Öffentliche Dienstleistungen unter Druck? Die neuen Handelsabkommen der EU Stefan Mayr.

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 Präsentation transkript:

Öffentliche Dienstleistungen unter Druck? Die neuen Handelsabkommen der EU Stefan Mayr

Eine neue Generation von Freihandelsabkommen Kontext MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? Lissabon Art 207 AEUV DohaDoha GATS+ WTO + TiSATiSA CETA TTIP SEITE 2 Erweiterung der EU- Außenhandelskompetenz Stagnation im WTO Verhandlungsprozess Plurilaterale AnsätzeBilaterale Mega-Regionals

MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? 3 SEITE

Unumkehrbarer Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck auf die Daseinsvorsorge “EU governments remain entirely free to manage public services as they wish” (EU Kommission, 2015) SEITE 4MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? Negative Auswirkungen auf die Daseinsvorsorge?

Zielsetzungen der Studie SEITE 5MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Rechtlich fundierte Grundlage für eine informierte öffentliche Diskussion  Detaillierte Inhaltsanalyse  Regelungsbereiche, Wirkmechanismen  Komplexes Zusammenspiel von Vorbehalten und Ausnahmen  Anwendungsbeispiele  Rechtspolitische „Risikobewertung“

List it or lose it Negativliste Keine generelle Ausnahme für öffentliche DL GATS-minus Investitions- schutz & ICS Standstill & Ratchet Blaupause für TTIP? Testlabor? Hintertüre? Öffentliche Beschaffung Weiter Investitions- begriff SEITE 6MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? Ausgewählte Problemkreise

Aus Sicht der EK Aus Sicht der Studie Begrenzte Wirksamkeit zT erhebliche Rechtsunsicherheit Investitionsschutz “Right to regulate” Ausnahmen Marktzugang Public utilities SEITE 7MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? Schutz öffentlicher Dienstleistungen in CETA?

Pflichten Annex I Annex II Sonstige Ausnahmen SEITE 8MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? Komplexe Regelungsstruktur für Investitionen Governmental authority Negativlistenansatz “List it or lose it” Standstill- und Ratchet-Effekt Public-utilities-Klausel und sektorspezifische Vorbehalte Marktzugang Inländerbehandlung Meistbegünstigung Spezialfall: Investitionsschutz

“GATS-minus”-Problematik  Annex I & II “The reservations of a Party are without prejudice to the rights and obligations of the Parties under the GATS”  ABER: CETA enthält zT “GATS-minus”- Verpflichtungen  Sonderfall: Konsolidierte Liste der GATS-Verpflichtungen SEITE 9MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?

Beschaffungswesen SEITE 10MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Orientiert sich weitgehend am GPA 2012  Anwendungsbereich: „Positivliste“ für erfasste Dienstleistungen  Ausnahmen für In-house-Vergabe und interkommunale Kooperationen  Sehr knapp formuliert  Gestaltungsspielraum vs Rechtsunsicherheit  Dienstleistungskonzessionen (vorerst) nicht erfasst  Aber: „The EU stands ready...“

Demokratiepolitisch bedenklicher „Trojaner“  Szenario: Einbeziehung von Dienstleistungskonzessionen in den Anwendungsbereich des Beschaffungskapitels Art 30.2 CETA Art 218 AEUV Annex 19-5 CETA SEITE 11MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?

Investitionsschutz und Investor-Staat- Schiedsgerichtsbarkeit I SEITE 12MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Verankerung von Investitionsschutz und Investor-Staat- Schiedsgerichten in Handelsabkommen der neuen Generation besonders kontrovers  Sonderklagerechte können hohe Entschädigungszahlungen nach sich ziehen  „Drohpotential“ und „Regulatory chill“  Vorbehalte normieren KEINE Ausnahme vom Investitionsschutz

Investitionsschutz und Investor-Staat- Schiedsgerichtsbarkeit II SEITE 13MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  In CETA: Zunächst Versuch, Schwachstellen punktuell zu verbessern  ABER:  Keine wirksame Präzisierung des FET-Standards  Kein wirksamer Ausschluss des Imports von materiellen Investitionsschutzstandards  Kein wirksamer Ausschluss von unerwünschtem „forum shopping“

Das neue Investment Court System (ICS) Überblick SEITE 14MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Neue institutionelle Gestaltung, ABER (derzeit) kein „Internationaler Investitionsgerichtshof“  Bilateraler Ansatz  CETA, EU-Vietnam-FTA, TTIP-Verhandlungsvorschlag (11/2015)  Abkommensübergreifende Inkonsistenzen  Institutionelle Eckpunkte?  Right to regulate?

Das neue Investment Court System (ICS) Institutionelle Eckpunkte am Beispiel des CETA SEITE 15MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Zwei Instanzen (Tribunal / Appellate Tribunal)  Je ein Drittel der (Schieds-)RichterInnen EU/Kanada/Drittstaaten  Amtszeit 5 Jahre (einmal um weitere 5 Jahre verlängerbar)  Teilzeit oder Vollzeit  IdR: Entscheidung durch Kammern, die aus je drei RichterInnen (jeweils EU/Kanada/Drittstaat) bestehen (ausnahmsweise können in erster Instanz Einzelrichterentscheidungen zulässig sein); Zusammensetzung in jedem Einzelfall nach dem Zufallsprinzip  Derzeit kein „Code of Conduct“

Das neue Investment Court System (ICS) Right to regulate neu? SEITE 16MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Art 8.9 CETA  Bestimmung zu „Investment and regulatory measures“  Die Vertragsparteien „bekräftigen“ das sog Right to regulate  „Klarstellungen“  Zum Teil kasuistisch (Stichwort Micula)  Zahlreiche neue Auslegungsfragen  Vorläufige Bewertung  Eigenständiger Gehalt des sog Right to regulate bleibt weitgehend unklar  Kehrseite des materiellen Investitionsschutzes (insb FET, indirekte Enteignung)

Schluss SEITE 17MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK?  Ausblick: Zeitplan  CETA ist nicht nur dem Namen nach ein umfassendes Abkommen  Weite Bereiche der Daseinsvorsorge werden erheblich berührt  Schutzmechanismen sind weniger dicht, als die Kommission vermittelt  Investitionsschutz birgt nach wie vor große Unwägbarkeiten

RESEARCH INSTITUTE FOR URBAN MANAGEMENT AND GOVERNANCE Welthandelsplatz 1, 1020 Vienna, Austria MAG. STEFAN MAYR, LL.M. (CEU) T SEITE 18MAYR, ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK? Danke für Ihre Aufmerksamkeit!