5. Internationales Symposium Restrukturierung

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 Präsentation transkript:

5. Internationales Symposium Restrukturierung Jahreskonferenz 2016 Das Anfechtungsrecht - Die Reform in Deutschland und der Vergleich mit Österreich Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht Dr. Reinhard Rebernig restrukturierung.fh-kufstein.ac.at

Inhaltsverzeichnis 1 Das aktuelle Anfechtungsrecht in Deutschland 3 2 Kritik am deutschen Anfechtungsrecht 8 3 Reformbestrebungen 10 4 Fazit und Ausblick 12

Voraussetzungen und Rechtsfolgen Anfechtung wegen inkongruenter Deckung, § 131 InsO Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung, § 133 InsO Rechtshandlung des Schuldners Gläubiger- benachteiligung Zeitliches Moment sowie subjektives Moment Eröffnung des Insolvenzverfahrens Rechtsfolge: Rückgewähranspruch

Subjektives Moment des § 133 InsO Die subjektiven Merkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden Gläubiger-benachteiligungsvorsatz Kenntnis bzw. Vermutung der Kenntnis des Anfechtungsgegners Objektive Beweisanzeichen?

Mögliche Beweisanzeichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz Zahlungs-unfähigkeit Inkongruenz Zahlungs-vereinbarungen etc. Gegenindikation: „Verlust der Beweisfunktion, sofern die schuldnerische Rechtshandlung Teil eines ernsthaften, wenngleich letztendlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist“

Die sog. „Kettenvermutungsregel“ Können die für den Vorsatz des Schuldners sprechenden Beweisanzeichen auch für den Nachweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners herangezogen werden, birgt dies die Gefahr der sog. „Kettenvermutungsregel“ Kette der Vermutungen: Nichtzahlung einer (nicht näher definierten) Anzahl von Rechnungen Zahlungs-unfähigkeit Benach-teiligungs-vorsatz Kenntnis des Gläubigers davon Eine Tatsache drei Vermutungen

Inhaltsverzeichnis 1 Das aktuelle Anfechtungsrecht in Deutschland 3 2 Kritik am deutschen Anfechtungsrecht 8 3 Reformbestrebungen 10 4 Fazit und Ausblick 12

Kritik am deutschen Anfechtungsrecht - Kernargumente Überbordende Komplexität der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO Rechtsunsicherheiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Fehlende Interessengerechtigkeit Insbesondere Unklarheiten über Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungs- vorsatz und Kenntnis davon (sog. „Kettenvermutungsregel“) Hinsichtlich der Inkongruenz von Zwangsvollstreckungen im Drei-Monats-Zeitraum sowie hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung von Prozesszinsen unabhängig vom Eintritt eines Verzuges Das geltende Insolvenzanfechtungsrecht und insbesondere seine praktische Handhabung belastet den Wirtschaftsverkehr mit unverhältnismäßigen und unkalkulierbaren Risiken

Inhaltsverzeichnis 1 Das aktuelle Anfechtungsrecht in Deutschland 3 2 Kritik am deutschen Anfechtungsrecht 8 3 Reformbestrebungen 10 4 Fazit und Ausblick 12

Reformbestrebungen (lt. Regierungsentwurf vom 29. September 2015) Hauptziel: Vermeidung von Rechtsunsicherheiten Sicherung bzw. Befriedigung nicht deswegen anfechtbar, weil durch Zwangsvollstreckung oder zu deren Abwendung erwirkt Bargeschäftsprivileg bei Löhnen auch bei Auseinanderfallen von Leistung und Zahlung von bis zu drei Monaten. Verzugszinsen erst ab Geltendmachung des Anspruchs, nicht mehr schon ab Verfahrenseröffnung Zu § 131 InsO Verkürzung der Anfechtungsfrist von 10 auf 4 Jahre Kongruente Deckungshandlung nur bei positiver Kenntnis von eingetretener Zahlungsunfähigkeit Bei Zahlungsvereinbarung bzw. eingeräumter Zahlungserleichterung keine Kenntnisvermutung Bargeschäft nur anfechtbar, wenn Schuldner „unlauter“ gehandelt und Anfechtungsgegner dies erkannt hat Zu § 133 InsO

Inhaltsverzeichnis 1 Das aktuelle Anfechtungsrecht in Deutschland 3 2 Kritik am deutschen Anfechtungsrecht 8 3 Reformbestrebungen 10 4 Fazit und Ausblick 12

Fazit und Ausblick Stand: Regierungsentwurf vom 29.09.2015 stößt auf heftige Kritik aus Wissenschaft und Praxis, insbesondere wegen des sog. „Fiskusprivilegs“, das auf Zwangsvollstreckung oder Androhung mit Zwangsvollstreckung gezahlte Sozialversicherungsbeiträge und Steuern weitestgehend der Anfechtung entziehen soll Es stellt sich die praktische Frage nach der Notwendigkeit einer Reform, insbesondere im Hinblick auf daraus resultierende veränderte Ergebnisse im Anwendungsfall Zu anderen Ergebnissen kann zumindest der Änderungsvorschlag zur Kongruenz von Zwangsvollstreckungen führen. Diesem ist grundsätzlich auch zuzustimmen; eine entsprechende Geltung für „Selbstvollstrecker“, also Sozialversicherungen und Finanzämter ist aufgrund der Gefahr des Rückfalls in Zeiten der Konkursordnung jedoch strickt abzulehnen Die vorgesehene Neuregelung zur Anfechtung von Bargeschäften würde zwar eine Entlastung hinsichtlich der sog. „Kettenvermutungsregel“ bedeuten, allerdings würden durch neue unbestimmte Rechtsbegriffe, wie z.B. „unlauter“ oder die Bezugnahme auf die „Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs“, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen, neue Unsicherheiten auf einer anderen Ebene entstehen Insgesamt scheint der Aufwand-Nutzen-Effekt der Reform daher fraglich

Dr. Wolf-R. von der Fecht Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner