Begabung und Armut Essen 06. April 2016

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Begabung und Armut Essen 06. April 2016 Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani | Professor für Politische Soziologie Robert-Koch-Straße 30 | 48149 Münster Tel. 0251 83-65745 | Fax 0251 83-65804 | mafaalani@fh-muenster.de

Paradoxon der Bildungsexpansion Studienanfänger an deutschen Universitäten nach Beruf des Vaters Paradoxon der Bildungsexpansion Bildungsparadoxon (1): Weil sich für alle die Chancen verdoppeln, verstärkt sich der ungleiche Zugang zu höherer Bildung Bildungsparadoxon (2): Bildungsabschlüsse werden immer wichtiger (für Berufseinstieg) und gleichzeitig verliert jede Abschlussart an Wert (Inflation) Bildungsparadoxon (3): Obwohl sich IQ und Lesekompetenz in jeder Dekade erhöhen, sinken beide Werte durchschnittlich in fast jeder Bildungsinstitution von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04.2017

A 40 A40 – Sozialäquator der Ruhr-Metropole von 15 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 27.11.2017

A 40 Sozialäquator der Ruhr-Metropole Teilhabechancen auf regionaler Ebene Armut und Reichtum im Ruhrgebiet A 40 Sozialäquator der Ruhr-Metropole von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Knappheit ist insbesondere bezogen auf „Kapital“ Kapitalsorten nach Bourdieu Ökonomisches Kapital: Eigentum, Geld Soziales Kapital: Bekanntschaften, Netzwerke, Nachbarschaft, Solidarität i.w.S. Kulturelles Kapital: Institutionalisiertes KK: Schulabschlüsse, Akademische Titel u.ä. Inkorporiertes KK: Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten (u.a. auch Manieren) Objektiviertes KK: Besitz von Büchern, Kunstgegenständen, Musikinstrumenten etc. Konvertierbarkeit (Austauschbarkeit) der Kapitalsorten Als „Kapital“ werden alle Ressourcen verstanden, mit denen man seine (Macht-/Hierarchie-)Position verbessern kann von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04.2017

Biographische Perspektive auf Bildungsgerechtigkeit von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Bildungsaufsteiger/innen mit & ohne MH Nachhaltiger Herkunftseffekt in der Biographie 100 Kinder aus der „Oberschicht“ 100 Kinder aus „unteren Schichten“ 36 besuchen gymnasiale Oberstufe 85 besuchen gymnasiale Oberstufe 81 nehmen Studium auf 11 nehmen Studium auf Studienabbruch Berufseinstieg Einkommen Berufspositionen Bildungsaufsteiger/innen mit & ohne MH von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Habitus als Vermittler zwischen Struktur und Praxis Habitus als dauerhaftes Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster, von dem aus die soziale Welt erlebt wird Der Habitus beinhaltet vier Dimensionen: Moral (ethos), Körper (hexis), Geist (eidos) und Ästhetik (aisthesis) Der Habitus eines Menschen ist an jenem Ort am funktionalsten, an dem er herausgebildet wurde. Daher wird ein Menschen soziale Situationen und Kontexte „suchen“, die den eigenen habituellen Mustern entsprechen, also Anschlussfähigkeit gewährleisten. von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Sozialer Wandel – Essgewohnheiten Früher Heute Elite Unter-schicht von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Habitus und Lebenswelt Aufwachsen in Knappheit/Überfluss Prekäre Verhältnisse: Grundproblem: strukturelle Knappheit (Geld/Besitz, Anerkennung, Handlungsoptionen etc.) Management der Mangels Kurzzeitorientierung, Funktionslogik und Unsicherheitsvermeidung Bildung als Mittel zum Zweck Privilegierte Verhältnisse: Grundproblem: struktureller Überfluss (lediglich der Faktor Zeit stellt Grenze dar) Management des Überflusses Langzeitorientierung, Abstraktion und Denken in Alternativen Bildung als Selbstzweck „Für die Entscheidung über die Aufnahme eines Kindes in eine weiterführende Schule sind die […] Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen; es sind aber auch Eignung, Neigung und Wille des Kindes zu geistiger Arbeit insgesamt zu werten“ (KMK 2006: 5) von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Einwanderer… Die 1. Generation die ersten Jahre nach der Ankunft Einwanderer… sind überdurchschnittlich motiviert und risikobereit werden meist konservativ(er) haben hohe Erfolgs- und Loyalitätserwartungen an ihre Kinder bringen eigene Erfahrungen mit (insb. bzgl. Erziehung & Bildung) sind skeptisch, weil sie schlechte Erfahrungen machen von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 27.11.2017

Aufsteiger/innen aus benachteiligten Milieus Psychosoziale Herausforderungen Kein „klassisches“ Aufstiegsmotiv, stattdessen: Veränderungsbedürfnis bzw. Veränderungsdrang (Flexibilität) Kein Aufstiegsplan, stattdessen: step-by-step-Entwicklung – sich ergebende Möglichkeiten werden genutzt (Präferenzlosigkeit und Synthetisierungsfähigkeit) Umfassende Anerkennung der gesellschaftlichen „Spielregeln“ – auch bei Rückschlägen (Anpassungsfähigkeit und Frustrationstoleranz) Dauerhaft prekäres Verhältnis zur Herkunft und Verlust sozialen Kapitals – was/wer in Kindheit und Jugend wichtig war, erfährt eine Entwertung (Trennungskompetenz) Nicht Rationalität, sondern Krisenbewältigung strukturiert den Aufstiegsprozess Ohne Unterstützung („soziale Paten“) ging es (bisher) nicht von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Aufsteiger/innen aus benachteiligten Milieus Migrationsspezifika beim Aufstiegsprozess Aufsteiger/innen ohne Migrationshintergrund Aufsteiger/innen mit Migrationshintergrund Milieudifferenz: Zwischen unten und oben Sphärendifferenz: Zwischen innerer und äußerer Sphäre Zentrales Problem: Geringe Bildungsaspiration schwache Loyalitätserwartungen Hohe Bildungsaspirationen Starke Loyalitätserwartungen Diskriminierung Sprachrückstand von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Bildungsungleich ist ungleich verteilt II Schuljahr 2015/16 Amtliche Schulstatistik Eigene Berechnungen (El-Mafaalani/Kemper 2017) von 14 Aladin El-Mafaalani I Begabung und Armut 06.04. 2017

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Begabung und Armut Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani | Professor für Politikwissenschaft Robert-Koch-Straße 30 | 48149 Münster Tel. 0251 83-65745| Fax 0251 83-65804 | mafaalani@fh-muenster.de - http://homepage.ruhr-uni-bochum.de/aladin.el-mafaalani/ - www.isf-ruhr.de - https://www.facebook.com/aladin.elmafaalani 06.04. 2017

Arbeitsauftrag Benennen Sie die für Sie relevanten Impulse und Eindrücke aus den beiden Vorträgen. Stellen Sie der Gruppe ein Kind aus Ihrer Schule vor, bei dem Sie gleichzeitig eine Begabung und eine Benachteiligung vermuten. Welche spezifischen Begabungen und Benachteiligungsformen, die in den Vorträgen erläutert wurden, sind bei dem Kind eher dominant, welche eher nachrangig? Oder: Stellen Sie der Gruppe ein Kind aus Ihrer Schule vor, bei dem Sie gleichzeitig eine Begabung und eine Beeinträchtigung vermuten. Welche spezifischen Begabungen und Beeinträchtigungsformen, die in den Vorträgen erläutert wurden, sind bei dem Kind eher dominant, welche eher nachrangig? 06.04. 2017