Angst, Essstörungen und Sucht im Kindes- und Jugendalter

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 Präsentation transkript:

Angst, Essstörungen und Sucht im Kindes- und Jugendalter Pädagogische Hochschule Vorarlberg Dr. Christine De Col

Angststörungen Definition Ängste des Kindes- und Jugendalters gelten dann als klinisch relevant, wenn: sie nicht altersgemäß, unrealistisch und übertrieben sind; über mindestens 4 Wochen (bzw. bei generalisierten Angststörungen über 6 Monate) anhalten; Zu einer deutlichen Beeinträchtigung führen.

Angststörungen Klassifikation für Kinder und Jugendliche nach ICD 10: 1. emotionale Störung mit Trennungsangst 2. phobische Störung 3. Störung mit sozialer Ängstlichkeit 4. Generalisierte Angststörung

Angststörungen Klassifikation für Erwachsene nach ICD 10 1. phobische Störungen Agoraphobie soziale Phobie spezifische Phobie 2. sonstige Angststörungen Panikstörung generalisierte Angststörung Angst und depressive Störung gemischt sonstige gemischte Angststörungen

Angststörung Epidemiologie häufigste Störung im Kindes- und Jugendalter Lebenszeitprävalenz 10,4% „Stille Störung“ --> kaum Behandlungsangebote Median des Auftretens im 11 Lj. häufige Entwicklung von Komorbidität

Angststörungen Ätiologie 1. Elterliche Psychopathologie 2. Temperament des Kindes 3. biologische Risikofaktoren

Angststörungen Phobien Unangemessene, anhaltende und starke Angstreaktion gegenüber bestimmten Objekten, Situationen oder Tieren, von denen keine reale Gefahr ausgeht

Angststörungen Generalisierte Angststörung bei Kindern Übermäßig starke oder unbegründete und nicht kontrollierbare Sorge über verschiedene Situationen und Lebensbereiche: Sorgen über Kleinigkeiten wie Unpünktlichkeit, Sorge darüber, sich nicht richtig verhalten zu haben, gut genug in der Schule oder im Sport zu sein oder genug Freunde zu haben.

Angststörungen Emotionale Störung mit Trennungsangst Übermäßige oder unrealistische Angst in Erwartung der oder unmittelbar bei einer Trennung von den Eltern oder anderen engen Bezugspersonen. Beginn: vor dem 6. Lj.

Angststörungen Störung mit sozialer Ängstlichkeit Anhaltende Angst in sozialen Situationen mit fremden Erwachsenen oder Gleichaltrigen. Große Befangenheit, Verlegenheit oder auch übertriebene Sorge über die Angemessenheit des eigenen Verhaltens gegenüber fremden Personen.

Angststörungen Pankikattacken (episodisch paroxysmale Angst) plötzlich auftretende Angstzustände die sich nicht auf bestimmte Situationen oder Umstände beschränken.

Angststörungen Panikattacken: körperliche Symptome Herzklopfen Schweißausbrüche Atemnot Schwindel Brustschmerzen Entfremdungsgefühle Angst zu sterben, die Kontrolle zu verlieren oder wahnsinnig zu werden

Angststörungen Generalisierte Angststörungen beim Erwachsenen generalisierte und anhaltende Angst, die nicht auf bestimmte Situationen beschränkt ist. Körperliche Phänomene: chronische Nervosität Zittern oder Muskelverspannungen Benommenheit Schwindel etc.

Angststörungen Behandlung Verhaltenstherapeutische Behandlung mit und ohne Elterntraining Psychodynamische Therapie Pharmakologische Behandlung

Angststörungen Verhaltenstherapeutische Techniken Psychoedukation Soziales Kompetenztraining Entspannungstechniken Reizkonfrontationsverfahren Kognitive Interventionen

Angststörungen Psychodynamische Überlegungen Angst im Sinne von „Signalangst“ Phobien als Verschiebung der angstmachenden Situation („Der kleine Hans“) Vermeidungsverhalten und Kontrolle

Essstörungen Definition Zu den Essstörungen zählen zwei Syndrome: Anorexia nervosa und Bulimia nervosa

Essstörungen Anorexia nervosa Die Erkrankung ist durch absichtlich selbst herbeigeführten bzw. aufrechterhaltenen Gewichtsverlust charakterisiert. Daraus resultiert eine Unterernährung unterschiedlichen Schweregrades, die zu endokrinen und metabolischen Veränderungen führt.

Essstörungen Bulimia nervosa Die Erkrankung ist durch wiederholte Anfälle von Heißhunger und eine übertriebene Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert. Dies veranlasst die Patienten, mit extremen Maßnahmen den dickmachenden Effekt der zugeführten Nahrung zu mildern.

Essstörungen Klassifikation Anorexia nervosa Bulimia nervosa atypische Essstörungen (Binge-Eating-Störung)

Essstörungen Epidemiologie Anorexia nervosa: 0,3-1 % Bulimia nervosa: 1-4 % Atypische Essstörungen: 10-15 % weibliches Geschlecht Adoleszenz und frühes Erwachsenenalter Altersgipfel zwischen 15. und 19. Lj. westliche Kultur

Essstörungen Ätiologie multifaktorielle Genese: genetische Faktoren soziokulturelle Faktoren familiäre Ursachen

Essstörungen Symptomatik der Anorexia nervosa Einschränkung der Nahrungszufuhr gravierender Gewichtsverlust (BMI <17,5) körperliche Hyperaktivität ständige Beschäftigung mit Gewicht, Kalorien und Figur

Essstörungen Körperliche Veränderungen bei AN Trockene schuppige Epiermis Lanugobehaarung Akrozyanose, Cutis marmorata Haarausfall Blutbildveränderungen Veränderungen im Lipidstoffwechsel Erniedrigung von Gesamteiweiß und Albumin

Essstörungen Körperliche Veränderungen bei AN Erhöhung von Tansaminasen, Amylase… Hormonstörungen (Hypophysen-NNR-Achse, Schilddrüsen-Achse, Gonaden-Achse) Minderwuchs, späte Pubertätsentwicklung CT-Verändrungen: Pseudoathrophia cerebri EKG-Veränderungen: Bradykardie, Hypotonie

Essstörungen Symptomatik der Bulimia nervosa Ähnliche Fixierung auf Figur und Gewicht wie bei Anorexia, aber Heißhungerattacken mit nachfolgenden gewichtsreduzierenden Maßnahmen (z. B. Erbrechen, Laxantienabusus, exzessiver Sport,…). Komorbide depressive, Angst- und Zwangssymptome.

Essstörungen Körperliche Veränderungen bei BN Haarausfall Speicheldrüsenschwellung Ausgeprägte Karies Schwielen an den Fingern Blutbildveränderungen Hormonstörungen Ösophagitis

Essstörungen Körperliche Veränderungen durch Laxantienabusus bei BN Malabsorbtionssyndrom Osteoporose schwere Obstipation Osteomalazie

Essstörungen Binge-Eating-Störung (nur im DSM IV) Heißhungerattacken und Essanfälle ohne anschließende gewichtsreduzierende Maßnahmen. Zumeist mit Gewichtszunahme bzw. Adipositas vergesellschaftet.

Essstörungen Behandlung Kontrolle der Nahrungszufuhr körperliche Stabilisierung (auch Zwangsernährung über Sonde) Medikamentöse Therapie Psychotherapie

Essstörungen Indikation für stationäre Behandlung bei AN kritisches Untergewicht somatische Komplikationen Suizidgefahr Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen soziale Isolation Unveränderbare familiäre Interaktionen scheitern ambulanter Therapien

Essstörungen Indikation für stationäre Behandlung bei BN somatische Komplikationen häufige Heißhungerattacken Störungen der Impulskontrolle Selbstverletzungen Drogen- oder Alkoholmissbrauch

Essstörungen Adipositas Definition: Übergewicht liegt vor, wenn das körperhöhenbezogene Gewicht ein definiertes Maß (z.B. BMI) übersteigt. Adipositas bezeichnet man einen überdurchschnittlich hohen Anteil der Fettmasse am Körpergewicht

Essstörungen Adipositas Untergewicht <18,5 BMI Normalgewicht 18,5 bis 24,9 BMI Übergewicht >25 BMI Präadipositas 25-29,9 BMI Adipositas Grad I 30-34,9 BMI Adipositas Grad II 35-39,9 BMI Adipositas Grad III >40 BMI

Essstörungen Epidemiologie der Adipositas in den Industrieländern Adipositas in den letzten 30 Jahren um 400% bei Kindern und Jugendlichen angestiegen. 17% der Männer und 20% der Frauen leiden unter Adipositas. Mittel- und Oberschicht in den Schwellenländern betroffen; niedere soziale Schicht und Bildungsgrad der Mutter in den Industrienationen bedeutsam; erhöhter Fernsehkonsum und Bewegungsmangel

Essstörungen Ätiologie der Adipositas genetische Faktoren Ernährungsgewohnheiten Bewegungsgewohnheiten

Essstörungen Ätiologie der Adipositas genetische Faktoren Übergewichtige Frauen bekommen mehr Kinder (???) Stigmatisierung führt zu Partnerschaften zwischen Übergewichtigen

Essstörungen Ätiologie der Adipositas Ernährungsgewohnheiten: Veränderung des Nahrungsangebotes Veränderung von Werbung, Preisgestaltung Zunahme der Berufstätigkeit von Frauen Zunahme der Portionsgrößen Zunahme der Zwischenmahlzeiten Abnahme des Konsums von Obst und Milchpordukten

Essstörungen Behandlung der Adipositas Langfristige Gewichtsreduktion Verbesserung der Adipositas-assoziierten Komorbidität Verbesserung des Essverhaltens und des Bewegungsverhaltens Vermeidung von unerwünschten Therapieeffekten (Essstörungen)

Essstörungen Pharmakologische Behandlung 1. Medikamente die die Nahrungszufuhr hemmen. 2. Medikamente die die Nährstoffabsorption hemmen. 3. Medikamente die den Energieverbrauch steigern. Kein Medikament bei Kindern und Jugendlichen zugelassen!!!

Suchterkrankungen Defintion Schädlicher Gebrauch Die Diagnose erfordert eine tatsächliche physische oder psychische Schädigung. Der schädliche Konsum wird von anderen kritisiert und führt zu neg. sozialen Folgen. Eine akute Intoxikation ist noch kein schädlicher Gebrauch

Suchterkrankungen Definition Abhängigkeitssyndrom starker Wunsch bzw. innerer Zwang psychotrope oder alkoholhaltige Substanzen zu konsumieren. Kontrollverlust bezüglich Beginn, Menge und Beendigung des Konsums. körperliches Entzugssyndrom Nachweis einer Toleranz Fortschreitende Vernachlässigung Anhaltender Substanzkonsums trotz Schädigung

Suchterkrankungen Epidemiologie Konsum von psychotropen Substanzen bei männlichen Jugendlichen doppelt so hoch wie bei weiblichen. Beginn Tabakkonsum mit 13,5; Alkoholkonsum mit 14 und Cannabiskonsum zwischen 15 und 16 Jahren. Einstiegsalter sinkt!

Suchterkrankungen Verschiedene Substanzen Tabak Alkohol Cannabis Inhalanzien Amphetamine Pilze Ecstasy Halluzinogene Kokain Heroin

Suchterkrankungen Ätiologie multifaktorielle Genese 1. Vulnerabilität 2. familiäre Verhältnisse 3. soziale Faktoren 4. körperliche und psychische Gewöhnung an die Substanz 5. Erhöhung der Stressoren

Suchterkrankungen Diagnostik: akute Intoxikation schädlicher Gebrauch Abhängigkeitssyndrom Entzugssyndrom Entzugssyndrom mit Delir Psychotische Störung amnestisches Syndrom

Suchterkrankungen Behandlung multimodale Ansätze jedoch schlechte Prognosen bei Abhängigkeitssyndromen. Pharmakologische Behandlung zur Symptomreduktion nur kurzfristig geeignet.