Wirtschaftstreff Bad Dürrheim

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 Präsentation transkript:

Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.03.2015 Auswirkungen des Mindestlohngesetzes Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.03.2015 Ass. jur. Joachim Vojta Handwerkskammer Konstanz Tel.: 07531/205-336 Fax: 205-6336 Email: joachim.vojta@hwk-konstanz.de

Inhaltsübersicht Auswirkungen des Mindestlohngesetzes, insbesondere Einführung neuer Aufzeichnungspflichten sowie Subunternehmerhaftung für Auftraggeber     2.   Zulässige wirtschaftliche Betätigung von Städten und Gemeinden Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

1. Mindestlohngesetz Zum 01.01.2015  ist das neue Mindestlohngesetz in Kraft getreten: Verbindlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro Aufzeichnungspflichten für geringfügig Beschäftigte - unabhängig von der Wirtschafsbranche Haftung des Auftraggebers für eingesetzte Subunternehmer und Verleiher auf Zahlung des Mindestlohns Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Neue Aufzeichnungspflichten Jeder Arbeitgeber (unabhängig von der Wirtschaftsbranche) muss Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit für geringfügig Beschäftigte - d. h. Minijobber bis 450 Euro sowie kurzfristig Beschäftigte - (mit Ausnahme der geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten) aufzeichnen (§ 17 MiLoG): Die Aufzeichnung muss spätestens innerhalb einer Woche nach der Arbeitsleistung erfolgen und mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Aufzeichnungspflichten für alle Beschäftigten In folgenden Wirtschaftsbereichen gilt die Aufzeichnungspflicht für alle Beschäftigten: - Baugewerbe - Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe - Personenbeförderungsgewerbe - Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe - Schaustellergewerbe - Unternehmen der Forstwirtschaft - Gebäudereinigungsgewerbe - Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen - Fleischwirtschaft Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Beispiel: AN beginnt um 08:00 Uhr, macht von 09:30 bis 09:45 Uhr und 13:00 bis13:45 Uhr Pause; die Arbeitszeit endet um 17:00 Uhr Aufzeichnung: Datum: XX.XX.2015 Beginn: 08:00 Uhr Ende: 17:00 Uhr Pausen 1:00 Stunde Arbeitszeit: 8 Stunden Merke: Konkrete Lage und Dauer der Pausen müssen nicht aufgezeichnet werden. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Auftraggeberhaftung für Subunternehmer § 13 MiloG: Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit Dienst- oder Werkleistungen beauftragt, haftet - unabhängig von eigenem Verschulden - dafür, dass  der von ihm beauftragte Unternehmer, dessen beauftragter Nachunternehmer oder ein von diesem Unternehmer oder Nachunternehmer beauftragter Verleiher einem Arbeitnehmer den Mindestlohn bezahlt. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Allgemeinverbindliche Tariflöhne Tariflöhne, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden, gelten ebenfalls als gesetzliche Mindestlöhne (§ 1 Abs. 3 MiLoG) mit der Folge der Subunternehmerhaftung. Übersicht über allgemeinverbindliche Tariflöhne im Handout bzw. Homepage HWK Konstanz bzw. www.zoll.de Nach Auffassung des Arbeitsministeriums soll die Subunternehmerhaftung entspr. der einschränkenden Rechtsprechung zum AentG nur für den Fall gelten, dass ein Auftraggeber eine ihm vertraglich obliegende Verpflichtung zur Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen nicht selbst erfüllt, sondern sich hierzu eines Subunternehmers bedient.  Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Allgemeinverbindliche Tariflöhne in BW Baugewerbe Dachdecker Elektrohandwerk Friseurhandwerk Gebäudereinigungsleistungen Gerüstbauer Maler- und Lackiererhandwerk Schornsteinfeger Steinmetz Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Haftungsrisiko bei Subunternehmerbeauftragung Sofern regelmäßig oder über längere Zeiträume hinweg Subunternehmer beauftragt werden, kann es empfehlenswert sein, sich vertraglich gegen die Folgen einer möglichen Inanspruchnahme nach dem MiloG abzusichern. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Reduzierung des Haftungsrisikos Schriftliche Zusicherung zur Zahlung des Mindestlohns mit Haftungsfreistellung Vertragliche Prüf- und Kontrollrechte Vorlage von Lohnabrechnungen Kündigungsrecht und Verwirkung einer Vertragsstrafe bei Verstoß Sicherheitsleistung oder partielles Zurückbehaltungsrecht vereinbaren →Vereinbarung bereits bei Vertragsschluss notwendig → Aber: Letztlich Wirkung nur im Innenverhältnis Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

2. Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden Die zulässige unternehmerische Betätigung von Städten und Gemeinden in Konkurrenz zu privaten Anbietern ist ein Dauerthema in der politischen Diskussion. Im Kern geht es um die notwendige Abgrenzung zwischen Staat und Markt. Das bestehende Gemeindewirtschaftsrecht sollte nach Plänen der Landesregierung im Jahr 2014 zugunsten der Kommunen gelockert werden.   Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

§ 102 Gemeindeordnung Baden–Württemberg (aktuelle Fassung) (Abs.1) Die Gemeinde darf ungeachtet der Rechtsform wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn 1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, 2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraus- sichtlichen Bedarf steht und 3. bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseins- vorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Verschärfte Subsidiaritätsklausel Seit 2006 gilt die sog. Verschärfte Subsidiaritätsklausel: Vorrang der privaten Leistungserbringung in Wettbewerbsmärkten Kommunale Unternehmen dürfen in privaten Bereichen erst dann tätig werden, wenn kein Unternehmer aus der privaten Wirtschaft die mit dem Unternehmenszweck verfolgten Aufgaben ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen kann. Leistungsüberlegenheit der Kommune erforderlich. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Einfache Subsidiaritätsklausel Gesetzentwurf 2014: einfache Subsidiaritätsklausel Kein Vorrang der privaten Leistungserbringung in Wettbewerbsmärkten Kommunale Unternehmen dürfen in privaten Bereichen tätig werden, wenn kein Unternehmer aus der privaten Wirtschaft die mit dem Unternehmenszweck verfolgten Aufgaben besser und wirtschaftlicher erfüllen kann. Keine Leistungsüberlegenheit der Kommune erforderlich. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Gesetzentwurf 2014 Nach dem Gesetzentwurf hätte zukünftig ein privater Anbieter beweisen müssen, dass er die Leistung besser und wirtschaftlicher erbringen könne als die staatliche Konkurrenz. Nur dann dürfe die Gemeinde nicht tätig werden. Da dieser Beweis faktisch nicht zu führen wäre, wären den Kommunen künftig in ihrer wirtschaftlichen Betätigung keine Grenzen mehr gesetzt. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Argumente gegen die einfache Subsidiarität Es gibt keinen fairen Wettbewerb zwischen kommunalen Unternehmen und privaten Anbietern: Quersubventionierung innerhalb der Körperschaft möglich. Bessere Finanzierungsbedingungen zugunsten kommunaler Unternehmen aufgrund des fehlenden Insolvenz-Risikos. Keine Umsatzsteuerpflicht bei interkommunaler Zusammenarbeit. Kein Zwang zur Profitabilität. Besserer Informationszugang zugunsten kommunaler Betriebe möglich aufgrund personeller Verflechtung. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Aktuelle Beispielsfälle für wirtschaftliche Betätigung von Kommunen (Quelle: BWHT) Städtische Wohnbaugesellschaften bieten Umbauten, Anbauten und Ausbauten sowie Gebäudereinigung für Objekte von Dritten an. Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen bieten Leistungen in den Bereichen Elektroinstallation („hinter dem Zähler“) sowie Gebäudetechnik an. Entsorgungsbetriebe bieten Kanalreinigung an Einwohnmeldeamt fertigt Passbilder an. Städtische Bestattungsunternehmen bieten Leistungen an Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Beispiele aus der Praxis Badenova AG & Co. KG aus Freiburg (städtische Beteiligung = 100%) bietet 2010 privaten Kunden Einbau von Heizungen an. Nach Beschwerden aus der Wirtschaft werden die Leistungen nicht mehr angeboten. Beispiele aus NRW, die von der Kommunalaufsicht untersagt wurden (ca. 20 Fälle) u.a. Betrieb von Reisebüros durch die Städte Duisburg und Düsseldorf, Betrieb von 2 Gaststätten und eines Fingernagelstudios durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Mülheim a.d.R. etc…. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Rechtsschutz Mit der Neufassung des § 102 GemO im Jahre 2006 wurde nach der Gesetzesbegründung eine sog. Drittschutzwirkung für private Anbieter verankert: Damit kann eine Gemeinde bei Verstößen gegen das geltende Gemeindewirtschaftsrecht vor dem Verwaltungsgericht auf Unterlassung oder Einwirkung auf die von ihr beherrschten Unternehmen in Anspruch genommen werden. Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung vom 25. 10.2005, LT-Drs. 13/4767, S. 7. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Keine Änderung der Rechtslage Im Jahr 2014 haben Vertreter von Wirtschaft und Mittelstand gegen die geplante Lockerung des Gemeindewirtschafts-rechts protestiert. 12.01.2015: Bestätigung des Innenministerium Baden– Württemberg, dass § 102 der Gemeindeordnung nicht neu gefasst wird. (Quelle BWHT) Aber: Solange die Finanzausstattung der Kommunen kritisch bleibt, wird das Thema der unternehmerischen Betätigung von Städten und Gemeinden aktuell bleiben. Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Wirtschaftstreff Bad Dürrheim 11.3.2015 19.04.2018