Pausenorganisation und Fluktuation in der Altenpflege Winfried Hacker Nadine Schrod Jürgen Wegge Johannes Wendsche 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie Bochum, 21.-25.09.2014 Symposium: “Wie kann man die Probleme des demografischen Wandels in der Pflege erfolgreich angehen? ” This study was supported by research grants of the German Research Foundation (DFG, HA 2249/17-1, WE 1504/12-1, KL 2303/7-1)
Gliederung Theoretische Einleitung Forschungsmodell und Hypothesen Methoden Ergebnisse Schlussfolgerungen und Ausblick
1. Theoretische Einleitung Der demografische Wandel in Deutschland rückt das Personalmanagement in der Altenpflege in eine neues Licht Es gibt mehr Arbeit! Anstieg der Pflegebedürftigen um 30% in den nächsten Jahren Es gibt mehr ältere Mitarbeiter! Der Anteil der über 50-jährigen Pflegekräfte hat zwischen 2001 und 2009 um über 50% zugenommen Der Nachwuchs fehlt! Ausbildungsberuf in Konkurrenz zu akademischen Berufen Junge Pflegekräfte verlassen diesen Beruf recht schnell wieder LÖSUNG: Fluktuation durch günstige Arbeitsorganisation vorbeugen oder reduzieren
1. Theoretische Einleitung Bekannte Antezedenzien der Fluktuationsrate (Griffeth et al., 2000; Hayes et al., 2012; Holtom et al., 2008; Hom et al., 2012) Individuelle Faktoren (z.B. Alter) Einstellung (z.B. Commitment, Arbeitszufriedenheit) Arbeitstätigkeit (z.B. Handlungsspielraum) Arbeitsorganisation (z.B. Führungsstil) Für eine Vielzahl dieser Merkmale ergibt sich eine ungünstigere Konstellation in der stationären im Vergleich zur ambulanten Pflege. Dennoch: Zahlreich Studien zeigen keine sign. Unterschiede in der Fluktuationsabsicht in Abhängigkeit von der Pflegeart (z.B. NEXT - Studie)
1. Theoretische Einleitung Erklärung des Paradoxon: Es muss noch relativ wenig beforschte Antezedenzien geben, die als Puffer in der stationären Pflege wirken. Eine Merkmalsgruppe könnte die Pausenorganisation sein.
1. Theoretische Einleitung Aus der bisherigen Forschung wurden 4 Merkmale einer günstigen Pausenorganisation extrahiert für die eine bessere Ausprägung in der stationären Pflege indiziert ist ein negativer Zusammenhang zur Fluktuationsrate indiziert ist Merkmal A. Regelmäßigkeit der Pausen B. Kollektive Pausen C. Pausenraum verfügbar D. Vorbeugung versteckter Pausen
2. Forschungsmodell und Hypothesen Merkmale der Pausenorganisation Pflegeart Fluktuationsrate H1: Die Einhaltung psychosozialer und ergonomischer Kriterien einer günstigen Pausenorganisation ist in der stationären Pflege höher als in der ambulanten Pflege H2: Die Einhaltung psychosozialer und ergonomischer Kriterien einer günstigen Pausenorganisation hängt negativ mit der Fluktuationsrate zusammen. H3: Die indirekten Effekte zwischen Pflegeart und Fluktuationsrate werden über die Merkmale einer günstigen Pausengestaltung vermittelt.
3. Methoden ODEM Studie (Querschnitt T1, 51 Pflegeeinrichtungen in Sachsen) 80 Teams: 45 stationär, 35 ambulant Analyse der Pausengestaltung von Pflegefachkräften durch Ganzschichtbegehungen (Frühschicht) inkl. Schichtwechsel Beobachtungsinstrument Merkmal Stufen Kappa Beobachtung-Führungskraft A. Regelmäßigkeit 3 K > .59 M = .80 r = .63 *** B. Kollektive Pausen 4 r = .80 *** C. Pausenraum 2 D. Vorbeugung versteckter Pausen r = .48 ***
3. Methoden Auswertung durch Strukturgleichungsmodelle mit MPlus Kontrollvariablen Rechtsform Lage Anzahl Pflegefachkräfte Alter im Team Klientenmerkmale (Anzahl, Pflegestufe) Klienten pro Pflegefachkraft
4. Ergebnisse 4.1 Ungünstigere Pausenorganisation in der ambulanten Pflege (Hypothese 1) Merkmal Bestgestaltung (%) Sign. stationär ambulant A. Regelmäßigkeit der Pausen 80 51 Ja B. Kollektive Pausen 53 28 C. Pausenraum verfügbar 66 Nein D. Vorbeugung versteckter Pausen 47 17
4. Ergebnisse 4.2 Günstige Pausenorganisation geht mit geringere Fluktuationsrate einher (Hypothese 2) 4.3 Indirekte Effekte der Pausenorganisation(Hypothese3) Keine sign. Unterschiede in Fluktuationsrate zwischen ambulanter (M = 17.8 %) und stationärer Pflege ( M = 16.5 %) Indirekte Effekte Signifikant: Kollektive Pausen Tendenziell: Vorbeugung versteckter Pausen Merkmal PE A. Regelmäßigkeit der Pausen -0.21, ns B. Kollektive Pausen -7.19, p < .05 C. Pausenraum verfügbar 2.66, ns D. Vorbeugung versteckter Pausen -5.07, p <.10
5. Schlussfolgerungen und Ausblick Günstige Pausenorganisation als weitere wichtige organisationale Ressource zur Vorbeugung eines Verlustes an Mitarbeitern und zwar insbesondere durch das Angebot kollektiver Pausen durch das Vorbeugen illegitimer Pausen (z.B. Kurzpausensysteme) Limitationen der Studie Querschnittstudie (allerdings für Subsample von n=7 keine Veränderung der Pausenorganisation und Fluktuationsrate 11 Monate später) Nur Frühschicht analysiert Mechanismen (Erholung, soziale Unterstützung, Commitment,…) müssen genauer geklärt werden
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Literaturnachweise sind auf Anfrage erhältlich Sen.-Prof. Dr. Winfried Hacker TU Dresden Fachrichtung Psychologie Arbeitsgruppe „Wissen-Denken-Handeln“ Objekt Falkenbrunnen 01062 Dresden 0351 – 463 36226 0351 – 463 37295 hacker@psychologie.tu-dresden.de Prof. Dr. Jürgen Wegge Dipl.-Psych. Nadine Schrod Dipl.-Psych. Johannes Wendsche