Die Lagerung vitaler Proben bei tiefkalten Temperaturen Masterseminar Julia Majer - 20.04.2016.

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Die Lagerung vitaler Proben bei tiefkalten Temperaturen Masterseminar Julia Majer

Die Lagerung vitaler Proben bei tiefkalten Temperaturen I.Motivation II. Grundlagen der Kryokonservierung III. Strategien zur erfolgreichen Kryokonservierung 1.Slow-Rate Freezing 2.Vitrifikation IV. Vitrifikation mit Twist-Substrat 1.Material und Methoden 2.Ergebnisse 3.Limitierungen V. Zusammenfassung Kryokonservierung von Proben in Stickstofftank

Warum Kryokonservierung?  Bislang einzige Möglichkeit vitale Proben abzulegen  Teilgebiet der Kryobiologie → Auswirkung der Kälte auf biologische Systeme (Schädigung/Toleranz)  Anwendung: Medizin & Biotechnologie → Reproduktionsmedizin (Keimzellen, Embryonen, Stammzellen) Transplantationsmedizin (Gewebe, Organe) Ziel Entwicklung universeller Kryoprotokolle → Reproduzierbar, Standardisiert, Automatisierbar & Bulk Anwendung (Hochdurchsatz) Post-Thawing: hohe Überlebensraten & Erhalt der Funktionalität Kryomikroskopische Aufnahme Ratten Embryo während Slow-Rate Freezing (Fuller et al., 2004)

Grundlagen der Kryokonservierung Temperaturbereiche Temperatur der optimalen Funktion Stark verlangsamter Stoffwechsel max. Unterkühlungstemperatur Zwischenlagerungstemperatur Glasübergangstemperatur Lagertemperatur Temperatur von flüssigem Stickstoff Stopp aller chemischer Reaktionen 37°C 4°C 0°C -40°C -80°C -130°C -170°C -196,6°C -273,15 °C Temperaturbereich der Kryokonservierung

Zwei Strategien zur erfolgreichen Kryokonservierung 1.Slow-Rate Freezing  Kühlrate °C/min  Essentiell: Zusatz von Kryoprotektiva (CPA) → Reduzieren Verlust intakter Zellen durch Erniedrigung des Gefrierpunktes & Erweiterung des optimalen Kühlratenbereich  Optimale Kühlrate essentiell für Überleben der Zelle (zellspezifisch) → Zwei-Faktor-Hypothese nach Mazur  Gold-Standard für Einzelzellen in Suspension  Aber: Probleme bei adhärenten Zellsystemen oder Geweben, wie z.B. hiPSCs, hESCs… amorph kristallin

Schädigungsmechanismen ZU LANGSAM Extrazelluläre Eisbildung → „Solution Effects“ extrazelluläre Aufkonzentrierung von osmotisch wirksamen Teilchen OPTIMUM H2OH2O H2OH2O Intrazelluläre Eiskristalle Extrazelluläre Eiskristalle Zelle mit Zellkern ZU SCHNELL Intrazelluläre Eisbildung → osmotisch bedingte Membranlyse -2 °C < -10 °C -5 °C H2OH2O H2OH2O Zwei-Faktor-Hypothese von Mazur verändert nach Mullen und Critser (2007).

Zwei Strategien zur erfolgreichen Kryokonservierung 2. Vitrifikation  Verglasung → amorpher Zustand  Viskositätserhöhung auf ca Pa∙s  Kühlrate – °C/min (ultraschnell)  Bislang einzige Möglichkeit oberflächenadhärente und koloniebildende Zellen vital zu konservieren  Vor- und Nachteile der Vitrifikation im Vgl. zum Slow-Rate Freezing VorteileNachteile Keine EiskristallisationEinsatz hoch konzentrierter Kryoprotektiva → Toxische Wirkung Homogene Verteilung gelöster StoffeHandling (Open pulled straws) → nicht steril Keine Volumenerhöhung durch Anomalie des Wasser T Raum T Glas  Benötigt Ultraschnelle Kühlrate → Direkter Kontakt mit flüssigem Stickstoff (-196,6 °C)

Zwei Strategien zur erfolgreichen Kryokonservierung  Adhärente koloniebildende Zellen haben essentielle Tight Junctions, Gap Juctions sowie Zelladhäsionsmoleküle die es zu konservieren gilt → Nur zu erreichen durch Minimierung/Prävention der Eiskristallisation → oberflächenbasierte Vitrifikation  natürlicher physiologischer in vitro Zustand (Zell-Zellkontakt, Fütterzellen)  Minimierung von chemischem und mechanischem Stress (Ablösen/Passagieren)  „Cryopreservation with a twist – Towards a sterile, serum-free surface-based vitrification of hESCs“, (2013) A.F. Beier, J.C. Schulz und H. Zimmermann  Verwendete Zellen: Humane embryonale Stammzellen (hECS); genauer H1 Stammzelllinie SEM: Adhärente H1 hESC Kolonie verändert nach Beier et al., 2011 (Maßstabsbalken = 100 µm)

Prototyp  zwei IBIDI Platten (Ø 35mm) am Boden mit Zwei-Komponenten Kleber zusammen geklebt  Intakte Kultivierungskammer (→ steril) & offene Stickstoffkammer  Sehr dünner Kultivierungsboden → verbesserte Wärmeleitfähigkeit Vitrifikation mit Twist-Substrat 1.) Material und Methoden Schematische Darstellung Twist-Substrat (Beier et al., 2013)

 Vitrifikationslösung 1 (VS1): 10% Me 2 SO, 10% Ethylenglykol in H1 Kulturmedium → 1 min Inkubation  Vitrifikationslösung 2 (VS2): 300 mM Saccharose, 20% Me 2 SO, 20% Ethylenglykol in H1 Kulturmedium → 5 sec Inkubation  Schließen der Platte  Wärmelösung 1 (WS1): 200 mM Saccharose in H1 Kulturmedium → 1 min Inkubation  Wärmelösung 2 (WS2): 100 mM Saccharose in H1 Kulturmedium → 5 min Inkubation Schematische Darstellung Workflow Twist-Vitrifikation (Beier et al., 2013)

Auswertung  Morphologie der Kolonien vor und nach der Vitrifikation  Lebend/Tot – Färbung mit Fluoreszeindiazetat/Ethidiumbromid EtBr → rot; lagert sich bei toten Zellen mit permeabler Membran, in die DNA ein (Totfärbung) FDA → grün, wird in vitalen Zellen von Esterasen in der Zellmembran umgesetzt  Fluoreszenzbasierte Durchflusszytometrie → FACS (Fluorescence-activated cell sorting) Calibur Marker:Tra-1-81 IgM Antikörper Oct3/4 IgG Antikörper Prinzip der Fluoreszenzmessung: Passiert die mit PE markierte Zelle den Laserstrahl, wird ein spezifisches optisches Signal bei 578 nm emittiert Phycoerythrin (PE) Vitrifikation mit Twist-Substrat 1.) Material und Methoden

→ Gleiche Morphologie, keine Fragmentierung und Deformierung Non-Frozen Kontrolle Vitrifizierte Kolonien Vitrifikation mit Twist-Substrat 2.) Ergebnisse 24h FDA/EtBr-Färbung der Non-Frozen Kontrolle verändert nach Beier et al., 2013 (Maßstabsbalken = 200µm) 0h 24h FDA/EtBr-Färbung der vitrifizierten Kolonien verändert nach Beier et al., 2013 (Maßstabsbalken = 200µm) Vor VitrifikationNach Aufwärmen Passage nach 5d FDA/EtBr-Färbung (E) und erneute Passage vitrifizierter Kolonien nach 5 Tagen (I) verändert nach Beier et al., 2013 (Maßstabsbalken A+E = 1mm, I = 500µm)

 FACS-Analyse Positiv auf Oct3/4 Marker Vitrifizierte Probe 84% (± 11%) Non-Frozen Kontrolle 86% (± 16%) Positiv auf Tra-1-81 Marker Vitrifizierte Probe 81% (± 17%) Non-Frozen Kontrolle 84% (± 11%) (1000 Events, n= 3) Vitrifikation mit Twist-Substrat 2.) Ergebnisse Twist-Vitrifikation Kontroll-Kolonien Oct3/4 Tra-1-81 Histogramme der FACS-Analyse verändert nach Beier et al., 2013.

Vitrifikation mit Twist-Substrat 3.) Limitierungen Mikroskopisch dargestellten Limitierungen der Twist-Vitrifikation nach Beier et al.,  Ungenaue Entfernung der CPA vor Vitrifikation (Inhomogener CPA- Film)  Reduktion Oberflächen-Volumen Verhältnis  Kühlrate zu langsam → hoher Kolonieverlust in Randregionen (A+B)  Kreisförmige Risse in Kolonien (C-G) aufgrund Limitation des Materials  Thermale Resistenz → Tote Zellen

Zusammenfassung  Vitrifikationsprotokoll: sterile Kultivierung Bulk Vitrifikation Lagerung Post-thawing Kultivierung  Adhärente Zellkolonien im natürlichen in vitro Zustand  Hohe Überlebensraten und undifferenzierte Stadien nach dem Aufwärmen  Slow-Rate Freezing (-1°C/min): geringe Überlebensrate, verstärke Apoptose & Differenzierung bei hESC Ausblick +Vitrifikation prädestiniert für Gewebekonservierung → Keine Eiskristallbildung  Probengröße so klein wie möglich → optimale Kühlrate  Probleme beim Auftauen → Rekristallisationsprozesse

Literaturquellen S. F. Mullen and J. K. Critser, The Science of Cryobiology, Chapter 7, (2007) Springer. P. Mazur, S.P. Leibo und E. H. Y. Chu, A two-factor hypothesis of freezing injury, Experimental Cell Research 71 (1972), B. J. Fuller, N. Lane und E. E. Benson, Life in the frozen state, CRC Press LLC (2004). A.F. Beier, J.C. Schulz, D. Dorr, A. Katsen-Globa, A. Sachinidis, J. Hescheler, H. Zimmermann, Effective surface-based cryopreservation of human embryonic stem cells by vitrification, Cryobiology 63 (2011) 175–185. B.C. Heng, L.L. Kuleshova, S.M. Bested, H. Liu, T. Cao, The cryopreservation of human embryonic stem cells, Biotechnol Appl Biochem, 41 (2005), pp. 97–104

Anhang Schematischer Aufbau FACS Calibur(

Bildung Wasserkanäle in Zell-Zell-Verbänden