Über die Thematik der Verfassungsänderung in Japan

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 Präsentation transkript:

Über die Thematik der Verfassungsänderung in Japan Ryuta Mizuuchi Generalkonsul von Japan Duisburg, am 31. Januar 2017

Inhaltsverzeichnis (Konzept) 1. Teil Vorgeschichte: Von der Meiji-Restauration bis zum 2. Weltkrieg 2. Teil Geburt der Nachkriegsverfassung und Debatte um Japans Beitrag zum Weltfrieden 3. Teil Hintergrund der Debatte um die Verfassungsänderung, Auswertung und Fazit

Inhaltsverzeichnis Einleitung Geschichte der Verfassung in Japan Geburtsstunde der Nachkriegsverfassung Das Ende des Kalten Krieges und der Golfkrieg sowie die Debatte über Japans internationalen Beitrag Das veränderte Sicherheitsumfeld in Ostasien und die „Sicherheitsgesetzgebung“ Die Kernaussage der Verfassungsänderung Auswertung

Einleitung 10. 7. 2016 Oberhauswahlen 12. 7. 2016 Rheinische Post-Artikel: „Abe bleibt Japans Premier und will Verfassung ändern“ Kritiker: „Japan könnte bald nicht mehr das demokratische und freie Land sein,... sollte die Verfassung geändert werden.“

Geschichte der Verfassung in Japan (1) Das Staatssystem von Japan Kaiser Shôgun Feudalfürsten

Geschichte der Verfassung in Japan Bis hin zur Meiji-Restauration 1853 Commodore Perry kam nach Uraga 1854 Freundschaftsvertrag mit den USA, GB und RU 1858 Freundschafts- und Handelsvertrag mit den USA, GB, F, NL, RU -- Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen -- 1867 Rücktritt des letzten Shôguns 1868 Meiji-Restauration 1868 Fünf-Punkte-Eid

Geschichte der Verfassung in Japan (2)Die Meiji-Restauration und Japan 5 Punkte-Regierungsprogramm (sog. „5 Punkte-Eid“, gokajô no go-seimon): Versammlungen einberufen, alle Entscheidungen in öffentlicher Debatte fällen Das Land vereinen und staatliche und private Geschäfte mit Tatkraft betreiben Allen die Gelegenheit gönnen, ihrem Beruf nachzugehen Herkömmliche Unsitten brechen. Die Rechte und Gerechtigkeit des Universums befolgen. Wissen weltweit suchen

Geschichte der Verfassung in Japan (3) Von der Meiji-Verfassung bis zum Zweiten Weltkrieg 1882 Entsendung von ITÔ Hirofumi nach Europa (Untersuchung der Verfassungslehre) 1885 Errichtung des Kabinettsystems nach dem britischen Muster, Beginn der Ausarbeitung einer Verfassung 1889 Verkündung der Meiji-Verfassung durch den Kaiser 1890 erste Unterhauswahlen, Zusammensetzung des Parlaments, Inkrafttreten der Meiji-Verfassung

Geschichte der Verfassung in Japan (3) Von der Meiji-Verfassung bis zum Zweiten Weltkrieg Anfang des 20. Jh: Taishô-Demokratie Zeit der Instabilität: Schwarzer Donnerstag (1929), Attentat auf mehrere Politiker Aufstieg der Militärs, auch wegen eines Konstruktionsfehlers der Meiji-Verfassung

Inhaltsverzeichnis (Konzept) 1. Teil Vorgeschichte: Von der Meiji-Restauration bis zum 2. Weltkrieg 2. Teil Geburt der Nachkriegsverfassung und Debatte um Japans Beitrag zum Weltfrieden 3. Teil Hintergrund der Debatte um die Verfassungsänderung, Auswertung und Fazit

Die Geburtsstunde der Nachkriegsverfassung (1) Besonderheiten bei der Erstellung der japanischen Verfassung und ihr Einfluss auf die Verfassungsänderung Bedingungen zur Kapitulation Japans: Wiederbelebung der demokratischen Ausrichtung in Japan Rede-, Religions- und Gedankenfreiheit und Achtung der grundlegenden Menschenrechte Errichtung einer friedlichen Regierung aufgrund des freien Willens der japanischen Bevölkerung usw.

Frage der Legitimität bleibt nachher eines der Diskussionsthemen. Die Geburtsstunde der Nachkriegsverfassung (1) Besonderheiten bei der Erstellung der japanischen Verfassung und ihr Einfluss auf die Verfassungsänderung Misslingen des Verfassungstextes durch Japaner führte zur Erarbeitung des Inhalts durch die Besatzungsmächte. Beschluss und Verabschidung durch das Meiji-Parlament: Kontinuität mit der Meiji-Verfassung dadurch formell gesichert (ob dies eine Nötigung bedeutete, war eine andere Frage) Frage der Legitimität bleibt nachher eines der Diskussionsthemen.

3. Die Geburtsstunde der Nachkriegsverfassung (2) Artikel 9 der Verfassung und Japans Sicherheit Entwaffnung und Wiederbewaffnung Deutschlands und Japans Frage der Verfassungsmäßigkeit der Selbstverteidigungsstreitkräfte (Self Defense Forces : SDF) Deutschland: Aufgaben und Rolle der Bundeswehr durch Änderung des Grundgesetzes verankert (Grundgesetz sonst bereits 60 Mal geändert) Japan: SDF ohne Verfassungsänderung Hintergrund: Mitgliedschaft in NATO (D) vs. theoretische Möglichkeit der Neutralität (J) (Jugoslawisches Modell)

4. Das Ende des Kalten Krieges und der Golfkrieg; sowie die Debatte über Japans internationalen Beitrag Der Kalte Krieg: Frieden für Japan durch die atomare Abschreckung der USA; keine militärische Rolle Japans notwendig Der Golfkrieg (1990) und seine Folgen: „Wangan-Shokku“ (Der Golf-Schock) Gesetzgebung zur Entsendung der SDF nach Kambodscha (UNTAC) Begrenzte Teilnahme aufgrund der strikten Auslegung der Verfassung (Art. 9) „Ich-helfe-Dir-nicht-aber-bitte-hilf-mir“-Theorie Bedingungen für die Teilnahme an der PKO a) Einverständnis der Konfliktparteien zur Entsendung der friedenserhaltenden Operation; b) Unparteilichkeit des Einsatzes, und c) Keine Gewaltanwendung außer im Fall der Selbstverteidigung

Inhaltsverzeichnis (Konzept) 1. Teil Vorgeschichte: von der Meiji-Restauration bis zum 2. Weltkrieg 2. Teil Geburt der Nachkriegsverfassung und Debatte um Japans Beitrag zum Weltfrieden 3. Teil Hintergrund der Debatte um die Verfassungsänderung, Auswertung und Fazit

5. Das veränderte Sicherheitsumfeld in Ostasien und die „Sicherheitsgesetzgebung“ Sicherheitsgesetzgebung für ein „nahtloses operatives System“ zur Sicherheit (2015) Neuinterpretation der Verfassung bezüglich der kollektiven Sicherheit

Neuinterpretation der kollektiven Sicherheit Das Auftreten eines bewaffneten Angriffs auf Japan oder das Auftreten eines bewaffneten Angriffs auf ein Land, das ein engstes Verhältnis zu Japan pflegt. Und das dadurch entstandene Vorhandensein einer deutlichen Gefahr, welche die Existenz Japans bedroht und das Leben der Bürger von Japan sowie ihr Recht auf Freiheit und Verfolgen von Glück von Grund auf unterminiert. Das Nichtvorhandensein aller anderen angemessenen Mittel, anhand derer es Japan vermag, die o.a. Umstände zu beseitigen, die Existenz Japans zu bewahren und die Bürger von Japan zu beschützen. (= Diplomatie und Dialog) Dass diese Gewaltanwendung auf das Notwendigste beschränkt bleibt. (vgl. Proportionalitätsprinzip der NATO)

6. Die Kernfrage der Verfassungsänderung Veränderte Realität im internationalen Umfeld vs. gleich gebliebener Wortlaut der Verfassung Seit langem Schwierigkeit, sicherheitspolitischen Bedürfnissen zu entsprechen Simultangleichungen: Den Wortlaut des Artikels 9 der Verfassung vorausgesetzt; Wie kann man Frieden und Sicherheit für Japan in einer immer schwieriger werdenden Welt bewahren? Im welchem Umfang soll Japan zum Frieden der Welt beitragen? Welche Flexibilität bleibt?

6. Die Kernfrage der Verfassungsänderung (1) Argumente der Befürworter der Verfassungsänderung Als ein von Menschen geschaffenes System muss sich die Verfassung je nach Lage der Zeit anpassen. Weitere in der Verfassung neu festzulegende Punkte: das Verfassungsgericht; Errichtung eines föderalen Systems(道州制); Abdankung des Kaisers; neu definierte Menschenrechte; Erleichterung der Verfassungsänderungsklausel etc. Japan ist nicht verpflichtet, globaler Strategie der USA in allen Formen Folge zu leisten, mit oder ohne Artikel 9 der Verfassung. „Kein Krieg zur Lösung von Konflikten“ institutionell definierbar, selbst wenn Artikel 9 geändert würde.

6. Die Kernfrage der Verfassungsänderung (2) Argumente der Gegner der Verfassungsänderung Frieden für Japan nur durch die „pazifische Verfassung“ und Artikel 9 bewahrt Änderung von Artikel 9 verwandelt Japan zum Kriegsland. Japan unvermeidlich in die von den USA geführten Kriege mit einbezogen. „Ameisenloch-Theorie“: Bruch eines Damms durch ein winziges Ameisenloch möglich. Daher darf die Verfassung im Ganzen nicht berührt werden. Die Verfassungsänderung darf nicht unter der Regierung Abe erfolgen. Verfassungsänderung widerspricht dem „Konstitutionalismus“.

Mai 1947: Inkrafttreten der Verfassung 7. Auswertung (1) Zur These: „Der Frieden für Japan konnte nur durch die ‚pazifische Verfassung‘ und Artikel 9 bewahrt werden“ (1) Mai 1947: Inkrafttreten der Verfassung Januar 1952: einseitige Erklärung der Rhee Sung-man Linie 1953: Beginn der Festnahme von japanischen Fischern durch ROK 27.6.1953: Expedition von Küstenwache/ Präfektur Shimane 12.7.1953: Beschuss der jp. Küstenwache durch korean. Miliz Juli 1954: Gründung der SDF

Was würden sie zur Silvesternacht 2015/16 in Köln sagen? 7. Auswertung (1) Zur These: „Der Frieden für Japan konnte nur durch die „pazifische Verfassung“ und Artikel 9 bewahrt werden“ (2) Frieden bewahrt, da keinerlei Gegenwehr gegen Aggression geleistet wurde? Was würden sie zur Silvesternacht 2015/16 in Köln sagen?

Bezüglich Artikels 9 mehr Gegner als sonst 7. Auswertung (2) Zur These: Änderung von Artikel 9 verwandelt Japan zum Kriegsland. Japan unvermeidlich in die von den USA geführten Kriege mit einbezogen. (1) Bei Meinungsumfragen zeigt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Befürwortern und Gegnern. Bezüglich Artikels 9 mehr Gegner als sonst Psychologie der Japaner: Bei der Wahl zwischen Frieden und Krieg ist die Antwort schon klar. Änderung mit Gewaltanwendung zur Lösung von Konflikten wird nicht akzeptiert. Wählerverhalten wirksames Mittel der Abschreckung in der Politik

Krieg gegen welches Land? US/CH/RU/KOR? 7. Auswertung (2) Zur These: Änderung von Artikel 9 verwandelt Japan zum Kriegsland. Japan unvermeidlich in die von den USA geführten Kriege mit einbezogen. (2) Krieg gegen welches Land? US/CH/RU/KOR? Keine gegenseitige Beihilfepflicht beim japanisch-amerikanischen Bündnis Keine deutsche und französische Teilnahme an der Militäraktion beim Zweiten Golfkrieg 2003

7. Auswertung (3) Zu den Argumenten der Gegner der Verfassungsänderung Proaktive Gründe dafür vorhanden, warum die Verfassung unverändert bleiben soll?

7. Auswertung (4) Perspektive und Fazit Unterstützung für Abe gegenwärtig bei 67% (Stand 17.01.17) politische Konstellation: In beiden Häusern besitzen die änderungswilligen Parteien die notwendige Mehrheit von 2/3 aller Sitze. Fortgang der Debatte möglich, aber Risiko für Polarisierung macht politischen Schritt schwierig. Minimale Basis: Fortsetzung der Diskussionen

Ende Vielen Dank für Ihre Geduld sowie Aufmerksamkeit!