Depression – Schwester der Sucht?!

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Depressionen Erstellt von: Prim.a MR.in Dr.in Margot Peters, PLL.M.
 Präsentation transkript:

Depression – Schwester der Sucht?! Zur Komorbidität zweier häufig vorkommender Störungen Fachtagung der Suchthilfe Aachen am 11.11.2009 Dr. Wilma Funke, Kliniken Wied

Da komme ich her: Kliniken Wied im Westerwald Kliniken Wied Haus Mühlental 142 Behandlungsplätze Kliniken Wied Haus Sonnenhang 72 Behandlungsplätze

Wer sind wir in den Kliniken Wied? seit 1974 mit 214 stationären und 2 x 3 ganztags ambulanten Behandlungsplätzen sowie 48 ambulanten Plätzen im Therapieverbund mit Diakonischen Werken Altenkirchen, Westerburg und den Caritasstellen Betzdorf im Westerwald sowie Neuwied am Rhein www.kliniken-wied.de

Depression – Schwester der Sucht?!

Der Blickwinkel verändert … Kurativer Ansatz: „Das Geheimnis der Medizin besteht darin, den Patienten abzulenken, während die Natur sich selbst hilft.“ (Voltaire) Psychotherapeutischer Ansatz: „Das Geheimnis der Psychotherapie besteht darin, dem Menschen zu helfen, seine Bedürfnisse und Lebensziele zu erkennen und angemessen zu verfolgen sowie Genussfähigkeit und Lebensfreude zu entwickeln/zu verbessern.“ (Vorschlag: WiFu) Rehabilitativer Ansatz: „Das Geheimnis der Rehabilitation besteht darin, dem Menschen zu helfen, seine Natur zu verstehen und sein Verhalten soweit zu kontrollieren, wie es seinem Integrationsbedürfnis und den gesellschaftlichen Anforderungen an seine Rollenfunktionen entspricht.“ (Vorschlag: WiFu)) Der Blickwinkel verändert …

Woher kommt das Thema? Das Leiden der Seele ist eine ganz normale Krankheit. Fast jeder 2. bekommt irgendwann in seinem Leben psychische Probleme, die eigentlich Behandlung erfordern.

„European Study of the Epidemiology of Mental Disorders“ (ESEMeD-Projekt) Befragung in 6 europäischen Ländern an über 20.000 Personen, die wegen psychischer Probleme in den letzten 12 Monaten Hilfe suchten:  21 % erhielten keine Behandlung  34 % nur medikamentöse Behandlung

Komorbidität mit Abhängigkeitserkrankungen Angsterkrankungen Depressive Störungen Persönlichkeitsstörungen Schizophrenien Affektive Psychosen Intelligenzminderungen

Schätzung: etwa 17 % aller Erwachsenen auf der Welt erleiden irgendwann in ihrem Leben eine schwere Depression, die oft unbehandelt wieder „verschwindet“ Tendenzen in den letzten 100 Jahren: Erhöhung der Auftretenswahrscheinlichkeit zunehmend geringeres Alter bei Beginn Verhältnis Männer : Frauen ist 1 : 2 bei Kindern/Jugendlichen: nahezu 1 : 1 für Jungen und Mädchen über alle sozioökonomischen Schichten

„Depression“ ist die häufigste psychische Störung Lebenszeitprävalenz (LZP) für Dysthymia bei Männern und Frauen 2-3 % LZP für wiederkehrende depressive Störung Bei Männern und Frauen 11 % LZP für depressive Episode bei Frauen: 20-25 % bei Männern: 7-12 %

Deprimiert: Depressiv: normaler Stimmungsumschwung Reaktion auf bedrückendes Ereignis verständliche Erschöpfung bedrückende Gedanken Alltagsleben nicht nachhaltig gestört; vorübergehend nützlich: über sich nachdenken Werte und Lebensstil überdenken oft danach größere Klarheit, Energie Depressiv: schwere psychische Störung ohne versöhnende Eigenschaften tiefes Leid, lange anhaltend, manchmal stärker werdend über Wochen und Monate starke Beeinträchtigung im Alltag (Defizite in der Rollenerfüllung) bis hin zur Lähmung der Aktivität Verlust der Lebensfreude und erhebliche Suizidgefährdung

Klinisches Bild der Depression Emotion extrem traurig und niedergeschlagen Überforderungsgefühle kaum Lebensfreude und Humor manchmal Angst, Wut, Nervosität Motivation Interessenverlust, „Lähmung des Willens“ Mangel an Antrieb, Energie und Spontaneität Flucht vor Aktivitäten und Belastungen des Lebens Verhalten wenig tun, wenig produktiv viel allein, oft lange im Bett oft verlangsamte, zögerliche Bewegungen, „geduckt“ Sprache oft leise, monoton, schwunglos wenig Blickkontakt, manchmal „Maskierung“ Körper vielfältige körperliche Symptome (Schmerzen, Verstopfung, Appetit- und Schlafstörungen, Müdigkeit, unangenehme Empfindungen)

Klinisches Bild der Depression Kognition negatives Selbstbild (unzulänglich, nicht begehrenswert) Selbstbeschuldigung, Schuldgefühle, Selbstkritik keine Erfolgszuversicht, Hilflosigkeit, negative Zukunftserwartung Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten („schlechtes“ Gedächtnis, Konzentrationsmängel, unfähig, Probleme zu lösen)

Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10 der WHO): Kapitel V (F): F3 „Affektive Störungen“ F32 depressive Episode gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit, Ermüdbarkeit F33 rezidivierende depressive Störungen Dauer der Episode zwischen 3 und 12 Monaten häufig durch belastende Ereignisse ausgelöst F34 anhaltende affektive Störungen chronifiziert, oft jahrelang

Diagnose depressiver Störungen: Dysthyme Störung: chronische depressive Verstimmung mindestens über 2 Jahre dauernd 2-3 Symptome aus der Checkliste vorhanden Majore depressive Störung Episode oder wiederkehrend, saisonal schwere Beeinträchtigung mehr als 2 Wochen mindestens 5 Symptome

Erklärungsansätze Psychodynamik Freud, Abraham Behaviorismus Lewinsohn Realer oder symbolischer Verlust wichtiger Menschen Behaviorismus Lewinsohn Verlust von Verstärkern für positives Verhalten Kognitiver Ansatz Beck, Ellis „negatives Denken“ (über sich selbst, die Umwelt und die Zukunft) Biologischer Ansatz L. Siever, K. Davis Neurotransmitter-Beteiligung

Langfristige psychodynamische Therapie Verhaltenstherapie Behandlungsrationale Langfristige psychodynamische Therapie Verhaltenstherapie Interpersonale Therapie Kognitive Therapie Elektrokrampftherapie Medikamentöse Therapie

Psychotherapie (entweder kognitive Therapie oder interpersonale Therapie) Aktivitäten steigern und Stimmungsverbesserung anstreben Automatische Gedanken untersuchen und widerlegen Verzerrtes Denken und negative Verzerrungen identifizieren Grundannahmen zu Person, Umwelt und Zukunft verändern

Unterstützende Pharmakotherapie (Einsatz von Antidepressiva) oft hilfreich Trizyklische oder Antidepressiva der 2. Generation (atypische) nebenwirkungsgeleitet (sedierend, aktivierend, angstlösend) einschleichend, aufrechterhaltend, nach Abklingen der akuten Symptomatik Erhaltungsdosis und ausschleichende Reduktion in akuten Krisen: zusätzliche Medikation vorübergehend Achtung: hypomanische oder bipolare Störung beachten

OPTISCHE TÄUSCHUNGEN Na, haben Sie Lust, Ihre Augen ein wenig zu verwirren??? Dann sehen Sie sich in Ruhe die folgenden Bilder an...

Besonderheiten in der Diagnostik der Komorbidität bei Depression und Abhängigkeitsstörungen: Überschneidende Symptombilder Henne- und Ei-Problematik Depression als psychisch relativ „reife“ Leistung

Besonderheiten in der Behandlung bei Depression und Abhängigkeitsstörung: Gegenseitige Beeinflussung der Phasen Aktivierung versus Aushalten lernen Verzahnung der Versorgungssektoren

Ansprüche und Wirklichkeit …

Systemische Aspekte Peter (47) Evelyn (45) Sascha (25) Christine (23) Marco (17)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Funktionsmodell des psychischen Geschehens nach Grawe (2004) Hilfreiches Schema in Fachaufsicht und Supervision … Konsistenz Grundbedürfnisse Kontroll- bedürfnis Lustgewinn/ Unlustvermeidung Bindungs-bedürfnis Selbstwert- erhöhung