Neuronale Korrelate von Selbstkritik und Achtsamer Verarbeitung Übersicht Neuronale Korrelate von Selbstkritik und Achtsamer Verarbeitung Ein Vergleich zwischen Achtsamkeits-Meditierenden und Nicht-Meditierenden Einleitung Methode Ergebnisse Schlussfolgerungen Literatu / Links Jacqueline Lutz1, 2, Hanne Scheerer1, Nadja Doerig2, Andrea Weibel2, Philipp  Stämpfli1, Alexander Steinhoff1, Martin grosse Holtforth2,4, Annette B. Brühl1,5, Lutz Jäncke2, Uwe Herwig1,3 1 Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zürich, Schweiz 2 Universität Zürich, Psychologisches Institut, Zürich, Schweiz 3 Universität Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Ulm 4 Universität Bern, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Bern 5 University of Cambridge, Department of Psychiatry and Behavioural and Clinical Neuroscience Institute, Cambridge, Grossbritannien dgppn2014-eposter- Einleitung Ausgeprägte Selbstkritik ist ein Risikofaktor für Depression. Demgegenüber können „Self-compassion“ (Mitgefühl gegenüber sich selbst) und Achtsamkeit (absichtsvolle, wertfreie Wahrnehmung des Erlebens) vor exzessiver Selbstkritik schützen. So findet Achtsamkeitstraining auch vermehrt Anwendung in der Psychotherapie der Depression. Die genauen Wirkmechanismen von Achtsamkeit auf Selbstkritik sind dabei nicht vollständig geklärt, insbesondere neurobiologische Aspekte wurden wenig untersucht. Die vorliegende Studie vergleicht die Verarbeitung selbstkritischer Inhalte von regelmässig Achtsamkeits-Meditierenden mit Personen ohne Achtsamkeitstraining (Kontrollpersonen).

Beispiel Block Selbstkritik Methode Probanden 20 Meditierende (durchschnittliche Meditationserfahrung über 5000 Stunden) und 21 nach Alter, Geschlecht und Bildung vergleichbare (matched) Kontrollpersonen wählten selbst-relevante, selbstkritische Adjektive. Alle Probanden füllten ausserdem den „Five Facet Mindfulness Questionnaire“ (FFMQ) aus, einen Fragebogen zur Erfassung verschiedener Dimensionen der Achtsamkeit. Experiment Beispiel Block Selbstkritik Während funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) wurden die Probanden mit Adjektiven ihrer negativen Selbst-Schemata konfrontiert. Als Vergleichsbedingung dienten neutrale Adjektive sowie weitere Bedingungen. Adjektive: Selbst-gewählt aus einer Liste mit 52 negativen und 52 positiven Adjektiven kombiniert mit 3 ähnlichen Worten pro Block. Instruktion: Lesen Sie die Adjektive leise, Fokussieren Sie auf die Bedeutung und/oder Ihre emotionale Reaktion darauf.

Ergebnisse Unterschiede in Achtsamkeitsmassen Die Gruppen unterschieden sich nicht signifikant im Gesamtwert des FFMQ. Einen signifikanten Gruppenunterschied fanden wir ausserdem in der FFMQ-Dimension „Nicht Reagieren auf innere Erfahrung“ (Nonreact) und Beobachten (Observe). Fragebogen Dimensionen Engl. Original Meditierende Durchschn., Standardabw. Kontrollen Gruppen-unterschied t-Wert p Beobachten Observe 27.9, 6.04 31.35, 3.34 -2.27 0.03* Beschreiben Describe 30.76, 6.38 32, 3.32 -0.78 0.44 Aufmerksamkeit Acting with awareness 31.9, 6.07 31.5, 4.75 0.24 0.81 Nicht-Beurteilen Nonjudge 34, 4.95 33.5, 5.58 0.3 0.76 Nicht-Reagieren Nonreact 23.52, 4.49 27.2, 3.74 -2.86 0.01* Unterschiede der Gehirnaktivierung Während der Betrachtung selbstkritischer Adjektive (verglichen mit neutralen Adjektiven) zeigten Meditierende gegenüber Kontrollen stärkere Aktivierung im Bereich medial-präfrontaler Kortex/Paracingulum (MPFC, BA 8). Die durchschnittliche Aktivierung korrelierte positiv mit den Nonreact-Werten des FFMQ.

Quellenangaben / Weiterführende Materialien/ Links Schlussfolgerungen Erhöhte Aktivierung in medialen, präfrontalen Regionen wurde in Studien zur Emotionsbenennung (Affect Labeling) und zum Umbewerten (Reappraisal) gefunden. Die Korrelation der Region mit dem Fragebogenmass Nonreact könnte bedeuten, dass Meditierende weniger stark auf die Selbstkritik reagierten. Eine solche akzeptierende Haltung entspräche einem Kernaspekt von Achtsamkeit. Womöglich widerspiegelt die Aktivierung auch verstärktes, positives Umbewerten der Selbstkritik. Achtsamkeit wird als Voraussetzung für solch effizienteres Reappraisal vermutet. Beide Mechanismen können als Form des adaptiven Umgangs mit Selbstkritik gewertet werden und würden die Integration von Achtsamkeitstraining in die Depressionsbehandlung bestärken. Quellenangaben / Weiterführende Materialien/ Links Achtsamkeit und fMRI in Untrainierten Creswell, J. D., Way, B. M., Eisenberger, N. I., Lieberman, M. D., & J. David Creswell Baldwin M. Way, N. I. E. (2007). Neural Correlates of Dispositional Mindfulness During Affect Labeling. Psychosom Med, 69(6), 560–565. Lutz, J., Herwig, U., Opialla, S., Hittmeyer, A., Jäncke, L., Rufer, M., … Brühl, A. B. (2013). Mindfulness and Emotion Regulation - an fMRI Study. Social Cognitive and Affective Neuroscience, nst043–. Neurobiologie der Meditation Hoelzel, B. K., Lazar, S. W., Gard, T., Schuman-Olivier, Z., Vago, D. R., & Ott, U. (2011). How Does Mindfulness Meditation Work? Proposing Mechanisms of Action From a Conceptual and Neural Perspective. Perspectives on Psychological Science, 6(6), 537–559. Chiesa, a., Brambilla, P., & Serretti, a. (2011). Neuro-imaging of mindfulness meditations: implications for clinical practice. Epidemiology and Psychiatric Sciences, 20(02), 205–210. doi:10.1017/S204579601100028X Selbst-Kritik Doerig, N., Schlumpf, Y., Spinelli, S., Späti, J., Brakowski, J., Quednow, B. B., … Grosse Holtforth, M. (2013). Neural representation and clinically relevant moderators of individualised self-criticism in healthy subjects. Social Cognitive and Affective Neuroscience. Achtsamkeitsfragebogen Baer, R. A., Smith, G. T., Hopkins, J., & Toney, L. (2001). Using Self-Report Assessment Methods to Explore Facets of Mindfulness. Achtsamkeit und Wellbeing Brown, K. W., Ryan, R. M., & Creswell, J. D. (2007). Mindfulness: Theoretical Foundations and Evidence for its Salutary Effects. Psychological Inquiry, 18(4), 211–237. Achtsamkeits- und Wellbeing Forschung (lDr. Richard J. Davidson) http://www.investigatinghealthyminds.org Kontakt: Jacqueline Lutz, jacquelline.lutz@puk.zh.ch