierens mit dem Mobiltelefon am Arbeitsplatz ist mitbestimmungspflichtig mitbestimmungsfrei allenfalls bei Verbot im Kundenkontakt (Kernarbeitsleistung)

III. Arbeitszeitfragen und Überstunden Ziff. 2 und 3 auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Modellarbeitstag/-woche der Arbeit 4.0: keine Erbringung am Stück (mit Pause) Verteilung über Tag oder Woche mit Unterbrechungen und unterschiedlichen Arbeitszeiten Bearbeitung von digitalen Arbeitsvorgängen zu jeder Zeit, auch vor dem Frühstück oder abends noch vor dem Schlafengehen Arbeit gelegentlich auch nachts was Mittwoch nicht geschafft wird, wird Sonntag nachgeholt

starker sozialpolitischer Einschlag wenig konkrete Vorschläge zu Problemen der Digitalisierung der Arbeit Experimentierklausel zur Arbeitszeit für Tarifbetriebe

Kernzielsetzung: Überforderungsschutz flexible Wochenhöchstarbeitszeit wird strikt abgelehnt Festhalten an 8-Stunden-Höchstgrenze Wahlarbeitszeitgesetz mit „konditionierten“ Möglichkeiten der Abweichung vom jetzigen ArbZG Pilotphase von 2 Jahren nur bei tarifvertraglicher Öffnung für Erprobung und Vorliegen einer Betriebsvereinbarung zur Regelung der Erprobung Evaluations- und Berichtspflicht an Aufsichtsbehörden

Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17 Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17.00 Uhr keine Rückäußerung vom amerikanischen Kunden, ob dieser bestellen will oder nicht. Vereinbarungsgemäß meldet sich der Kunde um 23.00 Uhr auf dem Diensthandy des Arbeitnehmer für ein 15-minütiges Gespräch, in dem der Vertragsschluss über 1 Mio. Euro vereinbart wird.  Ruhezeitunterbrechung oder Graubereich?  Höchstarbeitszeit überschritten?

Fallbeispiel: Der Arbeitnehmer ist mit seiner Familie im 14-tägigen Urlaub auf Fuerteventura. Firmenlaptop und Handy sind ebenfalls dabei. Auf einen Anruf des Arbeitgebers wird A an zwei Vormittagen und einem Abend jeweils zwischen 2 und 3 Stunden tätig.  Urlaubsgutschrift für die jeweiligen Tage?  Stundengutschrift für die gearbeiteten Zeiten?  Zusätzlicher Lohnanspruch zum Urlaubsentgelt?

Arbeitszeitgesetz fit für Arbeit 4.0? ArbZG 1994 regelt be- und nicht entgrenzte Arbeitszeit Höchstarbeitszeiten § 3 ArbZG Ruhezeit § 5 ArbZG Grundlage: EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG  Überarbeitung durch EU-Kommission stockt

Variante Fallbeispiel „Sofa-Arbeit“: Der Arbeitnehmer wird nach 10 Stunden Arbeit im Betrieb angewiesen, sich für den Anruf des Kunden nach Feierabend bereit zu halten. A befolgt die Weisung nicht und geht mit seiner Frau – ohne Handy – ins Kino. Der Kunde erreicht A demzufolge nicht und das Geschäft platzt.  Pflichtverstoß des Arbeitnehmers?  Haftung des Arbeitnehmers?

Lösungsideen: rechtswidrige Weisung, da Höchstarbeitszeit überschritten, die Unbilligkeitsfrage stellt sich überhaupt nicht bei freiwilliger Leistung des Arbeitnehmers gibt es zwei Meinungsblöcke hinzunehmender rechtlicher „Graubereich“ bis zu einem gewissen Umfang bedingungslose Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das ArbZG

Vollarbeit = Erbringung der eigentlichen Arbeitsleistung (=Arbeitszeit) Bereitschaftsdienst = Wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung; vorgegebener Aufenthaltsort; Arbeitsaufnahme auf Aufforderung (=Arbeitszeit) Arbeitsbereitschaft = Arbeitsaufnahme bei Erforderlichkeit von selbst (=Arbeitszeit)

bloße Erreichbarkeit = keine Arbeitszeit Rufbereitschaft = bloße Erreichbarkeit; Bereithalten zur evtl. zeitnahen Arbeitsaufnahme; keine Vorgabe zum Aufenthaltsort (=nur tatsächlicher Einsatz ist Arbeitszeit) bloße Erreichbarkeit = keine Arbeitszeit

Anordnung von außerdienstlicher Erreichbarkeit außerhalb von Rufbereitschaft nicht wirksam regelbar nur für bestimmte Berufsgruppen AGB-konform denkbar (z.B. Fahrstuhlmechaniker) im Wege von Einzelweisungen nicht durchsetzbar, da Arbeitgeber nicht in den privaten Bereich hinein verfügen kann nur in Notfallsituationen ausnahmsweise denkbar

Tätigkeitsaufnahme im Urlaub wie Anordnung außerdienstlicher Erreichbarkeit nicht anweisbar freiwillige Tätigkeitsaufnahme bringt Urlaubsgutschrift nur bei Aufnahme auf Bitte des Arbeitgebers oder in dessen erkennbaren Interesse Umfang problematisch wegen § 5 Abs. 2 BUrlG (Rundungsprinzip) zumindest Zeitgutschrift oder finanzieller Ausgleich berechtigt (§ 612 Abs. 1 BGB)

Fallbeispiel: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren Vertrauensarbeitszeit. Das Pensum beträgt zum Zeitpunkt des Abschlusses x. Nach und nach erhöht der Arbeitgeber das Pensum.  Anspruch auf höhere Vergütung?  Anspruch auf Herabsetzung des Pensums?

Renaissance der Vertrauensarbeitszeit: kein Arbeitszeitkonto – keine Zeiterfassung strikte Ergebnisorientierung Ausgangspunkt: ortgebundene Arbeit Aufzeichnungspflicht nur nach § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG einschränkende BAG-Rechtsprechung zu Kontrollbefugnissen des Betriebsrats

Überwachung der Vertrauensarbeitszeit durch BR – BAG Beschl. v. 06.05.2003 – 1 ABR 13/02 der BR kann die Offenlegung der Arbeitszeit im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verlangen hebelt faktisch Vertrauensarbeitszeit aus

Mitbestimmung bei Wege- und Umkleidezeiten – BAG Beschl. v. 17.11.2015 – 1 ABR 76/13 An- und Ablegen besonders auffälliger Dienstkleidung kann betriebliche Arbeitszeit sein für Auffälligkeit reicht Erkennbarkeit in der Öffentlichkeit als Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers aus Fremdnützigkeit bei besonders auffälliger Dienstkleidung

Konkludente Anordnung von Überstunden – BAG Urt. v. 10.04.2013 – 5 AZR 122/12 konkludente Zuweisung von Überstunden durch schlichte Zuweisung von Arbeit, die innerhalb Normalarbeitszeit nicht zu schaffen ist Vortrag zur Nicht-Machbarkeit ist ausreichend Arbeitgeber muss sich sodann entlasten Duldung der Überstunden durch Hinnahme in Kenntnis deren Leistung ohne Vorkehrungen zur Verhinderung

Schätzung des Mindestumfangs von Überstunden – BAG Urt. v. 25.03.2015 – 5 AZR 602/13 Schätzung bei Feststehen der Leistung von Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers zulässig, wenn AN nicht jede einzelne Überstunde darlegen kann Freie Überzeugung des Gerichts zum Feststehen (§ 286 ZPO) Schätzung nach § 287 ZPO

IV. Urlaubsgrundsätze Ziff. 5 auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Drei Mitbestimmungsrecht in Ziff. 5 Urlaubsgrundsätze Urlaubsplan Mitentscheidungsrecht bei Streit um Urlaubskorridore

Verzweifeltes BAG – aktuelle Probleme im Urlaubsrecht Verfall bei Dauerkrankheit (Schultz-Hoff) Vererbbarkeitsfragen Übertragung von Urlaubsansprüche und Nachgewährung

Pflicht zur Urlaubsgewährung ohne Urlaubsverlangen – LAG Köln Urt. v. 22.04.2016 – 4 Sa 1095/15 (nicht rk.) Arbeitnehmer muss Arbeitgeber durch Urlaubsverlangen nicht mehr in Schuldnerverzug versetzen Arbeitgeber muss von sich aus nachgewähren anderenfalls Schadensersatzanspruch auf Nachgewährung (ggf. auch noch Jahre später)

V. Technikmitbestimmung Ziff. 6 auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen bloße Überwachungseignung reicht aus (nicht: Bestimmung) Personifizierbarkeit erforderlich

Digitalisierung und Mitbestimmung faktisch jede Technik, Software, Anlage unterfällt dieser Mitbestimmung Arbeitgeber zwischen Markt- und Technikdruck und Mitbestimmung Datenschutzprobematiken

§ 32 BDSG – Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses Neuregelung bereits zum 01.09.2009 zentrales Merkmal: Erforderlichkeit (vorher § 28 BDSG a.F.: „dienen“) verschärfte Regelung bei Straftaten neue EU-Datenschutzgrundverordnung in Arbeit

(1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Merkmal der Erforderlichkeit: Müssen für diesen Zweck überhaupt Daten erhoben werden? Müssen gerade diese Daten erhoben werden? Mindestergebnis objektiver Beispiel: Monatsbestenlisten im Vertrieb

Elektronische Überwachung des Heimarbeitsplatzes – LAG Köln Urt. v. 29.09.2014 – 2 Sa 181/14 Speichern des Bearbeiters und des letzten Änderungsdatums einer Datei verstößt nicht gegen das BDSG Eingabeüberprüfung in Online-Datenbank zur Überprüfung von Fehleingaben erforderlich Daten zur Überführung von Arbeitszeitbetrug am Heimarbeitsplatz verwertbar 15,76 Stunden Zeitbetrug kein Bagatellfall

Safe Harbor Entscheidung der EU-Kommission ungültig – EuGH Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14 Personendaten von EU-Bürgern auf amerikanischen Servern nicht hinreichend geschützt keine Kompetenz der EU-Kommission zur Beschränkung von Rechten nationaler Datenschutzbehörden fehlende Rechtsschutzmöglichkeiten betreffend US-Speicherung bewirken schwerwiegenden Grundrechtseingriff

Nachfolgeregelung zu Safe Harbor: Privacy Shield-Abkommen EU-USA 12.07.2016 von EU-Kommission anerkannt Funktionsweise ähnlich Safe Harbor, aber deutlich verschärft u.a. im Rechtsschutz

“Agencies shall, to the extent consistent with applicable law, ensure that their privacy policies exclude persons who are not United States citizens or lawful permanent residents from the protections of the Privacy Act regarding personally identifiable information.” Executive Order des US-Präsidenten vom 25.01.2017 (Section 14)

EU-Datenschutzgrundverordnung: tritt zum 25.05.2018 in Kraft Grundprinzipien stark am deutschen Datenschutzrecht orientiert Veränderung der Rolle des betrieblichen Datenschutzbeauftragter Öffnung für nationale Vorschriften zum Beschäftigtendatenschutz bleibt weitgehend § 32 BDSG unverändert erhalten (§ 26 BDSG-E) beschränktes Konzerndatenprivileg bei berechtigtem Interesse

Mitbestimmung des BR beim Facebook-Auftritt des AG – BAG Beschl. v. 13.12.2016 – 1 ABR 7/15 Mitbestimmung beim Ermöglichen von Postings, die sich auf Verhalten oder Leistung einzelner Mitarbeiter beziehen Ausgestaltung der Funktion unterliegt der Mitbestimmung unmittelbare Veröffentlichung unterliegt der Mitbestimmung

Digitalisierung bringt häufig Matrix-Strukturen: Technikeinsatz schafft Möglichkeiten für virtuelle (weltweite) Teams Vorgesetzte sitzen oft außerhalb des Standortes außerhalb des Unternehmens Frage der Gremienzuständigkeit Tarifvertrag/BV nach § 3 BetrVG?

VI. Einigungsstelle § 87 Abs 2 BetrVG auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Einsetzung der Einigungsstelle: jetzt in § 100 ArbGG geregelt Einsetzungsmaßstab: „nicht offensichtlich unzuständig“ = niederschwellig Vorverhandlungsobliegenheit? Streit um Vorsitzenden Streit um Beisitzeranzahl